Touren heimzahlen kann. «Er legte Tracy seinen Einfall dar.

«Nein«, sagte sie. Aber je mehr sie daruber nachdachte, desto faszinierter war sie. Sie erinnerte sich an den Nervenkitzel, die Polizei auszutricksen, dannBoris Melnikow und Mihail Negulescu und Jeff Stevens… Es war unbeschreiblich aufregend gewesen. Trotzdem — das gehorte der Vergangenheit an.

«Nein, Gunther«, sagte sie noch einmal. Doch jetzt klang es weit weniger entschlossen.

Fur Oktober war es ungewohnlich warm in London, und Englander wie Touristen genossen gleicherma?en den hellen Sonnenschein. Der Mittagsverkehr war zahflussig, mit Staus am Trafalgar Square, in der Charing Cross Road und am Piccadilly Circus. Ein wei?er Mercedesbog von der Oxford Street in die NewBond Street, schlangelte sich langsam zwischen den anderen Wagen hindurch, fuhr an Cartier, Geigers und der RoyalBank of Scotland vorbei und hielt ein paar Hauser hinter Hermes vor einem Juweliergeschaft. Auf einem diskreten, auf Hochglanz polierten Schild neben der Tur stand: PARKER & PARKER. Ein Chauffeur in Uniform entstieg der Limousine, eilte um sie herum und ri? den hinteren Wagenschlag fur seinen Fahrgast auf. Eine junge, auffalligblonde Frau, die viel zuviel Make?up im Gesicht hatte und unter einem Zobelmantel ein enges italienisches Strickkleid trug — vollig unpassendbei diesem Wetter —, hupfte aus dem Mercedes.

«Wo iss'n die Klitsche, junger Mann?«fragte sie. Ihre Stimme war laut, mit einem texanischen Akzent, der dem Ohr weh tat und an den Nerven zerrte.

Der Chauffeur deutete auf den Eingang.»Da, Madam.«

«Okay, Su?er. Bleiben Sie in der Nahe. Dauert nicht lange.«

«Ich mu? vielleicht ein paarmal um denBlock fahren, Madam. Wir stehen hier im Halteverbot.«

Die Frau klopfte ihm auf die Schulter und sagte:»Tun Sie, was Sie nicht lassen konnen, Sportsfreund.«

Sportsfreund! Der Chauffeur zuckte zusammen. Das war die Strafe dafur, da? er dazu verdonnert war, Mietwagen durch die Gegend zu kutschieren. Er verabscheute alle Amerikaner. Und Texaner ganzbesonders. Sie waren so schrecklich unkultiviert, aber leider hatten sie Geld. Er hatte sich sehr gewundert, wenn er gewu?t hatte, da? sein Fahrgast noch nie in Texas gewesen war.

Tracy uberprufte ihr Spiegelbild in der Schaufensterscheibe,

setzte einbreites Grinsen auf und ging mit dem Schritt eines Fuhrknechts auf die Tur zu, die von einem Tursteher in Uniform geoffnet wurde.

«Guten Tag, Madam.«

«Tag. Verkauft ihr hier auch noch was anderes als Modeschmuck?«Sie kicherte uber ihren Scherz.

Der Tursteher erbleichte. Tracy trampelte in den Laden und zog eine Wolke von schwerem Moschusparfum hinter sich her.

Arthur Chilton, Verkaufer im Cut, strebte ihrbeflissen und doch gemessen entgegen.»Kann ich etwas fur Sie tun, Madam?«

«Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Mein alter P. J. hat gesagt, ich soll mir 'ne Kleinigkeit zum Geburtstag kaufen. Was haben Sie denn so?«

«Oh, allerlei. Sind Madam an irgend etwasBestimmtem interessiert?«

«He, Partner, ihr Englander gebt ja unheimlich genaue Auskunfte, wie?«Sie lachte heiser und klopfte ihm auf die Schulter. Chilton mu?te sehr an sich halten, um nicht aus der Haut zu fahren.»Smaragde vielleicht.«

«Wenn Siebitte hier heruber kommen wollten…«

Chilton fuhrte die Frau zu einer Vitrine, in der sich mehrere Auslagekasten mit Smaragdenbefanden.

DieBlondine schaute sie nur einmal kurz und verachtlich an.»Das sind dieBabys. Und wo sind die Mamas und Papas?«

Chiltonbemerkte steif:»Diese Steinebewegen sich im Preisbis zu einer Hohe von drei?igtausend Dollar.«

«Mann, das kriegt mein Friseur als Trinkgeld. «Die Frau lachte schrill.»Mein alter P. J. ware tierisch sauer, wenn ich mit so 'nem Kieselstein ankommen wurde.«

Chilton konnte sich ihren alten P. J. lebhaft vorstellen. Wabbelig, mit ungeheurer Wampe und genauso laut und penetrant wie seine Frau Gemahlin. Sie pa?ten sicher exzellent zueinander. Warum haben immer die Leute das

gro?e Geld, die es am allerwenigsten verdienen? fragte er sich.

