flusterte ihm leise etwas zu.

»Also?« fragte der Bote. »Was soll ich ausrichten?«

»Da? wir einverstanden sind!« antwortete Vatrenus.

»Da habt ihr erst einmal den Jungen!« rief Batiatus. Mit einem gro?en Bundel im Arm, trat er an die Brustwehr heran, und noch bevor der Barbar die Gelegenheit hatte, etwas zu bemerken, lie? er es auf ihn herabfallen. Es war ein in eine Decke gewickelter Felsbrocken, der ihn genau erwischte und zu Boden schmetterte. Wahrend die beiden anderen flugs ihre Pferde herumrissen und die Flucht ergriffen, brullte ihnen Batiatus hinterher: »Wartet, der andere kommt auch noch!«

»Das wird sie ganz schon wutend machen«, sagte Aurelius.

»Und macht das etwas aus?« erwiderte Vatrenus.

»Nein, naturlich nicht. Haltet euch bereit, da kommen sie.«

Und wieder erklangen die Horner, die breite Front der Reiter ruckte stetig vor. Als sie etwa eine Viertelmeile vor dem Lager waren, offnete sich die Front, und acht Manner zu Pferde sturmten den Abhang hinunter und zogen auf Rollen einen Sto?balken mit eiserner Spitze hinter sich her.

»Er will den Handstreich von Dertona wiederholen!« rief Aurelius. »Macht die Katapulte bereit!«

In rasendem Tempo galoppierten die feindlichen Reiter voran, bis sie das Gelande erreichten, in dem die lilia vergraben lagen. Schon sturzten die beiden vorderen Pferde zu Boden und warfen ihre Reiter ab, die von den im Gras versteckten Eisenspitzen aufgespie?t wurden. Der Sto?balken geriet aus dem Gleichgewicht und drehte nach links ab, doch nahm er dabei immer mehr an Geschwindigkeit zu. Die Rader, die der Last nicht langer standhielten, zersprangen in Stucke, der Balken uberschlug sich und rollte den Abhang hinunter, wo er von den Felsen abprallte und schlie?lich in den See sturzte.

Nun schossen die Katapulte los, und als die Reiter versuchten umzudrehen, wurden vier weitere von ihnen durchbohrt. Auf den Wallen der Festung schrien alle vor Begeisterung, doch erschallten schon wieder die Horner. Die Reiter waren stehengeblieben, und jetzt ruckte eine Welle leichter Infanterie vor.

»Achtung!« schrie Demetrios. »Sie haben Brandpfeile.«

»Bogen!« befahl Aurelius. »Haltet so viele auf, wie ihr konnt!«

Die Infanterie ruckte im Laufschritt auf das Lager vor. Bald war jedoch klar, da? es sich dabei um behelfsma?ig bewaffnete Knechte handelte, deren einzige Bestimmung es war, sich niedermetzeln zu lassen, um der schweren Kavallerie den Weg freizumachen. Hinter ihnen hielten die anderen Krieger die Bogen bereit, um jeden zu durchbohren, der zu fliehen versuchte. Als die ersten Soldaten in die lilia hineintraten und schreiend vor Schmerz mit durchbohrten Fu?en hinschlugen, teilte sich die Infanterie in zwei Gruppen. Von rechts und von links marschierten sie um das nicht begehbare Gelande herum und schossen dabei in hohem Bogen ihre Brandpfeile ab. Viele von ihnen wurden von den Wurfspie?en Livias und ihrer Gefahrten durchbohrt, doch konnten sich die anderen hinter die Baume und Felsen fluchten, von wo aus sie weitere Brandpfeile abschossen, die ihr Ziel auch an verschiedenen Stellen trafen. Das Holz der Palisade, das bereits sehr alt und vollstandig ausgetrocknet war, fing sofort Feuer. Nun lief ein neuer Trupp Infanteristen mit Leitern nach vorn, wurde aber von den Bewachern des Wehrgangs mit Pfeilen der Wurfmaschinen und wahren Salven von Wurfspie?en zu Boden gezwungen.

Jetzt ruckten die Reiter auf ihren Rossern im Schritt vor.

Offenbar warteten sie darauf, da? der brennende Abschnitt der Palisade zusammenbrache, so da? sie in das Innere der Festung einfallen konnten.

Aurelius versammelte seine Soldaten. »Wir haben kein Wasser und auch keine Manner, die den Brand loschen konnten, und in Kurze wird Wulfila seine Manner in die Bresche da vorn hineinjagen. Vatrenus, du und Demetrios, ihr bringt alle zur Strecke, die ihr mit den Wurfmaschinen nur erreichen konnt. Anschlie?end bleibt uns nichts anderes ubrig, als nach drau?en durchzubrechen; dort, wo die kleine Esche steht, ist der einzige Durchgang, der frei von den lilia ist. Batiatus, du bist unser Sturmbock. Du brichst in der Mitte durch, und wir anderen folgen dir. Wir werden sie auf das unebene Gelande locken, wo ihnen nichts anderes ubrigbleibt, als sich zu zerstreuen und zu Fu? weiterzugehen. Also besteht noch Hoffnung.«

In diesem Augenblick sturzte der brennende Abschnitt der Palisade in einem Wirbel aus Feuer und Rauch zusammen, und die feindliche Kavallerie sprengte im Galopp auf die Bresche zu. Vatrenus und Demetrios rissen die Katapulte und Wurfmaschinen auf ihren Plattformen herum und schossen eine Salve Wurfspie?e ab, die ein halbes Dutzend Reiter niedermahten, wodurch wieder andere zu Fall gebracht wurden. Noch eine zweite Salve traf in die Menge und richtete ein Blutbad an, ihnen folgten die Bogenpfeile und schlie?lich die Speere: zuerst die leichten mit der langeren Reichweite, dann die schweren fur kurze Entfernungen. Das gesamte Gelande war mit toten Soldaten ubersat, doch ruckten die Feinde immer weiter vor, davon uberzeugt, bald den entscheidenden Schlag ausfuhren zu konnen.

