Wirklich wurden sie auch bald zuruckgedrangt, und obwohl sie sich mit Fu?en und Hornern verzweifelt wehrten, unterlagen sie doch sehr bald den grimmigen Feinden. Von dem ganzen Gespann blieb vorderhand nur ein Ochse ubrig, der sich unglucklicherweise unter die Kronen der Tamarinden fluchtete.

Ja, zum Ungluck, denn die Elefanten verfolgten und umringten ihn, als hatten sie das verabredet. Nach wenigen Sekunden war der Wiederkauer weiter nichts mehr, als ein formloser Haufen zerrissener Fleischtheile, zerbrochener Knochen und blutender Ueberreste, den die knorpelharten Fu?e der Dickhauter noch weiter zerstampften.

Nun war der ganze Hugel umringt und jede Aussicht, da? sich die wuthenden Thiere weiter trollen wurden, ganzlich verschwunden.

In einem Augenblicke wurde der Wagen gesturmt, aus der Lage gebracht, umgesto?en und unter der schweren Last der Elefanten, die sich um den Hugel gesammelt hatten, bis zur Unkenntlichkeit zertrummert.

Zwar fluchte und wetterte der Portugiese aus Leibeskraften aufs neue, darum kummerten sich aber die Hunderte von Elefanten ebensowenig, wie um einen Flintenschu?, den Urdax auf einen der nachsten, der den Stamm mit seinem Russel gepackt hatte, abfeuerte. Die Kugel prallte einfach am Rucken des Ungeheuers ab, ohne bis auf dessen Fleisch einzudringen.

Max Huber und John Cort gaben sich keiner Tauschung hin.

Unter der Voraussetzung, da? kein Schu? verloren ging, da? jede Kugel ihr Opfer niederstreckte, hatte man sich wohl der schrecklichen Angreifer erwehren, sie bis zum letzten vernichten konnen, wenn ihrer nur eine geringe Menge gewesen waren. Der junge Tag hatte dann nur einen Haufen machtiger Cadaver am Fu?e der Tamarinden beleuchtet… doch dreihundert… funfhundert… vielleicht tausend dieser Thiere!… Es ist ja keine Seltenheit, so gro?e Herden von ihnen im Aequatorialgebiete Centralafrikas zu treffen, und Reisende und Handler berichten ubereinstimmend von ungeheueren Ebenen, die uber Sehweite hinaus von Thieren dieser und anderer Art bedeckt gefunden wurden.

»Die Geschichte wird ungemuthlich, bemerkte John Cort.

– Man konnte sogar meinen, das dickere Ende kame noch nach,« sagte Max Huber. Dann wendete er sich an den jungen Eingebornen, der neben ihm sa?.

»Du hast doch keine Furcht? fragte er.

– Nein, lieber Herr Max, mit Ihnen und bei Ihnen furchtet sich Llanga niemals!«

Und doch ware einem Kinde, ja nicht einmal einem Erwachsenen, ein Vorwurf zu machen gewesen, wenn sein Herz jetzt vor Schrecken erzitterte.

Ohne Zweifel hatten die Elefanten namlich inzwischen bemerkt, was von dem Personal der Karawane noch ubrig war.

Da sich jetzt die hinteren Reihen der Thiere an die vorderen herandrangten, wurde deren Kreis um den Hugel immer enger und enger. Ein Dutzend davon versuchte sogar, auf den Hinterbeinen stehend, mit dem Russel die tieferen Aeste zu erreichen, was ihnen aber mi?lang, da diese gegen drei?ig Fu? uber der Erde lagen.

Vier Gewehrschusse krachten jetzt gleichzeitig… vier Schusse aufs Gerathewohl, denn ein genaues Zielen war unter dem dunkeln Laubwerk der Tamarinden unmoglich.

Laute Schreie und noch wuthenderes Heulen gaben darauf Antwort. Es schien jedoch nicht so, als ob ein Elefant von den Kugeln todtlich verwundet worden ware. Vier weniger… das hatte schlie?lich auch nichts bedeutet.

Die unteren Aeste suchten die Russel jetzt gar nicht mehr zu packen. Sie umklammerten vielmehr den Stamm der Baume, die gleichzeitig unter dem Anprall der gewaltigen Leiber erzitterten. Denn so dick die Tamarinden auch am Fu?e waren, so fest sie im Erdboden wurzelten, einem so ubermachtigen Andrange mu?ten sie doch am Ende nachgeben.

Noch einmal blitzte ein Feuerschein auf, diesmal von zwei Schussen, die der Portugiese und der Foreloper abgegeben hatten. Gerade der Baum, worauf diese beiden sa?en, schwankte schon derma?en, da? er bald umzusinken drohte.

Der Franzose und sein Freund hatten ihre Gewehre noch nicht abgefeuert, sondern hielten sie nur jeden Augenblick schu?bereit.

