»Wie wollen Sie sich nennen?«

›»Adam‹ ware vielleicht nicht unangebracht.«

»Familienname?«

»Was halten Sie von ›Eden‹?«

»Lassen Sie die Witze… Sagen wir: ›Adam Goodman‹. Legen Sie mit Jenson alle notwendigen Einzelheiten im Hinblick auf Ihre Vergangenheit fest. Danach bewerben Sie sich unverzuglich um den Posten eines Gartners.« Pikeaway sah auf die Uhr. »Ich muss unsere Unterredung jetzt abbrechen, denn ich mochte Mr Robinson nicht warten lassen.«

Adam – um ihn bei seinem neuen Namen zu nennen – blieb an der Tur stehen.

»Sie erwarten Mr Robinson?«, fragte er neugierig.

»Das haben Sie doch gehort.« Auf dem Schreibtisch surrte eine Klingel. »Das ist er – punktlich wie immer.«

Adam konnte seine Neugier nicht bezahmen.

»Wer ist dieser Robinson? Wie hei?t er wirklich?«

»Er hei?t Robinson, mehr kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen.«

Der Mann, der jetzt ins Zimmer trat, sah tatsachlich nicht wie ein Mr Robinson aus. Viel eher hatte er Demetrius, Isaaksohn oder Perenna hei?en konnen; er mochte ein Grieche, ein Jude, ein Spanier oder ein Sudamerikaner sein – es war schwer, ihn herkunftsma?ig einzuordnen. Nur wie ein durchschnittlicher Englander mit dem weit verbreiteten Namen Robinson wirkte er nicht.

Er war korpulent, elegant gekleidet, und sein Teint schien gelblich. Er hatte melancholische dunkle Augen, eine hohe Stirn, einen gro?zugigen Mund und ubertrieben wei?e Zahne. Seine gut geformten Hande waren sorgfaltig manikurt. Er sprach ein akzentfreies Englisch.

Colonel Pikeaway und Mr Robinson begru?ten sich mit der Hoflichkeit regierender Fursten.

Nachdem sein Gast dankend eine Zigarre angenommen hatte, sagte der Colonel: »Wir sind Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich bereiterklart haben, uns zu helfen.«

Mr Robinson machte mit sichtlichem Genuss ein paar Zuge.

»Das ist doch selbstverstandlich, lieber Pikeaway«, bemerkte er liebenswurdig. »Wie Sie wissen, komme ich viel herum und treffe die verschiedensten Leute. Merkwurdigerweise schenken sie mir oft ihr Vertrauen. Manchmal frage ich mich wirklich, warum.«

Colonel Pikeaway ging nicht weiter auf diese Bemerkung ein, sondern fragte ohne Umschweife: »Dann wissen Sie wohl auch, dass Prinz Ali Yusufs Flugzeug gefunden worden ist?«

»Vorigen Mittwoch«, erwiderte Mr Robinson. »Schwieriger Flug, aber das Ungluck war nicht die Schuld des Piloten. Die Maschine ist kurz vor dem Abflug beschadigt worden, und zwar von einem gewissen Achmed, einem Flugzeugmechaniker, den Bob Rawlinson fur au?erst zuverlassig hielt. Leider hat er sich geirrt. Achmed hat ubrigens jetzt einen sehr eintraglichen Posten unter dem neuen Regime.«

»Es war also tatsachlich ein Sabotageakt! Wir waren unserer Sache bisher noch nicht ganz sicher. Tragische Angelegenheit!«

»Der arme Prinz Ali war den Intrigen und der Korruption in Ramat nicht gewachsen. Wahrscheinlich war es ein Fehler, ihm eine englische Erziehung angedeihen zu lassen… Aber welchen Sinn hat es, uber die Vergangenheit zu lamentieren? Ali Yusuf ist tot, und nichts ist so tot wie ein toter Konig. Wir, und auch Sie, Colonel, sind nun nur noch an Prinz Alis Hinterlassenschaft interessiert.«

»Worin besteht diese Hinterlassenschaft?«

Mr Robinson zuckte die Achseln.

»Aus einem ansehnlichen Bankguthaben in Genf, einem kleinen Konto in London, ausgedehnten Besitzungen in seiner Heimat, die naturlich von den Rebellen beschlagnahmt wurden, und – aus einer personlichen Kleinigkeit.«

»Einer Kleinigkeit?«

»Ich spreche nicht vom Wert des Gegenstandes, sondern von seinem au?eren Umfang. Es handelt sich um etwas, das man in der Tasche mit sich tragen kann.«

»Soviel ich wei?, hat man bei der Leiche nichts gefunden.«

»Nein, weil er dem jungen Rawlinson seine… seine Juwelen anvertraut hatte.«

»Wissen Sie das genau?«, fragte Pikeaway erregt.

