Waffe mehr hatte, schubste der Riese ihn rasch zur Seite, so da? der Barbar zu Boden fiel. Doch als Wulfila wieder aufstand, sah er Romulus vom Pferd fallen und zu Fu? auf den Steinkreis zulaufen, in der Hoffnung, dort Zuflucht zu finden. Sofort sprang er auf die Fu?e und sturmte los, doch Vatrenus, der seine Absicht erahnt hatte, schnitt ihm den Weg ab. Mit erschreckender Gewalt hieb Wulfilas Schwert auf ihn ein, zerteilte ihm Schild und Rustung und ri? ihm die Brust auf, aus der ein dicker Strahl Blut hervorspritzte. Und wieder rannte Wulfila los und schrie seinen Mannern zu: »Gebt mir Deckung!« Vier seiner Krieger warfen sich auf Vatrenus, der sich, am ganzen Korper blutuberstromt, weiter wie ein Lowe schlug, bis er zuruckwich, um sich an einen Baum zu lehnen. Da durchbohrten sie ihn, einmal, zweimal, dreimal, viermal, so da? die Spitzen ihrer Lanzen im Baumstamm steckenblieben. Mit letzter Kraft fauchte Vatrenus: »Zur Holle mit euch, ihr Bastarde!« Dann lie? er leblos den Kopf sinken.

Die anderen formten eine Mauer um die kleine Schar der Kampfenden, die noch immer mit wilder Energie zuschlugen. Auch Aurelius, der das Schwert eines Gefallenen aufgenommen hatte, focht weiter und tat alles, um sich den Weg zu Wulfila freizukampfen, der hinter Romulus auf den Steinkreis zulief, in dem der Knabe Schutz suchen wollte. Demetrios und Orosius versuchten, an seine Seite zu eilen, um ihm Deckung zu geben, doch sie wurden uberwaltigt und fielen. Batiatus allein gelang es nicht, sie zu retten, aber er konnte die Mauer der Feinde durchbrechen, so da? Aurelius das offene Gelande erreichte und auf den Steinkreis zulief. Nun von allen Seiten umringt, lie? Batiatus, der Riese, seine Streitaxt kreisen, trennte Kopfe und Arme ab, zerschlug Schilde und Harnische und trankte den Boden mit Blut. Da bohrte sich eine Lanze in seine Schulter, und er wich an einen Felsen zuruck. Wie ein Bar, der von einer Meute Hunde belagert wird, schlug Batiatus mit furchterregender Gewalt um sich, obwohl das Blut ihm in Stromen von seiner linken Seite rann. Als Livia das sah, warf sie sich blitzschnell aufs Pferd und bescho? die Angreifer, die sich um den verwundeten Riesen scharten, mit ihren Pfeilen, wobei sie nicht wenige in den Rucken traf.

Das Kampfgeschehen tobte inzwischen uberall. Doch mit dem hocherhobenen Banner des Drachen ruckten die frisch eingetroffenen Krieger unablassig weiter vor und drangten die Feinde, die durch ihr unerwartetes Erscheinen vollig verwirrt waren, ins Tal zuruck.

Inzwischen hatte auch Ambrosinus erkannt, welchen Schachzug Wulfila vorhatte, und lief mit keuchendem Atem so schnell er konnte am Rand des Schlachtfelds entlang auf den Megalithenkreis zu und rief mit aller Kraft: »Flieh, Romulus, flieh! Lauf, was du kannst!«

Als Romulus oben auf dem Hugel angekommen war, drehte er sich um, um seine Freunde in dem tobenden Gewuhl zu erspahen.