»Alle hinaus«, rief da Aurelius, »durch das Sudtor hinaus. Wir gehen seitlich an ihnen vorbei! Ambrosinus, bring den Jungen in Sicherheit.«

Kopf und Gesicht von einem Helm mit Visier geschutzt, sa? unten Batiatus bereits in seiner Rustung im Sattel des riesigen Armorica-Hengstes, den ebenfalls Metallplatten schutzten, und schwang seine Streitaxt; er war nicht blo? ein Mann auf seinem Pferd, er war eine Kriegsmaschine. Wenig spater hatten sich hinter ihm auch die ubrigen Gefahrten auf ihren Reittieren pfeilformig gruppiert. »Jetzt!« schrie Aurelius. »Alle hinaus!« Und das Tor offnete sich weit, wahrend die ersten feindlichen Reiter bereits fast die Bresche erreicht hatten. Batiatus gab seinem Pferd die Sporen, sturzte im Galopp auf das offene Gelande hinaus und steuerte auf den freien Durchgang zu. Seine Freunde ritten hinter ihm her.

Romulus, der seinem Erzieher entkommen war, sprang in den Sattel des Fohlens und gab ihm die Sporen. Er konnte nicht anders, als hinter seinen Kameraden herzureiten und an ihrer Seite zu kampfen, selbst wenn er nur ein Messer anstelle eines Schwertes schwang.

Laut rufend lief Ambrosinus hinter ihm her: »Bleib stehen! Komm zuruck!«, doch stand er schon bald allein auf ungeschutztem Gelande. Unterdessen attackierte Batiatus die Linien der feindlichen Reiter und focht heftig mit jedem, der es wagte, sich ihm entgegenzuwerfen, um ihn aufzuhalten. Die Kameraden sturzten sich gleichfalls hinter ihm in die wilde Rauferei und schlugen mit ihren Schwertern und Schilden auf alles ein, was ihnen in die Quere kam. Als Wulfila, der sich noch weit oben am Abhang befand, Aurelius ausfindig machte, sturzte er mit gezogenem Schwert auf ihn zu. Da entdeckte Vatrenus aus dem Augenwinkel heraus Romulus, der rechts von ihm auf seinem Fohlen ritt, und rief ihm zu: »Reite zum Hugel, Romulus, schnell, schnell, weg von hier!«

Zu Tode erschrocken und von feindlichen Reitern umringt, die aus allen Richtungen auf ihn zugaloppierten, schleppte sich Ambrosinus auf einen Felsvorsprung, der rechts von ihm aus dem Boden ragte. Von da hoffte er herauszufinden, wo der Junge war. Und er sah ihn, wie er, von seinem bockenden Fohlen mitgezerrt, auf den Megalithenkreis zusteuerte.

Mittlerweile hatte Wulfila Aurelius fast erreicht und schrie au?er sich vor Wut: »Kampfe, du Feigling! Du kannst mir nicht mehr entkommen!« Und dann holte er zum ersten todlichen Schlag aus. Batiatus hob seinen Schild, eine Platte aus massivem Metall, um Aurelius vor dem Hieb zu bewahren. Das Schwert traf den Schild mit lautem Getose, so da? sich eine funkelnde Fontane ergo?. Unterdessen donnerten die ersten Reiter durch die Bresche, flogen uber die Flammen des Scheiterhaufens hinweg und drangen ins Lager ein. In ihrem Zorn machten sie alles nieder, was sich ihnen darbot, setzten die Gebaude und Wachturme in Brand, die sogleich wie riesige Fackeln in den Flammen aufgingen.

»Es ist niemand mehr da!« rief plotzlich einer. »Sie sind alle abgehauen. Schnell, hinter ihnen her!«

Von der Felsspitze aus, die er endlich erklommen hatte, beobachtete Ambrosinus, wie Aurelius sich verzweifelt gegen Wulfila wehrte, als plotzlich sein Schild in tausend Teile zerbrach und sein Schwert sich unter den Hieben der unbesiegbaren gegnerischen Klinge verbog. Und plotzlich wurde das Chaos aus wildem Geschrei und das Getose der heftig aufeinanderprallenden Waffen von dem schrillen, durchdringenden Ton einer Bucina ubertont, jenem Signalhorn, das zum Angriff blies. Im selben Augenblick erschienen am ostlichen Saum des Hugels das funkelnde Haupt und der purpurne Schweif des Drachen, hinter dem eine massive Linie von Kriegern einhermarschierte. Mit tiefgezogenen Lanzen ruckten sie hinter einer Mauer aus Schilden vor und stie?en bei jedem Schritt den alten Schlachtruf der romischen Infanterie aus. Wie aus dem Nichts war die Legion des Drachen aufgetaucht und sturmte im Laufschritt den Hugel hinab, gefolgt von zwei Reihen Berittener, die Kustennin anfuhrte.

Wulfila zogert fur einen Augenblick, derweil ihn Batiatus mit seinem ganzen Gewicht attackierte und ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Bevor Wulfila zum todlichen Schlag gegen Aurelius ausholen konnte, der jetzt keine

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