man mich womoglich als Retter der Menschheit feiern, und doch - das schwore ich - ware mir mehr daran gelegen, Hallams Gesicht zu sehen, wenn er es erfahrt. Da ich nicht gerade stolz auf dieses Gefuhl bin, werde ich wahrscheinlich darauf bestehen, den Ruhm mit Lamont zu teilen, der ihn immerhin auch verdient hat, und mein Vergnugen darauf zu beschranken, Lamonts Gesicht zu beobachten, der seinerseits Hallams Gesicht beobachtet. Die Sache ware dann um eine Stufe zuruckversetzt...Aber ich rede Unsinn... Selene?' 'Ja, Ben?'

'Wann haben Sie gemerkt, da? Sie Intuitionist sind?' 'Ich wei? es nicht genau.'

'Ich nehme an, Sie haben in der Schule Physik gehabt?' 'O ja. Auch etwas Mathematik. Aber darin war ich nie gut. Genau genommen war ich auch in Physik keine Leuchte. Wenn ich in Not war, versuchte ich die Antworten immer zu erraten; Sie wissen schon: ich versuchte zu erraten, was ich tun mu?te, um zu den richtigen Antworten zu kommen. Das klappte oft, und wenn ich anschlie?end gefragt wurde, warum ich etwas so getan hatte und nicht anders, blieb ich meistens stecken. Die Lehrer meinten, ich schummelte, konnten mir aber nichts beweisen.'

'Auf den Intuitionismus sind sie nicht gekommen?' 'Ich glaube nicht. Ich selbst ja auch nicht. Bis - nun, einer meiner ersten Sex-Partner war Physiker. Er ist auch der Vater meines Kindes - vorausgesetzt, das Sperma kam wirklich von ihm. Er hatte ein fachliches Problem und erzahlte mir davon, als wir hinterher im Bett lagen - vermutlich suchte er nur einen Gesprachsstoff. Und ich erwiderte: 'Ich glaube, ich hab's!' und sagte es ihm. Er probierte es aus - nur so zum Spa?, wie er sagte , und es funktionierte. Damit war der erste Schritt auf dem Weg zum Pionisator getan, den Sie ja fur viel besser halten als das Protonensynchrotron.'

'Der war Ihre Idee?' Denison hielt einen Finger unter das tropfende Wasser und wollte ihn in den Mund stecken. Im letzten Augenblick hielt er inne. 'Ist das Wasser sauber?'

'Es ist vollig steril', antwortete Selene. 'Es kommt in das allgemeine Reservoir und wird dort aufbereitet. Es ist mit Sulfaten, Karbonaten und ein paar anderen Dingen durchsetzt. Schmecken wird es Ihnen nicht.'

Denison rieb sich die Finger an seinem Hoschen ab. 'Sie haben den Pionisator erfunden?'

'Nicht erfunden. Ich hatte nur die Grundidee. Es war noch ein weiter Weg bis zur fertigen Anlage; Barron hat die meiste Arbeit getan.'

Denison schuttelte den Kopf. 'Wissen Sie, Selene, Sie sind ein Phanomen. Sie gehoren eigentlich unter die Aufsicht der Molekularbiologen.'

'O wirklich? Das stelle ich mir aber nicht sehr aufregend vor.'

'Vor etwa einem halben Jahrhundert erlebte der Trend zur genetischen Formung einen Hohepunkt...'

'Ich wei?. Dann gab's eine Bauchlandung und ein Gerichtsurteil. Heute ist die ganze Forschungsrichtung verboten - soweit sich Forschung uberhaupt fur illegal erklaren la?t. Ich kenne Leute, die trotzdem weitergearbeitet haben.'

'Das kann ich mir vorstellen. Am Intuitionismus?'

'Nein, ich glaube nicht.'

'Ah, aber darauf will ich hinaus. Auf dem Hohepunkt des Trends zur genetischen Formung wurde der Versuch unternommen, eine Intuitionsforschung anzuregen. Fast alle gro?en Wissenschaftler besa?en naturlich intuitive Fahigkeiten, die -wie man glaubte der wichtigste Schlussel zum schopferischen Denken waren. Es hie?, da? ein gesteigertes Intuitivvermogen das Produkt besonderer Gene-Kombinationen ware, und daraus folgten alle moglichen Spekulationen uber die Natur dieser Kombination.'

'Ich wurde sagen, da kamen sicher eine ganze Reihe in Frage'

'Und ich wurde sagen, wenn die Intuition Ihnen das zuflustert, haben Sie vermutlich recht. Aber es gab auch Leute, die ein Gen oder eine kleine Gruppe zusammenhangender Gene -in der Kombination fur besonders ausschlaggebend hielten, so da? man vielleicht von einem Intuitionsgen sprechen konnte... Dann brach die ganze Angelegenheit zusammen.'

'Wie ich schon sagte.'

