– Ja, man wei? doch nicht, was noch geschehen kann…

– Gewi? nicht, Herr Hoggarth!« antwortete Harris T. Kymbale.

Damit verabschiedete er sich von dem Zeugen und gleichzeitigen Zutreiber fur die Rechtsanwalte Dakotas.

Jetzt verlangte es ihn nur noch zu erfahren, ob das von dem »hochachtbaren« Herrn Heldreth geleitete Meeting sich fur die unschatzbaren Erleichterungen, deren sich Oklohama erfreute, entscheiden und damit auch Erfolg haben werde.

Am nachsten Tage, am 24., um sechs Uhr des Morgens bestieg der Hauptberichterstatter der »Tribune« den Zug, der nach Suddakota abging.

Zwischen den beiden Staaten spannt sich ein sehr verwickeltes Netz von Schienenstra?en aus. Da es von Fargo bis Yankton aber nur zweihundertfunfzig Meilen weit ist, durfte Harris T. Kymbale jedenfalls darauf rechnen, vor der fur das Meeting angesetzten Stunde in letzterer Stadt einzutreffen.

Zum Gluck war die letzte Theilstrecke der Bahn zwischen der Station Medary und Sioux Falls eben fertig geworden und wurde heute dem Verkehr ubergeben. Harris T. Kymbale sah sich infolgedessen nicht genothigt, einen Theil des Weges zu Wagen oder zu Pferde zuruckzulegen, wie bei seiner Reise nach Neumexiko und in Californien.

Er uberschritt also die nur gedachte Grenze zwischen beiden Staaten, und es war elf Uhr, als er, nachdem der Zug nahe dem kleinen Flecken Medary am Ufer des Big Sioux River zum Stehen gekommen war, alle Passagiere aussteigen sah.

Da wendete er sich an einen auf dem Bahnsteige dienstthuenden Beamten.

»Bleibt der Zug hier stehen? fragte er.

– Ja, er geht nicht weiter, belehrte ihn der Beamte.

– Wird denn die Strecke zwischen Medary und Sioux Falls City nicht heute eroffnet?

– Nein, mein Herr

– Wann denn?

– Morgen.«

Das pa?te Harris T. Kymbale freilich gar nicht, denn jene beiden Stationen liegen gegen sechzig Meilen von einander, und wenn er einen Wagen miethete, kam er doch zu spat, um das Meeting unter dem Vorsitze des Herrn Heldreth zu besuchen.

Da bemerkte er auf dem Bahnhofe von Medary einen Zug, der zum Ablaufen in der Richtung nach Yankton bereit zu stehen schien.

»Nun… und der Zug dort? fragte er.

– O, dieser Zug… antwortete der Beamte in ganz eigenthumlichem Tone.

– Wird der nicht abgehen?

– Ja wohl… zwolf Uhr dreizehn.

– Nach Yankton?

– O… Yankton!« erwiderte der Beamte achselzuckend.

In demselben Augenblicke wurde der Mann aber vom Bahnhofsvorsteher abgerufen und konnte Harris T. Kymbale also keine weitere Aufklarung geben.

Uebrigens war das gar kein Personenzug, sondern er bestand nur aus zwei Gepackwagen hinter einer Locomotive, die schon volle Dampfspannung zu haben schien.

»Meiner Treu, sagte Harris T. Kymbale fur sich, das kommt mir gelegen, da die Strecke erst morgen eroffnet werden soll. Ein Guterzug… meinetwegen, wenn ich damit nur von Medary bis nach Sioux Falls komme. Kann ich mich in einen der Guterwagen unbemerkt einschleichen, so werde ich mich bei der Ankunft schon uber die Sache erklaren…«

Der vertrauensselige Reporter bezweifelte gar nicht, da? man seine Erklarungen mit gro?er Zuvorkommenheit aufnehmen werde, wenn er sich unter Angabe seines Namens und Standes als einer der beruhmten Partner des Matches Hypperbone entpuppte und sich erbot, den Fahrpreis fur die reglementswidrige Beforderung zu erlegen.

