aufgenommen wurde. Ich machte mich unverzuglich auf den Weg, passende Kanus von den in der Umgebung lebenden Eingeborenen zu kaufen. Innerhalb von drei Tagen gelang es mir, zwei gro?e Kanus zu erwerben; beide waren aus je einem einzigen Stamm leichten Holzes gefertigt, den man ausgehohlt hatte, und jedes der beiden Kanus vermochte sechs Personen mitsamt Gepack zu tragen. Die beiden Boote kosteten uns nahezu unsere gesamte restliche Habe, bestehend aus Tuchen und diversen anderen Waren.

Am Tag darauf fuhren wir los. Im ersten Kanu befanden sich Good, Sir Henry und drei unserer Wak-wafi- Begleiter; im zweiten ich, Umslopogaas und die beiden anderen Wakwafi. Da wir stromaufwarts fahren mu?ten, waren wir gezwungen, in jedem Kanu mit vier Paddeln zu arbeiten. Das bedeutete, da? wir alle, mit Ausnahme von Good, wie Galeerensklaven rudern mu?ten. Es war furchterlich anstrengend. Ich sage, mit Ausnahme von Good, denn kaum hatte er seinen Fu? ins Boot gesetzt, war er in seinem Element und ubernahm das Kommando uber die Gruppe. Er lie? uns ordentlich schuften. An Land ist Good ein gutherziger, jovialer Mensch, hat immer einen Scherz parat; in einem Boot jedoch war Good, wie wir nur allzu bald zu unserem Verdru? feststellen mu?ten, ein wahrer Damon. Der erste Grund war naturlich: er wu?te alles, was mit Schiffen zusammenhing, und wir wu?ten nichts. Welches nautische Problem auch auftauchte: von der Torpedoausrustung eines Kriegsschiffes bis zur bestmoglichen Art, ein afrikanisches Kanu zu manovrieren, Good war eine unerschopfliche Informationsquelle, was wir, um es milde auszudrucken, nicht waren. Auch was die Disziplin anbetraf, war er unerbittlich, und, um es klipp und klar auszudrucken: er kam wie der leibhaftige Royal Navy-Offizier uber uns und zahlte uns all die Sticheleien, mit denen wir ihn an Land so gern und haufig aufzogen, doppelt und dreifach heim. Andererseits jedoch mu? ich neidlos anerkennen, da? er die Boote auf eine bewundernswerte Art im Griff hatte.

Am zweiten Tag unserer Fahrt gelang es Good mit Hilfe von einigen Tuchern und Stangen, in beiden Booten je ein Segel anzubringen, wodurch unsere Anstrengungen nicht unerheblich erleichtert wurden. Aber die Stromung war sehr stark und wir schafften bestenfalls zwanzig Meilen pro Tag. Es war uns das Beste erschienen, im Morgengrauen abzulegen und bis etwa halb elf zu paddeln. Danach war fur gewohnlich die Sonne zu hei?, um gro?ere Anstrengungen zu unternehmen. Wir legten dann am Ufer an, vertauten unsere Kanus und a?en unser karges Mahl. Danach schliefen wir oder vertrieben uns die Zeit anderweitig bis etwa gegen drei Uhr, worauf wir wieder ablegten. Wir ruderten dann weiter, bis etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang. Das war der Zeitpunkt, das Nachtquartier aufzuschlagen. Sobald wir angelegt hatten, pflegte Good sofort mit Hilfe der As-kari einen kleinen »scherm«, d.h. eine Einfriedung zu errichten, wozu er Dornbuschzweige zusammensuchte. Alsdann machte er ein Feuer. Ich, Sir Henry und Umslopogaas gingen dann gewohnlich los, um etwas Geeignetes fur den Kochtopf zu schie?en. Im allgemeinen war dies keine sehr schwierige Aufgabe, da das Ufer des Tana von allen moglichen Arten von Wild im Uberflu? bevolkert war. Eines Abends scho? Sir Henry eine junge Giraffenkuh, deren Markknochen ein exzellentes Mahl abgaben; ein paar Abende spater ruckte ich mit einem Wasserbuffel an; und einmal gelang es Umslopogaas (der, wie die meisten Zulus, nicht besonders gut mit einem Gewehr umge-hen konnte) zu seiner uberaus gro?en Befriedigung, eine schone, fette Elenantilope mit einer Martini, die ich ihm geliehen hatte, zu erlegen. Ab und zu bereicherten wir unsere Speisekarte mit Perlhuhnern oder Buschtrappgansen (paau) - beides hier sehr haufig vorkommende Tiere -, die wir mit einer Schrotflinte schossen; oder wir fingen uns ein paar der herrlichen gelben Fische, von denen der Tana nur so wimmelt, und die - soweit ich wei? - die Haupternahrungsquelle der Krokodile darstellen.

