eher einem verschrumpelten Flaschenkurbis mit ausgehohlten Lochern denn lebendigen Augen gleicht, bei?t an jener Stelle in den Rasen, wo Sekundenbruchteile zuvor noch Bobbys Bein gewesen ist.

Philip hat noch gute zehn Meter zwischen sich und Bobby zu uberbrucken. Er rennt, so schnell er kann, auf die Hundehutte zu. Wie eine Wunschelrute hebt er die Nagelmaschine und zielt auf das Minimonster. Bobby kriecht krebsartig durch das feuchte Gras davon. Dazwischen schreit er immer wieder mit hoher Stimme auf, sodass man glauben konnte, er ware ein kleines Kind.

Das Monster bewegt sich mit der wenig eleganten Energie einer Tarantel weiterhin auf Bobby zu. Der dicke Mann versucht, aufzustehen und davonzulaufen. Aber seine Beine wollen ihm nicht gehorchen, sodass er ins Stolpern kommt und ruckwarts zu Boden fallt.

Vier Meter trennen Philip noch von Bobby, als er bemerkt, dass Bobbys Schreie hoher und schriller klingen. Das Zombie-Kind hat eine Hand wie einen Haken um Bobbys Fu?knochel gelegt, und ehe er das Bein erneut wegrei?en kann, senkt es seine verfaulten Bei?erchen in Bobbys fleischige Wade.

»MIST! VERDAMMT!«, brullt Philip, als er mit der Nagelpistole auf die beiden zusprintet.

Drei?ig Meter hinter ihm schnellt ein Stecker aus der Steckdose.

Philip setzt die Nagelmaschine an den Nacken des kleinen Monsters, als es sich gerade uber den Rest von Bobbys fettem Korperchen hermachen will.

Der Hahn der Maschine klickt, aber nichts passiert. Der Zombie grabt sich wie ein Piranha in Bobbys dicken Oberschenkel, bis er die Schlagader durchbei?t und dabei den halben Hodensack auch gleich noch mitfrisst. Bobbys schreiende Stimme zittert und verwandelt sich in ein jammerndes Heulen, als Philip die nutzlose Maschine zu Boden wirft, um sich mit blo?en Handen auf die Kreatur zu werfen. Er rei?t den untoten Jungen von seinem Freund, als ware er ein riesiger Blutegel, und schleudert ihn kopfuber uber den Rasen, ehe dieser ein weiteres Mal zubei?en kann.

Das kleine Monster schlagt auf dem Boden auf und rollt funf Meter uber das zertretene Gras.

Jetzt sturmen Nick und Brian aus dem Haus. Brian schnappt sich sofort das Verlangerungskabel, wahrend Nick mit erhobener Axt uber den Rasen rennt. Philip packt Bobby und versucht, ihn zu beruhigen, denn er verblutet noch schneller, wenn er sich bewegt. So viel ist klar. Aus der aufgerissenen Wunde spruhen Blutfontanen im Rhythmus von Bobbys Herzschlag empor. Philip presst seine Hand auf das Bein seines Freundes, um den Blutfluss zu stoppen, doch vergeblich. Aus den Augenwinkeln sieht er, was sich wahrenddessen zwischen den anderen abspielt. Das untote Wesen kriecht uber den Rasen erneut auf Bobby und Philip zu. Nick zogert keinen Augenblick, ehe er mit voller Wucht und weit aufgerissenen Augen ausholt und wutend zuschlagt. Die Axt zischt durch die Luft, und die verrostete Schneide trifft auf den Hinterkopf des Zombie-Kindes. Sie versenkt sich tief in seinem Schadel. Das Monster sackt in sich zusammen. Plotzlich schreit Philip Nick etwas zu. Etwas von einem Gurtel, einem GURTEL. Hastig kniet Nick sich hin und tastet nach seiner Schnalle. Philip ist kein ausgebildeter Sanitater, aber er wei?, dass man das Bluten zumindest mindern, wenn nicht sogar ganz zum Aufhoren bringen kann, indem man das betroffene Korperglied abbindet. Er legt Nicks Gurtel um das Bein des zitternden Bobby, der versucht, etwas zu sagen. Es scheint ihm eiskalt zu sein. Seine Lippen zittern, ohne dass ihnen ein Laut entweicht.

In der Zwischenzeit steckt Brian drei?ig Meter entfernt den Stecker wieder in die Steckdose. Das ist die einzige Art und Weise, wie er sich gerade nutzlich machen kann. Die Nagelpistole liegt auf dem Rasen, gerade mal funf Meter von Philip entfernt. Dieser ruft Nick zu: »JETZT HOL ENDLICH DEN VERBANDSKASTEN – UND ALKOHOL UND WAS AUCH IMMER!«

Nick macht sich auf den Weg, die Axt in der Hand, als Brian sich nahert. Er starrt auf das tote Wesen mit dem eingeschlagenen Schadel. Angewidert macht er einen gro?en Bogen darum herum und schnappt sich dann die Nagelmaschine – man wei? ja nie. Gewissenhaft sucht er die Anhohe hinter dem Zaun mit den Augen ab. Philip halt den schluchzenden und kurzatmig keuchenden Bobby wie ein Baby in den Armen. Er tut sein Bestes, um den Freund zu beruhigen und flustert ihm zu, dass alles wieder gut wird … Doch als sich Brian den beiden vorsichtig nahert, ist klar, dass dem nicht so sein wird.

