Gummikissen entweichen. »Das war ein guter Schu?, Baas«, piepste die Stimme. »So gut wie der Schu?, der den Konigsgeier in Dingaans Kral getotet hat, aber viel schwieriger. Und wenn der Baas jetzt so gut sein wurde, den Gott von mir zu schieben – danke.«
Das »Danke« war kaum zu horen. Kein Wunder, denn der arme Hans war in Ohnmacht gefallen. Da lag er unter dem gewaltigen Korper des Gorilla, und nur Mund und Nase kamen zwischen Korper und Arm der Bestie hervor. Hatte Hans nicht auf einem weichen Moospolster gelegen, das Gewicht des toten Affen hatte ihn zermalmt.
Irgendwie gelang es uns, den Gorilla zur Seite zu rollen und Hans zu befreien. Dann flo?ten wir ihm Brandy ein, der eine wundersame Wirkung hatte, denn nach kaum einer Minute setzte er sich auf, schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen und bat um einen weiteren Schluck.
Ich uberlie? es Bruder John, Hans zu untersuchen und nachzusehen, ob er verletzt war, und kummerte mich um den armen Jerry. Ein Blick genugte. Er war tot. Er war erdruckt worden wie ein schwaches Reh, das von einer Boa Constrictor umschlungen wird. Spater erzahlte mir Bruder John, da? Jerrys Arme und fast alle Rippen in der schrecklichen Umarmung zerbrochen waren. Auch seine Wirbelsaule war verrenkt.
Ich habe mich oft gefragt, wieso der Gorilla an mir und den anderen vorbeigesturmt war, um seinen Zorn an Jerry auszulassen. Ich kann den Grund nur erraten. Vielleicht, weil der ungluckliche Mazitu in der vergangenen Nacht neben Kalubi gesessen halte. Vielleicht hatte der Gorilla den Geruch des Hauptlings gewittert, den er geha?t und getotet hatte. Hans hatte auf der anderen Seite Kalubis gesessen, aber vielleicht hatte der Geruch des Pongo nicht so stark an ihm gehaftet. Oder vielleicht hatte der Gorilla sich den guten Hans erst vornehmen wollen, nachdem er Jerry erledigt hatte. Nachdem wir festgestellt hatten, da? dem Mazitu nicht mehr zu helfen war und da? wir keine ernsthaften Verletzungen erlitten hatten, wenn auch Stephens Kleider vollig zerrissen waren, sahen wir uns den toten Gott etwas genauer an.
Wir konnten seine Gro?e nicht messen, aber ich habe noch nie einen so riesenhaften Gorilla gesehen. Wir hatten alle funf zupacken mussen, um ihn zur Seite zu rollen und Hans zu befreien. Und auch als wir ihn hin und her drehten, um ihm die Haut abzuziehen, mu?ten alle zugreifen. Ich hatte nie gedacht, da? ein Tier, das nicht mehr als sieben Fu? ma?, wenn es aufrecht stand, so schwer sein konnte. Er mu?te schon ziemlich alt gewesen sein, denn die gelben Eckzahne waren abgewetzt, die Augen lagen tief in den Hohlen. Das Haupthaar, das bei jungeren Gorillas rot oder braun ist, war fast wei?, und die breite Brust, die fruher schwarz gewesen war, hatte nun ein graues Fell. Es ist naturlich unmoglich – aber es ist durchaus vorstellbar, da? diese Kreatur zweihundert Jahre alt war, wie die Motombo behauptet hatten.
Stephen schlug vor, ihm die Haut abzuziehen, und wenn ich auch keinen Sinn darin sah, das schwere Fell mitzuschleppen, beteiligte ich mich an der Operation, vor allem, um meine Neugier zu befriedigen. Au?erdem fand ich, da? wir uns nach all den ausgestandenen Angsten und dem harten Kampf eine Ruhepause verdient hatten, wenn sich Bruder John auch uber die Zeitvergeudung beschwerte. Es dauerte eine Stunde, bis wir die Haut abgezogen hatten, die so hart und dick war, da? die Speerspitzen kaum ins Fleisch gedrungen waren. Die Kugel, die ich in der letzten Nacht abgefeuert hatte, fanden wir am Oberarmknochen, den sie zerschmettert hatte, so da? der Gorilla diesen Arm nicht mehr benutzen konnte. Das war unser Gluck, denn hatte das Ungeheuer zwei unversehrte Arme gehabt, hatten wir sicher noch mehr Tote zu beklagen. Wir waren nur gerettet worden, weil der Affe mit seinem gesunden Arm den bedauernswerten Jerry umklammert hatte. Er hatte keinen zweiten Arm zur Verfugung gehabt, um uns anzugreifen, und glucklicherweise hatte er mit seinen Zahnen, die die rechte Hand Kalubis mit so spielerischer Leichtigkeit abgebissen hatte, uns nichts anhaben konnen.
Wir lie?en die Haut in der Mitte der Lichtung von der Sonne trocknen. Nachdem wir Jerry im hohlen Stamm des umgesturzten Baumes bestattet hatten, wuschen wir uns die Hande mit dem feuchten Moos und nahmen unser Mittagessen ein.