Harris T. Kymbale’s Absicht wurde nicht wenig dadurch begunstigt, da? der Bahnhof von Medary jetzt fast menschenleer war. Alle Reisenden schienen es eilig gehabt zu haben, ihn zu verlassen. Auf dem Perron befand sich nur ein einziger Beamter, und blos der Maschinenfuhrer und Heizer schaufelten ruhig gro?e Mengen von Steinkohle in die Feuerbuchse der Locomotive.

Ohne bemerkt zu werden, konnte Harris T. Kymbale in den zweiten Guterwagen schlupfen und sich in Erwartung der Abfahrt in einer Ecke verbergen.

Um zwolf Uhr dreizehn setzte sich der Zug mit einem sehr starken Ruck in Bewegung.

Zehn Minuten lang rollte der Zug, immer an Geschwindigkeit zunehmend, dahin und erlangte schlie?lich eine wahrhaft unheimliche Schnelligkeit.

Merkwurdigerweise gab der Locomotivfuhrer beim Passieren von Stationen nicht einmal ein Signal mit der Dampfpfeife.

Harris T. Kymbale erhob sich und guckte vorsichtig durch ein kleines Fenster hinaus.

Auf der Locomotive, die machtige Rauch-und Dampfwolken ausstie?, sah er weder Fuhrer noch Heizer.

»Was hat denn das zu bedeuten? fragte er sich. Sollten beide gar heruntergesturzt sein… oder ware die verwunschte Locomotive wie ein Pferd aus dem Stalle allein davongelaufen?«

Plotzlich stie? der Reporter einen Schreckensruf aus.

Auf dem namlichen Geleise brauste, jetzt kaum noch eine Viertelmeile entfernt, ein anderer Zug mit gleicher entsetzlicher Schnelligkeit heran…

Wenige Secunden spater erfolgte ein furchterlicher Zusammensto?. Die beiden Locomotiven hatten sich mit unbeschreiblicher Gewalt ineinander eingekeilt, die Guterwagen waren zertrummert, und sofort trat auch noch eine grauenerregende Explosion ein, die die Reste der beiden Dampfkessel in alle Winde verstreute.

Das Krachen dieser Explosion begleiteten aber tausendstimmige Hipps und Hurrahs einer Menge von Personen, die zu beiden Seiten der Bahnlinie, doch in genugender Entfernung standen, um durch den furchtbaren Zusammensto? nicht gefahrdet zu werden.

Es waren Neugierige, die sich das auf ihre Kosten veranstaltete Schauspiel des Zusammenprallens zweier in vollster Schnelligkeit dahinsausender Bahnzuge geleistet hatten… gewi? eine echt amerikanische Unterhaltung!

Auf diese Weise also wurde die Theilstrecke der Bahnlinie zwischen Medary und Sioux Falls City, dem amerikanischen Ehescheidungsparadiese, mit einem Knalleffect ohnegleichen eingeweiht.

Fu?noten

1 Dieser Flu? tragt denselben Namen wie der Nebenflu? des Unteren Mississippi, der schon fruher erwahnt wurde.

Dreizehntes Capitel.

Die letzten Wechselfalle im Match Hypperbone.

Wir brauchen wohl kaum die Gemuthsverfassung Lissy Wag’s zu schildern, als das junge Madchen sich von Max Real verabschiedet hatte, um dessen Platz in Richmond einzunehmen. Als sie am Abend des 13. abgereist war, konnte sie ja nicht ahnen, da? schon am nachsten Tage das Schicksal fur Max Real dasselbe wie fur sie thun, das hei?t, ihn schon befreien und ihm Gelegenheit geben sollte, auf dem weiten Rennfelde der Vereinigten Staaten »wieder in die Linie einzurucken«.

Eine Beute ihrer qualenden Gefuhle und in ihre Gedanken vertieft, sa? Lissy Wag in einer Ecke des Coupes, und Jovita Foley, die dicht neben ihr Platz genommen hatte, unterlie? es, ihre Gefahrtin durch hier unangebrachtes Geplauder zu storen.

Von Saint-Louis nach Richmond rechnet man nur siebenhundert Meilen (1120 Kilometer) durch Missouri, Kentucky und West-und Ostvirginien. Am Morgen des 14. erreichten die beiden jungen Madchen also Richmond,

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