da? Sie ihn heute aufgesucht haben.«

»Aber ich bitte Sie, Brigadier — nach dieser unangenehmen Sache da in Holland —...«

»Holen Sie den Schachtisch, Freddy!« In der Art, wie Sutherland ,Freddy' sagte, lag etwas endgultig Abschlie?endes. Caldwell brummte in sich hinein, wahrend sie die Figuren aufstellten. Sie begannen zu spielen, doch Sutherland konnte deutlich sehen, da? sein Adjutant nicht bei der Sache war. Er legte die Pfeife aus der Hand und lehnte sich zuruck.

»Caldwell, ich habe Ihnen zu erklaren versucht, da? wir hier keine Konzentrationslager unterhalten. Die Fluchtlinge in den Lagern bei Caraolos werden nur so lange auf Zypern zuruckgehalten, bis sich diese Querschadel in Whitehall daruber klargeworden sind, was sie in der Frage des Palastina-Mandats machen wollen.«

»Aber diese Juden sind so schwer zu bandigen«, sagte Caldwell mit gerunzelter Stirn. »Ich ware wirklich fur ein bi?chen Disziplin im guten alten Stil.«

»Nein, Freddy, nicht in diesem Falle. Diese Leute sind keine Verbrecher, und sie haben die Sympathie der ganzen Welt auf ihrer Seite. Es ist Ihre und meine Aufgabe, dafur zu sorgen, da? es keine Unruhen gibt, keine Ausbruche und uberhaupt nichts, was man als Propaganda gegen uns verwenden konnte. Verstehen Sie?«

Es war Caldwell nicht klar. Er war im Gegenteil durchaus der Meinung, da? der Brigadier mit den Fluchtlingen wesentlich scharfer verfahren sollte. Aber bei einem Streit mit einem General kann niemand gewinnen, wenn er nicht zufallig ein noch hoheres Tier ist. Die ganze Sache war au?erdem so verwickelt — und Caldwell begnugte sich, einen Bauern vorzurucken.

»Sie sind am Zug, Sir«, sagte er.

Caldwell hob den Blick vom Schachbrett und sah zu Sutherland hinuber. Der Brigadier schien in Gedanken versunken zu sein und die Anwesenheit von Caldwell vollig vergessen zu haben. Das geschah in letzter Zeit immer haufiger.

»Sie sind am Zug, Sir«, wiederholte Caldwell.

Sutherlands Gesicht sah bekummert aus. Armer Kerl, dachte Caldwell. Der Brigadier war fast seit drei?ig Jahren mit Neddy Sutherland verheiratet gewesen, und plotzlich hatte sie ihn verlassen und war mit einem Mann, der zehn Jahre junger war als sie, nach Paris durchgebrannt. Es war ein Skandal, der in Armee-Kreisen monatelang die Gemuter erschuttert hatte, und Sutherland schien noch immer schwer daran zu tragen. Es war ein schrecklicher Schlag fur den Brigadier, der immer ein so korrekter Mann gewesen war. Sutherlands blasses Gesicht war voller Falten, und auf seiner Nase erschienen kleine rote Aderchen. In diesem Augenblick sah er wirklich aus wie funfundfunfzig, wenn nicht noch alter.

Doch Bruce Sutherland dachte nicht an Neddy, wie Caldwell annahm. Seine Gedanken waren bei den Fluchtlingslagern von Caraolos.

»Sie sind am Zug, Sir.«

»Also will ich deine Feinde verderben, Israel —.«, murmelte Sutherland.

»Was haben Sie eben gesagt, Sir?«

V.

Mark fuhrte Kitty zuruck an den Tisch, beide waren au?er Atem. »Wei?t du, wann ich das letztemal Samba getanzt habe?« sagte sie. »Fur ein so altes Madchen, wie du es bist, machst du deine Sache gar nicht schlecht.«

Mark sah sich im Raume um. An allen Tischen sa?en englische Offiziere, in der Khaki-Uniform der Army und den wei?en Jacken der Navy, und unterhielten sich mit unverkennbar englischem Akzent. Mark liebte Lokale dieser Art. Der Kellner brachte frische Getranke, und sie stie?en miteinander an.

»Auf dein Wohl, Kitty, wo immer du dich befinden magst«, sagte Mark. »Ja, Gnadigste, was ist eigentlich Ihr nachstes Reiseziel?« Kitty zog die Schultern hoch. »Ach, ich wei? nicht recht, Mark. Meine Arbeit in Saloniki ist zu Ende, und ich fange an, unruhig zu werden. Ich habe ein Dutzend Angebote, bei der UNO zu arbeiten, in allen Teilen Europas.«

»Ja, es war ein prachtiger Krieg«, sagte Mark. »Uberall massenhaft Waisenkinder.«

»Nein, im Ernst«, sagte Kitty, »erst gestern bekam ich ein wirklich gutes Angebot, hier in Zypern zu arbeiten.«

»In Zypern?«

»Da in der Gegend von Famagusta sind irgendwelche Fluchtlingslager. Eine Amerikanerin hat sich an mich gewandt. Die Lager sind anscheinend uberfullt, und an der Stra?e nach Larnaca werden neue Lager eingerichtet. Ich sollte dort die Leitung ubernehmen.«

Mark zog die Stirn in Falten.