Als wir dann unseren Weg fortsetzten, hatte sich unsere Stimmung gebessert. Sicher, Jerry war tot, aber auch der Gott, und wir waren am Leben und unverletzt. Niemals mehr wurden die Eingeborenen im Pongo-Land zu Fu?en dieser schrecklichen Gottheit um ihr Leben zittern. Denn ich glaube, mit Ausnahme der beiden, die aus Angst Selbstmord verubt hatten, waren alle Eingeborenen ein Opfer des Gorillagottes geworden.
Was wurde ich darum geben, die Geschichte des Monstrums zu erfahren! War es moglich, da? es die Pongos aus ihrer Heimat in West- oder Zentralafrika in ihr neues Land begleitet hatte, wie die Motombo behaupteten? Oder hatten sie den Gorilla als Gefangenen mitgenommen? Ich kann diese Fragen nicht beantworten, aber es sollte vermerkt werden, da? weder die Mazitu noch andere Eingeborene von der Existenz weiterer Gorillas dieser Art in jenem Teil Afrikas gehort hatten. Wenn unser Affe aus diesem Gebiet stammte, mu?te er entweder ein Einzelganger gewesen sein, oder seine Artgenossen hatten ihn vertrieben, wie es manchmal alten Elefanten passiert, die dann ebenso wild und gewalttatig werden wie der Gorilla.
Das ist alles, was ich uber die Bestie sagen kann. Die Pongo haben naturlich viel mehr zu erzahlen. Sie behaupten, ein boser Geist hatte sich im Korper des Affen verborgen, die Seele eines Eingeborenen, der vor langer Zeit gelebt hatte. Der Gorilla hatte jenen Mann getotet
und sich seinen Geist einverleibt. Um seinen Geist am Leben zu erhalten, hatte der Affengott immer wieder Eingeborene und andere Opfer getotet, um mit ihren Seelen seinen Geist zu nahren, um dem Alterungsproze? entgegenzuwirken, um Unsterblichkeit zu erlangen.
Aber wenn der Affe wirklich ein Gott gewesen war, so hatten seine ubernaturlichen Krafte jedenfalls nicht ausgereicht, um ihn vor der Kugel eines Purdey-Gewehrs zu retten.
DER KULT DES WEISSEN AFFEN
von Hugh B. Cave
Es ist Mitternacht. Die Ollampe vor mir auf dem Tisch wirft einen unheimlichen Schein auf mein Gesicht. Es ist ein schwaches, unzureichendes Licht, das unablassig flackert, wahrend das Wellblechdach der Hutte unter dem Regen erzittert. Schon seit vier Monaten regnet es hier in Kodagis Dorf. Das Platschern ist wie ein schreckliches, entnervendes Klagelied, das in die Gehirne der Menschen eindringt und ihren Verstand umnebelt. Die M’Boto-Berge im Kongo, versunken im stinkenden Schwei? des Regengurtels, scheinen zu solchen Qualen verdammt zu sein.
Es hatte geregnet, als Matthew Betts hier ankam. Ich war gerade drau?en, arbeitete auf der Veranda, im Kafig der Moskitonetze. Ein Mann mu? manchmal fliehen aus der Monotonie der Regentage, sonst wird er verruckt. Seit die belgische Regierung mich als
Als Betts eintraf, sortierte ich gerade ein paar Exemplare und begann sie auf dem kleinen Okiholztisch in meinem Verandalaboratorium zu praparieren. Neben mir auf der Turschwelle hockte der alte Kodagi. Er ist ein schlauer Mann, der alte Kodagi mit seinem runzligen Affengesicht, der Pergamenthaut und den durchlocherten Zahnen, mit dem breiten Grinsen, das verstecktes Wissen verrat. Ich glaube, er gehort zu den Zapo Zaps, einer seltsam deformierten Rasse, die in diesem geheimnisvollen Dschungel beheimatet ist. Jahrelang hat er im Dorf Ngana gelebt, als Medizinmann des Stammes.
Ich glaube, da? Kodagi mein Freund ist. Es ist eine merkwurdige Freundschaft, die sich kaum durch Worte oder Gesten au?ert, und doch bin ich dankbar fur die wenigen Freuden, die mir vergonnt sind. Es gibt Geruchte, da? Kodagi die wei?en Manner ha?te, die vor mir die Stellung des
Kodagi beobachtete mich interessiert, als ich an meinem Tisch sa? und arbeitete. Seine schwarzen Knopfaugen verfolgten alle meine Bewegungen. Gelangweilt sagte er etwas, aber das monotone Trommeln des Regens verschluckte seine Stimme.
Plotzlich hob er den Kopf und starrte zum anderen Ende der Lichtung. »Schau, Bwana!«
Gehorsam blickte ich in die Richtung, in die sein dunner Finger wies, und sah die ersten Teilnehmer einer Safari, die sich muhsam zu unserer stillen Domane schleppte. Sie stapften durch den weichen Schlamm,
mit gesenkten Kopfen, die Rucken unter der Last ihres Gepacks gebeugt. An ihrer Spitze schritt ein wei?er