werden mir doch zugeben, da? nicht alle Ihre Kameraden zum Militar gegangen sind, ausschlie?lich um das Vaterland zu verteidigen!« So eine Frechheit! Das wagt so ein Mensch einem Offizier ins Gesicht zu sagen! Wenn ich mich nur erinnern konnt', was ich d'rauf geantwortet hab'?... Ah ja, etwas von Leuten, die sich in Dinge dreinmengen, von denen sie nichts versteh'n... Ja, richtig... und dann war einer da, der hat die Sache gutlich beilegen wollen, ein alterer Herr mit einem Stockschnupfen... Aber ich war zu wutend! Der Doktor hat das absolut in dem Ton gesagt, als wenn er direkt mich gemeint hatt'. Er hatt' nur noch sagen mussen, da? sie mich aus dem Gymnasium hinausg'schmissen haben und da? ich deswegen in die Kadettenschul' gesteckt worden bin... Die Leut' konnen eben unserein'n nicht versteh'n, sie sind zu dumm dazu... Wenn ich mich so erinner', wie ich das erstemal den Rock angehabt hab', so was erlebt eben nicht ein jeder... Im vorigen Jahr' bei den Manovern – ich hatt' was drum gegeben, wenn's plotzlich Ernst gewesen war'... Und der Mirovic hat mir g'sagt, es ist ihm ebenso gegangen. Und dann, wie Seine Hoheit die Front abgeritten sind, und die Ansprache vom Obersten – da mu? einer schon ein ordentlicher Lump sein, wenn ihm das Herz nicht hoher schlagt... Und da kommt so ein Tintenfisch daher, der sein Lebtag nichts getan hat, als hinter den Buchern gesessen, und erlaubt sich eine freche Bemerkung!... Ah, wart' nur, mein Lieber – bis zur Kampfunfahigkeit... Jawohl, du sollst so kampfunfahig werden...

Ja, was ist denn? Jetzt mu? es doch bald aus sein?... »Ihr, seine Engel, lobet den Herrn«... – Freilich, das ist der Schlu?chor... Wunderschon, da kann man gar nichts sagen. Wunderschon! – Jetzt hab' ich ganz die aus der Loge vergessen, die fruher zu kokettieren angefangen hat. Wo ist sie denn?... Schon fortgegangen... Die dort scheint auch sehr nett zu sein... Zu dumm, da? ich keinen Operngucker bei mir hab'! Der Brunnthaler ist ganz gescheit, der hat sein Glas immer im Kaffeehaus bei der Kassa liegen, da kann einem nichts g'scheh'n... Wenn sich die Kleine da vor mir nur einmal umdreh'n mocht'! So brav sitzt s' alleweil da. Das neben ihr ist sicher die Mama. – Ob ich nicht doch einmal ernstlich ans Heiraten denken soll? Der Willy war nicht alter als ich, wie er hineingesprungen ist. Hat schon was fur sich, so immer gleich ein hubsches Weiberl zu Haus vorratig zu haben... Zu dumm, da? die Steffi grad' heut' keine Zeit hat! Wenn ich wenigstens wu?te, wo sie ist, mocht' ich mich wieder vis-a-vis von ihr hinsetzen. Das war' eine schone G'schicht', wenn ihr der draufkommen mocht', da hatt' ich sie am Hals... Wenn ich so denk', was dem Flie? sein Verhaltnis mit der Winterfeld kostet! Und dabei betrugt sie ihn hinten und vorn. Das nimmt noch einmal ein Ende mit Schrecken... Bravo, bravo! Ah, aus!... So, das tut wohl, aufsteh'n konnen, sich ruhren... Na, vielleicht! Wie lang' wird der da noch brauchen, um sein Glas ins Futteral zu stecken?

»Pardon, pardon, wollen mich nicht hinauslassen?«...