»Ganz genau wei? man es naturlich nicht«, erklarte Mr Robinson fast entschuldigend. »Naturlich kann man nicht alle Palastgeruchte fur bare Munze nehmen, aber in diesem Fall bin ich meiner Sache ziemlich sicher.«

»Aber auch bei Rawlinson wurde nichts gefunden.«

»Dann mussen sie auf eine andere Art aus dem Land geschmuggelt worden sein.«

»Auf welche Art? Haben Sie einen bestimmten Verdacht?«

»Nachdem Rawlinson die Juwelen erhalten hatte, verlie? er den Palast und ging in ein Cafe in der Stadt. Dort soll er mit niemandem gesprochen oder sonst wie Kontakt aufgenommen haben. Dann begab er sich ins ›Ritz Savoy‹, wo seine Schwester wohnte. Er ging in ihr Zimmer hinauf und hielt sich dort etwa zwanzig Minuten auf. Seine Schwester war nicht da. Nach Verlassen des Hotels ging Rawlinson zur Handelsbank, wo er sich einen Scheck auszahlen lie?. Als er das Bankgebaude verlie?, hatte die Revolte bereits mit einem Aufstand der Studenten begonnen. Es verging einige Zeit, bis die Stra?e geraumt war. Danach machte Rawlinson sich auf den Weg zum Flugplatz, wo er die Maschine, im Beisein von Achmed, uberprufte.

Kurz darauf kam Ali Yusuf in seinem Auto auf dem Flugplatz an und erklarte, dass er den Bau des neuen Dammes von der Luft aus besichtigen wolle. Er und Rawlinson flogen ab und kehrten nicht mehr zuruck.«

»Und zu welchem Schluss sind Sie gekommen?«

»Zum gleichen Schluss wie Sie, Colonel. Warum verbrachte Bob Rawlinson zwanzig Minuten im Zimmer seiner Schwester, wo er doch wusste, dass sie unterwegs war? Er schrieb ihr einen kurzen Brief; dazu brauchte er hochstens zwei Minuten. Was tat er in der ubrigen Zeit?«

»Wollen Sie damit andeuten, dass er die Edelsteine im Gepack seiner Schwester versteckt hat?«

»Es sieht so aus, nicht wahr?… Mrs Sutcliffe und alle anderen Englander wurden noch am selben Tag evakuiert. Sie wurde mit ihrer Tochter im Flugzeug nach Aden gebracht. Soviel ich wei?, kommt sie morgen in Tilbury an.«

Pikeaway nickte.

»Ich rate Ihnen, sie nicht aus den Augen zu lassen«, sagte Mr Robinson.

»Darauf konnen Sie sich verlassen. Wir haben bereits alles arrangiert«, erwiderte der Colonel.

»Wenn sie die Juwelen hat, ist sie in gro?er Gefahr.«

Mr Robinson schloss die Augen. »Ich hasse Gewalttaten.«

»Glauben Sie, dass es dazu kommen wird?«

»Gewisse Leute sind interessiert daran – gewisse unerwunschte Elemente – Sie verstehen?«

»Ich verstehe«, erwiderte Colonel Pikeaway finster.

»Das Ganze ist so verwirrend.« Wieder schuttelte Robinson traurig den Kopf.

»Sind Sie aus irgendeinem Grund personlich interessiert?«, fragte Pikeaway zuruckhaltend.

»Ich bin Vertreter einer bestimmten Gruppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Wahrheit herauszufinden«, erklarte Mr Robinson in leicht vorwurfsvollem Ton. »Seine Hoheit hat einen Teil der Steine von meinem Syndikat erworben, und ich darf wohl sagen, dass wir sie Prinz Ali zu einem sehr gunstigen Preis verkauft haben. Die von mir vertretenen Personen sind an der Auffindung der Juwelen interessiert, und ich bin sicher, dass wir da im Sinne des Verstorbenen handeln. Mehr kann ich im Augenblick nicht sagen. Diese Angelegenheit ist au?erst delikat.«

»Jedenfalls dienen Sie der gerechten Sache«, meinte Colonel Pikeaway lachelnd.

»Der gerechten Sache – zweifellos!« Er machte eine Pause. »Wissen Sie zufallig, wer die Nachbarn von Mrs Sutcliffe im ›Ritz Savoy‹ in Ramat waren?«

»Einen Augenblick – ich glaube, ja. Im Zimmer links von Mrs Sutcliffe wohnte, soviel ich wei?, eine gewisse Angelica de Toredo, eine spanische Tanzerin, die in einem Kabarett auftrat. Vielleicht war sie keine echte Spanierin und auch keine sehr gute Tanzerin – jedenfalls war sie beliebt bei den ›Kunden‹. Auf der anderen Seite soll eine Lehrerin gewohnt haben.«

Mr Robinson nickte wohlwollend. »Es ist immer dasselbe. Ich komme her, um Ihnen etwas mitzuteilen, und

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