“Wie wären sonst die Leute all in solcher Not? Der König oder Kriemhild, davon ward eins dem Tod Von den kühnen Gästen in ihrem Zorn gesellt; Es weint übermäßig gar mancher zierliche Held.” (2305) Da sprach der Vogt von Berne: “Ihr Getreun in meinem Bann, Seid nicht allzu schnelle: Was hier auch ward getan Von den Heimatlosen, sie zwang dazu die Not: Nun lasst sie des genießen, dass ich ihnen Frieden bot.” (2306) Da sprach der kühne Wolfhart: “Lasst mich zum Saale gehn, Der Märe nachzufragen was da ist geschehn: Ich will euch dann berichten, viel lieber Herre mein, Wenn ich es dort erkunde, was der Klage Grund möge sein.” (2307) Da sprach der Herre Dietrich: “Wenn man sich Zorns versieht, Und ungestümes Fragen zur Unzeit dann geschieht, Das betrübt den Recken leicht den hohen Mut Darum will ich, Wolfhart, nicht dass ihr die Frage tut.” (2308) Da schickt' er Helfrichen hinaus, den edeln Mann, Ob er erkunden möge bei König Etzels Bann Oder bei den Gästen, was da sei geschehn. Man hatte nie bei Leuten so großen Jammer gesehn. (2309) Der Bote fragte balde: “Was ist hier geschehn?” Da sprach darunter einer: “Nun musst uns gar zergehn Der Trost, der uns geblieben noch war in Heunenland: Hier liegt erschlagen Rüdiger von der Burgonden Hand. (2310) Nicht einer ist entronnen, der mit ihm ging hinein.” Das konnte Helfrichen nimmer leider sein. Nie hört' er üblere Märe als er hier empfing: Mit weinenden Augen der Bote hin zu Dietrich ging. (2311) “Was bringt ihr uns für Kunde?”, sprach da Dieterich; “Was weint ihr so heftig, Degen Helferich?” Da sprach der edle Recke: “Wohl hab ich Grund zu klagen: Rüdger liegt, der Gute von den Burgonden erschlagen.” (2312) Da sprach der Held von Berne: “Das wolle nimmer Gott: Eine starke Rache wär es und des Teufels Spott. Wie hätt an ihnen Rüdiger verdient solchen Sold? Ich weiß zu wohl die Kunde, er ist den Fremdlingen hold.” (2313) Da versetzte Wolfhart: “Und wär es doch geschehn, So müsst es ihnen allen an das Leben gehn. Wenn wirs ertragen wollten, es brächt uns Schand und Spott, Da uns so große Dienste der gute Rüdiger bot.” (2314) Der Vogt von Amelungen erfragt' es gern noch mehr. Er saß in einem Fenster, ihm war das Herz so schwer. Da ließ er Hildebranden zu den Gästen gehn, Von ihnen zu erfragen was da wäre geschehn. (2315) Der sturmkühne Recke, Meister Hildebrand, Weder Schild noch Waffen trug er an der Hand. Er wollte ganz in Frieden zu den Gästen gehn: Von seiner Schwester Kinde musst er sich getadelt sehn. (2316) Da sprach der grimme Wolfhart: “Geht ihr dahin so bloß, So kommt ihr ungescholten nimmer wieder los: Ihr kehrt mit großen Schanden zurück von eurer Fahrt; Geht ihr dahin in Waffen, so seid ihr besser bewahrt.” (2317) Da gürtete der Alte sich nach des Jungen Rat. Eh ers inne wurde standen in ihrem Staat Alle Recken Dietrichs, die Schwerter in der Hand. Leid war das dem Helden, er hätt es gern noch abgewandt. (2318) Er frug, wohin sie wollten: Wie wollen mit euch hin: Ob von Tronje Hagen auch dann wohl ist so kühn, Mit Spott zu euch zu reden wie ihm zu tun gefällt?” Als er die Rede hörte, erlaubt' es ihnen der Held. (2319) Da sah der kühne Volker wohl gewaffnet gehn Die Recken von Berne in Dietrichens Lehn, Die Schwerter umgegürtet, die Schilde vor der Hand: Er sagt' es seinen Herren aus der Burgonden Land. (2320) Da sprach der Fiedelspieler: “Von dorther seh ich nahn Recht in Feindesweise die in Dietrichs Bann, Gewaffnet unter Helmen: Sie wollen uns bestehn.