Ist das ein Gedrange! Lassen wir die Leut' lieber vorbeipassieren... Elegante Person... ob das echte Brillanten sind?... Die da ist nett... Wie sie mich anschaut!... O ja, mein Fraulein, ich mocht' schon!... O, die Nase! – Judin... Noch eine... Es ist doch fabelhaft, da sind auch die Halfte Juden... nicht einmal ein Oratorium kann man mehr in Ruhe genie?en... So, jetzt schlie?en wir uns an... Warum drangt denn der Idiot hinter mir? Das werd' ich ihm abgewohnen... Ah, ein alterer Herr!... Wer gru?t mich denn dort von druben?... Habe die Ehre, habe die Ehre! Keine Ahnung hab' ich, wer das ist... Das Einfachste war', ich ging gleich zum Leidinger hinuber nachtmahlen... oder soll ich in die Gartenbaugesellschaft? Am End' ist die Steffi auch dort? Warum hat sie mir eigentlich nicht geschrieben, wohin sie mit ihm geht? Sie wird's selber noch nicht gewu?t haben. Eigentlich schrecklich, so eine abhangige Existenz... Armes Ding! – So, da ist der Ausgang... Ah, die ist aber bildschon! Ganz allein? Wie sie mich anlacht. Das war' eine Idee, der geh' ich nach!... So, jetzt die Treppen hinunter: Oh, ein Major von Funfundneunzig... Sehr liebenswurdig hat er gedankt... Bin doch nicht der einzige Offizier herin gewesen... Wo ist denn das hubsche Madel? Ah, dort... am Gelander steht sie... So, jetzt hei?t's noch zur Garderobe.. Da? mir die Kleine nicht auskommt... Hat ihm schon! So ein elender Fratz! La?t sich da von einem Herrn abholen, und jetzt lacht sie noch auf mich heruber! – Es ist doch keine was wert... Herrgott, ist das ein Gedrange bei der Garderobe!... Warten wir lieber noch ein bisserl... So! Ob der Blodist meine Nummer nehmen mocht'?...

»Sie, zweihundertvierundzwanzig! Da hangt er! Na, hab'n Sie keine Augen? Da hangt er! Na, Gott sei Dank!... Also bitte!«...

Der Dicke da verstellt einem schier die ganze Garderobe... »Bitte sehr!«...

»Geduld, Geduld!«

Was sagt der Kerl?

»Nur ein bisserl Geduld!«

Dem mu? ich doch antworten... »Machen Sie doch Platz!«

»Na, Sie werden's auch nicht versaumen!«

Was sagt er da? Sagt er das zu mir? Das ist doch stark! Das kann ich mir nicht gefallen lassen! »Ruhig!«

»Was meinen Sie?«

Ah, so ein Ton! Da hort sich doch alles auf!

»Sto?en Sie nicht!«

»Sie, halten Sie das Maul!« Das hatt' ich nicht sagen sollen, ich war zu grob... Na, jetzt ist's schon g'scheh'n!

»Wie meinen?«

Jetzt dreht er sich um... Den kenn' ich ja! – Donnerwetter, das ist ja der Backermeister, der immer ins Kaffeehaus kommt... Was macht denn der da? Hat sicher auch eine Tochter oder so was bei der Singakademie... Ja, was ist denn das? Ja, was macht er denn? Mir scheint gar... Ja, meiner Seel', er hat den Griff von meinem Sabel in der Hand... Ja, ist der Kerl verruckt?... »Sie, Herr...«

»Sie, Herr Leutnant, sein S' jetzt ganz stad.«

Was sagt er da? Um Gottes willen, es hat's doch keiner gehort? Nein, er red't ganz leise... Ja, warum la?t er denn meinen Sabel net aus?... Herrgott noch einmal... Ah, da hei?t's rabiat sein... ich bring' seine Hand vom Griff nicht weg... nur keinen Skandal jetzt!... Ist nicht am End' der Major hinter mir?... Bemerkt's nur niemand, da? er den Griff von meinem Sabel halt? Er red't ja zu mir! Was red't er denn?

