geschlagen hatt'!... Aber ich hab' ja nichts sagen konnen, nichts tun konnen; es war ja noch das einzige, was mir ubrig geblieben ist: stad sein, stad sein!... 's ist furchterlich, es ist nicht zum Aushalten; ich mu? ihn totschlagen, wo ich ihn treff!... Mir sagt das einer! Mir sagt das so ein Kerl, so ein Hund! Und er kennt mich Herrgott noch einmal, er kennt mich, er wei?, wer ich bin! Er kann jedem Menschen erzahlen, da? er mir das g'sagt hat!... Nein, nein, das wird er ja nicht tun, sonst hatt' er auch nicht so leise geredet... er hat auch nur wollen, da? ich es allein hor',.... Aber wer garantiert mir, da? er's nicht doch erzahlt, heut' oder morgen, seiner Frau, seiner Tochter, seinen Bekannten im Kaffeehaus. – – Um Gottes willen, morgen seh' ich ihn ja wieder! Wenn ich morgen ins Kaffeehaus komm', sitzt er wieder dort wie alle Tag' und spielt seinen Tapper mit dem Herrn Schlesinger und mit dem Kunstblumenhandler... Nein, nein, das geht ja nicht, das geht ja nicht... Wenn ich ihn seh', so hau' ich ihn zusammen... Nein, das darf ich ja nicht... gleich hatt' ich's tun mussen, gleich!... Wenn's nur gegangen war'! Ich werd' zum Obersten geh'n und ihm die Sache melden... ja, zum Obersten... Der Oberst ist immer sehr freundlich – und ich werd' ihm sagen: Herr Oberst, ich melde gehorsamst, er hat den Griff gehalten, er hat ihn nicht auslassen es war genau so, als wenn ich ohne Waffe gewesen ware... – Was wird der Oberst sagen? – Was er sagen wird? – Aber da gibt's ja nur eins: quittieren mit Schimpf und Schand' – quittieren!... Sind das Freiwillige da druben?... Ekelhaft, bei der Nacht schau'n sie aus, wie Offiziere... sie salutieren! – Wenn die wu?ten – wenn die wu?ten!... –  – Da ist das Cafe Hochleitner... Sind jetzt gewi? ein paar Kameraden drin... vielleicht auch einer oder der andere, den ich kenn'... Wenn ich's dem ersten Besten erzahlen mocht', aber so, als war's einem andern passiert?... – Ich bin ja schon ganz irrsinnig... Wo lauf' ich denn da herum? Was tu' ich denn auf der Stra?e? – Ja, aber wo soll ich denn hin? Hab' ich nicht zum Leidinger wollen? Haha, unter Menschen mich niedersetzen... ich glaub', ein jeder mu?t' mir's anseh'n... Ja, aber irgendwas mu? doch gescheh'n... Was soll denn gescheh'n?... Nichts, nichts – es hat ja niemand was gehort... es wei? ja niemand was... in dem Moment wei? niemand was... Wenn ich jetzt zu ihm in die Wohnung ginge und ihn beschworen mochte, da? er's niemandem erzahlt?... – Ah, lieber gleich eine Kugel vor den Kopf, als so was!... War' so das Gescheiteste!... Das Gescheiteste? Das Gescheiteste? – Gibt ja uberhaupt nichts anderes... gibt nichts anderes... Wenn ich den Oberst fragen mocht', oder den Kopetzky – oder den Blany – oder den Friedmaier: – jeder mocht' sagen: Es bleibt dir nichts anderes ubrig!... Wie war's, wenn ich mit dem Kopetzky sprach'? Ja, es war' doch das Vernunftigste... schon wegen morgen ja, naturlich – wegen morgen... um vier in der Reiterkasern'... ich soll mich ja morgen um vier Uhr schlagen... und ich darfs ja nimmer, ich bin satisfaktionsunfahig... Unsinn! Unsinn! Kein Mensch wei? was, kein Mensch wei? was! – Es laufen viele herum, denen argere Sachen passiert sind, als mir... Was hat man nicht alles von dem Deckener erzahlt, wie er sich mit dem Rederow geschossen hat und der Ehrenrat hat entschieden, das Duell darf stattfinden Aber wie mocht' der Ehrenrat bei mir entscheiden? – Dummer Bub – dummer Bub... und ich bin dagestanden –! Heiliger Himmel, es ist doch ganz egal, ob ein anderer was wei?!... ich wei? es doch, und das ist die Hauptsache! Ich spur', da? ich jetzt wer anderer bin, als vor einer Stunde – Ich wei?, da? ich satisfaktionsunfahig hin, und darum