Waren nun auch Max Real und Lissy Wag zu sehr mit sich selbst beschaftigt, um auf irgend etwas anderes zu achten, so hatte doch Jovita Foley funf Individuen bemerken mussen, die ihnen seit ihrem Weggange gefolgt waren. Diese Gestalten folgten den Dreien nicht nur bis zum Bahnhofe, sondern bestiegen auch mit ihnen denselben Zug, wenn nicht gar denselben Waggon, und als Max Real und die beiden Freundinnen diesen in Spring Valley verlie?en, stiegen jene ebenfalls aus.

Das alles erregte keine Aufmerksamkeit bei Jovita Foley, die durch die Waggonfenster hinaussah, wenn sie nicht gerade Max Real und Lissy Wag im Auge hatte. In der Besorgni?, beobachtet zu werden, hielten sich die Manner auch vorsichtig zuruck und trennten sich beim Verlassen des Bahnhofes.

Max Real, Lissy Wag und Jovita Foley schlugen nun einen Weg ein, der sie nach dem Ufer des White River fuhren sollte und so leicht zu verfolgen schien, da? sie nicht zu befurchten brauchten, sich vielleicht zu verirren.

Eine Stunde lang wanderten sie durch das fruchtbare, von dem Creek bewasserte Land, das hier wohlgepflegte Felder, dort dichte Geholze aufwies – diese die Reste der einstigen Urwalder, die von der Axt des Holzfallers noch verschont geblieben waren.

Bei der angenehmen Luftwarme war dieser Spaziergang ganz wunderschon. Freudig erregt lief Jovita Foley hin und her, war bald voraus, bald zuruck und schalt auf das junge Paar, das sich gar nicht um sie kummerte. Beanspruchte sie denn nicht mit Recht die einer Mutter, »ja sogar einer Gro?mutter«, gebuhrende Rucksicht, da sie gleichsam die Pflichten einer solchen auf sich genommen hatte?

Gegen drei Uhr lie?en sie sich auf einem Prahm nach dem anderen Ufer des White River ubersetzen. Hier schlangelte sich unter hohen Baumen eine Stra?e nach der Station einer der zahlreichen, in Indianopolis zusammenlaufenden Bahnlinien hin. Max Real und seine Begleiterinnen nahmen sich vor, bis zum Vorabend des 28. noch mehrere ahnliche Ausfluge in die weitere Nachbarschaft der Stadt zu unternehmen. Am Abend des 27. wurde dann Max Real, zum eigenen Leidwesen ebenso wie zu dem der beiden Freundinnen, den Zug besteigen, der ihn nach Philadelphia bringen sollte. Nachher… nein, daran dachte man am besten gar nicht.

Nach kurzer Wanderung auf der mit Baumen eingefa?ten und jetzt, zur Zeit, wo die Feldarbeiten drangten, sehr verodeten Stra?e, schlug die von ihren Kreuz-und Querwegen etwas ermudete Jovita Foley eine Rast von wenigen Minuten vor. Zeit hatten sie ja genug, wenn sie nur zur Stunde der Hauptmahlzeit nach dem Sherman Hotel zuruckgekehrt waren. Ein tiefer Schatten und eine angenehme Kuhle lud zum Ausruhen an dieser Stelle, wo der Weg eine Biegung machte, ganz besonders ein.

Da sprangen funf Manner aus dem Geholz hervor, dieselben, die an der Station Spring Valley mit den Dreien ausgestiegen waren.

Was wollten diese Individuen?… Sehr einfach – Rauber und Morder von Beruf waren sie ja nicht – sie wollten sich nur Lissy Wag’s bemachtigen, diese nach einem geheim gehaltenen Orte fuhren und sie so lange gefangen halten, da? sie sich am 4. Juli beim Eintreffen der Depesche auf dem Postamte von Indianopolis nicht einstellen konnte. Infolgedessen ware sie, die jetzt den sechs anderen Partnern voraus und so nahe daran war, das Ziel zu erreichen, dann von der Partie ausgeschlossen.

So weit verblendete die Leidenschaft diese Spieler, die Leute, die am Match Hypperbone mit Wetten uber sehr gro?e Summen, uber Hunderttausende von Dollars, interessiert waren!… Die Verbrecher – anders konnte man sie doch kaum nennen – schreckten selbst vor roher Gewaltthat nicht mehr zuruck!

Drei von den funf Mannern sturzten sich auf Max Real, um diesen an der Vertheidigung seiner Begleiterinnen zu hindern. Der vierte packte Jovita Foley, wahrend der funfte sich bemuhte, Lissy Wag ins Geholz zu schleppen, wo die Auffindung ihrer Spuren so gut wie unmoglich sein mu?te.

Max Real wehrte sich tuchtig, ergriff den Revolver, den ein Amerikaner ja stets bei sich fuhrt, und gab Feuer.

Nur verwundet, taumelte der eine der Angreifer zuruck.

Jovita Foley und Lissy Wag riefen um Hilfe, freilich ohne viele Hoffnung, da? sie jemand horen konnte. Das war aber doch der Fall; schon erhoben sich hinter einem Dickicht zur Linken verschiedene Stimmen.

