«Sie waren gro?artig«, lachte Jeff.»Haben Sie Melnikows Gesicht gesehen? Ich dachte, der kriegt gleich eine Herzattacke.«
«Ich dachte, ich kriege gleich eine Herzattacke«, sagte Tracy.»Wieviel haben wir gewonnen?«
«Etwa zweihunderttausend Dollar. Wir werden das Geld morgen fruhbeim Zahlmeister abholen, wenn wir in Southampton anlegen. Wollen wir uns im Speisesaal zum Fruhstuck treffen?«
«Ja.«
«Ich haue mich jetzt hin. Soll ich Sie zu Ihrer Suitebringen?«
«Ich gehe noch nicht insBett, Jeff. Ichbin zu aufgeregt. Aber lassen Sie sich nicht von mir abhalten.«
«Sie waren einsame Spitze«, sagte Jeff. Er ku?te sie leicht auf die Wange.»Gute Nacht, Tracy.«
«Gute Nacht, Jeff.«
Tracy schaute ihm nach. Schlafen gehen? Jetzt? Unmoglich! Es war eine der phantastischsten Nachte ihres Lebens gewesen. Der Russe und der Rumane waren so eingebildet gewesen, so uberheblich, Jeff hatte gesagt:»Vertrauen Sie mir. «Und sie hatte es getan. Jetztbereute sie es nicht mehr. Oh, sie gabsich keinen Illusionen uber ihn hin. Er war ein Gauner. Intelligent und amusant und einfallsreich, und es machte Spa?, mit ihm zusammenzusein. Aber naturlich wurde sie sich nie ernsthaft fur ihn interessieren.
Auf dem Weg zu seiner Kabinebegegnete Jeff einem der Schiffsoffiziere.
«Das war ja eine tolle Sache, Mr. Stevens. Die Nachricht von der Partie istbereits nach England gefunkt worden. Ich nehme an, da? die Presse Sie und Mi? Whitney in Southampton erwarten wird. Sind Sie ihr Manager?«
«Nein, wir haben uns nur zufallig anBord kennengelernt«, sagte Jeff leichthin, aber seine Gedanken ubersturzten sich. Wenn man Tracy und ihn miteinander in Verbindungbrachte, wurde das Ganze so aussehen wie ein abgekartetes Spiel. Vielleichtbegann dann auch noch die Polizei zu ermitteln. Erbeschlo?, das Geld einzusammeln, bevor irgend jemand Verdacht schopfte.
Jeff schriebeinen kurzenBrief an Tracy.
Habe das Geld abgeholt und erwarte Sie in London zu einem festlichen Fruhstuck im Savoy. Sie waren einfach fabelhaft. Jeff.
Er steckte denBrief in ein Kuvert und uberreichte es einem Steward.»Bitte, sorgen Sie dafur, da? Mi? Whitney dieses Schreiben gleich am Morgenbekommt.«
«Ja, Sir.«
Jeff machte sich auf den Weg zumBuro des Zahlmeisters.
«Tut mir leid, da? ich Sie store«, entschuldigte sich Jeff,»aber wir legen in ein paar Stunden an, und ich wei?, wieviel Sie dann zu tun haben, also habe ich mich gefragt, obSie mich vielleicht jetzt schon auszahlen konnen?«
«Selbstverstandlich«, sagte der Zahlmeister lachelnd.»Die junge Dame ist wirklich ein Genie, nicht wahr?«
«Allerdings.«
«Wenn ich eins noch fragen darf, Mr. Stevens — wo hat sie das gelernt?«
Jeff neigte sich dem Zahlmeister zu und teilte ihm vertraulich mit:»Soviel ich wei?, ist sie eine Schulerin vonBobby Fisher.«
Der Zahlmeister holte zwei gro?e Packpapierumschlage aus dem Safe.»Da werden Sie aber recht vielBares mit sich herumtragen. Soll ich Ihnen nicht lieber einen Scheck ausstellen?«
«Nein, machen Sie sich nur keine Umstande. Ich nehme es so«, sagte Jeff.»Aber konnten Sie mirbitte einen anderen Gefallen tun? Das Postboot kommt doch noch, bevor das Schiff in den Hafen einlauft, oder?«
«Ja, Sir. Wir erwarten es um Punkt sechs.«
«Es ware sehr nett von Ihnen, wenn Sie es einrichten wurden, da? ich mit dem Postboot mitfahren kann. Meine Mutter ist todkrank, und ich mochte gern zu ihr, bevor…«, hier versagte ihm die Stimme,»…bevor es zu spat ist.«
«Oh, das tut mir schrecklich leid fur Sie, Mr. Stevens. Naturlich kann ich das einrichten. Ich werde auch alles Notige mit dem Zoll regeln.«
Um 6 Uhr 15 kletterte Jeff Stevens, diebeiden Packpapierumschlage in seinem Koffer, uber eine Au?enbordleiter in das Postboot. Er wandte sich um und warf einen letztenBlick auf das gro?e Schiff, das hinter ihm aufragte. Die Passagiere lagen alle in tiefem Schlaf. Wenn die Queen Elizabeth II in den Hafen einlief, wurde Jeff schon langst an Land sein.»Es war eine schone Reise«, sagte er zu
einem derBesatzungsmitglieder, die mit auf das Postboot gekommen waren.
