»Ein Kreuz ist nicht nur fur Katholiken«, erwidere ich.

Die Puffmutter kratzt sich den Kopf.»Ich wei? nicht, ob ihr so was Religioses recht gewesen ware. Gibt’s nicht was anderes? So eine Art Naturfelsen?«

Mir setzt einen Augenblick der Atem aus.»Wenn Sie so etwas wollen«, sage ich dann,»dann habe ich etwas ganz Besonderes. Etwas Klassisches! Einen Obelisken!«

Es ist ein Schu? in die Nacht, das wei? ich; aber mit plotzlich vor Jagd?eber eifrigen Fingern suche ich die Zeichnung des Veteranen hervor und lege sie auf den Tisch.

Die Damen schweigen und studieren. Ich halte mich zuruck. Es gibt manchmal ein Findergluck – im Anfang oder am Schlu?, wo einem mit der Kinderhand Dinge gelingen, an denen Spezialisten verzweifelt sind. Fritzi lacht plotzlich.»Eigentlich nicht schlecht fur das Pferd«, sagt sie.

Die Puffmutter grinst ebenfalls.»Was kostet das Ding?«

Der Obelisk hat, solange ich im Geschaft bin, nie einen Preis gehabt, da jeder wu?te, da? er unverkau?ich war. Ich kalkuliere rasch.»Tausend Mark o?ziell«, sage ich.»Fur euch, als Freunde, sechshundert. Ich kann mir erlauben, diesen Schandpreis zu machen, da heute ohnehin mein letzter Tag im Buro ist – sonst wurde ich entlassen. Barzahlung naturlich! Und die Inschrift extra.«

»Warum eigentlich nicht?«sagt Fritzi.

»Von mir aus!«Die Puffmutter nickt.

Ich traue meinen Ohren nicht.»Also abgemacht?«frage ich.

»Abgemacht«, erwidert die Puffmutter.»Wieviel sind sechshundert Mark in Gulden?«

Sie beginnt, die Scheine abzuzahlen. Aus der Kuckucksuhr an der Wand schie?t der Vogel und ruft die Stunde aus. Es ist sechs Uhr. Ich stecke das Geld ein.»Ein Gedachtnisschnaps«, sagt die Puffmutter.»Fur Malwine. Morgen fruh wird sie beerdigt. Wir brauchen das Lokal wieder fur morgen abend.«

»Schade, da? ich nicht zur Beerdigung bleiben kann«, sage ich.

Wir trinken alle einen Kognak mit einem Schu? Pfefferminzschnaps. Die Puffmutter wischt sich die Augen.»Es geht mir nahe«, erklart sie.

Es geht uns allen nahe. Ich stehe auf und verabschiede mich.

»Georg Kroll wird das Denkmal setzen lassen«, sage ich.

Die Damen nicken. Ich habe nie soviel Treu und Glauben gesehen wie hier. Sie winken aus den Fenstern. Die Doggen bellen. Ich gehe rasch den Bach entlang der Stadt zu.

»Was?«sagt Georg.»Unmoglich!«

Ich ziehe schweigend die Gulden hervor und breite sie auf dem Schreibtisch aus.»Was hast du dafur verkauft?«fragt er.

»Warte einen Augenblick.«

Ich habe eine Fahrradklingel gehort. Gleich darauf ertont ein gebieterisches Rauspern vor der Tur. Ich raffe die Scheine zusammen und stecke sie wieder in die Tasche. Heinrich Kroll erscheint in der Tur, die Hosensaume leicht mit Stra?enschmutz bekleckert.»Nun«, frage ich.»Was verkauft?«

Er starrt mich giftig an.»Gehen Sie mal ‚raus und verkaufen Sie! Bei der Pleite. Kein Mensch hat Geld! Und wer ein paar Mark hat, halt sie fest!«

»Ich war drau?en«, erwidere ich.»Und ich habe verkauft.«

»So? Was?«

Ich drehe mich so, da? ich beide Bruder im Auge habe, und sage:»Den Obelisken.«

»Quatsch!«sagt Heinrich kurz.»Machen Sie Ihre Witze doch in Berlin!«

»Ich habe mit dem Geschaft hier zwar nichts mehr zu tun«, erklare ich,»da ich heute mittag um zwolf Uhr meinen Dienst beendet habe. Trotzdem lag mir daran, Ihnen mal zu zeigen, wie einfach es ist, Denkmaler zu verkaufen. Direkt eine Ferienbeschaftigung.«

Heinrich schwillt an, halt sich aber mit Muhe.»Gottlob, wir brauchen diesen Unsinn nicht mehr lange anzuhoren! Gute Reise! In Berlin wird man Ihnen schon die Flotentone beibringen.«

»Er hat den Obelisken tatsachlich verkauft, Heinrich«, sagt Georg.