mu? ich mich totschie?en... Keine ruhige Minute hatt' ich mehr im Leben... immer hatt' ich die Angst, da? es doch einer erfahren konnt', so oder so... und da? mir's einer einmal ins Gesicht sagt, was heut' abend gescheh'n ist! – Was fur ein glucklicher Mensch bin ich vor einer Stund' gewesen... Mu? mir der Kopetzky die Karte schenken – und die Steffi mu? mir absagen, das Mensch! – Von so was hangt man ab... Nachmittag war noch alles gut und schon, und jetzt bin ich ein verlorener Mensch und mu? mich totschie?en... Warum renn' ich denn so? Es lauft mir ja nichts davon... Wieviel schlagt's denn?... 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11... elf, elf... ich sollt' doch nachtmahlen geh'n! Irgendwo mu? ich doch schlie?lich hingeh'n... ich konnt' mich ja in irgendein Beisl setzen, wo mich kein Mensch kennt – schlie?lich, essen mu? der Mensch, auch wenn er sich nachher gleich totschie?t... Haha, der Tod ist ja kein Kinderspiel... wer hat das nur neulich gesagt?... Aber das ist ja ganz egal

Ich mocht' wissen, wer sich am meisten kranken mocht'?... Die Mama, oder die Steffi?... Die Steffi... Gott, die Steffi... die durft' sich ja nicht einmal was anmerken lassen, sonst gibt »er« ihr den Abschied... Arme Person! – Beim Regiment – kein Mensch hatt' eine Ahnung, warum ich's getan hab'... sie taten sich alle den Kopf zerbrechen... warum hat sich denn der Gustl umgebracht? – Darauf mocht' keiner kommen, da? ich mich hab' totschie?en mussen, weil ein elender Backermeister, so ein niedertrachtiger, der zufallig starkere Faust' hat... es ist ja zu dumm, zu dumm! – Deswegen soll ein Kerl wie ich, so ein junger, fescher Mensch... Ja, nachher mochten's gewi? alle sagen: das hatt' er doch nicht tun mussen, wegen so einer Dummheit; ist doch schad'!... Aber wenn ich jetzt wen immer fragen tat', jeder mocht' mir die gleiche Antwort geben... und ich selber, wenn ich mich frag'... das ist doch zum Teufelholen... ganz wehrlos sind wir gegen die Zivilisten... Da meinen die Leut', wir sind besser dran, weil wir einen Sabel haben... und wenn schon einmal einer von der Waffe Gebrauch macht, geht's uber uns her, als wenn wir alle die geborenen Morder waren... In der Zeitung mocht's auch steh'n... »Selbstmord eines jungen Offiziers«... Wie schreiben sie nur immer?... »Die Motive sind in Dunkel gehullt«... Haha!... »An seinem Sarge trauern...« – Aber es ist ja wahr... mir ist immer, als wenn ich mir eine Geschichte erzahlen mocht'... aber es ist wahr... ich mu? mich umbringen, es bleibt mir ja nichts anderes ubrig – ich kann's ja nicht d'rauf ankommen lassen, da? morgen fruh der Kopetzky und der Blany mir ihr Mandat zuruckgeben und mir sagen: wir konnen dir nicht sekundieren!... Ich war' ja ein Schuft, wenn ich's ihnen zumuten mocht'... So ein Kerl wie ich, der dasteht und sich einen dummen Buben hei?en la?t... morgen wissen's ja alle Leut'... das ist zu dumm, da? ich mir einen Moment einbilde, so ein Mensch erzahlt's nicht weiter... uberall wird er's erzahlen... seine Frau wei?'s jetzt schon... morgen wei? es das ganze Kaffeehaus... die Kellner werd'n's wissen... der Herr Schlesinger – die Kassierin – – Und selbst, wenn er sich vorgenommen hat, er red't nicht davon, so sagt er's ubermorgen... und wenn er's ubermorgen nicht sagt, in einer Woche... Und wenn ihn heut' nacht der Schlag trifft, so wei? ich's... ich wei? es... und ich bin nicht der Mensch, der weiter den Rock tragt und den Sabel, wenn ein solcher Schimpf auf ihm sitzt!... So, ich mu? es tun, und Schlu?! – Was ist weiter dabei? – Morgen nachmittag konnt' mich der Doktor mit 'm Sabel erschlagen... so was ist schon einmal dagewesen... und der Bauer, der arme Kerl, der hat eine Gehirnentzundung 