für das Baby finden, sonst verhungert es«, mahnte Dave. »Es hat seit seiner Geburt noch nichts zu sich genommen.«

Mr. Dorsey wirbelte herum. »Kann Ihnen damit nicht dienen, hab' ich Ihnen doch schon gesagt. Unsere Ziege ist tot.« Er wies mit dem Daumen in die Richtung eines großgewachsenen jungen Mannes, den Dave bislang noch nicht bemerkt hatte und der in der Ecke des Zimmers auf einem Schaukelstuhl saß. »Mein Sohn hat die Ziege abgeknallt. Hielt sie für eins von diesen toten Dingern. Was das Hirn angeht, hat der Junge nicht allzuviel abgekriegt. Schlägt nicht nach seinem Vater. Das Ärgerliche ist...« Er fing sich wieder. »Von der Polizei sind Sie, haben Sie gesagt? «

»Ja. Mein Kollege und ich wurden von einer Bande von Plünderern überfallen. Sie haben uns die Uniformen abgenommen. Jetzt ist er tot.«

Nur das leise Tätscheln von Mrs. Dorseys Hand war zu hören, die das Baby an ihren Busen drückte. Niemand wußte etwas zu sagen. Das Baby hatte aufgehört zu weinen. Mr. Dorsey warf seinem geistig minderbemittelten Sohn einen giftigen Blick zu, und der junge Mann ließ den Kopf hängen und machte sich ganz klein in seinem Schaukelstuhl, den er angehalten hatte. Dave begriff, daß es der Sohn gewesen sein mußte, durch dessen gedankenlosen Schuß Carl getötet worden war, und daß sich der Vater ihm dann angeschlossen hatte. »Wir werden uns darum kümmern, daß er ein anständiges Begräbnis bekommt, wenn wir können«, versprach Mrs.
Dorsey. »Viel ist es nicht, aber das ist alles, war wir zu tun vermögen.« Ihre Worte hingen in der Luft und trösteten niemanden.

Der trottelige Sohn rang die Hände und schmollte verängstigt in seinem Schaukelstuhl, der quietschend wieder angefangen hatte, hin und her zu schaukeln.

»Hätten Sie nicht vielleicht ein bißchen Pulvermilch? Oder kondensierte Dosenmilch?« fragte Dave. Mrs. Dorsey schüttelte den Kopf. »Wir leben nur von den Konserven, die ich im letzten Herbst gemacht habe«, erklärte sie mit gesenktem Blick. »Und wenn wir uns noch länger hier verbarrikadieren müssen, werden die nicht mehr lange reichen.«

»Gibt's irgendwo in der Nähe einen Ort, wo ich Milch finden könnte?« Dave schaut zwischen den Eheleuten hin und her. Es war Mr. Dorsey, der antwortete. Seine Stimme klang rauher und härter, als er beabsichtigt hatte. »Im Umkreis von Kilometern gibt's hier keine Häuser. Außer dem Kingsley-Besitz. Und dem der Millers.«

»Kingsley?« fragte Dave, der sich an den Namen erinnerte. »Der Kingsley Country Club ist acht Kilometer weiter nördlich, die Landstraße entlang über den Hügel. Da fängt der Golfplatz an. Vier Kilometer weiter ist der Club und noch mal anderthalb oder so dahinter das Landhaus. Kingsley gehört so ziemlich das ganze Gebiet. Aber ich würde sagen, Sie haben mehr Chancen bei der Tankstelle.« »Tankstelle? «

»Die Tankstelle von Log Cabin. Nicht ganz zwölf Kilometer nach Süden auf der Hauptstraße. Dort verkaufen sie auch Brot und Milch - normalerweise jedenfalls.« Dave wog die Information im Geiste ab. Wenn er irgendein Transportmittel und eine Waffe bekäme, könnte er versuchen, bis zu der Tankstelle zu gelangen und Milch und Nahrungsmittel zu besorgen. Anschließend könnte er sich dann John Carter und seine Bande vorknöpfen. Und sich um
die gefangenen Miller-Töchter kümmern. Mr. Dorsey beobachtete Dave und las in seinen Gedanken. »Ich habe zwei Laster und einen Pkw. Wenn Sie's riskieren wollen, kann ich Ihnen den Pkw geben. Und sogar ein Gewehr. Wir behalten das Baby hier - als Pfand.« »Wenn Sie das tun, dann will ich's riskieren«, beschloß Dave und schaute dabei Mr. Dorsey fest in die Augen. »Wir dürfen das Baby nicht verhungern lassen - nach allem, was es durchgemacht hat. Mit Ihrer Hilfe überlebt es vielleicht.« »Ich werde mein Bestes tun, während Sie weg sind«, versprach Mrs. Dorsey. »Ich werde einen dünnen Tee machen und ihn damit füttern, zum Stimulieren. Der Arzt hat mir das bei meinem Erstgeborenen geraten, als er gegen Milch allergisch war und nicht viel anderes essen konnte. Ich geb' ihm nicht viel, nur ein bißchen, um zu sehen, ob's was nützt.« Dave schwieg. Es war ihm unmöglich, den Eheleuten zu danken, nachdem der Mann oder sein Sohn Carl erschossen hatte. Aber sie versuchten jetzt, nett zu sein. Vielleicht, um etwas wiedergutzumachen. Dave war nicht undankbar. Aber nichts konnte Carl wieder lebendig machen. Der schwachsinnige Sohn saß auf seinem Schaukelstuhl und schaukelte hin und her, hin und her, und der Stuhl quietschte dabei.

