Schlachter<, und nachts erzahlt man sich am Feuer von deiner Starke und von deinen gro?en Taten. Hore, was ich dir nun sage! Du siehst dort jenen gro?en Mann stehen, meinen Freund ...« - ich deutete auf Sir Henry - »Er ist ein eben solcher Krieger wie du, und da er genauso stark ist wie du, konnte er dich uber seine Schulter werfen. Incubu ist sein Name. Und du siehst auch den anderen, den mit dem runden Bauch, dem leuchtenden Auge und dem freundlichen Gesicht. Bougwan (Glasauge) ist sein Name, und er ist ein guter und aufrechter Mann. Er gehort zu jenem seltsamen Stamme, der sein Leben auf dem Wasser verbringt und in schwimmenden Kraals lebt.

Nun, wir drei die du hier siehst, wollen gerne ins Landesinnere reisen, jenseits des Dongo Egere, des gro?en wei?en Berges (Mount Kenia), und tief in das unbekannte Gebiet dahinter. Wir wissen nicht, was wir dort finden werden; wir wollen auf die Jagd gehen und Abenteuer erleben und neue Gebiete entdek-ken, da wir es mude sind, daheim am Ofen zu sitzen und jeden Tag dieselben alten Dinge zu sehen. Willst du mit uns kommen? Dir soll das Kommando uber alle unsere Diener zufallen. Was jedoch mit dir geschehen wird, wei? ich nicht. Schon einmal reisten wir drei zusammen, so wie jetzt, auf der Suche nach Abenteuern. Mit uns ging ein Mann so wie du - Um-bopa war sein Name. Und siehe da! Wir lie?en ihn zuruck als Konig eines gro?en Landes, mit zwanzig Impis (Regimentern). Jedes davon zahlte 3000 federgeschmuckte Krieger, die alle auf seinen Befehl horten. Was dir widerfahren wird, kann ich nicht wissen; vielleicht wartet auf dich und auf uns der Tod. Willst du das Gluck mit beiden Handen ergreifen und mit uns kommen, oder furchtest du dich, Umslopogaas?«

Der gro?e Mann lachelte. »Du irrst, Macumazahn«, antwortete er. »Zu meiner Zeit schmiedete ich Ranke und machte viele Plane, aber nicht Ehrgeiz war es, der mich zur Strecke brachte, sondern - Schande uber mich, da? ich das bekennen mu? - das Antlitz einer schonen Frau. La? es nun geschehen sein. Wir werden also wieder die alten Zeiten erleben, Macuma-zahn, da wir zusammen gro?e Kampfe durchstanden und in Zululand jagten. Ja, ich werde mit euch kommen. Leben oder Tod, was macht es schon, solange die Axt ihr Ziel erreicht und schnell und hart trifft. Ich werde alt, ich werde alt, und ich habe noch nicht genug gekampft! Und doch bin ich ein Krieger unter Kriegern; seht meine Narben!« - bei diesen Worten zeigte er auf die zahllosen Narben, Stichwunden und Schnitte, mit denen sein Oberkorper und seine Arme und Beine ubersat waren. »Seht das Loch in meinem Kopf; das Gehirn spritzte mir dort heraus; dennoch totete ich den, dem ich diesen Hieb zu verdanken hatte, und lebe noch immer. Wei?t du, wie viele Manner ich in fairem Zweikampf totete, Macumazahn? Schau, diese Axt kann dir erzahlen, wie viele es waren.« Er deutete auf die lange Reihe von Kerben, die er in den hornernen Griff seiner Waffe geschnitzt hatte. »Zahle sie, Macumazahn - hundertdrei - und ich habe nur die gezahlt, die ich aufgeschlitzt habe[5]

»Schweig nun«, entgegnete ich, da ich bemerkte, da? der Blutrausch ihn allmahlich wieder uberkam. »Schweig! Zu Recht nennt man dich den >Schlachter<. Wir wollen nicht von deinen Bluttaten horen. Bedenket wenn du uns wirklich begleiten willst; wir kampfen nur zur Selbstverteidigung! Nun hor, wir brauchen Begleiter. Diese Manner hier ...« - ich zeigte auf die Wakwafi, die sich wahrend unseres >indaba< (Gesprachs) ein wenig zuruckgezogen hatten - »sagen, sie wollen nicht mitkommen.«

»Wollen nicht mitkommen!« schrie Umslopogaas voller Entrustung. »Wo ist der Hund, der da sagt, er wolle nicht mitkommen, wenn mein Vater es befiehlt? Du da ...« - und mit einem Riesensatz sprang er auf den Wakwafi zu, mit dem ich zuerst gesprochen hatte, packte ihn am Arm und zerrte ihn zu uns. - »Du Hund!« rief er und schuttelte den erschrockenen Mann durch wie ein Lumpenbundel. »Sagtest du, du wollest nicht mit meinem Vater gehen? Sag das noch einmal, und ich erwurge dich« - seine langen Finger legten sich um die Gurgel des armen Kerls, »dich und die anderen, mit denen du zusammen bist. Hast du vergessen, wie ich es mit deinem Bruder machte?«

»Ja, ja, wir werden mit dem wei?en Mann gehen«, brachte der Mann keuchend hervor.

»Wei?er Mann!« ereiferte sich Umslopogaas in gespieltem Zorn, den jedoch die leiseste Provokation sehr schnell in echten verwandeln konnte. »Von wem sprichst du, frecher Hund?«

»Wir werden mit dem gro?en Hauptling mitgehen.«

»So!« sagte Umslopogaas, nun wieder in ruhigem Ton. Er loste seinen Griff so plotzlich, da? der Mann strauchelte und hintenuberfiel. »Ich dachte mir doch, da? ihr mitkommen wurdet.«

»Dieser Umslopogaas scheint eine eigentumliche Uberlegenheit uber seine Gefahrten zu haben«, bemerkte Good spater gedankenverloren.

