Denison zuckte die Achseln. 'Die Leute auf der Erde machen einen Riesenzirkus. Gottstein ha: alle Hebel in Bewegung gesetzt. Dr. Lamont wird gefeiert, und ich soll zuruckkehren, wenn die Abhandlung fertig ist.'

'Zuruck zur Erde?'

'Ja. Sieht so aus, als ware ich ein richtiger Held.'

'Das ist wohl das mindeste.'

'Vollige Rehabilitation wird mir geboten.' Denisons Miene war nachdenklich. 'Kein Problem mehr, bei jeder geeigneten Universitat oder Regierungsstelle unterzukommen.'

'Hast du das nicht gewollt?' 'Ich kann mir vorstellen, da? Peter Lamont das will und daran seine Freude hatte und da? er es auch bekommt. Aber ich will es nicht.'

'Was willst du dann?' fragte Selene.

'Ich will auf dem Mond bleiben.'

'Warum?'

'Weil hier die Entwicklungsfront der Menschheit liegt und ich ein Teil dieser Front sein mochte. Ich mochte bei der Installation der Kosmei-Pumpen mitwirken, was nur hier auf dem Mond moglich ist. Ich mochte an der Paratheorie arbeiten - und zwar mit Instrumenten, wie nur du sie dir ausdenken und bedienen kannst, Selene... Ich mochte bei dir sein, Selene. Aber -hast du den gleichen Wunsch?'

'Ich interessiere mich ebenso fur die Paratheorie wie du.'

'Aber wird dich Neville jetzt nicht abberufen?'

'Barron mich abberufen?' Sie fragte gepre?t: 'Willst du mich beleidigen, Ben?'

'Nicht im geringsten.'

'Dann mi?verstehe ich dich also. Willst du andeuten, ich arbeite nur mit dir, weil Barron es mir befohlen hat?'

'Hat er's dir nicht befohlen?'

'Doch. Aber deshalb bin ich nicht hier. Ich sitze hier aus eigener freier Entscheidung. Er denkt vielleicht, er kann mich herumkommandieren, aber das klappt nur, wenn seine Befehle meinem Willen entsprechen - wie es bei dir der Fall war. Ich habe etwas dagegen, da? er sich fur meinen Vorgesetzten halt, und auch, da? du offenbar der gleichen Meinung bist.'

'Ihr beide seid doch Sex-Partner.'

'Das waren wir, ja, aber was hat das damit zu tun? So gesehen, mu?te ich ihn ebenso kommandieren durfen wie er mich.'

'Dann kannst du also mit mir arbeiten, Selene?'

'Aber naturlich', sagte sie kuhl, 'wenn ich mich dafur entscheide.'

'Und tust du das?'

'Hiermit tu ich's - ja.'

Und Denison lachelte. 'Da? du dich gegen mich entscheiden konntest oder vielleicht gar keine Entscheidung treffen durftest, hat mir in der letzten Woche wohl am meisten zu schaffen gemacht. Ich furchtete den Abschlu? des Projektes, wenn damit auch unser Zusammensein zu Ende ware. Es tut mir leid, Selene, ich mochte dich nicht mit den sentimentalen Gefuhlen eines alten Erdchens plagen...'

'Also, dein Kopfchen hat nichts Altes oder Erdchenhaftes, Ben.

Es gibt andere Bindungen als die geschlechtliche. Ich bin gern mit dir zusammen.'

Es folgte ein Schweigen, und Denisons Lacheln verschwand, um dann - vielleicht ein wenig mechanisch - zuruckzukehren. 'Bin ich froh uber mein Kopfchen!'

Er blickte zur Seite, schuttelte leicht den Kopf und wandte sich wieder zuruck. Sie beobachtete ihn besorgt.

Denison sagte: 'Selene, bei den Durchflussen zwischen den Universen geht es nicht nur um die Energie. Das ist dir sicher langst durch den Kopf gegangen.'

Das Schweigen dehnte sich unangenehm in die Lange. Schlie?lich sagte Selene: 'Ach, das...'

Eine Zeitlang starrten sich die beiden an - Denison verlegen, Selene fast verstohlen.

18

Gottstein sagte: 'Ich habe meine Mondbeine noch nicht ganz wieder, aber das ist nichts gegen die Muhe und Pein, die es kostet, sich neu an die Erdschwerkraft zu gewohnen. Denison, Sie sollten den Gedanken an eine Ruckkehr lieber aufgeben. Sie schaffend doch nie.'

'Ich habe auch nicht die Absicht, zuruckzukehren, Hochkommissar', sagte Denison.

