kummert sich um
sie, ja? Ich mu? was Wichtiges erledigen. Ich…«
Sie horte von fern ihren Namen und drehte sich um. Amy stand auf derBetonmauer desBewasserungsteichs und winkte.
«Tracy! Schau mal!«
«Nein! Geh da runter!«schrie Tracy.
Und sie sah entsetzt, wie Amy das Gleichgewicht verlor und in den Teich fiel.
«O Gott!«AllesBlut wich aus Tracys Gesicht. Sie mu?te eine Wahl treffen. Aber sie hatte keine Wahl. Ich kann ihr nicht helfen. Jetzt nicht. Irgend jemand wird sie schon retten. Ich mu? mich selbst retten. Ich mu? weg von hier, sonst krepiere ich. Es war 13 Uhr 20.
Tracy drehte sich um und rannte so schnell wie noch nie in ihrem Leben. Die Frauen riefen ihr nach, aber sie horte sie nicht. Sie flog dahin, sie merkte nicht, da? sie ihre Schuhe verloren hatte, sie achtete nicht darauf, da? sie sich die Fu?e an dem steinigenBoden aufschurfte. Ihr Herz raste, und ihre Lungen platzten, und sie zwang sich, schneller zu rennen, noch schneller. Dann war siebei der Mauer und sprang hinauf. Weit unten sah sie Amy im tiefen Wasser, die verzweifelt paddelte, um nicht unterzugehen. Ohne auch nur eine Sekunde zu zogern, sprang Tracy in den Teich. Und erst als sie klatschend im Wasser landete, dachte sie: Lieber Gott! Ich kann doch nicht schwimmen…
ZWEITES BUCH
12
NEW ORLEANS
Freitag, 25. August, 10 Uhr
Lester Torrance, Schalterbeamterbei der First MerchantsBank of New Orleans, brustete sich mit zweierlei: mit seinem uberragenden erotischen Konnen und mit seiner Fahigkeit, die Kunden richtig einzutaxieren. Er war Ende Vierzig und hoch aufgeschossen, hatte ein fahles Gesicht, einen gepflegten Schnurrbart und lange Koteletten. Er warbei zweiBeforderungen ubergangen worden, und aus Rache dafurbenutzte er dieBank als privaten Aufrei?platz. Gunstgewerblerinnen erkannte er auf zwei Meilen gegen den Wind, und es machte ihm Freude, sie wenigstens versuchsweise dazu zu uberreden, da? sie ihm ihre Dienstleistungen gratis gewahrten. Einsame Witwen waren einebesonders leichteBeute. Sie kamen in allen Stadien der Verzweiflung, und fruher oder spater tauchten sie vor Lesters Schalter auf. Wenn sie ihr Konto vorubergehend uberzogen hatten, lieh ihnen Lester ein mitfuhlendes Ohr und lie? ihre Schecks nicht gleich platzen. Vielleicht konnten sie dafur ja irgendwo mit ihm zum Essen gehen? Viele Kundinnen suchten Rat und Hilfebei ihm und weihten ihn in delikate Geheimnisse ein: Siebrauchten einen Kredit, ohne Wissen ihres Mannes… Sie wollten, da? gewisse Schecks, die sie ausgestellt hatten, vertraulichbehandelt wurden… Sie erwogen die Scheidung, und obLester ihnen helfen konne, ihr gemeinsames Konto gleich aufzulosen? Lester war au?erstbemuht, die Damen nach Wunsch zubedienen. Um seinerseits nach Wunschbedient zu werden.
An diesem Freitagmorgen wu?te Lester, da? er den Vogel abgeschossen hatte. Er sah die Frau in dem Moment, in dem sie dieBankbetrat. Sie war einfach umwerfend. Sie hatte glattes schwarzes schulterlanges Haar, und sie trug einen engen Rock und einen ebenso engen Pullover und prunkte mit einer Figur, um die sie jedes Las?Vegas?Girlbeneidet hatte.
In derBankbefanden sich noch vier weitere Schalter, und die Augen der jungen Frau wanderten von einem zum andern, als suche sie Hilfe. Dann erblickte sie Lester, und er nickte eifrig und lachelte ihr aufmunternd zu. Sie ging zu seinem Schalter — Lester hatte es gleich gewu?t.
«Einen wunderschonen guten Morgen«, sagte Lester mit Warme.»Was darf ich fur Sie tun?«Er sah, wie sich ihreBrustwarzen unter dem Kaschmirpullover abzeichneten, und dachte: Mein Kleines, fur dich tu ich alles!
«Ich habe Probleme«, sagte die Frau mit leiser Stimme. Sie hatte den wundervollsten Sudstaatenakzent, den Lester je vernommen hatte.
