einer anderen Tracy Whitney verwechselt haben?«
Gunther Hartog lachelte.»Nach dem, was ich gehort habe, gibt es nur eine Tracy Whitney.«
«Was haben Sie denn gehort?«
«Wollen wir daruberbeim Tee reden?«
Der Tee wurde in schonen Porzellantassen serviert; dazu gabes einen kleinen Imbi?.
«Sie haben in Ihrer Einladung von einem gemeinsamen Freund gesprochen«, begann Tracy.
«Ja, Conrad Morgan. Ich mache hin und wieder Geschafte mit ihm.«
Ich habe einmal mit ihm Geschafte gemacht, dachte Tracy wutend. Und er hat versucht, mich ubers Ohr zu hauen.
«Er ist ein gro?erBewunderer von Ihnen«, sagte Gunther Hartog.
Tracybetrachtete ihren Gastgeber genauer. Er hatte die vornehme Art eines Aristokraten und sah vermogend aus. Was will er von mir? fragte sich Tracy noch einmal. Sie kam zu dem Schlu?, da? er das selbst zur Sprachebringen sollte, aber im folgenden wurden weder Conrad Morgan noch der gemeinsame Vorteil erwahnt, der fur Gunther Hartog und Tracy Whitney aus einerBekanntschaft erwachsen konnte.
Tracy fand dieBegegnung angenehm, ja faszinierend. Gunther erzahlte ihr aus seinem Leben.»Ichbin in Munchen geboren. Mein Vater warBankier. Er war reich, und ich furchte, da? ich als ziemlich verwohntes Herrschaftskind aufgewachsenbin, umgeben von schonen Gemalden und Antiquitaten. Meine Mutter war Judin, und als Hitler an die Macht kam, wollte mein Vater sie nicht im Stich lassen — also haben ihn die Nazis um alles gebracht, was erbesa?. Sie sind
beidebei denBombardements gestorben. Freunde haben mich aus Deutschland herausgeschmuggelt, in die Schweiz, und als der Krieg zu Ende war, beschlo? ich, nicht nach Deutschland zuruckzukehren. Ichbin nach London ubergesiedelt und habe ein kleines Antiquitatengeschaft in der Mount Street eroffnet. Ich hoffe, da? Sie es eines Tagesbesuchen werden.«
Da liegt also der Hase im Pfeffer, dachte Tracy verwundert. Er will mir etwas verkaufen.
Wie sich spater herausstellte, irrte sie sich.
Als Gunther Hartog die Rechnungbeglich, sagte erbeilaufig:»Ich habe ein kleines Landhaus in Hampshire. Ubers Wochenende kommen ein paarBekannte von mir, und es wurde mich sehr freuen, wenn Sie sich uns anschlie?en wollten.«
Tracy zogerte. Der Mann war ihr fremd, und sie wu?te immer noch nicht, was er von ihr wollte. Doch dann gelangte sie zu dem Schlu?, da? sie sich gewi? nichts vergab, wenn sie am Freitagabend aufs Land fuhr.
Gunther Hartogs» kleines Landhaus «erwies sich als ein schoner Herrensitz aus dem 17. Jahrhundert mit drei?ig Morgen Grund. Gunther war Witwer und lebte allein — abgesehen von seinen Dienstboten. Er zeigte Tracy, was sehenswert war, unter anderem auch den Stall mit den Pferden und die Schweinekoben und den Huhnerhof.
«Damit wir nie zu hungernbrauchen«, sagte er ernst.»Und jetzt will ich Sie mit meinem eigentlichen Hobbybekannt machen.«
Er fuhrte Tracy zu einem Taubenschlag.»Das sindBrieftauben«, erklarte er stolz.»Schauen Sie sich diese kleinen Prachtstucke an. Sehen Sie die schiefergraue da druben? Das ist Margo. «Er nahm die Taube inbeide Hande.»Dubist eine Schlimme, wei?t du das? Sie tyrannisiert die
anderen, aber sie ist die intelligenteste von allen. «Gunther strich der Taubebehutsam uber den Kopf und setzte sie wieder ab.
Die Farben der Vogel waren wunderbar: blauschwarz, blaugrau und silbern in allen Schattierungen.
«Aber keine wei?en«, bemerkte Tracy.
«Brieftauben sind nie wei?«, erklarte Gunther.»Wei?e Federn gehen zu leicht aus, und wennBrieftauben auf dem Weg nach Hause sind, fliegen sie immerhin mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 65 km/h.«
Tracy sah zu, wie Gunther den Vogeln Kraftfutter streute, das mit Vitaminen angereichert war.
«Es sind erstaunliche Tiere«, fuhr Gunther fort.»Wu?ten Sie schon, da? sie noch aus uber 800 km Entfernung nach Hause finden?«
«Das ist ja faszinierend«, sagte Tracy.
