Tuliga und hatten den Wind fast standig gegen sich.
Sie blieben in sicherer Hohe, um nicht das Risiko einzugehen, da? irgendeiner der dunkeln Umrisse im Wasser hochfuhr und sie packte. Es wurde friedlicher, als sie die Grenze von Galidon erreichten, aber die Atmosphare wirkte dort ein wenig sonderbar, und sie hielten auf die Landspitze zu, die eine von Olborns sechs Spitzen auf der Seite Tuligas bezeichnete.
Olborn selbst schien eine willkommene Erleichterung zu bieten — solide aussehend, zumeist Kustenebenen, ein wenig kalt, aber sie hatten warme Kleidung mitgebracht.
Sie warteten, bis es dunkel wurde, bevor sie am Strand landeten. Sie hatten beschlossen, dort zu kampieren, mit der Moglichkeit zur schnellen Flucht. Die machtige Doma versteckten sie so gut, wie es ging.
Keine Stra?en fuhrten zur Kuste hinab. Bei Meeresnachbarn wie Galidon kam ihnen das nicht merkwurdig vor.
Es war eine klare Nacht; uber ihnen zeigte sich der spektakulare Himmel der Sechseckwelt in seiner ganzen Pracht, und im Norden bedeckte eine silberne Scheibe einen Teil des Horizonts.
Es war das erstemal, da? sie im richtigen Augenblick beim richtigen Wetter in der richtigen Position waren, um Neu-Pompeii zu sehen. Sie starrten den Asteroiden stumm und nachdenklich an.
»So nah, so verdammt nah«, murmelte Mavra schlie?lich. Man hatte beinahe das Gefuhl, hingreifen und ihn beruhren zu konnen. Sie dachte an die armen Menschen, die dort inzwischen wohl hatten sterben mussen, und an den freundlichen, fast menschlichen Computer Obie, der ihr zur Flucht verholfen hatte. Sie wollte dorthin zuruck und schwor sich, das eines Tages auch zu bewerkstelligen.
Sie legten sich schlafen. Obwohl die Lata Nachtwesen waren, schliefen sie ebenfalls, denn die Reise war lang und anstrengend gewesen. Naturlich wechselten sich Wachen ab.
Mavra hatte die zweite Wache. Sie sa? da, schaute hinaus auf die ein wenig rauhe See, horte das Rauschen der Brandung und betrachtete den Himmel. Ab und zu blickte sie zu den Schlafenden hinuber.
Sie dachte daruber nach, was die Sechseckwelt fur sie bedeutete. Sie war ein Abenteuer, eine Herausforderung, aber nicht ihr Element. Eines Tages durch den Schacht zu gehen und als ein anderes Wesen herauszukommen — es wurde keine Rolle spielen. Der Schacht veranderte einen nicht innerlich, nur physiologisch. Sie wollte wieder hinaus zu den Sternen.
Ihre Gedanken wurden durch schwache Gerausche in nicht sehr weiter Entfernung unterbrochen. Sie lauschte aufmerksam. Es schien sich etwas zu nahern.
Sie uberlegte, ob sie die anderen wecken sollte, verzichtete aber darauf. Die Gerausche hatten aufgehort. Trotzdem wollte sie ihnen nachgehen. Ein Schrei von ihr wurde die anderen ohnehin sofort aus dem Schlaf rei?en.
Lautlos schlich sie dorthin, wo sie die Gerausche zuletzt gehort hatte. In der Nahe einer Flu?mundung gab es ein paar Baume; von dort mu?te es gekommen sein. Sie huschte zu den Baumen, horte auf ihrer rechten Seite wieder etwas, duckte sich hinter einen Busch und schaute hinaus.
Dort sah sie einen seltsamen, gro?en Vogel. Sein Leib glich dem eines Pfaus, der Kopf war eine runde Kugel, aus der ein Schnabel ragte, der Ahnlichkeit mit einem winzigen Nebelhorn hatte. Die Augen waren rund und gelb und spiegelten das Sternenlicht wider. Es war also ein Nachtwesen. Sie atmete erleichtert auf, und der Vogel mu?te sie gehort haben. Er drehte sich um und sagte ziemlich laut und ein wenig grob:
»Selber bwock wok«, flusterte Mavra und wollte zum Lager zuruckgehen.
Die Baume explodierten. Gro?e Korper sprangen uberall herab, einer davon direkt auf sie.
Aber das war alles, wozu ihr Zeit blieb. Irgend etwas schien ihren Kopf einzuhullen und ihr Bewu?tsein auszuloschen.
Doma zuckte zusammen, und die drei anderen fuhren bei den kurzen, abgehackten Schreien hoch.