Kurz darauf kehrt Nick mit einem Haufen steriler Bandagen, die er im Haus gefunden hat, zu den Freunden zuruck. Aus einer Hintertasche ragt eine Plastikflasche mit reinem Alkohol heraus, aus der anderen Klebeband. Etwas hat sich inzwischen geandert. Aus dem Notfall ist etwas sehr Ernstes und Dustereres geworden: Jetzt ist es eine Totenwache.

»Wir mussen ihn reinbringen.« Philip, der mittlerweile vollig mit Blut besudelt ist, versucht erst gar nicht, den dicken Mann hochzuhieven. Bobby Marsh ist so gut wie tot. Dessen sind sie sich alle bewusst.

Auch Bobby wei? es. Er verfallt in einen Schockzustand und starrt regungslos in den grauen Himmel. Einen Moment lang versucht er, etwas zu sagen.

Brian steht nicht weit von dem Spektakel entfernt, die Nagelmaschine noch immer in der Hand, und starrt Bobby entsetzt an. Nick lasst die Bandagen auf das Gras fallen und stohnt. Er sieht so aus, als ob er gleich zu weinen anfangen wurde, fallt stattdessen aber auf die Knie neben Bobby und senkt den Kopf.

»I-I-Ich … n-n-n …«, stammelt Bobby in dem verzweifelten Versuch, Philip etwas mitzuteilen.

»Still …« Philip legt ihm die Hand auf die Schulter. Um etwas, irgendetwas zu tun, nimmt er die Bandagen und beginnt, die Wunde zu versorgen.

»N-n-n-NEIN!«

Philip halt inne, schluckt und starrt in die wassrigen Augen des Sterbenden. »Es wird schon«, beteuert er, aber seine Stimme hat sich verandert.

»N-nein … Wird es nicht«, stammelt Bobby. Irgendwo uber ihnen krachzt eine Krahe. Bobby wei?, was als Nachstes geschehen wird. Sie sahen einen Mann in einem Graben in Covington, der innerhalb von zehn Minuten zu einem Monster wurde. »S-sag das nicht mehr, Philly.«

»Bobby …«

»Es ist vorbei«, flustert Bobby heiser, ehe sich seine Augen einen Moment lang verdrehen. Dann entdeckt er die Nagelpistole in Brians Hand und streckt seine dicken, fleischigen Finger nach der Laufmundung aus.

Vor Entsetzen lasst Brian die Pistole fallen.

»Verdammt noch mal, wir mussen ihn ins Haus schaffen!« Hoffnungslosigkeit schwingt jetzt deutlich in Philips Stimme mit, als Bobby Marsh nach der Nagelmaschine fasst und versucht, sie sich an die Stirn zu setzen.

»Um Gottes willen!«, stammelt Nick.

»Nimm ihm das Ding weg!«, ruft Philip und fuchtelt in Brians Richtung.

Tranen laufen uber Bobbys feiste Wangen und vermischen sich mit dem Blut. »B-bitte, Philly«, stammelt er. »M-mach … Mach es einfach.«

Philip steht auf. »Nick! Komm mit!« Er dreht sich um und geht zum Haus.

Nick steht auf und folgt ihm. Die beiden Manner bleiben nach funf Schritten stehen – weit genug von Bobby entfernt, um nicht belauscht werden zu konnen. Sie reden mit gedampften Stimmen, den Rucken Bobby zugekehrt.

»Wir mussen es abtrennen«, bestimmt Philip.

»Was?«

»Wir mussen sein Bein amputieren.«

»Was?«

»Ehe sich die Krankheit weiter ausbreitet.«

»Aber wie …«

»Wir haben keine Ahnung, wie schnell das geht, aber wir mussen es probieren, Mann. Das sind wir ihm schuldig!«

»Aber …«

»Du holst die Sage aus dem Schuppen. Ach, und dann brauchen wir noch …«

Hinter ihnen ertont eine Stimme und unterbricht Philip mitten im Satz: »Leute?«

Brian. Seiner drangenden Stimme nach zu urteilen hat er keine guten Nachrichten.

Die beiden drehen sich um.

Bobby Marsh liegt wie regungslos da und ruhrt keinen Muskel.

Brian steigen die Tranen in die Augen, als er sich neben den dicken Mann kniet. »Es ist zu spat.«

Philip und Nick eilen zu Bobby, der mit geschlossenen Augen vor ihnen auf dem Rasen liegt. Seine schwabbelige Brust bewegt sich nicht mehr, der Mund steht leicht offen.

»O nein … Gutiger Himmel, nein!«, stohnt Nick und starrt auf seinen verstorbenen Kumpel.

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