Von geistiger und körperlicher Erschöpfung übermannt schliefen Ann und Sue Ellen auf dem Rücksitz des Streifenwagens mit Wade Connely am Steuer ein. Er folgte noch immer dem Lastwagen. Sie fuhren mit etwa achtzig Stundenkilometern und weniger als drei Wagenlängen Abstand voneinander. Wade wollte dicht hinter dem Laster bleiben, weil er das Gefühl hatte, der Lkw könnte ein Hindernis überrollen ohne außer Kontrolle zu geraten, und er traute dem Polizeiwagen das nicht ohne weiteres zu. Falls eine von den toten Kreaturen auf der Fahrbahn auftauchte, dann wollte Wade, daß der Lkw sie als erster erwischte.

John Carter schaute in den Rückspiegel. Ihm gefiel es gar nicht, wie der andere sich hinter ihn geklemmt hatte. Er schaltete seine Warnblinkanlage ein, um Wade Zeichen zu geben. »Achtung!« schrie Flack, duckte sich und hielt sich die Augen zu.

Carter sah drei Humanoide im Strahl der Scheinwerfer mitten auf der Fahrbahn auftauchen. Carter trat auf die Bremse, was ein großer Fehler war. Der Laster schlingerte, traf zwei der lebendigen Toten und fegte sie zur Seite. Wade mußte eine Notbremsung durchführen, um nicht auf den Laster aufzufahren, und der Wagen rutschte mit quietschenden Reifen und dem Gestank von verbranntem Gummi neben den Lkw, erfaßte den dritten Humanoiden und schleuderte ihn mit flatternden Gliedmaßen in die Höhe, über die Motorhaube des Polizeiwagens und durch die Windschutzscheibe. Wade schrie auf und der Wagen geriet außer Kontrolle. Er schoß durch eine Leitplanke die Böschung hinunter und krachte gegen einen Baum.

Das alles spielte sich in ETuchteilen von Sekunden ab, und Carter und Flack sahen den Unfall teilweise durch die Rückspiegel. Carter brachte den Lkw am Straßenrand zum Stehen. Er und Flack packten jeder eine Taschenlampe und rannten mit gezogenen Revolvern zur Unfallstelle. Der Leichenfresser, der durch die Windschutzscheibe geflogen war, wurde bei dem Aufprall gegen den Baum geschleudert und lag nun wie eine Stoffpuppe am Boden. Er röchelte mühsam und bewegte schwach einen Arm wie ein Insekt, das man zertreten hat und das sich zu sterben weigert. Flack trat hinzu, richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf ihn und gab einen wohlgezielten Schuß genau zwischen die Augen ab. Jetzt rührte er sich nicht mehr, nachdem ein Teil seines Schädels weggefetzt worden war.

Wade Connely war tot. Sein zerschmetterter Schädel und sein zerschnittenes Gesicht ragten durch die Windschutzscheibe. Sein Genick war säuberlich fast vollständig durchgetrennt.

Obwohl der Motor, der durch den Aufprall völlig zerstört worden war, nicht mehr lief, brannten die Scheinwerfer noch immer auf Batteriestrom ebenso wie die Innenleuchte, da eine der Hintertüren aufgesprungen war. Die Mädchen auf dem Rücksitz lebten noch und schienen einigermaßen heil davongekommen zu sein. Sie saßen dicht aneinandergedrängt, gefesselt und mit verstopften Mündern, unfähig, sich zu bewegen. Sie hatten die Augen weit aufgerissen und in ihren Gesichtern stand nackte Angst. Carter und Flack halfen den Mädchen beim Aussteigen und schubsten sie vor sich her zum Lastwagen. Zuvor hatte Carter die Kabel von der Batterie losgerissen, damit die Scheinwerfer ausgingen und keine Aufmerksamkeit erregten. Dann, im Bewußtsein dessen, was geschehen würde, wenn er es nicht täte, leuchtete er mit der Taschenlampe auf Wades Gesicht und gab einen Schuß in seinen Schädel ab.

Flack klappte die Ladeklappe des Lasters herunter und zwang die Mädchen, auf die Ladefläche zu klettern. Sie mußten sich auf die Seite legen, damit er sie in dieser Position an dem schweren Generator festbinden konnte. Er wollte verhindern, daß sie sich aufrichten und Passanten auf sich aufmerksam machen könnten. Nachdem er sein Werk vollendet hatte und die Rückklappe wieder verschlossen war, stieg er neben Carter in die Fahrerkabine, und sie rollten zurück auf die Landstraße in Richtung des Kingsley-Grundstückes. Es blieb weniger als eine Stunde bis zum Tagesanbruch, und sie wollten in der Lage sein, den Besitz in der Morgendämmerung anzugreifen. Der Verlust des Streifenwagens bedeutete ein Handicap. Er hätte für die Glaubwürdigkeit ihrer Verkleidung als Staatspolizisten

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