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«Ha», lachte Theodora grimmig, «auch dich Armseligen blendet die geborne Königin. Narren sind die Männer alle, noch mehr als Schurken! Höre, Petros, an dem Tage, da die Todesnachricht aus Ravenna eintrifft, bist du Senator und Patricius.»
Wohl blitzte des Alten Auge. Aber Feigheit oder Gewissensangst waren doch mächtiger als der Ehrgeiz. «Nein», sagte er entschlossen, «lieber lasse ich den Hof und alle Pläne.»
«Das Leben läßt du, Elender!» rief Theodora zornig. «Oh, du wähntest, du seiest frei und ungefährdet, weil ich damals vor deinen Augen die gefälschte Urkunde verbrannt? Du Tor! Es war die rechte nicht! Sieh her - hier halte ich dein Leben.»
Und sie riß aus einer Capsula voller Dokumente ein vergilbtes Pergament. Sie zeigte es dem Erschrocknen, der jetzt willenlos in die Knie brach.
«Befiehl», stammelte er, «ich gehorche.»
Da pochte man an die Haupttüre.
«Hinweg», rief die Kaiserin. «Hebe meinen Brief an die Gotenfürstin vom Boden auf und bedenk' es wohl: Patricius, wenn sie stirbt, Folter und Tod, wenn sie lebt. Fort.»
Und Galatea schob den Betäubten durch den geheimen Eingang hinaus, drehte den bronzenen Justinian wieder an seine Stelle und ging, die Haupttür aufzutun.
Neunzehntes Kapitel
Herein trat ein stattliche Frau, größer und von gröberen Formen als die kleine, zierliche Kaiserin, nicht so verführerisch schön, aber jünger und blühender, mit frischen Farben und ungekünstelter Art.
«Gegrüßt, Antonina, geliebtes Schwesterherz! Komm an meine Brust!» rief die Kaiserin der tief sich Verbeugenden entgegen.
Die Gattin Belisars gehorchte schweigend.
«Wie diese Augengruben hohl werden!» dachte sie, sich wieder aufrichtend.
«Was das Soldatenweib für grobe Knöchel hat!» sagte die Kaiserin zu sich selbst, da sie die Freundin musterte.
«Blühend bist du wie Hebe», rief sie ihr laut zu, «und wie die weiße Seide deine frischen Wangen hebt! Hast du etwas Neues mitzuteilen von - von ihm?» fragte sie und nahm gleichgültig spielend vom Waschtisch ein gefürchtetes Werkzeug, eine spitze Lanzette an einem Stäbchen von Elfenbein, mit welchem ungeschickte oder auch nur unglückliche Sklavinnen von der zürnenden Herrin oft zolltief in Schultern und Arme gestochen wurden.
«Heute nicht», flüsterte Antonina errötend, «ich hab' ihn gestern nicht gesehn.»
«Das glaub' ich», lächelte Theodora in sich hinein. «Oh, wie schmerzlich werd' ich dich bald vermissen», sagte sie, Antoninens vollen Arm streichelnd. «Schon in der nächsten Woche vielleicht wird Belisarius in See stechen und du, treueste aller Gattinnen, ihn begleiten. Wer von euren Freunden wird euch folgen?»
«Prokopius», sagte Antonina, «und» - setzte sie, die Augen niederschlagend, hinzu - «die beiden Söhne des Boethius.»
«Ach so», lächelte die Kaiserin, «ich verstehe. In der Freiheit des Lagerlebens hoffst du dich des schönen Jünglings ungestörter zu erfreuen, und indessen Held Belisarius Schlachten schlägt und Städte gewinnt -»
«Du errätst es. Aber ich habe dabei eine Bitte an dich. Dir freilich ward es gut. Alexandros, dein schöner Freund, ist zurück: er bleibt in deiner Nähe, und er ist sein eigner Herr, ein reifer Mann. Aber Anicius, du weißt es, der Jüngling, steht unter seines ältern Bruders Severinus strenger Hut. Nie würde dieser, der nur Rache an den Barbaren sinnt und Freiheitsschlachten, diese zarte Freundschaft dulden. Er würde unsern Verkehr tausendfach stören. Deshalb tu' mir eine Liebe: Severinus darf uns nicht folgen. Wenn wir an Bord sind mit Anicius, halte den ältern Bruder in Byzanz zurück mit List oder Gewalt - du kannst es ja leicht - du bist die Kaiserin.»