'kriegt und war in drei Tagen hin... und der Brenitsch ist vom Pferd gesturzt und hat sich 's Genick gebrochen... und schlie?lich und endlich: es gibt nichts anderes – fur mich nicht, fur mich nicht! – Es gibt ja Leut', die's leichter nahmen... Gott, was gibt's fur Menschen!... Dem Ringeimer hat ein Fleischselcher, wie er ihn mit seiner Frau erwischt hat, eine Ohrfeige gegeben, und er hat quittiert und sitzt irgendwo auf'm Land und hat geheiratet... Da? es Weiber gibt, die so einen Menschen heiraten!... – Meiner Seel', ich gab' ihm nicht die Hand, wenn er wieder nach Wien kam'... Also, hast's gehort, Gustl: – aus, aus, abgeschlossen mit dem Leben! Punktum und Streusand d'rauf!... So, jetzt wei? ich's, die Geschichte ist ganz einfach... So! Ich bin eigentlich ganz ruhig... Das hab' ich ubrigens immer gewu?t: wenn's einmal dazu kommt, werd' ich ruhig sein, ganz ruhig... aber da? es so dazu kommt, das hab' ich doch nicht gedacht... da? ich mich umbringen mu?, weil so ein... Vielleicht hab' ich ihn doch nicht recht verstanden... am End' hat er ganz was anderes gesagt... Ich war ja ganz blod von der Singerei und der Hitz'... vielleicht bin ich verruckt gewesen, und es ist alles gar nicht wahr?... Nicht wahr, haha, nicht wahr! – Ich hor's ja noch... es klingt mir noch immer im Ohr... und ich spur's in den Fingern, wie ich seine Hand vom Sabelgriff hab' wegbringen wollen... Ein Kraftmensch ist er, ein Jagendorfer... Ich bin doch auch kein Schwachling... der Franziski ist der einzige im Regiment, der starker ist als ich...

Die Aspernbrucke... Wie weit renn' ich denn noch? – Wenn ich so weiterrenn', bin ich um Mitternacht in Kagran... Haha! – Herrgott, froh sind wir gewesen, wie wir im vorigen September dort eingeruckt sind. Noch zwei Stunden, und Wien... todmud' war ich, wie wir angekommen sind... den ganzen Nachmittag hab' ich geschlafen wie ein Stock, und am Abend waren wir schon beim Ronacher... der Kopetzky, der Ladinser und... wer war denn nur noch mit uns? – Ja, richtig, der Freiwillige, der uns auf dem Marsch die judischen Anekdoten erzahlt hat... Manchmal sind's ganz nette Burschen, die Einjahrigen... aber sie sollten alle nur Stellvertreter werden – denn was hat das fur einen Sinn? Wir mussen uns jahrelang plagen, und so ein Kerl dient ein Jahr und hat genau dieselbe Distinktion wie wir... es ist eine Ungerechtigkeit! – Aber was geht mich denn das alles an? – Was scher' ich mich denn um solche Sachen? – Ein Gemeiner von der Verpflegsbranche ist ja jetzt mehr als ich: ich bin ja uberhaupt nicht mehr auf der Welt... es ist ja aus mit mir... Ehre verloren, alles verloren!... Ich hab' ja nichts anderes zu tun, als meinen Revolver zu laden und... Gustl, Gustl, mir scheint, du glaubst noch immer nicht recht d'ran? Komm' nur zur Besinnung... es gibt nichts anderes... wenn du auch dein Gehirn zermarterst, es gibt nichts anderes! – Jetzt hei?t's nur mehr, im letzten Moment sich anstandig benehmen, ein Mann sein, ein Offizier sein, so da? der Oberst sagt: Er ist ein braver Kerl gewesen, wir werden ihm ein treues Angedenken bewahren!... Wieviel Kompagnien rucken denn aus beim Leichenbegangnis von einem Leutnant?... Das mu?t' ich eigentlich wissen... Haha! Wenn das ganze Bataillon ausruckt, oder die ganze Garnison, und sie feuern zwanzig Salven ab, davon wach' ich doch nimmer auf! – Vor dem Kaffeehaus, da bin ich im vorigen Sommer einmal mit dem Herrn von Engel gesessen, nach der Armee-Steeple-Chase... Komisch, den Menschen hab' ich seitdem nie wieder geseh'n... Warum hat er denn das linke Aug' verbunden gehabt? Ich hab' ihn immer d'rum fragen wollen, aber es hatt' sich nicht gehort...

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