Drei Tage nach unserem Aufbruch ereignete sich etwas, das auf nahendes Unheil schlie?en lie?. Wir manovrierten die Boote gerade ans Ufer, um wie gewohnlich unser Nachtquartier aufzuschlagen, als wir plotzlich eine Gestalt erblickten, die kaum vierzig Yards entfernt auf einer Hugelkuppe stand und unser Kommen beobachtete. Ein Blick genugte; ich war sicher - obwohl ich noch nie mit eigenen Augen ein Mitglied des Stammes gesehen hatte -, da? es sich bei dem Mann um einen Masai Elmoran, d.h., um einen jungen Krieger, handelte. Und in der Tat, auch wenn ich Zweifel gehabt hatte, so waren diese sehr schnell beseitigt worden: aus den Mundern unserer Wakwafi ertonte fast einstimmig der Schreckensruf: »Masai!« Die Wakwafi sind, wie ich - glaube ich - schon erwahnte, selbst Masaimischlinge.

Und was fur ein Bild, wie er da oben in seinem wilden Kriegsschmuck stand! Obwohl ich ja zeit meines Lebens an den Anblick von Wilden gewohnt war; ich konnte mich nicht erinnern, jemals zuvor einen ahnlich furchteinflo?enden und ehrfurchtgebietenden Anblick vor mir gehabt zu haben! Was mir als erstes auffiel, war die enorme Gro?e des Mannes. Er war bestimmt so gro? wie Umslopogaas und von schoner, wenn auch etwas zu hagerer Gestalt. Und sein Gesicht! Er sah wirklich aus wie ein Teufel. In der Rechten hielt er einen Speer von bestimmt funfeinhalb Fu? Lange. Die geschliffene Spitze war zweieinhalb Fu? lang und wohl an die drei Zoll breit. An ihrem Fu?e befand sich ein eiserner Widerhaken, der mehr als einen Fu? ma?. Mit der Linken hielt er einen gro?en, hervorragend gefertigten langlichen Schild aus Buffelhaut, der mit fremdartigen heraldischen Emblemen bemalt war. Uber seinen Schultern trug er einen riesigen Umhang aus Habichtfedern, und um seinen Hals hatte er ein »naibere« gewunden, ein Baumwollband, ungefahr siebzehn Fu? lang anderthalb Fu? breit, in dessen Mitte ein farbiger Streifen entlanglief. Den Umhang aus gegerbtem Ziegenleder, der zu Friedenszeiten seine normale Kluft darstellte, hatte er lose um seine Huften geschlungen; er diente ihm jetzt als Gurtel, durch den er auf der rechten Seite sein kurzes Schwert mit birnenformiger Klinge, auf der linken seinen gewaltigen Knuppel gesteckt hatte. Das Schwert war aus einem einzigen Stuck Stahl gefertigt und steckte in einer holzernen Scheide. Aber das wahrscheinlich Bemerkenswerteste und Eindrucksvollste an seiner Kleidung war sein Kopfschmuck aus Strau?enfedern. Er war am Kinn befestigt und ging vor den Ohren her zur Stirn. Er hatte die Form einer Ellipse und umrahmte das Gesicht des Kriegers vollig, so da? der diabolische Ausdruck auf seinem Gesicht aus einer Art federnem Feuerrad hervorzuspringen schien. Um die Fu?knochel trug er Fransen aus schwarzem Haar, und vom oberen Teil seiner Waden hingen lange, dornenartige Sporen herab, an denen Buschel aus dem prachtig schwarzen, welligen Haar des Colobusaffen befestigt waren.