«Nicht übel», lächelte Theodora. «Welche Kriegslisten! Man sieht, du lernst von Belisarius.»
Da erglühte Antonina über und über.
«Oh, nenne seinen Namen nicht. Und höre nicht! Du weißt am besten, von wem ich gelernt, zu tun, worüber man erröten muß.»
Theodora schoß einen funkelnden Blick auf die Freundin.
«Der Himmel weiß», fuhr diese fort, ohne es zu beachten, «Belisar selbst war nicht treuer als ich, bis ich an diesen Hof kam. Du warst es, Kaiserin, die mich gelehrt, daß diese selbstischen Männer, von Krieg und Staat und Ehrgeiz erfüllt, uns, wenn sie einmal unsre Eheherrn, vernachlässigen, uns nicht mehr würdigen, wenn sie uns besitzen. Du hast mich gelehrt, wie es keine Sünde, kein Unrecht sei, die unschuldige Huldigung, die schmeichelnde Verehrung, die der tyrannische Gemahl versagt, von einem noch hoffenden und deshalb noch dienenden Freunde hinzunehmen. Gott sei mein Zeuge, nichts andres als diesen süßen Weihrauch der Huldigung, den Belisar versagt, und mein eitles, schwaches Herz nicht missen kann, will ich von Anicius.»
«Zum Glück für mich wird das sehr bald langweilig für ihn», sagte Theodora zu sich selbst.
«Und doch - schon dies ist ein Verbrechen, fürcht' ich, an Belisar. Oh, wie ist er groß und edel und herrlich. Wenn er nur nicht allzugroß wäre für dies kleine Herz.» - Und sie bedeckte das Antlitz mit den Händen.
«Die Erbärmliche», dachte die Kaiserin, «sie ist zu schwach zum Genuß wie zur Tugend.»
Da trat Agave, die hübsche junge Thessalierin, ins Gemach mit einem großen Strauß herrlicher Rosen.
«Von ihm», flüsterte sie der Herrin zu. - «Von wem?» fragte diese. Aber jetzt sah Antonina auf, und Agave winkte warnend mit den Augen.
Die Kaiserin reichte Antoninen den Strauß, sie zu beschäftigen, «bitte, stell' ihn dort in die Marmorvase.»
Während die Gattin Belisars den Rücken wendend gehorchte, flüsterte Agave: «Nun, von ihm, den du gestern den ganzen Tag hier versteckt gehalten: von dem schönen Anicius -» setzte das holde Kind errötend bei.
Aber kaum hatte sie das unvorsichtige Wort gesagt, als sie laut schreiend nach ihrem linken Arme griff. Die Kaiserin schlug sie mit der noch blutigen Lanzette ins Gesicht. «Ich will dich lehren, Augen haben, ob Männer schön oder häßlich», flüsterte sie grimmig. «Du läßt dich in die Spinnstube sperren auf vier Wochen - sogleich - und zeigst dich nie mehr in meinen Vorzimmern. Fort!»
Weinend ging das Mädchen, ihr Haupt verhüllend.
«Was hat sie getan?» fragte Antonina sich wendend.
«Das Riechfläschchen fallen lassen», sagte Galatea rasch, ein solches von dem Teppich aufhebend. - «Herrin, dein Haar ist fertig.»
«So laß die Ankleiderinnen ein und wer sonst im Vorsaal ist. -Willst du einstweilen in diesen Versen blättern, Antonina? Es sind die neuesten Gedichte des Arator, <über die Taten der Apostel), gar erbaulich zu lesen! Zumal hier, die Steinigung des heiligen Stephanos! Aber lies und sprich sein Urteil.»
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