«Noch nicht, Mrs. Benecke«, antwortete Halston.»Aber nur keine Aufregung. Bald.«

Am Freitag rief sie wieder an.»Morgen habich Geburtstag«, hielt sie Halston vor.

«Ich wei?, Mrs. Benecke. Wenn Sie mir noch ein paar Tage Zeit lie?en, wurde ich mit Sicherheit…«

«Gilt nicht, Sportsfreund. Wenn Sie den Smaragd nichtbis morgen vormittag haben, geb’ ich Ihnen den zuruck, den ichbei Ihnen gekauft habe. Mein alter P. J. sagt, ich krieg

stattdessen 'n Landhaus. In… in Sussex oder so — gibt's das?«

Halstonbrach der kalte Schwei? aus.»Mrs. Benecke«, sagte er,»es wurde Ihnenbestimmt nicht gefallen in Sussex. Sie wurden es abscheulich finden, in einem Landhaus zu wohnen. Die meisten sind in einem klaglichen Zustand. Sie haben keine Zentralheizung und…«

Mrs. Benecke fiel ihm ins Wort.»Also, noch mal ganz unter uns, mir waren die Ohrringe lieber. Mein alter P. J. hat gesagt, fur noch so'n Stein wurde er sogar vierhunderttausend rausrucken. Sie haben keine Ahnung, wie unheimlich stur der sein kann.«

Vierhunderttausend Dollar! Halston hortebereits das leise Knistern der Scheine zwischen seinen Fingern.»Ich tue, was ich kann«, versicherte er.»Geben Sie mirbitte nur noch einbi?chen Zeit.«

«Das liegt nichtbei mir, Su?er«, erwiderte sie.»Das liegtbei P. J.«

Und damit war die Leitung tot.

Halston sa? da und verwunschte das Schicksal. Wo konnte erblo? einen haargenau identischen, zehnkaratigen Smaragd finden? Er war derart mitbitteren Gedankenbeschaftigt, da? er die Sprechanlage erstbeim dritten Summen horte. Er druckte die Taste undblaffte:»Was ist denn?«

«Eine Contessa Marissa ist am Telefon, Mr. Halston. Sie ruft wegen der Anzeige an. Wegen des Smaragds.«

Schon wieder jemand! Heute vormittag hatte erbereits zehn einschlagige Anrufe entgegengenommen, und jeder war reine Zeitverschwendung gewesen. Halston nahm den Horer von der Gabel und sagte ungnadig:»Ja?«

Eine sanfte Frauenstimme mit italienischem Akzent meldete sich:»Guten Tag, Signore. Ich habe Ihre Anzeige gelesen. Sie sind moglicherweise daran interessiert, einen Smaragd zu erwerben?«

«Wenn er das ist, was ich mir vorstelle, ja. «Halston konnte die Ungeduld nicht aus seiner Stimme verbannen.

«Ich habe einen Smaragd, der seit vielen, vielen Jahren imBesitz meiner Familie ist. Leider sehe ich mich aufgrund meiner derzeitigen Lage genotigt, den Stein zu verau?ern.«

Ja, ja, ja. Die Geschichte hatte er schon hundertmal gehort.

Ich mu? es noch einmalbei Christie's versuchen, dachte Halston. Oderbei Sotheby's. Vielleicht ist da in letzter Minute noch etwas zur Auktion gegeben worden, oder…

«Signore? Sie suchen einen zehnkaratigen Smaragd, nicht wahr?«

«Ja.«

«Ich habe einen. Zehn Karat, grasgrun, kolumbisch.«

Als Halston zu sprechenbegann, stellte er fest, da? seine Stimmebelegt war.»Wurden… wurden Sie dasbitte noch einmal sagen?«

«Gern. Ich habe einen zehnkaratigen, grasgrunen, kolumbischen Smaragd. Sind Sie an dem Stein interessiert?«

«Eventuell«, sagte Halston vorsichtig.»Konnten Sie wohl hier vorbeikommen und mich einenBlick darauf werfen lassen?«

«Das geht leider nicht. Ichbin gerade sehrbeschaftigt. Wirbereiten in derBotschaft eine Party fur meinen Mann vor. Aber vielleicht konnte ich nachste Woche…«

Nein! Nachste Woche war es zu spat.»Darf ich Sie vielleicht aufsuchen?«Halstonbemuhte sich, seine Stimme nicht allzu eifrig klingen zu lassen.»Ich konnte… doch, ich konnte jetzt gleich kommen.«

«Eigentlich wollte ich gleich zum Einkaufen gehen…«

«Wo sind Sie, Contessa?«

«Im Savoy.«

«Ich kann in funfzehn Minuten da sein. Nein, in zehn!«sagte Halston hektisch.