Etwa ein Dutzend Farmer aus der Umgebung befanden sich auf der Jagd im Walde, und ein glucklicher Zufall fuhrte sie gerade nach dem Schauplatze der Frevelthat.

Da versuchten die funf Manner noch eine letzte Anstrengung. Ein zweitesmal feuerte jetzt Max Real auf den, der Lissy Wag nach der rechten Seite der Stra?e hin zu entfuhren sich bemuhte und der das junge Madchen jetzt loslassen mu?te. Gleichzeitig erhielt der Maler aber einen Messerstich in die Brust – er stie? noch einen Schrei aus und sank wie leblos zu Boden.

Jetzt tauchten die Jager ganz in der Nahe auf, und die Angreifer, von denen zwei verwundet waren, begriffen, da? ihr Anschlag mi?lungen war und entflohen eiligst in den Wald.

Jetzt hatte man Besseres zu thun, als sie zu verfolgen, galt es doch, Max Real nach der nachsten Station zu schaffen, einen Arzt zu rufen und den Verwundeten, wenn es sein Zustand erlaubte, nach Indianopolis zuruckzubefordern.

Ganz au?er sich und in Thranen zerflie?end, lag Lissy Wag neben dem jungen Manne auf den Knien.

Max Real athmete noch, seine Lider offneten sich wieder.

»Lissy… liebste Lissy… stammelte er schwach, es wird nichts zu bedeuten haben… gewi? nichts. Doch Sie… Sie?…«

Aufs neue fielen ihm die Augen zu; doch er lebte wenigstens… hatte das junge Madchen erkannt… auf sie gesprochen…

Eine halbe Stunde spater hatten die Jager ihn an der Station bequem gelagert, und hier war zum Gluck auch ein Arzt gleich bei der Hand. Nach Untersuchung der Wunde erklarte dieser, da? sie keine todtliche sei; er legte dem Verletzten den ersten Verband an und versicherte, da? dieser ohne Besorgni? nach Indianopolis zuruckbefordert werden konne.

Max Real wurde darauf in einem Waggon des Zuges niedergelegt, der die Station halb sechs Uhr passirte. Lissy Wag und Jovita Foley nahmen an seiner Seite Platz. Er hatte weder das Bewu?tsein verloren, noch fuhlte er sich ernstlich angegriffen, und um sechs Uhr ruhte er schon in seinem Zimmer im Sherman Hotel.

Ach, wie lange wurde es ihm nun unmoglich sein, dieses zu verlassen, und war es nicht zu gewi?, da? er am 28. nicht werde im Postamte von Philadelphia sein konnen?

Nun, Lissy Wag wollte jedenfalls den nicht verlassen, der bei ihrer Vertheidigung eine immerhin schwere Verwundung davongetragen hatte. Nein, sie wollte bei ihm ausharren… seine Pflege ubernehmen…

Zu ihrer Ehre, und obwohl es die Vernichtung aller ihrer Hoffnungen bedeutete, mu? man gestehen, da? Jovita Foley den Entschlu? ihrer armen Freundin billigte.

Uebrigens konnte ein herbeigezogener zweiter Arzt die Aussagen seines Collegen zum Gluck vollig bestatigen. Die Lunge war von der Spitze des Messers nur gestreift worden, doch hatte sehr wenig gefehlt, den Stich zu einem todlichen zu machen.

Die Prognose dieses Sachverstandigen lautete freilich dahin, da? Max Real vor dem Ablauf von vierzehn Tagen nicht wieder auf den Fu?en sein werde.

Immerhin!… Dachte der Verwundete jetzt wohl noch an die Schatze William I. Hypperbone’s, und bedauerte Lissy Wag wohl, die Aussichten aufzugeben, die ihr winkten, die Erbin des originellen Verstorbenen zu werden?… Keineswegs… jetzt traumten beide von einer ganz andern Zukunft, von einem Glucke, das die Millionen des Matches leicht entbehrlich machen mu?te.

»Alles in allem, sagte sich Jovita Foley nach langer und reiflicher Ueberlegung, da der arme Herr Real vierzehn Tage in Indianopolis aushalten mu?, wird Lissy am 4. auch noch hier sein, und wenn dann bei dem nachsten, ihr geltenden Auswurfeln sieben Augen fielen – Gott gebe, da? das eintrifft – so gewonne sie noch immer die Partie!«

Das war ja ein ganz richtiger Gedankengang, und nach der letzten, ihr auferlegten Prufung war der Himmel diesen Ausfall der funften Partnerin eigentlich schuldig.

Hier sei auch bemerkt, da? man dem Ersuchen Max Real’s, seiner Mutter von dem Vorgefallenen nichts mitzutheilen, gern Rechnung trug. Er hatte, wie wir wissen, im Hotel seinen Namen nicht angegeben, und als die Tagesblatter von dem Ueberfalle berichteten und auf den Beweggrund dazu hinwiesen, war immer nur von Lissy Wag die Rede.

Doch welche Wirkung au?erte das Bekanntwerden dieser Neuigkeit auf die Speculantenwelt! Wen konnte es wundern, da? der gelben Flagge in ganz Amerika uberschwanglich zugejubelt wurde!

Wie wir gleich sehen werden, entwickelten sich die Dinge aber weit schneller und ganz anders, als es der

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