Sie, Harry, Ron und Hermine gingen weiter bis zum allerhochsten Deck, wo zwei unbesetzte Stuhle ganz vorne und zwei hinten standen. Stan Shunpike, der Schaffner, folge Harry eifrig nach hinten. Kopfe drehten sich um, als Harry vorbeikam. Als er sich hinsetzte, sah er, wie alle Gesichter wieder nach vorne schnellten.
Als Harry und Ron je elf Sickles an Stan uberreichten, fuhr der Bus wieder los, bedrohlich schwankend. Er donnerte durch Grimmauld Place, standig auf den Burgersteig und wieder runter, dann, mit einem erneuten gewaltigen BANG,
wurden sie alle nach hinten geschleudert; Rons Stuhl fiel gleich um und Pigwidgeon, die auf seinem Scho? war, sprang aus dem Kafig und flog wild zwitschernd zum vorderen Teil des Buses, um sich flatternd auf Hermines Schulter niederzulassen. Harry, der einen Sturz gerade so verhindern konnte, indem er einen Kerzenhalter packte, sah aus dem Fenster: sie jagten etwas hinunter, das wie eine Autobahn aussah.
»Gerade hinter Birmingham,«sagte Stan frohlich und beantwortete so Harrys ungefragte Frage, wahrend Ron sich wieder vom Boden aufbemuhte.»Dir geht«s gut sonst,»Arry? Ich hab deinen Namen massenweise in den Zeitungen gelesen uber den Sommer, aber war nie besonders nett. Ich hab zu Ern gesagt, ich sagte, sah nich wie wie»n Verruckter aus, als wir ihn getroffen haben, der nur angibt, oder?«
Er reichte ihnen die Tickets und starrte Harry weiter wie angefesselt an. Anscheinend war es Stan egal, wie verruckt jemand war, wernn man nur beruhmt genug war, um in der Zeitung zu stehen. Der Fahrenden Ritter schwankte alarmierend, als er eine Reihe Autos auf der Innenseite uberholte. Als er in den Vorderteil des Buses schaute, sah er, da? Hermine ihre Augen mit den Handen zuhielt, wahrend Pigwidgeon glucklich auf ihrer Schulter schwankte.
Stuhle rutschten wieder ruckwarts, als der Fahrenden Ritter von der Autobahn auf eine ruhige Landstra?e voller Haarnadelkurven schwenkte. Heckenreihen an beiden Seiten der Stra?e sprangen aus dem Weg, wahrend sie die Seitenstreifen uberfuhren. Von dort kamen sie zu einer Hauptstra?e in der Mitte eines belebten Ortes, dann zu einem Viadukt, umgeben von hohen Bergen, dann zu einer vom Wind gepeitschten Strasse zwischen zwei Hochhausern, jedes mal mit einem lauten BANG.
»Ich hab’s mir anders uberlegt,«murmelte Ron, wahrend er sich zum sechsten Mal vom Boden erhob.»Mit diesem Ding werde ich nie wieder fahren.«
»Aufgepasst, die nachste Haltestelle ist»Ogwarts,«sagte Stan gut gelaunt, wahrend er auf sie zuschwankte.»Diese herrische Frau da vorn meint es gut mit euch, sie hat uns ein kleines Trinkgeld gegeben, damit wir euch etwas vorziehen. Wir werden allerdings erst noch Madam Marsh absetzen,«- von unten horte man rulpsende Tone, gefolgt von Spritzgerauschen -»sie fuhlt sich nicht ganz wohl.«
Ein paar Minuten spater hielt der Bus kreischend vor einer kleinen Kneipe, die sich selbst etwas zusammenquetschte, um einen Zusammenstoss zu vermeiden. Sie horten Stan die ungluckseelige Madam Marsh aus dem Bus geleiten und das erleichterte Gemurmel der Mitreisenden auf dem zweiten Deck. Der Bus bewegte sich wieder, nahm Fahrt auf, bis
–
BANG
Sie rollten durch ein verschneites Hogsmeade. Harry warf einen kurzen Blick auf den Eberkopf unten in der Seitenstrasse, dessen Schild mit dem abgetrennten Eberkopf im Winterwind knarrte. Schneegestober schlug gegen die gro?e Frontscheibe des Busses. Schliesslich rollten sie vor den Toren von Hogwarts aus.
Lupin und Tonks halfen ihnen mit ihrem Gepack aus dem Bus, dann stiegen sie aus um sich zu verabschieden. Harry blickte die drei Decks des Fahrende Ritterses hoch und sah, da? alle Passagiere auf sie hinunter starrten, die Nasen an den Fenstern plattgedruckt.