«Was wollen Madam denn ausgeben?«

«Och, so um die hundert Riesen.«

Chiltonblickte verstandnislos drein.»Hundert… wiebitte?«

«Riesen, Mann. Gro?e, gro?e Scheine. Tausender, wenn Sie's genau wissen wollen.«

Chilton schluckte.»Oh. In diesem Fall ware es wohlbesser, wenn Sie mit unserem Verkaufsleiter sprechen wurden.«

Der Verkaufsleiter, Gregory Halston, bestand darauf, alle gro?eren Transaktionen personlich abzuwickeln, und da die Angestellten von Parker, Parker nicht am Umsatzbeteiligt waren, kummerte es sie nicht. Chilton war sogar froh, diese widerwartige Kundin an Halston weiterreichen zu konnen. Er druckte einen Knopf unter dem Ladentisch, und wenige Sekunden spater kam aus einem der Nebenraume ein langer, durrer, bleicher Mann geeilt. Er warf einenBlick auf die entsetzlich angezogeneBlondine und hoffte instandig, da? niemand von der Stammkundschaft erschien, bis dieses Weibverschwunden war.

Chilton sagte:»Mr. Halston, das ist Mrs. — ah…?«Er wandte sich der Frau zu.

«Benecke, Su?er. Mary LouBenecke. Die Alte vom alten P. J. Benecke. Er macht in Ol. Na, ihr habt ja sicher schon von ihm gehort.«

«Selbstverstandlich. «Gregory Halstonbemuhte sich um die Andeutung eines Lachelns.

«Mrs. Benecke mochte einen Smaragd erwerben, Mr. Halston.«

Gregory Halston deutete auf die Auslagekasten.»Wir haben hier einige sehr schone Stucke, die…«

«Sie wollte etwas fur ungefahr hunderttausend Dollar.«

Diesmal war das Lacheln, das Gregory Halstons Gesicht erhellte, durchaus echt. Nett, wenn der Nachmittag so anfing.

«Wissen Sie, ich habbald Geburtstag, und mein alter P. J. will, da? ich mir was Hubsches kaufe.«

«Das… das ist verstandlich«, sagte Halston.»Wurden Sie mirbitte folgen?«

«Na, was haben Sie denn mit mir vor, Sie kleiner Wustling?«gluckste dieBlondine.

Halston und Chiltonblickten einander gequalt an. Oh, diese Amerikaner!

Halston fuhrte die Frau zu einer abgeschlossenen Tur, die er aufsperrte. Sie traten in einen kleinen, hell erleuchteten Raum, und Halston schlo? die Tur wieder zu.

«Hierbefindet sich die Ware fur unserebesonders geschatzte Kundschaft«, erklarte er.

In der Mitte des Raums stand eine Vitrine mit uberwaltigend schonen Diamanten, Rubinen und Smaragden.

«Das ist schon eher was«, sagte dieBlondine.

«Sehen Madam etwas Ansprechendes?«

«Schauen wir mal. «Sie ging zu dem Auslagekastchen mit den Smaragden.»Die da — die wurde ich gern genau unter die Pupille nehmen.«

Halston zog einen kleinen Schlussel aus seiner Tasche, sperrte die Vitrine auf, holte das Auslagekastchen heraus und stellte es auf den Tisch. Es war mit Samt ausgeschlagen und enthielt zehn Smaragde. Halston sah zu, wie die Frau den gro?ten Stein auswahlte. Er gehorte zu einer erlesenen Nadel und war in Platin gefa?t.

«Wie mein alter P. J. sagen wurde: ›Das ist genau mein Fall.‹«

«Madam haben einen ausgezeichneten Geschmack. Dies ist ein zehnkaratiger Smaragd aus Kolumbien, grasgrun, lupenrein und…«

«Smaragde sind nie lupenrein, Mann.«

Halston war einen Moment langbaff.»Da haben Madam naturlich recht. Was ich meinte, war…«Zum ersten Mal

bemerkte er, da? die Augen der Frau so grun waren wie der Stein, den sie jetzt in der Hand hielt und prufendbetrachtete.

«Wir haben auch noch eine gro?ere Auswahl, wenn Sie…«

«Ach, was soll das Tamtam, Su?er. Den nehm ich.«

Der Verkaufsvorgang hatte keine drei Minuten gedauert.

«Wunderbar«, sagte Halston. Dann fugte er ganzbeilaufig hinzu:»In Dollarbelauft sich der Kaufpreis auf

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