«Mottobene. Und Ihr Name war…«

«Halston. Gregory Halston.«»Suite 26.«

Die Tour mit dem Taxi zog sich endlos hin. Halston fuhr wahrenddessen von den Hohen des Himmels in die Tiefen der Holle und wieder zuruck. Wenn der Smaragd der Contessa dem anderen wirklich ahnlich war, wurde er so reich sein, wie er es sich in seinen kuhnsten Traumen nicht vorgestellt hatte. Vierhunderttausend Dollar zahlt der alte Knacker. Also dreihunderttausend Dollar Reingewinn. Er wurde sich eine Villa an der Cote d'Azur kaufen. Und eine Yacht dazu. Mit Villa und Yacht wurde er soviel hubsche, junge, knackige Manner anlocken konnen, wie er wollte.

Gregory Halston war Atheist, doch als er sich im Savoy der Suite 26 naherte, betete er zu Gott: Bitte, la? den Smaragd so ahnlich sein, da? P. J. Benecke zufrieden ist.

Nun stand er vor der Tur der Contessa, holte tief Luft und klopfte an. Es ruhrte sich nichts.

O Gott, dachte Halston. Sie ist weg. Sie hat nicht auf mich gewartet. Sie ist zum Einkaufen gegangen, und… Die Tur offnete sich, und vor Halston stand eine elegante Dame Mitte Funfzig. Sie hatte dunkle Augen, ein faltenreiches Gesicht und schwarzes Haar mit ein paar grauen Strahnen.

«Ja?«sagte sie.

«Ichbin Gre… Gregory Halston. Sie… Sie haben mich angerufen. «Er stotterte vor Nervositat.

«Stimmt. Ichbin die Contessa Marissa. Treten Sie ein, Signore.«

«Danke.«

Halston trat ein und druckte die Knie aneinander, damit sie nicht zitterten. Fast ware er gleich mit der Frage herausgeplatzt:»Wo ist der Smaragd?«Doch er wu?te, da? er sichbeherrschen mu?te. Er durfte nicht allzu interessiert wirken. Dann wurde er, wenn der Stein seinen Erwartungen

entsprach, beim Handeln im Vorteil sein. Schlie?lich war er der Experte. Und sie hatte keine Ahnung.

«Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte die Contessa.

Halston setzte sich.

«Mochten Sie etwas trinken? Tee? Kaffee?«

«Nein danke, Contessa.«

Halston spurte, wie sich sein Magen mehrfach verknotete. War es noch zu fruh, das Gesprach auf den Smaragd zubringen? Wie dem auch sei — er konnte keine Sekunde mehr warten.»Der Smaragd…«

«Ja«, sagte sie.»Der Smaragd ist ein Erbstuck von meiner Gro?mutter. Ich mochte ihn meiner Tochter schenken, wenn sie funfundzwanzig wird, aber mein Mann macht ein neues Geschaft in Mailand auf, und ich…«

Halston war in Gedanken woanders. Die faden Familiengeschichten dieser Frau interessierten ihn nicht. Erbrannte darauf, den Smaragd zu sehen. Seine Nerven warenbis zum Zerrei?en gespannt.

«Ich halte es fur wichtig, meinem Mannbeim Start dieses Geschafts zu helfen. «Sie lachelte wehmutig.»Vielleicht mache ich da einen Fehler…«

«Nein, nein«, sagte Halston ungeduldig.»Uberhaupt nicht, Contessa. Es ist sehr lobenswert, wenn eine Frau ihrem Gatten so zur Seite steht wie Sie. Wobefindet sich der Smaragd zur Zeit?«

«Er ist hier«, antwortete die Contessa.

Sie langte in ihre Tasche, zog einen Edelstein hervor, der in Seidenpapier gewickelt war, und hielt ihn ihremBesucher hin. Halston starrte ihn an, und seiner Seele wuchsen Flugel. Er hatte hier den schonsten zehnkaratigen, grasgrunen, kolumbischen Smaragd vor sich, den er je gesehen hatte. Er war dem, den er Mrs. Benecke verkauft hatte, in Gro?e, Schliff und Farbe so ahnlich, da? der Unterschied kaum zubemerken war. Es ist zwar kein hundertprozentiges Duplikat, sagte sich

Halston, aber das wurde nur ein Experte merken. Seine Handebegannen zu zittern. Er mu?te sich zwingen, gelassen zu wirken.

Halston drehte den Smaragd zwischen den Fingern und sagtebeilaufig:»Ganz nettes Steinchen, doch.«

«Ich habe ihn liebgewonnen in all den Jahren. Ich trenne mich nur au?erst ungern von ihm.«

«Aber Sie tun recht daran«, versicherte Halston der Contessa.»Wenn das Geschaft Ihres Gatten erst einmal floriert, werden Sie sich so viele Smaragde dieser Art kaufen konnen, wie Sie wollen.«

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