mir! Ich mu? sehen, ob es wahr ist.«

Er eilte fort, auf der Hohe des Dammes hin, und die drei folgten ihm. Bald sahen sie, unter den Baumen versteckt, den Anfang des Canons hell unter sich liegen. Der Steinhaufen war entfernt, und beim Scheine des Mondes erkannte man die Utahs, welche in den Gang eindrangen.

«Ja, sie kennen mein Geheimnis, «meinte der» gro?e Bar«.»Sie wollen nach der Insel, um uns in den Rucken zu kommen, und sie wollen meine Schatze haben. Aber das soll ihnen nicht gelingen. Ich mu? rasch auf die Insel. Old Firehand und Old Shatterhand mogen mich begleiten; Winnetou aber mag hier bleiben; ich mu? ihm etwas zeigen.«

Er fuhrte den Apachen einige Schritte vorwarts nach einer Stelle, an welcher der Damm senkrecht in den See fiel. Dort lag ein gro?es, viele Zentner schweres Felsstuck auf einer Unterlage von kleineren Steinen, welche eigentumlich geordnet waren. Der» gro?e Bar «deutete auf einen dieser Steine und sagte:»Sobald Winnetou von hier aus sieht, da? ich auf der Insel ein Feuer anbrenne, mag er an diesen Stein sto?en, worauf dieser Felsen hinab in das Wasser rollen wird. Mein roter Bruder mag aber schnell zuruckspringen und nicht erschrecken, wenn er ein gro?es Krachen hort.«

«Warum soll der Felsen in das Wasser?«fragte Winnetou.

«Das wirst du spater sehen. Jetzt ist keine Zeit zum Erklaren; ich mu? fort. Schnell!«

Er rannte davon, und die beiden Jager folgten ihm. An dem Feuer angekommen, ri? er einen Brand aus demselben und stieg in eins der Boote.

Wahrend er sich bemuhen mu?te, die Flamme zu erhalten, nahmen Firehand und Shatterhand das Ruder; sie stie?en ab und hielten auf die Insel zu. Druben sprang der» gro?e Bar «schnell heraus und eilte in das Gebaude. Auf dem Herde lag durres Holzwerk; er schaffte es heraus und steckte es in Brand.»Meine Bruder mogen horchen!«sagte er dann, mit der Hand nach der Gegend deutend, in welcher Winnetou zuruckgeblieben war.

Da druben war ein kurzes, hohles Rollen zu horen, dann das Zischen des unter dem sturzenden Felsen aufbrausenden Wassers, und nun erfolgte ein Krachen, ein Getose, als ob ein Haus einsturze.

«Es ist gelungen!«rief der» gro?e Bar«, tief aufatmend.»Die Utahs sind verloren. Kommt mit herein!«

Er ging wieder in das Gebaude, in die Abteilung, in welcher sich der Herd befand. Dieser stand, wie die beiden Jager jetzt sahen, auf einer beweglichen Unterlage, denn der Rote schob ihn ohne alle Anstrengungen zur Seite. Es wurde eine Offnung sichtbar, in welche der» Bar «hinablauschte.

«Sie sind drin; sie sind unten; ich hore sie kommen, «sagte er.»Nun aber schnell das Wasser hinein!«

Er sprang hinaus, hinter das Gebaude, was er dort machte, konnten die beiden nicht sehen; aber als er zuruckkehrte, deutete er auf eine nahe Stelle des Sees und erklarte:»Seht ihr, da? sich dort das Wasser bewegt? Es bildet einen Strudel, einen Trichter; es wird nach unten gezogen, denn es flie?t in den Gang, den ich geoffnet habe.«

«Mein Himmel! So mussen die Utahs ja elend ertrinken!«rief Shatterhand.

«Ja, alle, alle! Kein einziger entkommt.«

«Gra?lich! War das nicht zu umgehen?«

«Nein. Es soll keiner entkommen, um zu erzahlen, was er da unten gesehen hat.«

«Aber du hast deinen eigenen Bau zerstort!«

«Ja, er ist zerstort und kann nie wieder hergestellt werden. Die Schatze sind fur die Menschen verloren; kein Sterblicher wird sie nun zu heben vermogen, denn die Insel wird sich bis obenan mit Wasser fullen. Kommt herein!«

Es uberlief die beiden Wei?en ein kaltes Grauen. Das unten aufsteigende Wasser trieb die dumpfige Luft nach oben; man fuhlte es aus der Bodenoffnung kommen. Das bedeutete den Tod von weit, weit uber hundert Menschen.