»Du bist in Sicherheit sobald du drinnen bist,«sagte Tonks, wahrend er aufmerksam die verlassene Stra?e im Blick hatte.»Lass«dir«s gutgehen, ja?«
»Gebt auf euch acht,«sagte Lupin, der rundherum Hande geschuttelt hatte und schliesslich bei Harry ankam.»Und hor zu…,«er senkte seine Stimme, wahrend die anderen noch ein paar Abschiedsworte mit Tonks sprachen,»Harry, ich.weiss da? du Snape nicht magst, aber er ist ein hervorragender Occlumant, und wir alle – einschliesslich Sirius – wollen, da? du lernst, dich zu schutzen, also arbeite daran mit aller Kraft, ist das klar?
»Ja, alles klar,«sagte Harry bedruckt und schaute in Lupins vorzeitig von Falten gezeichnetes Gesicht.»Also bis bald.«
Die sechskopfige Gruppe kampfte sich mit ihrem Gepack die rutschige Auffahrt zum Schloss hinauf. Hermine erzahlte schon davon, da? sie ein paar Elfenkappen vor dem Einschlafen stricken wollte. Harry schaute zuruck als sie die Eichentur erreichten; der Fahrende Ritter war schon fort, und er wunschte sich fast, angesichts dessen, was am nachsten Abend folgen wurde, er ware noch an Bord.
Harry verbrachte die meiste Zeit des nachsten Tages damit, den Abend zu furchten. Seine morgendliche Zaubertranke-Doppelstunde trug nichts dazu bei, sein Missgefuhl zu zerstreuen, da Snape so unfreundlich war wie eh und jeh. Seine Laune wurde noch weiter dadurch verschlechtert, da? die DA-Mitglieder auf den Fluren zwischen den Klassen dauernd auf ihn zukamen und erwartungsvoll fragten, ob es ein Treffen in dieser Nacht geben wurde.
»Ich werde Euch das auf dem ublichen Wege mitteilen, wenn«s das nachste mal soweit ist,«sagte Harry immer wieder,
»aber heute nacht kann ich das nicht machen, denn ich mu? noch zu Heiltranke.«
»Du belegst Heiltranke«?,«fragte Zacharias Smith hochnasig, nachdem er Harry nach dem Mittagessen in eine Ecke der Eingangshalle gedrangt hatte.»Mein Gott, du mu?t ja schrecklich drauf sein. Snape gibt normalerweise keine Nachhilfestunden, oder?«
Als Smith auf argerlich schwungvolle Weise davonschritt, warf Ron ihm einen bosen Blick nach.»Soll ich ihn verhexen? Ich kann ihn von hier immer noch kriegen,«sagte er, erhob seinen Zauberstab und zielte zwischen Smith’s Schulterblatter.
»Vergiss’ es,«sagte Harry betrubt,»das denken doch alle, oder etwa nicht? Das ich wirklich daml-«
»Hallo Harry,«erklang eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und sah Cho dort stehen.
»Oh,«sagte Harry und erspurte einen unbehaglichen Ruck in seinem Bauch.»Hallo.«
»Wir sind in der Bibliothek, Harry,«sagte Hermine streng, packte Ron uber dem Ellenbogen und zog ihn fort in Richtung der Marmortreppe.
»War Weihnachten schon?,«fragte Cho.
»Ja, nicht ubel,«sagte Harry.
»Bei mir war es ziemlich ruhig,«sagte Cho. Aus irgendeinem Grund sah sie ziemlich verlegen aus.
»Ah… im nachsten Monat gibt’s noch einen Ausflug nach Hogsmeade, hast Du den Aushang gesehen?«
»Wie? Ach, nein, ich habe das schwarze Brett noch nicht gelesen seit ich zuruck bin.«
»Ja, am Valentinstag…«
»Stimmt,«sage Harry und er fragte sich, warum sie ihm das sagte.»Nun, vermutlich mochtest Du -?«
»Nur wenn Du mochtest,«sagte sie eifrig.
Harry starrte sie an. Er hatte eigentlich sagen wollen»Vermutlich willst Du wissen wann das nachste DA- Treffen ist,«
aber ihre Antwort schien darauf nicht zu passen.
»Ich – ah -, «sagte er.
»Ach ist schon in Ordnung wenn Du nicht willst,«sagte sie beschamt.»Mach’ Dir keine Gedanken, wir treffen uns schon irgendwo.«
Sie ging fort. Harry starrte ihr nach, sein Hirn arbeitete verzweifelt. Dann fiel der Groschen.
»Cho! Hey – CHO!«