»Herr Leutnant, wenn Sie das geringste Aufsehen machen, so zieh' ich den Sabel aus der Scheide, zerbrech' ihn und schick' die Stuck' an Ihr Regimentskommando. Versteh'n Sie mich, Sie dummer Bub?«

Was hat er g'sagt? Mir scheint, ich traum'! Red't er wirklich zu mir? Ich sollt' was antworten... Aber der Kerl macht ja Ernst – der zieht wirklich den Sabel heraus. Herrgott – er tut's!... Ich spur's, er rei?t schon d'ran! Was red't er denn?... Um Gottes willen, nur kein' Skandal – – Was red't er denn noch immer?

»Aber ich will Ihnen die Karriere nicht verderben... Also, schon brav sein!... So, hab'n S' keine Angst, 's hat niemand was gehort... es ist schon alles gut... so! Und damit keiner glaubt, da? wir uns gestritten haben, werd' ich jetzt sehr freundlich mit Ihnen sein! – Habe die Ehre, Herr Leutnant, hat mich sehr gefreut – habe die Ehre!«

Um Gottes willen, hab' ich getraumt? Hat er das wirklich gesagt?... Wo ist er denn?... Da geht er... Ich mu?t' ja den Sabel ziehen und ihn zusammenhauen – – Um Gottes willen, es hat's doch niemand gehort?... Nein, er hat ja nur ganz leise geredet, mir ins Ohr... Warum geh' ich denn nicht hin und hau' ihm den Schadel auseinander?... Nein, es geht ja nicht, es geht ja nicht... gleich hatt' ich's tun mussen... Warum hab' ich's denn nicht gleich getan?... Ich hab's ja nicht konnen... er hat ja den Griff nicht auslassen, und er ist zehnmal starker als ich... Wenn ich noch ein Wort gesagt hatt', hatt' er mir wirklich den Sabel zerbrochen... Ich mu? ja noch froh sein, da? er nicht laut geredet hat! Wenn's ein Mensch gehort hatt', so mu?t' ich mich ja stante pede erschie?en... Vielleicht ist es doch ein Traum gewesen... Warum schaut mich denn der Herr dort an der Saule so an? – Hat der am End' was gehort?... Ich werd' ihn fragen... Fragen? – Ich bin ja verruckt! – Wie schau' ich denn aus? – Merkt man mir was an? – Ich mu? ganz bla? sein. – Wo ist der Hund?... Ich mu? ihn umbringen!... Fort ist er... Uberhaupt schon ganz leer... Wo ist denn mein Mantel?... Ich hab' ihn ja schon angezogen... Ich hab's gar nicht gemerkt... Wer hat mir denn geholfen? Ah, der da... dem mu? ich ein Sechserl geben... So!... Aber was ist denn das? Ist es denn wirklich gescheh'n? Hat wirklich einer so zu mir geredet? Hat mir wirklich einer »dummer Bub« gesagt? Und ich hab' ihn nicht auf der Stelle zusammengehauen?... Aber ich hab' ja nicht konnen... er hat ja eine Faust gehabt wie Eisen... ich bin ja dagestanden wie angenagelt... Nein, ich mu? den Verstand verloren gehabt haben, sonst hatt' ich mit der anderen Hand... Aber da hatt' er ja meinen Sabel herausgezogen und zerbrochen, und aus war's gewesen – Alles war' aus gewesen! Und nachher, wie er fortgegangen ist, war's zu spat... ich hab' ihm doch nicht den Sabel von hinten in den Leib rennen konnen...

Was, ich bin schon auf der Stra?e? Wie bin ich denn da herausgekommen? – So kuhl ist es... ah, der Wind, der ist gut... Wer ist denn das da druben? Warum schau'n denn die zu mir heruber? Am End' haben die was gehort... Nein, es kann niemand was gehort haben... ich wei? ja, ich hab' mich gleich nachher umgeschaut! Keiner hat sich um mich gekummert, niemand hat was gehort... Aber gesagt hat er's, wenn's auch niemand gehort hat; gesagt hat er's doch. Und ich bin dagestanden und hab' mir's gefallen lassen, wie wenn mich einer vor den Kopf

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