durch den Kopf. »Das ist also dein Bett, Pat…«, sagte ich schlie?lich.

Sie lachelte. »Wem soll es denn sonst gehoren, Robby?«

»Wahrhaftig!« Ich blickte auf. »Und, da ist ja auch das Telefon. Nun wei? ich das auch. Jetzt werde ich gehen. Leb wohl, Pat.«

Sie legte ihre Hande um meine Schlafen. Es ware wunderbar gewesen, jetzt dazubleiben, im hereinbrechenden Abend, dicht beieinander, unter der weichen, blauen Decke im Schlafzimmer – aber es war etwas da, was mich abhielt. Es war keine Hemmung, auch keine Angst und keine Vorsicht – es war einfach nur eine sehr gro?e Zartlichkeit, eine Zartlichkeit, die das Begehren uberschwemmte.

»Leb wohl, Pat«, sagte ich. »Es war schon bei dir. Viel schoner fur mich, als du dir vielleicht denken kannst. Und das mit dem Rum – da? du daran gedacht hast…«

»Aber das war doch so einfach…«

»Fur mich nicht. Bin es nicht so gewohnt.«

Die Zalewskische Bude. Ich sa? eine Weile herum. Es gefiel mir nicht, da? Pat Binding etwas verdanken sollte. Schlie?lich ging ich uber den Korridor zu Erna Bonig.

»Ich komme serios«, sagte ich. »Wie steht's mit dem weiblichen Arbeitsmarkt, Erna?«

»Nanu«, erwiderte sie,»was fur eine Frage so kalt vor die nuchterne Brust! Im ubrigen: oberfaul.«

»Nichts zu machen?« fragte ich.

»Worin denn?«

»Sekretarin, Assistentin…«

Sie winkte ab. »Hunderttausend ohne Stellung. Kann die Dame irgendwas Besonderes?«

»Sie sieht gro?artig aus«, sagte ich.

»Wieviel Silben?« fragte Erna.

»Was?«

»Wieviel Silben schreibt sie in der Minute? In wieviel Sprachen?«

»Keine Ahnung«, sagte ich,»aber wissen Sie, so zur Reprasentation…«

»Mein lieber Junge«, erwiderte Erna,»ich hore schon – Dame aus guter Familie, fruher bessere Tage gesehen, ist gezwungen, und so weiter. Hoffnungslos, sage ich Ihnen. Hochstens, da? jemand sich besonders dafur interessiert und sie deshalb irgendwo hineinschiebt. Sie wissen ja, warum. Aber das wollen Sie doch nicht?«

»Komische Frage«, sagte ich.

»Weniger komisch, als Sie ahnen«, erwiderte Erna etwas bitter. »Ich kenne andere Falle.« Mir fiel die Sache mit ihrem Chef ein. »Aber ich will Ihnen einen Rat geben«, fuhr sie fort. »Sehen Sie zu, da? Sie fur zwei verdienen. Das ist die einfachste Losung. Heiraten.«

»Das ware so was«, sagte ich und lachte. »So viel Zutrauen mochte ich mal zu mir haben.«

Erna sah mich sonderbar an. Sie erschien bei aller Lebendigkeit plotzlich alter und fast etwas welk. »Ich will Ihnen mal was erzahlen«, sagte sie. »Ich lebe gut und habe allerhand, das ich gar nicht brauche. Aber glauben Sie mir – wenn einer kame und mir vorschluge, zusammen zu leben, so richtig, ehrlich, ich lie?e den ganzen Kram hier und zoge mit ihm in eine Dachkammer, wenn's sein mu?te.« Ihr Gesicht bekam den fruheren Ausdruck wieder. »Na, Schwamm druber – jeder Mensch hat seine Ecke Sentimentalitat.« Sie blinzelte mir durch den Rauch ihrer Zigarette zu. »Sogar Sie anscheinend?«

»Ach wo…«, sagte ich.

»Na, na…«, meinte Erna. »Wenn man's gar nicht erwartet, erwischt's einen am leichtesten…«

»Mich nicht«, erwiderte ich.

Bis acht Uhr hielt ich es in meiner Bude noch aus – dann hatte ich genug davon, allein herumzusitzen, und ging in die Bar, um irgend jemand zu treffen.

Valentin war da. »Setz dich«, sagte er. »Was willst du trinken?«

»Rum«, erwiderte ich. »Habe zu Rum seit heute ein besonderes Verhaltnis.«

»Rum ist die Milch des Soldaten«, sagte Valentin. »Siehst ubrigens gut aus, Robby.«

»So?«

»Ja, junger.«

»Auch was«, sagte ich. »Prost, Valentin.«

»Prost, Robby.«

Wir stellten die Glaser auf den Tisch und sahen uns an. Dann mu?ten wir gleichzeitig lachen. »Alter Junge«, sagte Valentin.