Die Gaste waren ebenso faszinierend: ein Minister und seine Frau, ein Earl, ein General mit seiner Freundin und die Maharani von Morvi, eine sehr attraktive, freundliche junge Frau. Sie trug einen dunkelroten, mit Goldfaden durchwirkten Sari und den schonsten Schmuck, den Tracy je gesehen hatte.
«Den gro?ten Teil meiner Juwelen verwahre ich in einemBanksafe«, erklarte sie Tracy.»Es wird so viel gestohlen heutzutage.«
Am Sonntagnachmittag, kurzbevor Tracy nach London zuruckfuhr, bat Gunther sie in seineBibliothek. Sie sa?en einanderbeim Tee gegenuber, und Tracy sagte:»Ich wei? nicht, warum Sie mich eingeladen haben, Gunther, aber wie auch immer — es war wunderschon.«
«Das freut mich, Tracy. «Gunther dachte einen Augenblick nach. Dann fragte er:»Haben Sie Zukunftsplane?«
Tracy zogerte.»Nein, eigentlich nicht. Ich wei? noch nicht, was ich mache.«
«Ich glaube, wir konnten gut zusammenarbeiten.«
«Sie meinen, in Ihrem Antiquitatengeschaft?«
Er lachte.»Nein, da nun gerade nicht. Es ware eine Schande, Ihre Talentebrachliegen zu lassen. Ich wei? uber den tollen StreichBescheid, den Sie Conrad Morgan gespielt haben. Das haben Sie famos gemacht.«
«Gunther… das liegt alles hinter mir.«
«Gewi?. Aber was liegt vor Ihnen? Sie sagten, Sie hatten keine Zukunftsplane. Doch Sie mussen an Ihre Zukunft denken. Was Sie an Geld haben, wird eines Tages zur Neige gehen. Ich schlage Ihnen eine Partnerschaft vor. Ich verkehre in sehr vermogenden Kreisen, bin bei
Wohltatigkeitsveranstaltungen und Jagdgesellschaften und Segeltorns mit von der Partie. Ich wei?, wie und wann die Reichen kommen und gehen.«
«Und was hat das mit mir zu tun?«
«Ich kann Sie in diese Kreise einfuhren. Ich kann Sie uber marchenhafte Juwelen und Gemalde informieren und uber die Art und Weise, sie gefahrlos zubeschaffen. Ich kann diese Dinge unter der Hand weiterverau?ern. Sie wurden nur Leuten ans Leder gehen, die auf Kosten anderer reich geworden sind. Wir wurden uns alles fair teilen. Nun — was sagen Sie dazu?«
«Nein.«
Erbetrachtete sie sinnend.»Ich verstehe. Aber rufen Sie mich trotzdem an, wenn Sie es sich anders uberlegen?«
«Ich werde es mir nicht anders uberlegen, Gunther.«
Am spaten Nachmittag kehrte Tracy nach London zuruck.
Tracy liebte London. Sie a? in denbesten Lokalen (begnugte sich freilich dann und wann auch mit einem Hamburger), sie ging ins National Theatre und ins Royal Opera House, siebesuchte Auktionenbei Christie's undbei Sotheby's. Bei Harrods kaufte sie ein, bei Foyles schmokerte sie inBuchern. Sie mietete einen Wagen samt Chauffeur und verbrachte ein
denkwurdiges Wochenende im Chewton Glen Hotel in Hampshire, am Rande des New Forest, wo das Ambiente phantastisch und der Service unubertrefflich war.
Doch all das war teuer. Was Sie an Geld haben, wird eines Tages zur Neige gehen. Gunther Hartog hatte recht. Ihre Finanzen wurden nicht ewig reichen, und Tracy sah klar und deutlich, da? sie sich mit Zukunftsplanenbeschaftigen mu?te.
Sie wurde zu weiteren Wochenenden auf Gunthers Landsitz eingeladen, und sie hatte Freude an jedemBesuch und geno? die Gesellschaft ihres Gastgebers.
Eines Sonntagabends sagte ein Unterhausabgeordneter zu Tracy:»Ichbin noch nie einem echten Texanerbegegnet, Mi? Whitney. Was sind das fur Leute?«
Worauf Tracy eine neureiche Texanerin nachmachte. Die Rundebog sich vor Lachen.
Spater, als Tracy und Gunther allein waren, fragte er:»Wie gefiele es Ihnen, mit dieser Imitation ein kleines Vermogen zu verdienen?«
«Ichbin keine Schauspielerin, Gunther.«
«Sie unterschatzen sich. In London gibt es ein Juweliergeschaft — Parker & Parker —, das seine Kunden gern ubers Ohr haut. Sie haben mich auf eine Idee gebracht, wie man diesem Laden seine krummen