Plotzlich stand er einem hunenhaften Krieger mit langen schneewei?en Haaren und einer goldenen Maske auf dem Gesicht gegenuber. Furchterregend anzuschauen, war er von Kopf bis Fu? mit Blut und Schwei? bedeckt. Er kam auf ihn zu und schwang sein Schwert, das rot von Blut war. Dann ri? er sich plotzlich die Maske vom Gesicht und zeigte ihm grinsend seine zerschnittene Fratze: Wulfila! Entsetzt wich Romulus an einen der gro?en Pfeiler zuruck und streckte in einem schwachen Verteidigungsversuch sein Messer aus. Aus der Ferne drangen die angstvollen Rufe seines Meisters und das wirre Getose der Schlacht an sein Ohr, doch folgte sein Blick, wie von einem Magneten angezogen, unablassig der Spitze des Schwertes, die sich nun zu dem todbringenden Hieb nach oben richtete. Ein Sto? dieses Schwertes genugte, und sein Messer wurde dem Feind zu Fu?en fallen. Romulus wich noch ein wenig weiter zuruck, bis er mit dem Rucken an den Pfeiler stie?. Die lange Flucht war zu Ende und mit ihr alle Sorgen und angstvollen Hoffnungen. In einem kurzen Moment wurde diese Klinge ihn ausgeloscht haben. Plotzlich wichen die Hektik und der panische Schrecken, die ihn beim Anblick seines Widersachers ergriffen hatten, und ihn uberkam das Gefuhl einer ratselhaften Gelassenheit, wahrend er sich darauf vorbereitete, wie ein echter Soldat zu sterben. Dann scho? das Schwert vor, um ihm das Herz zu durchbohren. In diesem Moment horte er hinter sich ganz deutlich Ambrosinus' Stimme, die sagte: »Verteidige dich!« Und wie durch ein Wunder wich er mit einer blitzartigen Bewegung dem Sto? aus. Das Schwert bohrte sich statt dessen in einen Ri? im Stein und blieb darin stecken, wahrend Romulus, ohne sich auch nur umzudrehen, nach der brennenden Glut auf dem gro?en Stein griff und sie Wulfila in die Augen schleuderte. Der schrie auf vor Schmerz und wich zuruck. Dann gab ihm Ambrosinus mit klarer, fester Stimme einen neuen Befehl: »Nimm das Schwert.«

Romulus gehorchte. Er packte den herrlichen goldenen Griff und zog ruhig und kraftvoll daran. Fugsam folgte die Klinge der Bewegung des Knaben, und als Wulfila die Augen wieder offnete, sah er, wie Romulus ihm das Schwert mit beiden Handen gegen den Leib druckte, den Mund weit aufgerissen in einem Schrei, der schrecklicher war als der Schlachtenlarm. Verblufft und unglaubig sah der Barbar mit an, wie sich das Schwert Julius Casars langsam in sein Fleisch bohrte und unter dem Gurgeln der durchtrennten Eingeweide in seinem Korper versank. Dann spurte er, wie die Klinge, so schneidend wie der wilde Schrei dieses Knaben, aus seinem Rucken wieder heraustrat.

Er sackte in die Knie, und keuchend beobachtete Romulus, wie das Ende nahte. Aber noch immer brannte der Ha? in Wulfila, nahrte seine schwindende Lebenskraft und entzundete die wildesten Energien in ihm, doch noch den Sieg zu erlangen. Er packte das Schwert am Griff, zog es langsam aus der schrecklichen Wunde und schwang es in seiner rechten Faust, wahrend die linke seinen Bauch zusammenpre?te. So wankte er auf sein Opfer zu und fixierte es mit solch starrem Blick, als wolle er es mit der furchterregenden Kraft seiner Augen bewegungslos machen. Doch als er gerade dabei war, den Sto? anzusetzen, bohrte sich ihm eine andere Klinge in den Rucken, die auf der Vorderseite wieder zum Vorschein kam. Dicht hinter ihm stand Aurelius, der die Klinge fuhrte, und seine harte, kalte Stimme klang wie ein Todesurteil an Wulfilas Ohr.

