Wanddicke des Druckfahrzeugs nicht kenne, verfuge ich uber keinerlei genaue Informationen uber die Gro?e und die Korpergestalt des Insassen.“

Der Kelgianer hielt kurz inne und lehnte sich auf seine hintersten Beine zuruck, wobei er wie ein dickes, pelziges Fragezeichen aussah. Uber seinen Rucken und die Flanken zogen weiterhin kleine silbrige Wellen, wahrend das Fell seiner drei kelgianischen Studienkollegen wahllos zuckte, kleine Buschel bildete und sich wieder legte, als ob auf der Zuschauergalerie ein starker Wind bliese.

Die ubrigen Gruppenmitglieder schienen von einer Unruhe befallen zu werden, die einer leichten Aufregung glich. Die Tralthaner hoben und senkten der Reihe nach die stammigen, elefantenartigen Beine. Das standige Klackern und Scharren stammte von den Melfanern, die mit ihren krabbenahnlichen Beinen auf den Boden pochten, wahrend in den dunklen, behaarten Gesichtern der Orligianer die wei?en Zahne schimmerten, wobei Conway hoffte, da? letztere Wesen nur lachelten.

„Mir sind nur zwei Lebensformen bekannt, die ein derartiges Druckfahrzeug benutzen“, fuhr der Kelgianer fort. „Von den benotigten Umweltbedingungen und der Physiologie her unterscheiden sie sich grundlegend, und von den gewohnlicheren Sauerstoff- und chloratmenden Spezies wurden sie in den exotischeren Kategorien eingeordnet werden. Bei der einen handelt es sich um einen kaltblutigen Methanatmer, der sich bei einer Umgebungstemperatur von nur wenigen Graden uber dem absoluten Nullpunkt am wohlsten fuhlt, da er sich auf einem der unter standiger Dunkelheit liegenden Planeten entwickelt hat, die sich von ihrem ursprunglichen Sonnensystem getrennt haben und einsam durch den interstellaren Raum treiben.

Die Korpergro?e der Methanatmer ist sehr gering“, setzte der Kelgianer seine Erklarungen fort, „und weist ungefahr ein Drittel der Korpergro?e meiner Spezies auf Doch die gro?e Kalte erzeugenden Lebenserhaltungsund Sinnesubertragungssysteme, die diese Wesen beim Kontakt mit fremden Spezies tragen mussen, sind riesengro? und kompliziert und mussen haufig wiederaufgeladen werden.“

Das ist jetzt schon der dritte, der sich so gut auskennt! dachte Conway und blickte sich nach dem Tralthaner um, der die DBLF im Schutzanzug richtig bestimmt hatte, und nach Danalta, dem melfanischen Studenten, der zuvor den FROB klassifiziert hatte, um die Reaktionen der beiden auf den au?erst gut unterrichteten Kelgianer zu beobachten — doch die Gruppenmitglieder liefen so wild durcheinander, da? er nicht genau sagen konnte, bei wem es sich um wen handelte. Gleich nachdem er an der Personaleinla?schleuse des Hospitals die Leitung der Gruppe ubernommen hatte, war ihm aufgefallen, da? an ihr irgend etwas ungewohnlich war.

„…die zweite Lebensform lebt auf einem feuchten Planeten mit hoher Schwerkraft, der in sehr geringem Abstand um seine Sonne kreist“, fuhr der Kelgianer unbeirrt fort. „Diese Spezies atmet hei?en Dampf und besitzt einen recht interessanten Metabolismus, uber den ich allerdings nur luckenhaft informiert bin. Auch bei ihr handelt es sich um eine kleine Lebensform, und die enorme Gro?e der Druckhulle erklart sich aus der fur das Wohlergehen des Insassen unumganglichen Installation von Heizgeraten sowie von Kuhlaggregaten und einer Oberflachenisolierung, damit andere Lebewesen in unmittelbarer Nahe des Gefahrts uberleben konnen.

Die Luft auf der Hudlarer-Station ist warm und hat einen hohen Feuchtigkeitsgehalt. Die von einem methanatmenden SNLU benotigte niedrige Innentemperatur wurde unabhangig von der Wirksamkeit der Isolierung in einem gewissen Ma? bis zur Au?enhaut des Druckfahrzeugs geleitet werden, auf der dann kondensiertes Wasser zu sehen ware. Da dies nicht der Fall ist, enthalt das Fahrzeug hochstwahrscheinlich einen Vertreter der unter hohen Temperaturen lebenden Spezies, von der es hier im Hospital einen Diagnostiker geben soll.

Diese Bestimmung ist zwar nur das Ergebnis von logischen Folgerungen, Vermutungen und einem gewissen Grad an Vorwissen, Chefarzt Conway“, schlo? der Kelgianer seine Ausfuhrungen, „aber trotzdem wurde ich den Fahrzeuginsassen der physiologischen Klassifikation TLTU zuordnen.“

Conway betrachtete eingehend die langsamen, gleichma?igen Fellbewegungen des au?erordentlich gut unterrichteten und ungewohnlich sachlichen DBLF und warf dann einen Blick auf den aufgewuhlten Pelz der kelgianischen Studienkollegen. Da ihm die Gedanken mit Hochstgeschwindigkeit durch den Kopf schossen und nur wenige davon zum Aussprechen geeignet waren, sagte Conway langsam: „Die Antwort ist richtig, ganz gleich, wie Sie zu ihr gelangt sind.“

Er dachte uber die DBLF-Klassifkation und insbesondere uber ihr ausdrucksfahiges Fell nach. Aufgrund der unzulanglichen Anatomie der kelgianischen Sprechorgane wies die gesprochene Sprache dieser DBLFs keine Intonation und Akzentuierung und damit keinerlei emotionale Ausdrucksfahigkeit auf Doch das wurde durch das au?erst bewegliche Fell ausgeglichen, das die Empfindungen des Sprechers, zumindest fur einen zweiten Kelgianer, vollstandig, aber auch unwillkurlich widerspiegelte. Deshalb waren diesen Wesen Begriffe wie Luge, Diplomatie, Taktgefuhl oder gar Hoflichkeit vollkommen fremd. Ein DBLF sagte genau das, was er meinte oder fuhlte, da das Fell standig seine Empfindungen verriet und es einfach dumm gewesen ware, sich anders zu verhalten.