Heinrich starrt ihn unglaubig an.»Beweise!«faucht er dann.

»Hier!«sage ich und lasse die Gulden ?attern.»Sogar Devisen!«

Heinrich glotzt. Dann hascht er nach einem der Scheine, dreht ihn um und pruft, ob er echt sei.»Gluck«, knirscht er schlie?lich hervor.»Blodes Gluck!«

»Wir konnen das Gluck brauchen, Heinrich«, sagt Georg.»Ohne diesen Betrag konnten wir den Wechsel nicht bezahlen, der morgen fallig ist. Du solltest lieber herzlichen Dank sagen. Es ist das erste wirkliche Geld, das wir hereinkriegen. Wir brauchen es verdammt notig.«

»Dank? Fallt mir gerade ein!«

Heinrich verschwindet turenschmetternd, ein echter, aufrechter Deutscher, der niemandem jemals Dank schuldet.

»Brauchen wir den Zaster tatsachlich so dringend?«frage ich.

»Dringend genug«, erwidert Georg.»Aber jetzt la? uns abrechnen. Wieviel Geld hast du?«

»Genug. Ich habe das Reisegeld dritter Klasse geschickt bekommen. Ich fahre vierter und spare damit zwolf Mark. Mein Klavier habe ich verkauft – ich kann es nicht mitschleppen. Der alte Kasten hat hundert Mark eingebracht. Das sind zusammen hundertzwolf Mark. Davon kann ich leben, bis ich mein erstes Gehalt bekomme.«

Georg nimmt drei?ig hollandische Gulden und halt sie mir hin.»Du hast als Spezialagent gearbeitet. Damit hast du Anrecht auf eine Provision wie Tranen-Oskar. Fur besondere Leistung funf Prozent Zuschlag.«

Es entsteht ein kurzer Wettstreit; dann nehme ich das Geld als Rucklage fur den Fall, da? ich im ersten Monat bereits aus meiner neuen Stellung raus?iege.»Wei?t du schon, was du in Berlin machen mu?t?«fragt Georg.

Ich nicke.»Feuer melden; Diebstahle beschreiben; kleine Bucher besprechen; Bier holen fur die Redakteure; Bleistifte anspitzen; Druckfehler korrigieren – und versuchen, weiterzukommen.«

Die Tur wird mit einem Fu?tritt geoffnet. Wie ein Gespenst steht der Feldwebel Knopf im Rahmen.»Ich verlange acht Billionen«, krachzt er.

»Herr Knopf«, sage ich.»Sie sind aus einem langen Traum noch gar nicht ganz aufgewacht. Die In?ation ist vorbei. Vor vierzehn Tagen hatten Sie acht Billionen fur den Stein bekommen konnen, den Sie fur acht Milliarden gekauft haben. Heute sind es acht Mark.«

»Ihr Lumpen! Ihr habt das absichtlich getan!«

»Was?«

»Mit der In?ation aufgehort! Um mich auszuraubern! Aber ich verkaufe nicht! Ich warte auf die nachste!«

»Was?«

»Die nachste In?ation!«

»Gut«, sagt Georg.»Darauf wollen wir einen trinken.«

Knopf greift als erster nach der Flasche.»Wetten?«fragt er.

»Um was?«

»Da? ich schmecken kann, woher die Flasche kommt.«

Er zieht den Korken heraus und riecht.»Ausgeschlossen, da? Sie das raus?nden«, sage ich.»Bei Korn vom Fa? vielleicht – wir wissen, da? Sie darin der beste Kenner der Provinz sind -, aber nie bei Schnaps in der Flasche.«

»Um wieviel wetten Sie? Um den Preis des Grabsteins?«

»Wir sind plotzlich verarmt«, erwidert Georg.»Aber wir wollen drei Mark riskieren. Auch in Ihrem Interesse.«

»Gut. Geben Sie mir ein Glas.«

Knopf riecht und probiert. Dann verlangt er ein zweites und ein drittes Glas voll.»Geben Sie es auf«, sage ich.»Es ist unmoglich. Sie brauchen nicht zu zahlen.«

»Dieser Schnaps ist aus dem Delikatessengeschaft von Brockmann an der Marienstra?e«, sagt Knopf.

Wir starren ihn an. Es stimmt.»Her mit dem Zaster!«krachzt er. Georg zahlt die drei Mark, und der Feldwebel verschwindet.»Wie war das moglich?«sage ich.»Hat die alte Schnapsdrossel ubersinnliche Krafte?«

Georg lacht plotzlich.»Er hat uns reingelegt!«

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