meinen Freunden in Byzanz zu trennen. Sieh her, vor deinen Augen soll unser Bund geschlossen sein.» Und er zeichnete seinen Namen auf die Urkunde.
«Nun», lächelte Petros, «kamst du noch eben recht, als Zeugin
mit zu unterzeichnen.»
«Nein», sprach Amalaswintha mit einem drohenden Blick auf die beiden Männer, «Ich kam noch eben recht, euren Plan zu vereiteln. Ich gehe geradewegs von hier zum Heere, zur Volksversammlung, die nächstens bei Regeta tagt. Aufdecken will ich daselbst vor allem Volk deine Anträge, die Pläne von Byzanz und dieses schwachen Fürsten Verrat.»
«Das wird nicht abgehen», sagte Petros ruhig, «ohne dich selbst zu verklagen.»
«Ich will mich selbst verklagen. Enthüllen will ich all meine Torheit, all meine blutige Schuld, und gern den Tod erleiden, den ich verdient. Aber warnen, aufschrecken soll diese meine Selbstanklage mein ganzes Volk vom Ätna bis zu den Alpen; eine Welt von Waffen soll euch entgegenstellen, und retten werd' ich meine Goten durch meinen Tod von der Gefahr, in die mein Leben sie gestürzt.» Und in edler Begeisterung eilte sie aus dem Gemach.
Verzagt blickte Theodahad auf den Gesandten: lang fand er keine Worte. «Rate, hilf -», stammelte er endlich.
«Raten? Da hilft nur ein Rat. Die Rasende wird sich und uns verderben, läßt man sie gewähren. Sie darf ihre Drohung nicht erfüllen. Dafür mußt du sorgen.»
«Ich?» rief Theodahad erschreckt; «ich kann dergleichen nicht! Wo ist Gothelindis? Sie, sie allein kann helfen.»
«Und der Präfekt», sagte Petros - «sende nach ihnen.»
Alsbald waren die beiden Genannten von dem Festmahle heraufbeschieden. Petros verständigte sie von den Worten der Fürstin, ohne jedoch dem Präfekten den Vertrag als Veranlassung des Auftritts zu nennen.
Kaum hatte er gesprochen, so rief die Königin:
«Genug, sie darf es nicht vollenden. Man muß ihre Schritte bewachen, sie darf mit keinem Goten in Ravenna sprechen - sie darf den Palast nicht verlassen. Das vor allem!» Und sie eilte hinaus, vertraute Sklaven vor Amalaswinthens Gemächer zu senden. Alsbald kehrte sie wieder. «Sie betet laut in ihrer Kammer», sprach sie verächtlich. «Auf, Cethegus, laß uns ihre Gebete vereiteln.»
Cethegus hatte, mit dem Rücken an die Marmorsäulen des Eingangs gelehnt, die Arme über die Brust gekreuzt, diese Vorgänge schweigend und sinnend mit angehört. Er erkannte die Notwendigkeit, die Fäden der Ereignisse wieder mehr in seine Hand zu versammeln und straffer anzuziehen. Er sah Byzanz immer mehr in den Vordergrund dringen: - das durfte nicht weiter angehn.
«Sprich, Cethegus,» mahnte Gothelindis nochmals, «was tut jetzt vor allem not?»
«Klarheit», sagte dieser sich aufrichtend. «In jedem Bunde muß der Zweck, der besondere Zweck jedes der Verbündeten klar sein: sonst werden sie stets sich durch Mißtrauen hemmen. Ihr habt eure Zwecke - ich habe den meinen. Eure Zwecke liegen am Tage: ich habe sie euch neulich schon gesagt: du Petros, willst, daß Kaiser Justinian an der Goten Statt in Italien herrsche: ihr, Gothelindis und Theodahad, wollt dies auch, gegen reiche Entschädigung an Rache, Geld und Ehren. Ich habe - ich habe auch meinen Zweck: was hilft es, das zu verhehlen? Mein schlauer Petros, du würdest doch nicht lange mehr glauben, daß ich nur den Ehrgeiz habe, dein Werkzeug zu sein und dereinst Senator in Byzanz zu werden. Also auch ich habe meinen Zweck, all eure dreieinige Schlauheit würde ihn nie entdecken, weil er zu nahe vor Augen liegt. Ich muß ihn euch selbst verraten.
Der versteinerte Cethegus hat noch eine Liebe: sein Italien. Drum will er, wie ihr, die Goten fort haben aus diesem Land.