»Das ist fur meinen Vater, Cornelius Aurelianus Ventidius, den du in Aquileia grausam ermordet hast.«

Das Blut rann ihm aus dem Mund, doch noch immer stand Wulfila fest auf den Beinen, noch immer versuchte er, das Schwert zu heben, obwohl es so schwer wie Blei geworden war. Da stie? Aurelius noch einmal zu und zog die Klinge von einer Seite zur anderen, und wieder trat sie am Brustbein aus.

»Und das ist fur meine Mutter, Cecilia Aurelia Silvia.«

Rochelnd brach Wulfila auf dem Boden zusammen. Unter dem verwunderten Blick von Aurelius beugte sich Romulus zu ihm hinab, tauchte die Finger in das Blut seines Feindes und zog sich uber der Stirn einen hochroten Strich. Dann reckte er das Schwert zum Himmel empor und stie? einen Triumphschrei aus, der kraftvoll und durchdringend wie ein Signalhorn auf dem Blutfeld widerhallte, das sich unter ihm erstreckte.

Inzwischen hatte die Legion auf der ganzen Linie gesiegt und ruckte, nach den einzelnen militarischen Rangen unterschieden, auf den Kreis der Megalithen vor - allen voran das glorreiche Banner, das sie aus dem Dunkel zuruckgerufen und zum Sieg gefuhrt hatte. Kustennin hielt es in der Faust, und die Sonne, die inzwischen hoch am Himmel stand, umgab es mit ihren Strahlen. Oben auf dem Hugel angekommen, stieg Kustennin vom Pferd und pflanzte das siegreiche Banner neben Romulus in die Erde. Und er rief: »»Ave, Casar! Ave, Sohn des Drachen! Ave, Pendragon!«

Auf einen Wink von ihm eilten vier Krieger herbei, die auf dem Boden vier Stangen zu einem Kreuz zusammenfugten und darauf einen gro?en runden Schild legten. Sie baten Romulus, seine Fu?e darauf zu setzen, und hoben ihn dann nach keltischer Art auf die Schultern, damit ihn alle sehen konnten. Nun begann Kustennin, sein Schwert gegen den Schild zu schlagen, und die gesamte Legion tat es ihm gleich, so da? tausend Schwerter machtvoll und laut auf die Schilde krachten und tausend Stimmen drohnender als das ohrenbetaubende Waffengeklirr unablassig den Ruf skandierten: »»Ave, Casar! Ave, Pendragon!«

Mit Wulfilas Blut auf der Stirn und dem funkelnden Schwert in der Hand erschien Romulus den siegreichen Soldaten wie ein uberirdisches Wesen: der junge Krieger aus der Prophezeiung. Und wahrend sich der nicht endende Ruf auf den Bergen in unzahligen Echos brach, wurden seine Augen von einer brennenden Leidenschaft entzundet. Doch als er von dort oben seine Gefahrten erblickte, verfluchtigte sich der Triumph, und das ekstatische Glucksgefuhl wich einer tiefen Ergriffenheit. Rasch sprang er zu Boden und ging durch die Reihen der Krieger hindurch, die sich respektvoll vor ihm offneten. Schweigen fiel uber das Tal, wahrend er fassungslos und stumm uber das Schlachtfeld schritt, das von zahllosen Toten bedeckt war. Seine Augen glitten uber das schreckliche Bild, er sah die in letzter Todesqual einander noch umschlingenden Leiber, sah die Verwundeten und Sterbenden. Da lehnte an einem Felsen der Riese Batiatus, die Schulter von einer Lanze durchbohrt, blutuberstromt und inmitten einer gro?en Menge getoteter Feinde. Ein wenig von ihm entfernt lagen die Leichname seiner Kameraden, die im ungleichen Kampf gefallen waren. Als erster Vatrenus, den vier feindliche Lanzen an einen Baumstamm genagelt hatten; seine Augen standen noch offen, als verfolgten sie einen unmoglichen Traum. Dann Demetrios und Orosius, die beiden Unzertrennlichen, Seite an Seite, noch im Tod vereint. Auch sie waren von zahlreichen Feinden umgeben, die das Ende der beiden mit dem Tod bezahlt hatten.

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