»Sie taten es nicht. Das
»Aufzeichnungen kann man falschen.«
»Die Hohe Regierung will, da? diese Reisen aufhoren. Weshalb streiten wir, Koll? Wenn Sie der Geschichte trotzen wollen, ist das Ihre Sache. Aber der Regierung? Das durfen wir nicht.«
»Aber Millionen von Proleten, die aus dem Weg geraumt waren …«
Spanner knurrte nur und krampfte die Hand um die Notizen, die er vor sich liegen hatte. Quellen lie? die Blicke von einem zum anderen wandern. Er kam sich wie ein Eindringling vor.
»Schon«, sagte Spanner langsam. »Ich gebe zu, da? es praktisch ist, all diese Proleten loszuwerden. Obwohl es so scheint, als hatten wir diese Freude nicht mehr lange. Sie sagen, wir durfen uns nicht einmischen, weil sonst die Vergangenheit gefalscht wird. Ich bin der gegenteiligen Meinung. Aber lassen wir das. Da Sie so sicher zu sein scheinen, mochte ich daruber nicht mit Ihnen diskutieren. Dann behaupten Sie, da? man diese Zeitreisen-Geschichte wunderbar zur Reduzierung der Bevolkerung verwenden kann. Da gebe ich Ihnen recht, Koll. Ich kann die Uberbevolkerung ebensowenig leiden wie Sie, und ich mu? gestehen, da? der augenblickliche Stand der Dinge einfach lacherlich ist. Aber vergessen Sie nicht: Man betrugt uns. Jemand, der hinter unserem Rucken dieses Zeitreisen-Geschaft betreibt, handelt illegal und unethisch und wie man es sonst noch nennen mag. Man mu? ihn zum Aufhoren zwingen. Was sagen Sie dazu, Quellen? Letzten Endes ist Ihre Abteilung fur diese Dinge zustandig.«
Die plotzliche Anrede lie? ihn zusammenzucken. Quellen versuchte immer noch, in das Gesprach hineinzufinden, und er war sich nicht vollig sicher, wovon sie sprachen. Er lachelte schwach und schuttelte den Kopf.
»Keine Meinung?« fragte Koll messerscharf.
Quellen sah ihn an. Es war ihm unmoglich, direkt in Kolls harte, farblose Augen zu schauen, und so lie? er seinen Blick auf den Backenknochen des Managers ruhen. Er sagte immer noch nichts.
»Keine Meinung, Quellen? Das ist zu schade. Es spricht nicht gerade fur Sie.«
Quellen unterdruckte ein Zittern. »Ich furchte, ich bin uber die neuesten Entwicklungen des Zeitreise-Falles nicht auf dem laufenden. Wie Sie wissen, habe ich mich mit Projekten beschaftigt, die …«
Er lie? den Satz unbeendigt, wie ein dummer Schuljunge. Seine eifrigen Assistenten wu?ten sicher genau uber die Lage Bescheid. Er fragte sich, weshalb er sich nicht mit Brogg besprochen hatte. Aber er konnte schlie?lich auch nicht alles vorhersehen.
»Wissen Sie, Quellen, da? seit Anfang des Jahres Tausende von Proleten ins Nichts verschwunden sind?« fragte Koll.
»Nein, Sir. Ich meine naturlich ja, Sir. Es ist nur so, da? wir bis jetzt keine Gelegenheit zum Eingreifen hatten.«
Der Klang seiner Stimme machte ihn nervos.
»Nun, wohin konnen sie Ihrer Meinung nach gegangen sein?« fragte Koll. »Sie glauben doch nicht etwa, da? sie alle per Stati-Feld durch die Gegend reisen und nach Arbeit suchen — in Afrika meinetwegen?«
Der Schu? sa?. Quellen hielt die Luft vor Schreck an, bis er sich davon uberzeugt hatte, da? Koll rein zufallig von Afrika sprach. Er verbarg seine Reaktion so gut wie moglich und meinte ruhig: »Ich habe keine Ahnung, Sir.«
»Dann haben Sie Ihre Geschichtsbucher nicht grundlich gelesen, Quellen. Uberlegen Sie sich doch, Mann: Was war die wichtigste geschichtliche Entwicklung der letzten funfhundert Jahre?«
Quellen dachte nach. Was denn? Die Entente? Die Einfuhrung der Hohen Regierung? Der Abbau der Nationen? Die Reisen per Stati-Feld? Er ha?te Kolls Art, ihn wie einen dummen Schuljungen zu behandeln. Quellen wu?te, da? er nicht dumm war, auch wenn er sich in einer Klemme wie dieser ungeschickt benahm. Er war bestimmt tuchtig. Aber in seinem Innern war diese verwundbare Stelle, sein heimliches Verbrechen, und deshalb lie? er sich schnell weich machen. Er begann zu schwitzen. »Ich wei? nicht recht, Sir, wie ich diese Frage auffassen soll.«
Koll drehte mit einer lassigen Handbewegung den Sauerstoffstrom etwas weiter auf. Es war eine beleidigend freundliche Geste. Das kostbare Gas stromte in den Raum. Leise sagte Koll: »Dann werde ich es Ihnen sagen. Es ist die Ankunft der Zeitreisenden. Und von
»Naturlich«, sagte Quellen. Jeder wu?te von den Zeitreisenden, und er argerte sich, da? er Koll nicht die Antwort gegeben hatte, die auf der Hand lag.
