»Sie haben sie selbst geschrieben«, rief Harry.
»Mein lieber Junge«, sagte Lockhart, richtete sich auf und sah Harry stirnrunzelnd an.»Benutzen Sie doch Ihren gesunden Menschenverstand. Meine Bucher hatten sich nicht halb so gut verkauft, wenn die Leute nicht glauben wurden, ich hatte das alles getan. Keiner will etwas uber einen ha?lichen alten armenischen Zauberer lesen, auch wenn er ein Dorf vor den Werwolfen gerettet hat. Auf dem Umschlag wurde er furchterlich aussehen. Keinen Schimmer, wie man sich gut anzieht. Und die Hexe, die die Todesfee von Bandon verbannt hat, hatte eine Hasenscharte. Na horen Sie mal -«
»Also haben Sie einfach den Ruhm fur das eingeheimst, was andere Leute getan haben?«, sagte Harry unglaubig.
»Harry, Harry«, sagte Lockhart, ungeduldig den Kopf schuttelnd.»Gar so einfach ist es nicht. Es hat Arbeit gekostet. Ich mu?te diese Leute aufspuren. Sie fragen, wie sie es genau gemacht haben. Dann mu?te ich sie mit einem Vergessenszauber belegen, so da? sie sich nicht daran erinnern wurden. Wenn es etwas gibt, auf das ich stolz bin, dann sind es meine Vergessenszauber. Nein, es war eine Menge Arbeit, Harry. Es reicht nicht, Bucher zu signieren und Fotos in den Zeitungen zu haben, mussen Sie wissen. Wenn Sie Ruhm wollen, mussen Sie sich auf eine ziemliche Schinderei vorbereiten.«
Er schlug die Kofferdeckel zu und verschlo? sie.
»Mal sehen«, sagte er.»Ich glaube, ich hab alles. ja. Nur noch eins.«
Er zuckte seinen Zauberstab und drehte sich zu ihnen herum.
»Tut mir furchtbar Leid, Jungs, aber ich mu? euch jetzt mit einem Vergessenszauber belegen. Kann es nicht brauchen, wenn ihr all meine Geheimnisse ausplaudert. Ich wurde kein Buch mehr verkaufen -«
Harry kam noch rechtzeitig an seinen Zauberstab. Lockhart wollte gerade seinen heben, als Harry rief.-»Expelliarmus!«
Lockhart flog nach hinten und fiel rucklings uber seinen Koffer. Sein Zauberstab wirbelte durch die Luft; Ron fing ihn auf und warf ihn aus dem offenen Fenster.
»Den hatten Sie uns von Professor Snape nicht zeigen lassen durfen«, sagte Harry wutend und stie? Lockharts Koffer zur Seite. Lockhart, der nun wieder schlaff wirkte, sah zu ihm hoch. Harry hatte den Zauberstab immer noch auf ihn gerichtet.
»Was haben Sie vor?«, sagte Lockhart mit matter Stimme.»Ich wei? nicht, wo die Kammer des Schreckens ist. Ich kann nichts tun.«
»Sie haben Gluck«, sagte Harry und zwang Lockhart mit vorgehaltenem Zauberstab aufzustehen.»Wir glauben zu wissen, wo sie ist. Und was drin ist. Gehen wir.«
Lockhart vor sich herschiebend verlie?en sie das Buro und gingen die nachste Treppe hinunter, den dunklen Korridor entlang, wo die Botschaften an den Wanden leuchteten, bis zur Klotur der Maulenden Myrte.
Sie schickten Lockhart als Ersten hinein. Harry sah vergnugt, da? er zitterte.
Die Maulende Myrte sa? auf der Kloschussel in der letzten Kabine.
»Oh, du bist es«, sagte sie, als sie Harry erkannte.»Was willst du diesmal?«
»Dich fragen, wie du gestorben bist«, sagte Harry.
Schlagartig anderte sich Myrtes ganzes Gebaren. Sie sah aus, als ob ihr noch nie jemand eine so schmeichelhafte Frage gestellt hatte.
»Ooooh, das war schrecklich«, sagte sie genu?lich.»Es ist hier drin geschehen. Ich bin in dieser Kabine gestorben. Ich erinnere mich noch so gut daran. Ich versteckte mich, weil Olive Hornby mich wegen meiner Brille hanselte. Die Tur war verriegelt, und ich weinte, und dann horte ich jemanden hereinkommen. Dann wurde etwas Komisches gesagt. Eine andere Sprache mu? es gewesen sein. jedenfalls, was mich wirklich gewundert hat, war, da? ein Junge sprach. Also hab ich die Tur aufgemacht, um ihm zu sagen, er solle gefalligst verschwinden und sein eigenes Klo benutzen, und dann -«Myrte schwoll an und ihr Gesicht glanzte»- dann bin ich gestorben.«
»Wie?«, sagte Harry.