Aber er will nicht, wie ihr, daß Kaiser Justinianus unbedingt an ihre Stelle trete, er will nicht die Traufe statt des Regens.
Am liebsten möchte ich, der unverbesserliche Republikaner -du weißt, mein Petros, wir waren es damals beide mit achtzehn Jahren auf der Schule von Athen, und ich bin es noch: aber du brauchst es dem Kaiser, deinem Herrn, nicht zu melden, ich hab' es ihm lange selbst geschrieben die Barbaren hinauswerfen, ohne euch hereinzulassen.
Das geht nun leider nicht an: wir können eurer Hilfe nicht entbehren. Doch will ich diese auf das Unvermeidliche beschränken. Kein byzantinisch Heer darf diesen Boden betreten, als um ihn im letzten Augenblick der Not aus der Hand der Italier zu empfangen. Italien sei mehr ein von den Italiern dargebrachtes Geschenk als eine Eroberung für Justinian. Die Segnungen der Feldherrn und Steuerrechner, die Byzanz über die Länder bringt, die es befreit, sollen uns erspart bleiben: wir wollen euern Schutz, nicht eure Tyrannei.»
Über Petros' Züge zog ein feines Lächeln, das Cethegus nicht zu bemerken schien; er fuhr fort: «So vernehmt meine Bedingung. Ich weiß, Belisarius liegt mit Flotte und Heer nah bei Sizilien. Er darf nicht landen. Er muß heimkehren. Ich kann keinen Belisar in Italien brauchen. Wenigstens nicht eher, als ich ihn rufe. Und sendest du, Petros, ihm nicht sofort diesen Befehl zu, so scheiden sich unsere Wege. Ich kenne Belisar und Narses und ihre Soldatenherrschaft, und ich weiß, welch milde Herren diese Goten sind. Und mich erbarmt Amalaswintha: sie war eine Mutter meines Volkes. Deshalb wählet, wählet zwischen Belisar und Cethegus. Landet Belisar, so steht Cethegus und ganz Italien zu Amalaswintha und den Goten: und dann laß sehen, ob ihr uns eine Scholle dieses Landes entreißt. Wählt ihr Cethegus, so bricht er die Macht der Barbaren, und Italien unterwirft sich dem Kaiser als eine freie Gattin, nicht als seine Sklavin. Wähle, Petros.»
«Stolzer Mann», sprach Gothelindis, «du wagst uns Bedingungen zu setzen, uns, deiner Königin?» Und drohend erhob sie die Hand.
Aber mit eiserner Faust ergriff Cethegus diese Hand und zog sie ruhig herab. «Laß die Possen, Eintagskönigin. Hier unterhandeln nur Italien und Byzanz. Vergißt du deine Ohnmacht, so muß man dich dran mahnen. Du thronst, solange wir dich halten.» Und mit so ruhiger Majestät stand er vor dem zornmütigen Weib, daß sie verstummte. Aber ihr Blick sprühte unauslöschlichen Haß.
«Cethegus», sagte jetzt Petros, der sich einstweilen entschlossen, «du hast recht. Byzanz kann für den Augenblick nicht mehr erreichen als deine Hilfe, weil nichts ohne sie. Wenn Belisar umkehrt, so gehst du ganz mit uns und unbedingt?»
«Unbedingt.»
«Und Amalaswinthen?»
«Geb' ich preis.»
«Wohlan», sagte der Byzantiner, «es gilt.»
Er schrieb auf eine Wachstafel in kurzen Worten den Befehl zur Heimkehr an Belisar und reichte sie dem Präfekten: «Du magst die Botschaft selbst bestellen.»
Cethegus las sorgfältig: «Es ist gut», sagte er, die Tafel in die Brust steckend, «es gilt.»
«Wann bricht Italien los auf die Barbaren?» fragte Petros.
«In den ersten Tagen des nächsten Monats. Ich gehe nach Rom. Leb' wohl.»
«Du gehst? Und hilfst uns nicht das Weib - die Tochter Theoderichs verderben?» fragte die Königin mit bittrem Vorwurf. «Erbarmst dich ihrer abermals?»
«Sie ist gerichtet», sagte Cethegus, an der Tür sich kurz umwendend. «Der Richter geht - der Henker Amt hebt an.» Und stolz schritt er hinaus.
Da faßte Theodahad, der sprachlos vor Staunen den Byzantiner hatte handeln sehn, mit Entsetzen dessen Hand: «Petros», rief er, «um Gott und aller Heiligen willen, was hast
du getan? Unser Vertrag und alles ruht auf Belisar, und du schickst ihn nach
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