Indianapolis. – Court-House (Handelsborse).

Das junge Madchen ahnte aber wohl kaum, wie bald sich das erfullen sollte.

Als die beiden Freundinnen namlich an diesem Morgen von einem Spaziergange nach dem Sherman Hotel zuruckkamen, konnte Lissy Wag einen Ausruf der Ueberraschung nicht unterdrucken.

»O, was ist Dir denn?« fragte Jovita Foley.

Dann aber rief sie selbst plotzlich:

Sie lie?en sich auf einem Prahm nach dem anderen Ufer des White River ubersetzen. (S. 453.)

»Ah… Sie hier… Herr Real!«

Wirklich stand der junge Maler vor der Thur des Hauses, an der auch Tommy wartete.

»Meine Damen, sagte er, ich begab mich nach meinem Posten in Philadelphia, und da Indiana zufallig auf meinem Wege lag…

– Ein rein geographischer Zufall, fiel Jovita Foley lachend ein, na, wenigstens ein glucklicher Zufall!

– Und da sich meine Reise dadurch nicht verlangerte…

– Denn, wenn das der Fall gewesen ware, wurden Sie sich doch nicht der Gefahr ausgesetzt haben, den bestimmten Termin zu verpassen…

– O, ich habe Zeit bis zum 28., Mi? Wag… noch sechs volle Tage… und…

– Und wenn man sechs Tage ubrig hat und nicht wei?, was man beginnen soll, ist es am besten, man verbringt sie mit den Personen, fur die man Interesse… ein lebhaftes Interesse hat…

– Jovita! sagte Lissy Wag halblaut.

– Und der Zufall. immer der gluckliche Zufall, hat es gefugt, da? Sie hier gerade das Sherman Hotel aufsuchten?…

– Nein, weil die Zeitungen meldeten, da? die funfte Partnerin hier mit ihrer allezeit getreuen Begleiterin abgestiegen sei.

– Ja freilich, fuhr die getreue Begleiterin fort, denn wenn die funfte Partnerin im Sherman Hotel abgestiegen war, ist es ja ganz naturlich, da? der erste Partner da ebenfalls Quartier nimmt… Freilich, wenn’s der zweite, der dritte Partner gewesen ware… doch nein!… es war eben die funfte Partnerin… in dem allen spielte der Zufall…

– Gar keine Rolle, das wissen Sie wohl auch, Mi? Wag, gestand Max Real, der die ihm dargebotene Hand des jungen Madchens druckte.

– Sapperment, das ist offenherzig! rief Jovita Foley, darum Offenheit fur Offenheit… wir fuhlen uns sehr begluckt durch Ihren Besuch, Herr Real… ich sage Ihnen aber im voraus, da? Sie keine Stunde langer als nothig hier bleiben und wir es nicht zugeben werden, da? Sie den Zug nach Philadelphia verfehlen!«

Es bedarf wohl kaum des Hinweises, da? Max Real in Saint-Louis gewartet hatte, bis die Zeitungen die Ankunft Lissy Wag’s und Jovita Foley’s in der Hauptstadt von Indiana meldeten, sowie, da? er von Anfang herein ihnen seine verfugbare Zeit widmen wollte.

So plauderten die Drei denn »wie langjahrige Freunde«, wenn man Jovita Foley glauben darf. Man verabredete Spaziergange durch die Stadt, die sich dank der Anwesenheit Real’s weit interessanter gestalten mu?ten, als ohne ihn. Dabei konnte aber auch, die getreue Begleiterin bestand darauf. die Partie nicht unerwahnt bleiben. Lissy Wag befand sich jetzt an der Spitze und auch X. K. Z. drangte Sie jedenfalls nicht, wieder auf die zweite Stelle herunter. Um mit dem nachsten Wurfe als Erster anzukommen, mu?ten fur den bisher allerdings begunstigten Mann zwolf Augen fallen, was doch nur in einer Weise – durch sechs und sechs – moglich ist, wahrend man sieben Augen, die es ermoglichen wurden, die gelbe Flagge Lissy Wag’s im dreiundsechzigsten Felde aufzupflanzen, auf dreierlei Weise – durch drei und vier, funf und zwei sowie durch sechs und eins – erhalten kann. Das ergab ein Verhaltni? von drei zu eins zu Gunsten Lissy Wag’s, wie Jovita Foley behauptete.

Ob ihre Beweisfuhrung richtig sei oder nicht, darum kummerte sich Max Real nicht. Zwischen Lissy Wag und ihm war von dem Match kaum die Rede. Diese beiden sprachen von Chicago, von der hoffentlich baldigen Heimkehr, von der Freude, die es Frau Real gewahren werde, die beiden Freundinnen zu empfangen, was ein Brief der vortrefflichen Dame – zweifelsohne nach eingezogener Erkundigung – schon im voraus in warmen Ausdrucken bestatigte.

»O, Sie haben eine gute Mutter, Herr Real, sagte Lissy Wag, deren Augen nach Einsichtnahme dieses Briefes etwas feucht wurden.