»Keine Ahnung«, sagte Myrte mit gedampfter Stimme.»Ich wei? nur noch, da? ich ein Paar gro?er gelber Augen gesehen habe. Mein ganzer Korper wurde starr und dann bin ich davongeschwebt…«Sie sah Harry traumverloren an.»Und dann kam ich wieder zuruck. Ich war entschlossen, mit Olive Hornby meinen Schabernack zu treiben. Oh, es tat ihr ja so Leid, da? sie jemals uber meine Brille gelacht hatte.«
»Wo genau hast du diese Augen gesehen?«, sagte Harry.
»Irgendwo dort«sie deutete auf das Waschbecken gegenuber.
Harry und Ron sturzten darauf zu. Lockhart hielt sich im Hintergrund, mit einem Ausdruck sprachlosen Entsetzens im Gesicht.
Es sah aus wie ein gewohnliches Waschbecken. Sie untersuchten jeden Zentimeter, innen und au?en, und auch die Rohre darunter. Und dann stutzte Harry: an der Seite eines der kupfernen Wasserhahne war eine winzige Schlange eingekratzt.
»Der Hahn hat nie funktioniert«, sagte Myrte munter, als sie ihn aufdrehen wollten.
»Harry«, sagte Ron.»Sag was. Etwas in der Parselsprache.«
»Aber -«Harry uberlegte fieberhaft. Er hatte immer nur dann Parsel sprechen konnen, wenn er es mit einer echten Schlange zu tun hatte. Er starrte die winzige Gravur an und versuchte sich vorzustellen, es sei eine lebende Schlange.
»Mach auf«, sagte er.
Er sah Ron an, der den Kopf schuttelte.
»Noch mal«, sagte er.
Harry blickte wieder auf die Schlange und versuchte sich einzureden, sie wurde leben. Wenn er den Kopf bewegte, sah es im Kerzenlicht so aus, als wurde sie ein wenig schlangeln.
»Mach auf«, sagte er.
Doch es waren nicht diese Worte, die er horte; ein unheimliches Zischen war ihm entwischt, und sofort ergluhte der Hahn strahlend hell und begann sich zu drehen – kurz darauf begann sich das Waschbecken zu bewegen. Es versank ganzlich in die Wand und gab das Ende eines gro?en Rohres frei, breit genug, damit ein Mensch hindurchrutschen konnte.
Harry horte Ron aufstohnen und sah hoch. Er fa?te einen Entschlu?.
»Ich gehe da runter«, sagte er.
Er konnte jetzt nicht weggehen, nicht jetzt, da sie den Eingang zur Kammer gefunden hatten, nicht, wenn es auch nur den geringsten, unglaublichsten, verrucktesten Hoffnungsschimmer gab, da? Ginny noch lebte.
»Ich auch«, sagte Ron.
Einen Moment lang herrschte Schweigen.
»Nun, Sie scheinen mich wohl kaum zu brauchen«, sagte Lockhart mit dem Schatten seines alten Lachelns auf dem Gesicht.»Ich werde dann -«
Er griff zum Turknopf, doch Ron und Harry richteten ihre Zauberstabe auf ihn.
»Sie werden als Erster gehen«, knurrte Ron.
Wei? im Gesicht und zauberstablos naherte sich Lockhart der Offnung.
»Jungs«, sagte er mit schwacher Stimme. Jungs, was nutzt das?«
Harry stach ihm mit dem Zauberstab in den Rucken. Lockhart steckte die Beine in das Rohr.
»Ich glaube wirklich nicht -«, fing er an, doch Ron gab ihm einen Sto? und er schlitterte davon. Harry folgte ihm rasch. Er stieg ins Rohr hinein und lie? sich hinabgleiten.
Es war, als rauschte er eine endlose, schleimige, dunkle Rutschbahn hinab. Er sah andere Rohre in alle Richtungen abzweigen, doch keines war so dick wie das ihre, das in unendlich vielen Windungen steil abwarts lief, und Harry wu?te, da? es tief hinabging unter die Schule, in Tiefen weit unterhalb der Kerker. Hinter sich konnte er Ron horen, den es in den Biegungen sacht gegen die Wande schlug.