»Jemand hat in den vergangenen Jahren die Zeitreise entdeckt«, sagte Spanner. »Er fangt damit an, Zeitreisende zuruck in die Vergangenheit zu schleusen. Tausende von arbeitslosen Proleten sind bereits verschwunden, und wenn wir ihn nicht bald erwischen, stopft er die Vergangenheit mit jedem arbeitssuchenden Strolch des Landes voll.«
»So? Das ist ja gerade mein Argument«, meinte Koll. »Wir wissen, da? sie bereits in der Vergangenheit angekommen sind. Unsere Geschichtsbucher beweisen es. Jetzt konnen wir uns zurucklehnen und zusehen, wie dieser Kerl unseren Abschaum uber die vergangenen funfhundert Jahre verteilt.«
Spanner drehte sich herum und sah Quellen an. »Was glauben Sie?« fragte er. »Sollen wir dem Befehl der Hohen Regierung folgen, den Mann einfangen und die Zeitreisen einstellen? Oder sollen wir, wie Koll es vorschlagt, alles laufen lassen — was nicht nur gegen die Oberen ist, sondern auch mit der Geschichte nicht ubereinstimmt.«
»Ich brauche Zeit, um den Fall zu studieren«, sagte Quellen zuruckhaltend. Er wollte sich auf keinen Fall zwingen lassen, einem seiner beiden Vorgesetzten recht zu geben.
»Dann lassen Sie sich von mir gleich jetzt aufklaren«, sagte Spanner mit einem Seitenblick auf Koll. »Wir haben unsere Instruktionen von der Hohen Regierung, und es ist zwecklos, sie zu diskutieren. Koll wei? recht gut, da? Kloofman ein personliches Interesse an dem Fall gezeigt hat. Unsere Aufgabe ist es, die illegale Tatigkeit aufzuspuren und unter unsere Kontrolle zu bringen. Koll, wenn Sie nicht dieser Meinung sind, sprechen Sie am besten mit der Hohen Regierung.«
»Ich habe keine Einwande«, meinte Koll. »Quellen?«
Quellen versteifte sich. »Ja, Sir?«
»Sie haben gehort, was Mister Spanner sagte. Machen Sie sich schnell an die Arbeit. Spuren Sie diesen Kerl auf, der die Zeitreisen organisiert, und stellen Sie ihn kalt, aber nicht, bevor Sie hinter sein Geheimnis gekommen sind. Die Hohe Regierung mochte den Vorgang kontrollieren. Und der illegalen Tatigkeit ein Ende bereiten. Es liegt an Ihnen, Quellen.«
Er war entlassen.
2
Norman Pomrath sah seine Frau kuhl an und fragte: »Wann wird dein Bruder endlich etwas fur uns tun, Helaine?«
»Ich sagte dir doch schon, da? er es nicht kann.«
»Er will nicht, meinst du wohl.«
»Er
»Wie nett, da? du wenigstens bitte gesagt hast«, knurrte Pomrath. »Man ist schon fur die kleinsten Aufmerksamkeiten dankbar.«
Er trat zur Seite. Aus einem Gefuhl der Zuruckhaltung heraus sah er nicht zu, wie seine Frau die grune Tunika abstreifte. Sie schob ihr Kleid achtlos zur Seite und trat unter die Molekuldusche. Wie sie mit dem Rucken zu ihm dastand, beobachtete er sie. Zuruckhaltung war wichtig, dachte Pomrath. Selbst wenn man elf Jahre verheiratet ist, mu? man dem Partner in diesen stinkenden Einzimmerwohnungen etwas Privatleben gonnen. Sonst