«Aber unsre Gefangenen, die sich hier nebenan befinden!«sagte Old Shatterhand.»Die ertrinken doch auch!«

«Nein. Die Mauer widersteht fur einige Zeit. Dann freilich mussen wir sie herausholen. Horcht!«

Man horte da unten ein Gerausch, und dann sah man einen Roten mit einer Fackel auftauchen. Es war das» lange Ohr«. Der» gro?e Bar «wollte ihn auch ertrinken lassen, aber auf Old Firehands Zureden sah er von dieser Grausamkeit ab. Kaum befand sich der Timbabatsche in Sicherheit, so stand im Innern der Insel das Wasser genau so hoch wie drau?en, und der vorhin sichtbare trichterformige Wirbel war verschwunden.

Das» lange Ohr «hatte sich am Feuer niedergesetzt; es war ihm jetzt unmoglich, zu stehen. Der» gro?e Bar «setzte sich ihm gegenuber, zog einen Revolver aus dem Gurtel und sagte in drohendem Tone:»Jetzt mag der Hauptling der Timbabatschen erzahlen, wie er mit den Utahs in den Gang gekommen ist. Wenn er mich belugt, werde ich ihm eine Kugel in den Kopf schie?en. Er hat das Geheimnis der Insel gekannt?«

«Ja, «gestand der Gefragte.

«Wer hat es dir verraten?«

«Du selbst.«

«Das ist nicht wahr!«

«Es ist wahr. Ich sa? druben unter der alten Lebenseiche, als du mit deinem Sohne kamst. Ihr bliebt in meiner Nahe stehen und spracht von der Insel, von ihren Schatzen und von dem Gange, aus welchem man das Wasser in den Canon laufen lassen kann. Erinnerst du dich?«

«Ja, es ist wahr. Wir haben dort gestanden und davon gesprochen. Wir glaubten, allein zu sein.«

«Ich ersah aus euren Worten, da? der Gang da beginne, wo der Steinhaufen lag. Am andern Morgen jagtet ihr einen Hirsch, und ich benutzte das, um den Steinhaufen zu entfernen. Ich trat in den Gang und sah die Fackeln. Da wu?te ich genug und brachte die Steine wieder an ihre Stelle.«

«Und heut gingst du zu den Utahs, um das Geheimnis zu verraten!«

«Nein. Ich wollte sie belauschen, wurde aber ergriffen. Nur um mich zu retten, sprach ich von diesem Gange und auch von der Insel.«

«Das war feig. Hatte Old Shatterhand nicht bemerkt, da? du fehltest, so ware der Verrat gelungen, und unsre Seelen befanden sich schon morgen in den ewigen Jagdgrunden. Habt ihr gesehen, was unten in der Insel lag?«

«Ja.«

«Und habt ihr die Pakete geoffnet?«

«Nur ein einziges.«

«Was befand sich darin?«

«Ein Gott, aus purem Golde gefertigt.«

«Kein menschliches Auge wird ihn wiedersehen, auch das deinige nicht. Was meinst du wohl, da? du verdient hast?«

Der Timbabatsche schwieg.

«Den Tod, den zehnfachen Tod! Aber du warst mein Freund und Kamerad, und diese Bleichgesichter wunschen nicht, da? ich dich tote. Du sollst also leben bleiben, doch nur, wenn du das thust, was ich von dir verlange.«

«Was forderst du?«

«Ich werde dir einen Schwur, einen schweren Schwur abnehmen, einen Schwur, da? du niemals und niemanden von der Insel und dem, was sie enthalt, etwas sagen willst.«

«Ich bin bereit, zu schworen.«

«Jetzt nicht, sondern spater. Und sodann fordre ich von dir, da? du das thust, was Old Firehand von dir verlangen wird. Er will in dem Felsenkessel wohnen und ihn euch abkaufen. Du wirst ihm den Platz verkaufen und dazu den Weg, welcher von dort nach dem Silbersee fuhrt.«

«Wir brauchen den Kessel nicht, denn er ist unnutz; kein Pferd findet Weide dort.«

«Was forderst du dafur?«

«Da mu? ich erst mit den andern Timbabatschen sprechen.«

«Sie werden dich fragen, was sie verlangen sollen, und du mu?t den Preis bestimmen. Da will ich dir jetzt sagen, welche Forderung du machen darfst. Old Firehand wird dir geben zwanzig Gewehre und zwanzig Pfund Pulver, zehn Decken, funfzig Messer und drei?ig Pfund Tabak. Das ist nicht zu wenig. Wirst du darauf eingehen?«

«Ich stimme bei und werde mich so verhalten, da? auch die andern darauf eingehen.«

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