Auch uber die melfanischen ELNTs und ihren Fortpflanzungsmechanismus, der die Geburt von Zwillingen ausschlo?, und uber die Wortwahl der freiwillig von Danalta und den anderen beiden Studenten gegebenen Antworten machte sich Conway Gedanken, insbesondere uber die des Kelgianers, der zu verstehen gegeben hatte, da? die TLTU-Lebensform nicht besonders exotisch sei. Von dem Moment ihres Eintreffens an hatte Conway gespurt, da? an der Gruppe etwas ausgesprochen Ungewohnliches war. Er hatte sich auf seinen Spursinn verlassen sollen.

Dann erinnerte er sich an den ersten Anblick der Neuankommlinge zuruck und hielt sich vor Augen, wie sie seither zu verschiedenen Zeitpunkten ausgesehen und sich verhalten hatten; insbesondere dachte er an ihre Nervositat und daran, da? von ihnen praktisch keine allgemeinen Fragen zum Orbit Hospital gestellt worden waren. War etwa irgendeine Art Verschworung im Gange? Ohne sich zu auffallig zu verhalten, musterte er der Reihe nach jeden einzelnen Studenten.

Vier kelgianische DBLFs, zwei duwetzische EGCLs, drei tralthanische FGLIs, drei melfanische ELNTs und zwei orligianische DBDGs — insgesamt also vierzehn Studenten.

Aber Kelgianer sind niemals freundlich oder hoflich oder in der Lage, besondere Kontrolle uber ihr Fell auszuuben, dachte Conway, als er sich unauffallig von den Studenten abwandte und auf die Station hinunterblickte.

„Also, wer von Ihnen ist der Spa?vogel?“ fragte er schlie?lich.

Niemand antwortete ihm, und er fuhr mit immer noch abgewandtem Gesicht fort: „Uber die fragliche Lebensform besitze ich keine Vorkenntnisse, deshalb basiert meine Bestimmung auf Ruckschlussen und logischen Folgerungen sowie auf Verhaltensbeobachtungen.“

Der in der Stimme mitschwingende Sarkasmus ging wahrscheinlich bei der Ubersetzung verloren, und die Mehrheit der Extraterrestrier besa? sowieso eine uberma?ig nuchterne Denkweise. In sanfterem Ton fuhr Conway fort: „Ich meine denjenigen unter Ihnen, dessen Spezies insofern amobisch ist, als da? sie die fur jede Umgebung oder Situation erforderlichen Gliedma?en oder Sinnesorgane ausstulpen oder eine Schutzhaut bilden kann. Ich vermute, diese Spezies hat sich auf einem Planeten mit einer au?erst exzentrischen Umlaufbahn und mit derart starken Klimaschwankungen entwickelt, da? zum Uberleben ein Hochstma? an korperlicher Anpassungsfahigkeit erforderlich war. Sie wurde auf ihrem Planeten zur dominanten Lebensform und entwickelte Intelligenz und eine Zivilisation, aber nicht durch das Konkurrieren mit anderen Spezies hinsichtlich naturlicher Waffen, sondern durch die Verfeinerung und Perfektionierung des Anpassungsvermogens. Im Fall der Konfrontation mit naturlichen Feinden hatten sie die Wahl zwischen Flucht, Schutzanpassung oder der Annahme einer fur den Angreifer erschreckenden Gestalt.

Die hier an den Tag gelegte Geschwindigkeit und Genauigkeit der Anpassung, insbesondere die fast perfekte Nachahmung von Verhaltensmustern, lassen darauf schlie?en, da? es sich bei dem Wesen um einen rezeptiven Empathen handelt“, fuhr Conway fort. „Da diese Spezies uber solch ein wirksames Mittel zum Selbstschutz verfugt, versteige ich mich sogar zu der Behauptung, da? man ihr keine korperlichen Schaden zufugen kann, es sei denn, man setzt sie Hochtemperaturen aus oder vernichtet sie auf physikalischem Weg. Von daher mu?te fur die Mitglieder dieser Spezies der Gedanke einer chirurgischen Heilbehandlung ganz unvorstellbar sein. Einen praktisch unzerstorbaren Korper zu besitzen wurde bedeuten, da? diese Lebensform keine Mechanismen zum Selbstschutz benotigt, folglich ist sie in den Geisteswissenschaften wahrscheinlich fortgeschritten, in der technologischen Entwicklung jedoch ruckstandig geblieben.

Ich wurde Sie der physiologischen Klassifikation TOBS zuordnen“,

sagte Conway schlie?lich, wobei er sich ruckartig zu den Studenten umdrehte.

Dann ging er schnell auf die drei Orligianer zu, und zwar aus dem guten Grund, da? es von ihnen nur zwei hatte geben durfen. Rasch, aber behutsam griff er nach ihren Schultern und schob einen Finger zwischen die

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