«Ja, nicht?«bestatigte eine Stimme.
Jeff drehte sich um. Und da sa? Tracy auf einer Taurolle. Ihr Haar wehte im Wind.
«Tracy! Was machen Sie denn hier?«
«Na, raten Sie mal.«
Erbemerkte ihren nicht sehr freundlichen Gesichtsausdruck.»Moment, Moment! Sie werden doch nicht etwa denken, da? ich mich verdrucken wollte?«
«Aber nein, warum sollte ich?«fragte sie gallenbitter.
«Tracy, ich habe einenBrief fur Sie hinterlassen. Ich wollte mich im Savoy mit Ihnen treffen und…«
«Gewi?«, entgegnete sie sarkastisch.»Die Katze la?t das Mausen nicht, wie?«
Erblickte sie an. Es gabnichts mehr zu sagen.
In ihrer Suite im Savoybeobachtete Tracy mit Argusaugen, wie Jeff das Geld auf den Tisch zahlte.»Ihr Anteilbelauft sich auf einhundertundeintausend Dollar.«
«Danke«, sagte Tracy eisig.
Jeff sagte:»Horen Sie, Tracy, Sie irren sich wirklich. Ich wollte, Sie gaben mir die Chance, alles zu erklaren. Essen Sie heute mit mir zu Abend?«
Tracy zogerte. Dann nickte sie.»Okay.«
«Gut. Ich hole Sie um 8 Uhr ab.«
Als Jeff Stevens an diesem Abend im Hotel eintraf und nach Tracy fragte, teilte ihm der Mann an der Rezeption mit:»Tut mir leid, Sir, Mi? Whitney ist heute nachmittag ausgezogen. Sie hat keine Adresse hinterlassen.«
21
Es war eine handschriftliche Einladung — zu diesem Schlu? gelangte Tracy spater —, die ihr Leben veranderte.
Nachdem sie ihren Anteil von Jeff Stevens eingetrieben hatte, verlie? Tracy das Savoy und quartierte sich in einem ruhigen Hotel in der Park Street mit gro?en, freundlichen Zimmern und exzellentem Service ein.
An ihrem zweiten Tag in London wurde ihr die Einladung, abgefa?t in eleganter, wie gestochener Schrift, vom Portier uberbracht:»Ein gemeinsamer Freund hat mich darauf hingewiesen, da? es fur unsbeide von Vorteil sein konnte, miteinanderbekannt zu werden. Mochten Sie vielleicht heute nachmittag um 16 Uhr im Ritz zum Tee mit mir zusammentreffen? Ich werde, wenn Sie mir das Klischee verzeihen, eine rote Nelke im Knopfloch tragen. «Unterzeichnet war die Einladung mit» Gunther Hartog«.
Tracy hatte keine Ahnung, wer das sein konnte. Ihre erste Regung war, so zu tun, als habe sie die Karte nicht erhalten, aber dann gewann ihre Neugier die Oberhand, und um 16 Uhr 15 stand sie im Ritz an der Tur zum Speisesaal. Siebemerkte ihn sofort. Er war uber sechzig, vermutete Tracy, ein interessant aussehender Mann mit schmalem, intellektuellem Gesicht. Seine Haut war glatt und fast durchscheinend. Er trug einen teuren grauen ma?geschneiderten Anzug und hatte, wie angekundigt, eine rote Nelke im Knopfloch.
Als Tracy auf seinen Tisch zuging, stand er auf und verbeugte sich leicht.
«Vielen Dank, da? Sie meiner Einladung gefolgt sind.«
Er ruckte mit einer altmodischen Hoflichkeit, die Tracybezaubernd fand, den Stuhl fur sie zurecht. Er schien in eine
andere Welt zu gehoren. Tracy konnte sich nicht vorstellen, was er von ihr wollte.
«Ichbin gekommen, weil ich neugierig war«, gestand Tracy,»aber sind Sie sicher, da? Sie mich nicht mit