2

Die schwarze Hand

Alsbald verlie?en wir Lamu, und zehn Tage spater befanden wir uns an einem Ort namens Charra, am Ufer des Tanaflusses. In der Zwischenzeit hatten wir schon so manches Abenteuer mitgemacht, woruber ich jedoch hier nicht im einzelnen berichten will. Unter anderem besuchten wir eine verfallene Stadt, von denen es an dieser Kuste eine ganze Reihe gibt. Sie mussen einstmals, nach ihrer Ausdehnung und den zahlreichen Uberresten von Moscheen und steinernen Gebauden zu urteilen, stark bevolkert gewesen sein. Diese verfallenen Stadte sind sehr alt. Sie mussen -wie ich glaube - zu den Zeiten des Alten Testaments Statten von gro?em Reichtum und enormer Macht gewesen sein. Sie waren wohl Stutzpunkte des Handelsverkehrs mit Indien und anderen uberseeischen Gebieten. Doch nun ist ihr Ruhm langst Geschichte -die Jagd auf schwarze Sklaven hat ihrer Blutezeit ein Ende gesetzt -, und wo einst reiche Kaufleute aus allen Teilen der damals zivilisierten Welt sich niedergelassen und ihre Waren auf den menschengefullten Marktplatzen feilgeboten hatten, da hielt jetzt der Lowe des Nachts Hof; und wo einst das Stimmengewirr der Sklaven und der laute Ruf der Handler und Kaufer erscholl, da hallt nun sein schreckliches Gebrull in den ausgestorbenen und hohlen Gassen wider. In einer solchen Stadt entdeckten wir auf einer Anhohe unter einem Haufen von Dreck, uberwuchert mit Ranken, zwei der schonsten steinernen Torwege, die ich je gesehen hatte. Die Reliefs auf ihnen waren exzellent, und ich bedaure nur, da? wir keine Moglichkeit hatten, sie mitzunehmen. Zweifelsohne waren sie einst die Eingange zu einem Palast gewesen, von dem jedoch nicht eine Spur mehr zu sehen war, obwohl es wahrscheinlich ist, da? seine Ruinen unter dem Hugel verborgen sind.

Fort! Verschuttet und verweht! Der Weg, den alles dereinst gehen mu?. Wie die vornehmen Herren und Damen, die einst in ihren Mauern lebten, so hatten auch diese Stadte ihre Blute erlebt, und nun sind sie verfallen wie Babylon und Ninive, und wie es auch London und Paris einst sein werden. Nichts auf der Welt ist fur immer von Bestand. Das ist ein unausloschliches Gesetz. Manner und Frauen, Konigreiche und stolze Stadte, Herrschaftshauser, Furstentumer und Weltreiche, Berge, Flusse und unendlich tiefe Seen, Welten, ja Universen, sie alle haben ihre Blutezeit, und sie alle mussen einst untergehen. In einem Ort wie diesem, verfallen, ausgestorben und vergessen, da kann ein religioser Mensch ein Symbol des universellen Schicksals erkennen. Denn in diesem unseren System, da ist kein Platz fur Stillstand - nichts und niemand kann auf dem Wege verweilen und den Gang der Dinge aufhalten; weder die Aufwartsbewegung der Dinge, zum Leben hin, noch den Fall der Dinge, abwarts, zum Tode hin. Die Fugung, dieser gestrenge Herr, sie bewegt uns und alle Dinge weiter, unaufhaltsam weiter, bergan und bergab und geradeaus; es gibt keine Rast fur die muden Beine, bis uns zu guter Letzt der Schlund verschluckt und wir von den Gestaden des Verganglichen hinabgerissen werden in die unendliche See des Ewigen.

In Charra kam es zwischen uns und dem Anfuhrer der Trager, die wir bis dorthin gemietet hatten, zu einem heftigen Streit. Er wollte uns einen erheblichen Extralohn abpressen. Im Verlaufe dieses Streites drohte er uns damit, uns die Masai - spater mehr von ihnen - auf den Hals zu hetzen. In derselben Nacht lief er gemeinsam mit allen Tragern, die wir gemietet hatten, davon und nahm den gro?ten Teil der Waren mit, die wir in seine Obhut gegeben hatten. Zu unserem Gluck hatten sie jedoch unsere Gewehre, die Munition und unsere personliche Habe an Ort und Stelle gelassen; nicht aus Freundlichkeit, sondern einfach weil sich die Waffen in der Obhut der funf Wakwafi befunden hatten. Nach diesem Zwischenfall war es klar fur uns, da? wir von Karawanen und Tragern ein fur allemal genug hatten. Es gab auch in der Tat wirklich nicht mehr viel, was noch den Aufwand einer Karawane gerechtfertigt hatte. Wie sollte es nun weitergehen?

Es war Good, der schlie?lich auf die Losung des Problems kam. »Hier ist doch Wasser«, sagte er und deutete auf den Tanaflu?, »und erst gestern noch sah ich eine Gruppe von Eingeborenen, die mit Kanus Flu?pferde jagte. Wenn ich richtig verstanden habe, dann liegt Mr. Mackenzies Missionsstation doch am Ufer des Tana. Warum nehmen wir nicht einfach Kanus und paddeln flu?aufwarts bis zu der Station?«

Es braucht wohl nicht sonderlich erwahnt zu werden, da? dieser brillante Vorschlag mit gro?em Beifall

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