»Das ist einer der Grunde, weshalb ich dich nicht auf dem Flugplatz abholen konnte. Ich war heute in Famagusta, um mit dieser Amerikanerin zu reden.«

»Und was hast du ihr gesagt?«

»Ich habe nein gesagt. Es sind Juden. Ich glaube zwar, da? judische Kinder kaum anders sind als irgendwelche anderen, aber ich mochte doch lieber nichts mit ihnen zu tun haben. Bei diesen Lagern scheint eine ganze Menge Politik mit im Spiele zu sein, und sie unterstehen nicht der Aufsicht der UNO.«

Mark schwieg nachdenklich. Kitty blinzelte ihn verschmitzt an und wedelte mit dem Zeigefinger vor seiner Nase hin und her. »Mach nicht so ein ernstes Gesicht. Willst du wissen, was der andere Grund war, weshalb ich dich nicht abholen konnte?«

»Du tust, als ob du einen kleinen Schwips hattest.«

»Ich glaube, so allmahlich kriege ich auch einen. Also horen Sie, Mr. Parker: ich war in Famagusta, um meinen Freund ans Schiff zu bringen. Du kennst mich ja — der eine Mann reist ab, der nachste kommt an.«

»Solange du sie nicht durcheinanderbringst! Und was war das fur ein Knabe, mit dem du hier nach Zypern gefahren bist?«

»Mochtest du wohl gerne wissen, wie?«

»Mhm.«

»Colonel Howard Hillings, von der britischen Armee.«

»Irgendwas gewesen zwischen euch beiden?«

»Halt den Mund! Er war so korrekt, da? es geradezu widerlich war.«

»Und woher kennst du ihn?«

»Er war Chef der britischen Militarmission in Saloniki. Als ich die Leitung des Heims ubernahm, fehlte es uns an allem — Betten, Medikamenten, Verpflegung, Decken — einfach alles. Kurz und gut, ich wandte mich an ihn. Er hat einen gewaltigen Papierkrieg fur mich gefuhrt, und wir wurden gute Freunde fur immer und ewig. Er ist wirklich ein guter Kerl.«

»Erzahl weiter. Die Sache fangt an, au?erordentlich interessant und spannend zu werden.«

»Vor ein paar Wochen erfuhr er, da? er nach Palastina versetzt wurde und vorher in Urlaub gehen sollte, und da bat er mich, seinen Urlaub hier mit ihm zu verbringen. Wei?t du, ich steckte so in der Arbeit drin, da? mir vollig entgangen war, seit achtzehn Monaten nicht einen einzigen freien Tag gehabt zu haben. Na, kurz und gut, sein Urlaub wurde abgeblasen, und heute mu?te er sich in Famagusta melden, um dort das Schiff nach Palastina zu besteigen.« »Irgendwelche Zukunftsplane als Mrs. Hillings?«

Kitty schuttelte den Kopf. »Ich mag ihn sehr. Er hat extra die weite Reise mit mir nach Zypern gemacht, nur um die richtige Umgebung fur die Frage zu finden, ob ich ihn heiraten wollte —.«

»Na und?«

»Ich habe Tom geliebt. Ich werde nie wieder etwas Ahnliches fur einen Mann empfinden.«

»Du bist inzwischen achtundzwanzig, Kitty. Das ist ein gutes Alter, sich zur Ruhe zu setzen.«

»Ich beklage mich ja gar nicht. Ich habe etwas gefunden, was mir Befriedigung gewahrt. — Mark, du gehst auch nach Palastina. So viele von den Offizieren hier werden jetzt nach Palastina versetzt.« »Es gibt Krieg, Kitty.«

»Krieg? Aber warum denn? Das verstehe ich nicht.«

»Oh, aus allen moglichen Grunden. Es gibt uberall auf der Welt eine Menge Leute, die entschlossen sind, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Kolonien kommen in unserer Zeit aus der Mode. Die Englander reiten einen toten Gaul. Das da, das ist der Soldat des neuen Weltreichs«, sagte Mark und zog eine Dollarnote aus der Tasche. »Wir haben Millionen dieser grunen Soldaten in Marsch gesetzt, uberallhin, in jeden Winkel der Welt. Es ist die gro?te Armee, die es je gegeben hat, und sie erobert die Welt ohne Blutvergie?en. Aber Palastina — da liegen die Dinge wieder anders. Das ist eine Sache, Kitty, die fast etwas Erschreckendes hat. Da gibt es Leute, die ernstlich

Вы читаете Exodus
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату
×