»Was hangt – dadrunter?«, fragte Ron mit leichtem Zittern in der Stimme.
Zogernd gingen sie vor. Harry rutschte beinahe aus – auf dem Boden war eine gro?e Wasserlache; Ron und Hermine hielten ihn fest und gemeinsam naherten sie sich der Schrift an der Wand, die Augen auf den dunklen Schatten darunter gerichtet. Alle drei erkannten im selben Augenblick, was es war, und zuckten zuruck.
Mrs Norris, die Katze des Hausmeisters, hing am Schwanz festgebunden vom Fackelhalter herab. Sie war steif wie ein Brett, und in ihren weit aufgerissenen Augen lag ein starrer Blick.
Einige Atemzuge lang standen sie da wie angefroren. Dann sagte Ron:»La?t uns von hier verschwinden.«
»Sollten wir nicht versuchen ihr zu helfen -«, begann Harry verlegen.
»Glaub mir«, sagte Ron,»es ist besser, wenn uns hier niemand sieht.«
Doch es war zu spat. Ein Drohnen, wie von fernem Donner, sagte ihnen, da? das Fest gerade zu Ende war. Von beiden Enden des Korridors naherte sich das Trappeln hunderter treppensteigender Fu?e und das laute, muntere Gesumme wohlgenahrter Schuler: und schon drangen sie von den Seiten herein.
Das Geschnatter und Gekicher und der Larm starben jah ab, als die Ersten von ihnen die aufgehangte Katze erblickten. Harry, Ron und Hermine standen allein inmitten des Durchgangs, und allmahlich verstummte die ganze Schar und drangte vorwarts, um die grauenvolle Statte zu sehen.
Dann durchbrach ein Ruf die Stille.
»Feinde des Erben, nehmt euch in Acht! Ihr seid die Nachsten, Schlammbluter«
Es war Draco Malfoy. Er hatte sich ganz nach vorn gedrangt. Mit einem Funkeln in den kalten Augen, das sonst blutleere Gesicht gerotet, grinste er beim Anblick der starren Katze.
Die Schrift an der Wand
»Was geht hier vor? Was ist los?«
Argus Filch, angelockt von Malfoys Geschrei, keilte sich mit den Ellbogen durch die Schulerschar. Als er Mrs Norris erblickte, zuckte er erschrocken zuruck und begrub entsetzt das Gesicht in den Handen.
»Meine Katze! Meine Katze! Was ist mit Mrs Norris passiert«, jammerte er.
Und seine hervorquellenden Augen richteten sich auf Harry.
»Du!«, kreischte er,»du! Du hast meine Katze ermordet! Du hast sie getotet! Ich bring dich um! Ich
»Argus!«
Dumbledore hatte den Schauplatz betreten, mit etlichen Lehrern im Schlepptau. Im Nu rauschte er an Harry, Ron und Hermine vorbei und holte Mrs Norris vom Fackelhalter.
»Kommen Sie mit, Argus«, sagte er zu Filch,»und Sie auch, Mr Potter, Mr Weasley, Miss Granger.«
Beflissen trat Lockhart vor.
»Mein Buro ist am nachsten, Direktor – nur die Treppe hoch – bitte seien Sie so frei -«
»Ich danke Ihnen, Gilderoy«, sagte Dumbledore.
Die stumme Menge teilte sich, um sie durchzulassen. Lockhart, aufgeregt und mit gewichtiger Miene, eilte hinter Dumbledore her; und auch die Professoren McGonagall und Snape folgten.
Als sie Lockharts dunkles Buro betraten, gab es ein Gehusche entlang der Wande. Harry sah einige Lockharts mit Lockenwicklern in den Haaren aus den Bildern verschwinden. Der echte Lockhart zundete die Kerzen auf dem Schreibtisch an und trat zuruck. Dumbledore legte Mrs Norris auf die polierte Tischplatte und begann sie zu untersuchen. Harry, Ron und Hermine tauschten gespannte Bucke und setzten sich auf Stuhle au?erhalb des Kerzenscheins.
