Antwort.
- Jawohl, erklärte Zieger, jene Laute rühren von einem Raben her, der nur im Bismarck-Archipel vorkommt.«
Nat Gibson und Hawkins hatten sich ebenso getäuscht wie Bougainville, als er zum ersten Male in die neuirländischen Wälder eindrang. Jener Rabe ahmt das Hundegebell auch wirklich zum Verwechseln ähnlich nach.
Im übrigen zählt die Ornithologie dieser Inseln zahlreiche und merkwürdige Vertreter, Handlanger, »Mains«, wie die Eingebornen sich ausdrücken.
Überall hüpfen und flattern hier Loris, eine Art scharlachroter Papageien, neben Papus umher, die eine ebenso heisere und rauhe Stimme haben wie die Papuas, ferner Papageien verschiedener Art, Nikobarentauben, Krähen mit weißem Flaum und schwarzem Gefieder, die die Eingebornen »Cocos« nennen, Lucals, metallisch grüne Gimpel, und eine Art Holztauben mit rötlichgrauem Kopf und Halse und goldiggrünem Rücken mit kupferfarbenen Reflexen, deren Fleisch sehr schmackhaft sein soll.
Kamen Zieger und seine Begleiter dem Ufer näher, so schwirrten ganze Schwärme von Vögeln davon in die Höhe: Stare und Schwalben, Tauchervögel verschiedener Art, darunter der Alcyon, dem die Eingebornen den Namen »Kiu-kiu« gegeben haben und dessen Kopf und Rücken braungrün, Flügel und sechs Zoll langer Schwanz aquamarinfarbig aussehen; dazwischen flatterten olivengrüne und gelbgeschwänzte Zuckerfresser, Raupenfresser, graue Strandläufer, Fliegenschnäpper, in melanesischer Bezeichnung »Conice, Tenuri, Kine und Rukine«. Und während Schildkröten auf dem Strande hinkrochen, bewegten sich zweifach kahnförmige Krokodile und Flossenhaie in den Wasserstraßen zwischen dem Ufergestein, und Seeadler mit fast unbeweglich ausgebreiteten Flügeln schwebten darüber in der Luft.
Der Strand selbst, der je nach dem Stande der übrigens unbeträchtlichen Flut mehr oder weniger weit frei lag, hätte dem Konchyologen große Schätze geliefert, denn darauf fanden sich Krustaceen und Mollusken in großer Auswahl: Krebse, große Garnelen, Krabben, Paquren, Ocypoden, Kegelschnecken, Schwämme, Madreporen, Röhren- und Scheibenkorallen, Kreisel- und Dreifingerschnecken, Hippopen, Porzellan- und Eimuscheln, Halionden, Stachel- und Schüsselschnecken, Austern, Miesmuscheln, und von Zoophyten verschiedene Hoiolurien, Aktinien, Salpas, Meduren und merkwürdige Akalephen.
Die Muscheltiere aber, die die Aufmerksamkeit Hawkins und Nat Gibsons besonders erregten, waren die Skarabäen, die sich unter die immer feuchten Blätter des Pancratiums am Rande der Buchten zurückziehen, ferner die Bulinen nebst den Schnirkelschnecken, die auch unter Gezweig Zuflucht zu suchen pflegen, und die Mondflußmuscheln, von denen man nicht selten ziemlich weit von jedem Wasserlaufe einzelne an den Zweigen der höchsten Pandanen findet.
Beim Erblicken einer dieser Wandermuscheln, über die Zieger mehrfach Aufklärung gegeben hatte, sagte Nat Gibson zu dem Geschäftsfreunde:
»Ich glaube doch gehört zu haben, daß es auch einen Fisch geben soll, der den Mondmuscheln bei ihren Wanderungen nachfolgt, und den die beiden Herren Kip, wenn ich nicht irre, auch auf der Insel Norfolk angetroffen haben.
- Ah, Sie haben den Springer-Blenny im Sinne, fiel Zieger ein.
- Ganz recht, diesen meint er.. bestätigte Hawkins.
- Nun, erklärte Zieger, der fehlt hier ebenfalls nicht, und Sie werden in der Bai von Port-Praslin auch noch Amphibien beobachten können, die im Salz- und im Süßwasser leben, auf dem Ufergelände wie eine Beutelratte umherspringen und wie Insekten auf Bäume klettern.«
Jetzt tauchte die Wohnstätte des Herrn Zieger nahe der Ecke eines kleinen Hochwaldes auf, eine Art Villa, aus Holz errichtet, in der Mitte einer geräumigen Einhegung von lebenden Hecken, worin Orangen- und Kokosbäume, Bananen und manche andere Baumarten aufragten. Beschattet von den hohen Wipfeln lag das freundliche Wilhelmstaf, ein Bauwerk, das nur aus einem Erdgeschosse und ziemlich steilen, geteerten Dache bestand. Ein solches Dach ist hier notwendig wegen der häufigen, starken Regengüsse, die das Klima des so nahe am Äquator liegenden Archipels so erträglich machen.