Renard sah sie, als die Lata hochstiegen; gro?e Gestalten, die sie aus den nahen Baumen uberfielen. Er hatte Doma beinahe erreicht, als eine von ihnen, viel gro?er und mit dichterem Pelz als er, mit Augen, die gelbschwarz leuchteten, ihn packte.
Das war ein Fehler.
Es knisterte, der Olbornier schrie auf, und es roch nach verbranntem Haar und Fleisch. Ein anderer versuchte Domas Zugel zu ergreifen, aber das Pferd wich zuruck, wahrend Renard in den Sattel sprang. Der Olbornier fauchte und fuhr herum, um Renard zu packen.
Der Agitar sah ein gro?es, schwarzes Katzengesicht mit unheimlich gluhenden, geschlitzten Katzenaugen, und er beruhrte eine behaarte Klauenhand mit drei Fingern und dem Daumen.
Was den Olbornier in den Katzenhimmel schickte.
Doma brauchte kein Stichwort. Das riesige geflugelte Pferd donnerte den Strand hinunter, stie? schwarze Gestalten um, die nicht rechtzeitig auswichen, und erhob sich in die Luft.
Die Lata, deren Stacheln eine Gasse gebahnt hatten, flogen zu ihm.
»Wir mussen Mavra finden!«schrie Renard.»Sie haben sie!«
»Bleib hier!«rief Hosuru.»Wir wissen nicht, was sie haben, und konnen uns nicht leisten, Doma zu verlieren! Wir jagen ihr nach, und wenn wir sie nicht befreien konnen, bleibt eine von uns bei ihr, wahrend die andere Sie holt!«
Es blieb Renard nichts anderes ubrig, als sich zu fugen. Weder er noch Doma konnten nachts so gut sehen wie die Lata.
Die beiden Lata entdeckten in der Dunkelheit eine Art Wagen hinter dem Flu?, der auf gro?en holzernen Radern rollte, gezogen von acht winzigen eselartigen Wesen. Vier Olbornier, bewaffnet mit Projektilpistolen, standen auf Trittbrettern, zwei andere lenkten das Fahrzeug, einer hatte ein Gewehr in den Handen. An der Art, wie der Fahrer die Peitsche schwang, erkannten die Lata, was sich im Wagen befinden mu?te.
»Wir konnen nichts anderes tun, als dem verdammten Ding zu folgen«, fluchte Vistaru.»Renard kommt schon zurecht.«
Der Wagen fegte uber das Gras, bis er eine glatte, geteerte Stra?e erreichte und nach Osten davonfuhr. Er war nicht uberma?ig schnell, und die Lata hatten keine Schwierigkeiten, ihm unbemerkt zu folgen.
»Wir konnten sie totstechen«, sagte Vistaru.
»Wieviel hast du noch?«knurrte Hosuru.»Ich habe dreimal zugestochen und bin fast trocken.«
Sie betrachteten die Olbornier und ihren Wagen. Die Wesen waren ungefahr einsachtzig gro?, rundum mit schwarzem Pelz bedeckt, aber sie trugen auch Kleidung, weite, schwarze Hosen und armellose Hemden mit hellen Saumen und eingewebtem Abzeichen in der Mitte. Sie hatten lange, schwarze Schwanze und glatte Katzenleiber, aber ihre Arme und Beine waren muskulos, und sie gingen offenkundig auf naturliche Weise zweibeinig und aufrecht.
Die kleinen Packesel, deren Hinterbeine hoher waren als die vorderen, wurden unbarmherzig vorangepeitscht. Sie waren ganz offensichtlich zu klein und zu wenige fur die Last, die sie zu ziehen hatten, aber sie schafften es.
Schlie?lich bogen sie in einen gro?artigen Besitz ein, einen grandios aussehenden Palast, dessen hufeisenformige Einfahrt von Fackeln beleuchtet war; Fackeln brannten auch an den Turen, die von Wachen mit Gewehren gesichert wurden. Der Wagen hielt, und die Olbornier sprangen herunter. Eine Tur zum Gebaude offnete sich, zwei von den Wesen stiegen heraus und zogen etwas Schwarzes und Gro?es heraus.
Es war Mavra Tschang, und sie schien so steif wie ein Brett zu sein.
»Ist sie tot?«fragte Hosuru dumpf.
Vistaru schuttelte den Kopf.
»Nein, dafur sind sie zu vorsichtig. Vermutlich betaubt.«
»Was tun wir?«
»Du verstandigst Renard. Ich halte hier Wache und versuche zu beobachten, wo sie Mavra hinbringen.