Die Spitze von Dumbledores langer Hakennase war kaum drei Zentimeter von Mrs Norris' Fell entfernt. Durch seine Halbmondbrille untersuchte er sie genau, wobei er sie mit seinen langen Fingern streichelte und anstupste. Professor McGonagall, die Augen zu Schlitzen verengt, hatte sich fast ebenso nahe zu der Katze herabgebeugt. Hinter ihnen im Halbschatten stand Snape, wachsam und mit einem hochst merkwurdigen Gesichtsausdruck: als ob er angestrengt versuchte nicht zu lacheln. Und Lockhart tanzelte um sie alle herum und gab seine Einschatzungen zum Besten.
»Eindeutig ein Fluch, der sie umgebracht hat – vermutlich die Transmutations- Tortur – ich hab's viele Male mit angesehen, leider war ich hier nicht dabei. Ich kenne namlich den Gegenfluch, der sie gerettet hatte…«
Wahrend Lockharts Auslassungen waren immer wieder Filchs trockene, markerschutternde Schluchzer zu horen. Er war auf einem Stuhl neben dem Schreibtisch zusammengesunken, das Gesicht in den Handen vergraben und nicht fahig, einen Blick auf Mrs Norris zu werfen. Sosehr er Filch verabscheute, Harry konnte nicht anders, er empfand ein wenig Mitleid fur ihn, wenn auch nicht so viel wie fur sich selbst. Wenn Dumbledore Filch glaubte, wurde er ihn ohne Frage von der Schule weisen.
Dumbledore murmelte jetzt seltsame Worte vor sich hin und tippte Mrs Norris mit seinem Zauberstab an, doch nichts passierte: sie sah weiterhin aus, als ware sie gerade ausgestopft worden.
»… ich kann mich an einen ganz ahnlichen Vorfall in Ouagadogou erinnern«, sagte Lockhart,»eine Serie von Attacken, nachzulesen in meiner Autobiographie; ich konnte die Dorfbevolkerung mit verschiedenen Amuletten ausstatten, und die Sache war sofort erledigt…«
Die Lockharts an den Wanden nickten allesamt zustimmend. Einer davon hatte vergessen, sein Haarnetz abzunehmen.
Endlich richtete sich Dumbledore auf,
»Sie ist nicht tot, Argus«, sagte er sanft.
Lockhart, der gerade die Zahl der Morde zahlte, die er verhindert hatte, verstummte jah.
»Nicht tot«, wurgte Filch hervor und sah Mrs Norris durch einen Fingerspalt an.»Aber warum ist sie ganz… ganz steif und erstarrt?«
»Sie wurde versteinert«, sagte Dumbledore. (»Ah! Hab ich's mir doch gedacht!«, rief Lockhart.)»Doch wie, kann ich nicht sagen…«
»Fragen sie ihn!«, kreischte Filch und wandte sein fleckiges und tranenverschmiertes Gesicht Harry zu.
»Kein Zweitkla?ler hatte das geschafft«, sagte Dumbledore bestimmt.»Dafur ware schwarze Magie der fortgeschrittensten -«
»Er hat's getan, er hat's getan«, keifte Filch, und sein teigiges Gesicht lief purpurrot an.»Sie haben gesehen, was er an die Wand geschrieben hat! Er hat – in meinem Buro – er wei?, da? ich ein – ich ein -«in Filchs Gesicht trat etwas furchterlich Gequaltes,»er wei?, da? ich ein Squib bin«, stie? er hervor.
»Ich habe Mrs Norris nicht einmal angefasst!«, sagte Harry laut und im Bewusstsein, da? ihn alle ansahen, auch alle Lockharts an den Wanden.»Und ich wei? nicht mal, was ein Squib ist.«
»Unsinn«, schnarrte Filch,»er hat meinen Kwikzaubern-Brief gesehen!«
»Wenn ich etwas dazu sagen darf, Direktor«, sagte Snape aus dem Schatten heraus, und Harrys ungute Vorahnung verstarkte sich; gewi? wurde Snape nichts zu sagen haben, was ihm helfen konnte.
»Potter und seine Freunde waren vielleicht nur zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte er, und seine Lippen krauselten sich in einem Anflug von Hame, als ob er dies bezweifelte,»aber wir