«Dafurbin ich ja da«, sagte er herzlich.»Um Probleme zu losen.«
«Oh, ich hoffe, Sie konnen das wirklich! Ich habe namlich leider etwas Furchtbares angestellt.«
Lester schenkte ihr sein schonstes, vaterlichstes Lacheln, das in etwa ausdruckte: Auf mich kannst dubauen wie auf einen Fels.»Also, ich glaub's einfach nicht, da? eine sobezaubernde junge Dame wie Sie etwas Furchtbares anstellen kann.«
«Oh, aber ich habe etwas Furchtbares angestellt. «Ihre sanftenbraunen Augen waren vor Entsetzen geweitet.»Ichbin die Sekretarin von Joseph Romano, und er hat mir vor einer Woche gesagt, ich soll neue Schecks fur ihnbesorgen, und ich hab's vollig verschwitzt, und jetzt haben wirbald keine Schecks mehr, und wenn er das rauskriegt, wei? ich nicht, was er mit mir macht. «All das war in einem langen, leisen,
samtigen Schwall aus ihr herausgepurzelt.
Lester wu?te naturlich, wer Joe Romano war. Ein hochgeschatzter Kunde dieserBank, obwohl er auf seinem Konto immer nur verhaltnisma?ig kleineBetrage hatte. Es war allgemeinbekannt, da? er das dicke Geld woanders wusch.
Inbezug auf Sekretarinnen hat er einen sagenhaften Geschmack, dachte Lester. Er lachelte erneut.»Na, aber das ist doch gar nicht so schlimm, Mrs….?«
«Mi? Hartford. Laureen Hartford.«
Mi?. Was fur ein Gluckstag. Lester ahnte, nein, wu?te, da? diesblendend laufen wurde.»Ich fordere jetzt sofort die Schecks fur Sie an. Die haben Sie in zweibis drei Wochen, und…«
Sie gabein kleines Stohnen von sich, das Lester unendlich verhei?ungsvoll klang.»Oh, das ist zu spat! Und Mr. Romano ist schon so sauer auf mich! Ich kann mich irgendwie nicht auf meine Arbeit konzentrieren, verstehen Sie?«Siebeugte sich vor. IhreBruste schwebten in verfuhrerischer Nahe. Sie sagte atemlos:»Wenn Sie diese Schecksbeschleunigt anfordern… also, ich wurde Ihnen direkt was dafur geben….«
Lester sagte wehmutig:»Ach Gott, Laureen, das tut mir wirklich leid, aber es ist unmoglich, die Schecks…«Er sah, da? sie den Tranen nahe war.
«Das… das kann mich meinen Jobkosten. Bitte… ich mache alles dafur.«
Ihre Worte klangen Lester wie Musik in den Ohren.
«Ich will Ihnen was sagen«, verkundete Lester.»Ich hange mich gleich ans Telefon undbitte umbeschleunigte Zustellung, und Sie haben die Schecks am Montag. Na, was sagen Sie dazu?«
«Oh, Sie sind einfach wunderbar!«Ihre Stimmebebte fast vor Dankbarkeit.
«Ich schicke sie Ihnen insBuro, und…«
«Es istbesser, ich hole sie selbst. Ich will nicht, da? Mr.
Romano erfahrt, wie dumm ich war.«
Lester lachelte milde.»Dumm ist nicht das richtige Wort, Laureen. Wir vergessen alle hin und wieder was. «Sie sagte sanft:»Aber Sie verge? ich nie. Bis Montag.«»Ichbin da. «Nur eine mehrfach gebrochene Wirbelsaule hatte ihn daran gehindert, sich am Montag zur Arbeit einzufinden. Siebedachte ihn mit einem strahlenden Lacheln und schritt langsam aus derBank. Ihr Gang war eine Sehenswurdigkeit. Lester grinste, als er zu einem Stahlschrank lief, die Kontonummer von Joe Romano heraussuchte und telefonisch umbeschleunigte Zustellung der Schecksbat.
Das Hotel in der Carmen Street war von hundert anderen Hotels in New Orleans nicht zu unterscheiden. Deshalbhatte Tracy es auch als Quartier gewahlt. Seit einer Woche wohnte sie in dem kleinen, schabigen Zimmer. Mit ihrer Zelle verglichen, kam es ihr wie ein Palast vor.
Als sie von derBegegnung mit Lester zuruckkehrte, nahm sie die schwarze Perucke ab, fuhr sich mit den Fingern durch ihr eigenes uppiges Haar, entfernte die weichen Kontaktlinsen und cremte sich das dunkle Make?up vom Gesicht. Sie setzte sich auf den einzigen Stuhl im Zimmer und atmete tief durch. Es lie? sich gut an. Zu