Das also war die kunstvolle Tracht des Masai Elmo-ran, der von dem Hugel herab das Herannahen unserer Kanus beobachtete. Man mu? diese Krieger, um sie in all ihrer Pracht wirklich wurdigen zu konnen, selbst gesehen haben. Nur ist es leider so, da? die, die einmal einen Blick davon erhaschen, meist nicht mehr die Gelegenheit haben, sie jemandem zu beschreiben. Naturlich konnte ich die einzelnen Details seines Kriegsschmuckes nicht bei diesem ersten Zusammentreffen ausmachen, da ich in der Tat von dem Gesamteindruck, den er auf mich machte, uberwaltigt war, aber ich hatte spater noch Gelegenheit genug, die Einzelheiten seiner Kleidung, die diesen Gesamteindruck ausmachen, gebuhrend kennenzulernen.

Wahrend wir noch uberlegten, was wir tun sollten, reckte sich der Masaikrieger zu ehrfurchtgebietender Haltung hoch, machte eine drohende Gebarde mit seinem Speer, wandte sich um und verschwand hinter dem Hugel.

»Halloo!« rief Sir Henry aus dem anderen Boot, wobei er seine Hande vor dem Mund zu einem Trichter formte. »Unser freundlicher Karawanenfuhrer hat sein Wort gehalten und die Masai auf uns gehetzt. Haltet ihr es nicht fur zu gefahrlich, jetzt an Land zu gehen?«

Ich hielt es unter diesen Umstanden auf jeden Fall fur ziemlich gefahrlich, an Land zu gehen; andererseits hatten wir keine Moglichkeit, in den Kanus zu kochen, und wir hatten in den Booten auch nichts, was wir roh hatten verzehren konnen. Da war naturlich guter Rat teuer. Schlie?lich war es Umslopogaas, der die Lage erst einmal erleichterte, indem er sich freiwillig als Kundschafter meldete. Er kroch in das Buschwerk schnell und gewandt wie eine Schlange, wahrend wir die Boote im Strom hielten und auf ihn warteten. Eine halbe Stunde spater kehrte er zuruck und meldete, da? weit und breit kein Masai zu sehen ware. Er hatte jedoch die Stelle entdeckt, an der sie erst kurz zuvor ihr Lager aufgeschlagen hatten, und verschiedene Anzeichen hatten darauf hingedeutet, da? sie etwa eine Stunde zuvor das Lager verlassen hatten und weitergezogen waren. Der Mann, den wir gesehen hatten, war ohne Zweifel zuruckgelassen worden, um den anderen zu melden, wie wir uns verhielten.

Wir entschlossen uns daraufhin, an Land zu gehen, stellten eine Wache auf, trafen alle Vorbereitungen und nahmen unser Abendessen ein. Nach dem Essen berieten wir uber unsere Lage. Es war naturlich denkbar, da? das Auftauchen des Masaikriegers uberhaupt nichts mit uns zu tun hatte, sondern da? er zu einer Gruppe gehorte, die sich auf einem Raubund Plunderungszug gegen irgendeinen anderen Stamm befand. Unser Freund, der Konsul, hatte uns namlich berichtet, da? solche Zuge zur Zeit wieder an der Tagesordnung waren. Aber wenn wir an die Drohung des Karawanenfuhrers zuruckdachten und uns die drohende Gebarde vergegenwartigten, mit der der Masai Elmoran seinen Speer auf uns gerichtet hatte, dann schien diese Erklarung sehr unwahrscheinlich. Im Gegenteil: allem Augenschein nach hatte die Gruppe es auf uns abgesehen; sie schienen nur auf eine gunstige Gelegenheit zu warten, in der sie uns angreifen konnten. Wenn dies der Fall war -woran keiner von uns ernstlich zweifelte -, dann gab es fur uns zwei Moglichkeiten: entweder weiterzuziehen, oder den Ruckzug anzubeten. Die

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