»Wozu sollten wir jetzt schie?en? hatte John Cort geau?ert.

– Ganz recht, sparen wir lieber unsere Munition, hatte Max Huber darauf geantwortet, spater konnten wir’s vielleicht bereuen, unsere letzten Patronen schon verplatzt zu haben.«

Die Tamarinde, auf der Urdax und Khamis sich anklammerten, wurde inzwischen so heftig erschuttert, da? man sie in ihrer ganzen Lange knarren und knacken horte.

Wenn sie nicht entwurzelt wurde, mu?te sie jedenfalls bald brechen. Die Thiere rannten mit den Sto?zahnen dagegen an, wuchteten daran mit den Russeln und lockerten die Wurzeln des Baumes immer mehr.

Noch langer darauf auszuhalten, und war’s nur noch eine Minute gewesen, hie? Gefahr laufen, mit der Tamarinde zu Boden geschleudert zu werden.

»Kommen Sie!« rief der Foreloper dem Portugiesen zu, wahrend er schon versuchte, sich nach dem nachsten Baume zu retten.

Urdax hatte offenbar schon den Kopf verloren. Unausgesetzt scho? er sein Gewehr und seinen Revolver ab, deren Kugeln doch von der rauhen Haut der Pachydermen wie vom Panzer eines Alligators abprallten.

»Kommen Sie! Schnell, schnell!« wiederholte Khamis.

Noch in dem Augenblicke, wo die Tamarinde gerade am heftigsten geschuttelt wurde, gelang es dem Foreloper, einen starken Zweig des Baumes zu packen, worauf Max Huber, John Cort und Llanga Zuflucht gefunden hatten. Dieser Baum war vorlaufig weniger bedroht als der andere, gegen den sich die Wuth der Thiere richtete.

»Und Urdax? fragte John Cort besorgt.

– Er wollte mir nicht nachfolgen, erklarte der Foreloper, er wei? nicht mehr, was er thut…

– Der Ungluckliche wird hinuntersturzen!

– Wir durfen ihn nicht da druben lassen, sagte Max Huber.

– Mussen ihn auch wider seinen Willen zu uns heruberziehen, setzte John Cort hinzu.

– Zu spat!« rief Khamis.

In der That war es schon zu spat. Noch einmal krachte der andere Baum von der Wurzel bis zum Wipfel, dann senkte er sich achzend zur Erde.

Was dabei aus dem Portugiesen wurde, konnten seine Gefahrten nicht sehen; sein Schmerzgeschrei verrieth, da? er unter die Fu?e der Elefanten gekommen war, und da es sehr bald verstummte, lie? sich vermuthen, da? es mit ihm zu Ende sei.

»Der ungluckliche, arme Mann! murmelte John Cort.

– Nun kommt die Reihe gleich an uns, sagte Khamis.

– Das ware recht bedauerlich! bemerkte Max Huber sehr kuhl.

– Noch einmal, lieber Freund, auch hierin bin ich Deiner Ansicht,« erklarte John Cort.

Was nun?… Die den Hugel besturmenden Elefanten ruttelten jetzt auch an den anderen Baumen, die sich wie vor einem Sturmwinde bewegten. War Urdaxens schreckliches Ende nicht auch den anderen bescheert, die ihn vielleicht nur um wenige Minuten uberlebten?… Gab es fur sie eine Moglichkeit, von der Tamarinde zu entkommen, bevor diese umsturzte?… Und wenn sie es wagten, hinabzuklimmen und nach der Ebene hinaus zu entfliehen, wurden sie der Verfolgung der wuthenden Herde entgehen… den Wald noch rechtzeitig erreichen?… Bot ihnen dieser dann hinreichende Sicherheit?… Und wenn die Elefanten sie wirklich nicht verfolgten, waren sie diesen dann nicht nur entgangen, um den nicht minder wilden Eingebornen in die Hande zu fallen?…

War aber uberhaupt noch die Moglichkeit gegeben, hinter dem Waldrande Schutz zu finden, so mu?te sie wenigstens ohne Zogern ausgenutzt werden. Die vernunftige Ueberlegung verlangte, eine ungewisse Gefahr der gewissen vorzuziehen.

Der Baum schwankte immer heftiger, und bei einer solchen Schwankung konnten sogar mehrere Russel die tieferen Aeste packen. Der Foreloper und die anderen waren nahe daran, ihren Halt zu verlieren, so furchtbar wurden die Sto?e. In seiner Sorge um Llanga legte Max Huber seinen linken Arm um diesen und hielt sich nur noch mit der Rechten fest. In der nachsten Minute schon mu?ten jetzt die Wurzeln des Baumes nachgeben oder dessen Stamm brechen. Der Sturz der Tamarinde bedeutete aber den Tod derer, die sich in ihre Krone gefluchtet hatten, und bedrohte sie, ebenso wie Urdax zertreten zu werden.

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