»Verfluchter Salzknabe«, erwiderte ich. »Was trinken wir jetzt?«

»Dasselbe noch mal.«

»Schon.«

Fred schenkte ein. »Also prost, Valentin.«

»Prost, Robby.«

»Herrliches Wort – prost, was?«

»Das Wort der Worter.«

Wir sagten es noch einigemal. Dann brach Valentin auf.

Ich blieb sitzen. Es war au?er Fred niemand mehr da. Ich betrachtete die alten beleuchteten Landkarten, die Schiffe mit ihren vergilbten Segeln und dachte an Pat. Ich hatte sie gern angerufen, aber ich zwang mich, es nicht zu tun. Ich wollte auch nicht soviel an sie denken. Ich wollte sie nehmen als ein unerwartetes, begluckendes Geschenk, das gekommen war und wieder gehen wurde – nicht mehr. Ich wollte nie dem Gedanken Raum geben, da? es mehr sein konnte. Ich wu?te zu sehr, da? alle Liebe den Wunsch nach Ewigkeit hatte und da? darin ihre ewige Qual lag. Es gab nichts, was blieb. Nichts. »Gib mir noch ein Glas, Fred«, sagte ich.

Ein Mann und eine Frau kamen herein. Sie tranken einen Cobbler an der Bar. Die Frau sah mude aus, der Mann gierig. Sie gingen bald wieder.

Ich trank das Glas aus. Vielleicht ware es besser gewesen, wenn ich nachmittags nicht zu Pat gegangen ware. Ich wurde das Bild nicht mehr los – das im Dammerlicht verschwindende Zimmer, die weichen blauen Schatten des Abends und das zusammengekauerte schone Madchen, das mit seiner dunklen, rauhen Stimme von seinem Leben und seinem Wunsch nach dem Leben sprach. Verdammt, ich wurde sentimental! Aber zerrann nicht das, was bisher ein atemloses, uberraschendes Abenteuer gewesen war, schon in den Nebel der Zartlichkeit, hatte es mich nicht schon tiefer ergriffen, als ich wu?te und wollte, hatte ich es nicht heute gespurt, gerade heute, wie sehr ich mich schon verandert hatte? Warum war ich fortgegangen, warum war ich nicht bei ihr geblieben, wie ich es eigentlich gewollt hatte? Ach, verflucht, ich wollte nicht mehr daran denken, nicht an das eine und an das andere. Sollte kommen, was wollte, sollte ich meinetwegen verruckt werden vor Ungluck, wenn ich sie verlor, sie war da, jetzt war sie da, und alles andere war egal und sollte zum Teufel gehen! Was lag schon daran, das bi?chen Leben zu sichern! Eines Tages kam doch die gro?e Flutwelle und ri? alles weg.

»Wollen wir einen zusammen trinken, Fred?« fragte ich.

»Immer«, sagte er.

Wir tranken zwei Absinthe. Dann knobelten wir zwei weitere aus. Ich gewann. Es war mir nicht recht. Wir knobelten deshalb weiter. Aber ich verlor erst beim funften. Da allerdings drei hintereinander. »Bin ich besoffen oder donnert es drau?en?« fragte ich.

Fred lauschte. »Es donnert tatsachlich. Das erste Gewitter in diesem Jahr.«

Wir gingen unter die Tur und sahen zum Himmel auf. Es war nichts zu sehen. Es war nur warm, und ab und zu donnerte es.

»Darauf konnten wir eigentlich noch einen nehmen«, schlug ich vor. Fred war auch dafur.

»Ein verdammtes Lakritzenwasser«, sagte ich und stellte das leere Glas wieder auf die Theke. Fred meinte auch, wir konnten nun mal was Herzhaftes trinken. Er meinte, am besten Kirsch – ich sagte Rum. Um uns nicht zu streiten, tranken wir abwechselnd beides. Damit Fred nicht soviel Arbeit mit dem Eingie?en hatte, nahmen wir ziemlich gro?e Glaser. Wir waren jetzt in glanzender Stimmung. Ab und zu sahen wir drau?en nach, ob es auch blitzte. Wir hatten es ganz gern blitzen sehen, aber wir hatten kein Gluck. Es blitzte immer gerade dann, wenn wir drin waren. Fred sagte, da? er eine Braut hatte, die Tochter eines Automatenrestaurantbesitzers. Aber er wollte mit dem Heiraten noch warten, bis der Alte tot ware, damit er ganz genau wu?te, da? sie das Restaurant mitbekame. Ich fand ihn etwas vorsichtig, aber er bewies mir, da? der Alte ein unberechenbares Aas sei, das es

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