– Die beste aller Mutter, Mi? Wag, deren Zuneigung auch allen sicher ist, die ich liebe…

– Und die eine ebensogute Schwiegermutter sein wird!« rief Jovita Foley laut auflachend.

Der zweite Theil des Tages verlief unter Spaziergangen durch die schonsten Viertel der Stadt, vorzuglich langs der Ufer des White River. Es war zur unumganglichen Nothwendigkeit geworden, den das Sherman Hotel belagernden Zudringlichen zu entfliehen, die alle – Jovita Foley glaubte steif und fest daran – die zukunftige Erbin William I. Hypperbone’s heiraten wollten. Die Stra?e wurde gar nicht mehr leer. Vorsichtigerweise hatte der schon gewitzigte Max Real gar nicht verlauten lassen, wer er war, sonst ware der Zulauf noch gro?er geworden.

Max Real wartete auch die Dunkelheit ab, ehe sie ins Hotel zuruckkehrten, und nach Einnahme einer letzten Mahlzeit – mehr eines Abend-als eines regelrechten Mittagessens – trennten sich die Drei, um von der Anstrengung eines so angenehm verlebten Tages auszuruhen.

Um zehn Uhr betraten Lissy Wag und Jovita Foley ihr Zimmer, und Max Real zog sich in das seinige zuruck. Tommy schlief in einer Kammer daneben. Und wahrend die eine sich »von Silber und Gold glei?enden« Traumen uberlie?, begegneten sich die beiden anderen vielleicht in ganz gleichen Gedanken, ohne den Schlummer zu finden. Ja, beide dachten nur an die Heimkehr nach Chicago, an die Verwirklichung ihrer innigsten Wunsche. Sie sagten sich, da? diese Partie hiermit noch nicht endigen werde… da? sie schon sieben Wochen dauere… da? vielleicht in wenigen Tagen die Koffer wieder gepackt werden mu?ten… da? noch Hunderte von Meilen sie trennten… da? es wohl am besten sei, zu verzichten u. dgl. m. Zum Gluck konnte weder Jovita Foley noch Frau Real diese ketzerischen Gedanken horen.

Max Real hatte obendrein beim Studium der Karte des Matches noch recht unangenehme Ergebnisse erhalten. Von den sieben Staaten, die nach der Karte Hypperbone’s zwischen Indiana und dem Endpunkte Illinois lagen, gehorten funf, alle weit von einander entfernt, dem westlichen Theile der Union an und waren nur mangelhaft mit Eisenbahnen versehen, wie Oregon, Arizona, das Indianer-Territorium, ohne von dem achtundfunfzigsten Felde, dem Death Valley, dem Thale des Todes, zu reden, das durch die Erlebnisse des Commandore Urrican zu trauriger Beruhmtheit gelangt war. Lissy Wag brauchte beim nachsten Wurfeln nur zwei Augen zu bekommen, so mu?te sie, nach langer, muhseliger Reise nach Californien, die Partie von vorne anfangen. Fielen ihr beim nachsten Wurfe also nicht gerade sieben Augen zu, so lief sie Gefahr von Indiana sehr weit weg verwiesen zu werden und sicherlich vielerlei Fahrlichkeiten ausgesetzt zu sein.

Lissy Wag selbst dachte gar nicht an derlei drohende Moglichkeiten. Sie beschaftigte sich nur mit der Gegenwart, nicht mit der Zukunft. Sie ging ganz in dem einzigen Gedanken auf, da? Max Real in ihrer Nahe sei… Freilich, nur noch wenige Tage, und beide sollten wieder von einander scheiden.

Endlich verstrichen auch die letzten Nachtstunden, und mit dem Erwachen am nachsten Morgen waren alle truben Bilder verbla?t.

»Was beginnen wir nun heute? fragte Jovita Foley, als Lissy Wag und sie mit Max Real am Fruhstucktische sa?en. Wir haben, wie es scheint, einen herrlichen Tag zu erwarten. Etwas Wind und Sonnenglanz, das ladet zu einem Spaziergange ja geradezu ein. Sollten wir uns nicht ein wenig au?erhalb der Stadt ergehen?… Indianopolis ist ja sehr regelma?ig angelegt, sehr schon und sehr sauber, man sagt aber, seine Umgebungen sollen ganz prachtig sein. Konnten wir nicht auf einer Bahnlinie ein Stuck hinausfahren und auf einer anderen zuruckkehren?«

Dieser Vorschlag verdiente wohl einige Beachtung. Max Real sah in einem Fahrplane nach, und die Sache ordnete sich zur allgemeinen Befriedigung.

Man einigte sich dahin, die Linie zu benutzen, die am White River nach der Station Spring Valley, eine Strecke von etwa zwanzig Meilen, hinfuhrt, und beschlo?, auf einer beliebigen anderen Linie zuruckzufahren. Das heitere Klee-blatt brach also auf, lie? diesmal aber Tommy im Hotel zuruck.

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