Frau Zieger war eine Dame von ungefähr vierzig Jahren und wie ihr Gatte von deutscher Herkunft. Sobald sich die Tür der Einzäunung öffnete, eilte sie ihren Gästen freudig entgegen.
»Ah, Herr Hawkins! rief sie, dem Reeder die Hand bietend, wie freu' ich mich, Sie hier zu sehen!
- Und ich nicht minder, verehrte Frau, antwortete Hawkins, sie auf beide Wangen küssend. Ihre letzte Reise nach Hobart-Town liegt schon vier Jahre zurück.
- Vier und ein halbes Jahr, Herr Hawkins!
- Mag sein, erwiderte der Reeder lächelnd, doch wenn seitdem auch schon noch sechs Monate mehr verflossen, finde ich Sie noch immer so aussehend wie früher.
- Das könnt' ich von Nat Gibson nicht sagen, bemerkte Frau Zieger. Er hat sich sehr zu seinem Vorteil verändert und aus dem jungen Burschen ist ein junger Mann geworden.
- Der Sie um die Erlaubnis bittet, es Herrn Hawkins gleich zu tun, antwortete Nat Gibson und gab ihr einen Kuß auf die Wange.
- Und Ihr Vater?. fragte Frau Zieger.
- Der ist vorläufig an Bord zurückgeblieben, sagte Hawkins, er wird aber nicht verfehlen, zum Frühstück hier einzutreffen.«
Das Ziegersche Ehepaar hatte keine Kinder. Beide bewohnten ihre Villa Wilhelmstaf nur allein mit ihren Dienern und einer Haushälterin, ebenfalls einer Deutschen; in einem Nebenhause war eine Kolonistenfamilie untergebracht. Das zur Besitzung gehörige Land wurde mit Hilfe eingeborner Frauen sorgfältig angebaut. Die Felder mit Zuckerrohr, Bataten, Taros und Yamswurzeln hatten eine Ausdehnung von einer (englischen) Quadratmeile.
Vor dem Wohnhause breitete sich eine Fläche seinen Rasens mit Kasuarinen- und Lalaniengruppen aus, durchschnitten von einem schmalen Wasserarme, der aus einem Rio in der Nachbarschaft abgeleitet war. Hinter den ebenfalls reichlich beschatteten Wirtschaftsgebäuden befand sich noch ein Geflügelhof und eine große Voliere, diese belebt von den schönsten Vogelarten der Inselgruppe, jener bevölkert von vielen Tauben und der Haushuhnart, die die Eingebornen onomatopoetisch wegen ihrer gurrenden Kehllaute »Cog« genannt haben.
Selbstverständlich fanden Hawkins und seine Begleiter im Salon der Villa mancherlei Erfrischungen bereit.
Karl und Pieter Kip waren der Frau Zieger vorgestellt worden, die mit teilnahmsvollem Interesse hörte, unter welchen Umständen die beiden Brüder an Bord des »James-Cook« gekommen waren. Die vortreffliche Dame stellte beiden sofort alles zur Verfügung, was dem einen oder dem anderen nützlich sein könnte, und erntete auch den wärmsten Dank für die zuvorkommende Aufnahme.
Hawkins und Nat Gibson suchten die für sie bestimmten Zimmer auf, die nur mit einfachen Möbeln deutschen Fabrikats, doch ebenso bequem ausgestattet waren, wie der Salon und das Eßzimmer. Frau Zieger entschuldigte sich noch, die beiden Holländer nicht ebenfalls in ihrem Hause aufnehmen zu können, es war jedoch, wie der Leser weiß, schon abgemacht worden, daß diese, ihrem eigenen Wunsche entsprechend, ihre Kabine auf der Brigg nicht verlassen sollten.
Kurz vor Mittag kam auch Gibson, begleitet von dem Matrosen Burnes. Dieser brachte verschiedene Gegenstände, Geschenke des Reeders für Frau Zieger, z. B. Kleiderstoff, Leinen und auch ein sehr hübsches Armband, das der Empfängerin viel Vergnügen machte. Natürlich wurde auch der Kapitän mit offenen Armen aufgenommen.
Man setzte sich zu Tische, und die Gäste, die sich alle eines guten Appetits
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