'Das ist nun allerdings schade. Sie konnten sich durch blo?en Zuruf zum Herrscher aller Reu?en machen lassen. Was jedoch Hallam angeht ...'

'Ich hatte gern sein Gesicht gesehen - aber das ist nur ein bescheidener Wunsch', sagte Denison sehnsuchtig.

'Lamont bekommt naturlich den Lowenanteil ab. Er steht im Mittelpunkt des Interesses.'

'Das macht mir nichts. Er hat es verdient... Glauben Sie, da? Neville noch kommt?' 'Zweifellos. Er ist schon auf dem Wege. Horen Sie', Gottstein senkte geheimnisvoll die Stimme, 'mochten Sie vorher noch ein Stuck Schokolade?'

'Was?'

'Ein Stuck Schokolade. Mit Mandeln. Ich habe eine Tafel.'

Denison dammerte es. 'Richtige Schokolade?'

'Ja.'

'Aber natur' Sein Gesicht verhartete sich. 'Nein, Hochkommissar. '

'Nein?'

'Nein! Wenn ich jetzt ein Stuck Schokolade nehme, wird mir, solange ich es im Munde habe, die Erde fehlen; ich werde plotzlich alles vermissen. Und das kann ich mir nicht leisten. Ich will es nicht... Bitte zeigen Sie mir die Schokolade auch nicht. Lassen Sie mich nichts riechen oder sehen.'

Der Hochkommissar sah ihn verwirrt an. 'Sie haben recht.' Er machte den deutlichen Versuch, das Thema zu wechseln. 'Die Erregung auf der Erde ist uberwaltigend. Naturlich haben wir uns gro?e Muhe gegeben, Hallam nicht zu sehr blo?zustellen. Er wird weiterhin eine wichtige Stellung bekleiden, aber zu sagen hat er nicht mehr viel.'

'Da wird er rucksichtsvoller behandelt, als er mit anderen umgesprungen ist', meinte Denison resigniert.

'Es geht dabei nicht um ihn. Man kann ein personliches Image, das sich zu solcher Bedeutung aufgeschwungen hat, nicht einfach vernichten; das konnte nicht ohne Ruckwirkung auf die Wissenschaft bleiben. Der gute Name der Wissenschaft ist wichtiger.'

'Da mochte ich prinzipiell widersprechen', entgegnete Denison nachdrucklich. 'Die Wissenschaft mu? verdiente Ruckschlage einstecken konnen.'

'Es gibt fur alles den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort, und... Da kommt Dr. Neville.'

Barron Neville trat ein . Irgendwie lie? er die naturliche Schmachtigkeit der Mondbewohner noch mehr als sonst vermissen. Er gru?te knapp, setzte sich und schlug die Beine ubereinander.

Offensichtlich wartete er darauf, da? Gottstein zuerst das Wort ergriff, was dieser auch tat.

'Ich freue mich uber Ihr Kommen, Dr. Neville. Dr. Denison sagt mir, Sie hatten es abgelehnt, Ihren Namen fur eine Abhandlung uber die Kosmei-Pumpe zur Verfugung zu stellen -eine Abhandlung, die nach meiner Ansicht einmal zu den klassischen Schriften zahlen wird.'

'Dazu bestand kein Grund', erwiderte Neville. 'Was auf der Erde geschieht, interessiert mich nicht.'

'Sie wissen von den Kosmei-Pumpversuchen? Sie kennen die sich daraus ergebenden Folgerungen?'

'Naturlich', sagte Neville. 'Ich bin mit der Situation so vertraut wie Sie.'

'Dann kann ich ja sofort beginnen. Ich bin gerade von der Erde zuruck, Dr. Neville, und es steht so gut wie fest, wie die Dinge weiter ablaufen. An drei verschiedenen Stellen auf der Mondoberflache werden gro?e Kosmei- Pumpstationen installiert - und zwar so, da? mindestens eine stets im Nachtschatten liegt. Die Halfte der Zeit werden es sogar zwei sein. Die Stationen im Nachtschatten werden konstant Energie abgeben, die uberwiegend einfach ins All abstrahlt. Es geht bei dem ganzen Projekt weniger darum, die Energie praktisch zu nutzen, als den durch die Elektronenpumpe bewirkten Feldveranderungen entgegenzuwirken.'

Denison schaltete sich ein. 'Einige Jahre lang mussen wir mehr Energie abgeben als die Elektronenpumpe, um unseren Teil des Universums wieder in den Zustand zu versetzen, wie er vor dem ersten Einsatz der Pumpe

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