'Aber bevor sie zusammenbrach', fuhr Denison fort, 'hatte man schon Versuche unternommen, Gene zu andern, um die Intensitat des Intuitionismus zu steigern, und einige behaupteten auch, da? da schon ein gewisser Erfolg erzielt worden ware. Die veranderten Gene wanderten in die allgemeine Erbmasse, da bin ich sicher, und wenn Sie zufallig etwas davon geerbt haben sollten... Hatten Ihre Gro?eltern vielleicht mit dem Programm zu tun?'

'Soweit ich wei?, nicht', erwiderte Selene, 'aber ich kann es nicht ausschlie?en. Ein Gro?vater konnte wohl in Frage kommen... Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich der Sache nicht nachgehen. Ich will es nicht wissen.'

'Ist vielleicht auch besser. Das Thema war in der Allgemeinheit bald unbeliebt, und wer heute als Produkt genetischer Formung angesehen werden mu?te, wurde sicherlich nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen... Intuitionismus, so hie? es zum Beispiel, brachte unweigerlich gewisse andere unerwunschte Eigenschaften mit sich.'

'Vielen Dank.'

'Hie? es. Wer Intuition besitzt, erregt Neid und Feindseligkeit bei anderen. Auch ein sanfter und engelgleicher Intuitionist wie Michael Faraday zog sich den Neid und den Ha? Humphrey Davys zu. Wer will wissen, ob man nicht einen gewissen Charakterfehler haben mu?, um Neid zu erwecken. Und in Ihrem Fall...'

'Na, Ihren Neid und Ha? werde ich doch nicht gerade erregen.'

'Ich glaube nicht. Wie steht es aber mit Neville?'

Selene schwieg.

'Als Sie sich mit Neville zusammentaten', fuhr Denison fort, 'waren Sie als Intuitionist doch schon allgemein bekannt.'

'Allgemein bekannt wurde ich nicht sagen. Einige Physiker ahnten etwas, ganz bestimmt. Doch hier oben wird Anerkennung ebenso ungern ausgesprochen wie auf der Erde, und wahrscheinlich beruhigten sie sich mit dem Gedanken, da? meine Kommentare nur mehr oder weniger bedeutungslose Zufallstreffer waren. Barron wu?te es naturlich.'

'Ich verstehe.' Denison schwieg.

Selene verzog die Lippen. 'Manchmal habe ich das Gefuhl, Sie wollten gleich sagen: 'Also deswegen gibt er sich mit Ihnen ab!' '

'Nein, naturlich nicht, Selene. Sie sind auch als Person sehr attraktiv.'

'Das meine ich ja auch, aber jedes Kompliment hilft einem weiter. Au?erdem ist es ganz naturlich, da? sich Barron fur meinen Intuitionismus interessiert. Warum auch nicht? Nur bestand er darauf, da? ich weiter als Touristenfuhrerin arbeitete. Er sagte, ich ware ein wichtiges naturliches Werkzeug des Mondes, und er wollte nicht, da? mich die Erde mit Beschlag belegt, so wie sie das Synchrotron blockiert.'

'Komischer Gedanke. Aber vielleicht ging es darum, da?, je weniger Leute uber Ihren Intuitionismus Bescheid wu?ten, desto weniger auch Ihre Mitarbeit an etwas erahnen konnten, das ansonsten ihm allein zugeschrieben wurde.'

'Jetzt horen Sie sich aber fast wie Barron an.'

'Wirklich? Und ist es moglich, da? er sich immer ziemlich aufregt, wenn es mit Ihrem Intuitionismus mal besonders gut klappt?'

Selene zuckte die Achseln. 'Barron ist ein mi?trauischer Mann. Wir alle haben unsere Fehler.'

'Ist es dann klug, hier allein mit mir zu sitzen?'

'Jetzt tun Sie nicht gleich beleidigt, nur weil ich ihn verteidige', sagte Selene scharf. 'Er halt es eigentlich nicht fur moglich, da? wir uns sexuell danebenbenehmen. Sie sind von der Erde. Ich sollte Ihnen vielleicht gleich sagen, da? er unser Zusammensein sogar fordert. Er meint, ich konnte von Ihnen lernen.'

'Und haben Sie das?' fragte Denison kalt.

'O ja ... Aber das mag fur ihn der wichtigste Grund sein, unser Beieinander zu fordern - fur mich ist er es nicht.'

'Und was ist Ihr Grund?'

'Wie Sie sehr wohl wissen', antwortete Selene, 'und wie Sie jetzt auch horen wollen, habe ich Spa? an Ihrer Gesellschaft. Wenn das nicht der Fall ware, konnte ich alles, was ich sonst noch will, wesentlich schneller bekommen.'

'Also gut, Selene, Freunde?'

'Freunde! Absolut!'

'Was haben Sie von mir gelernt? Darf ich das erfahren?'

'Das lie?e sich nicht mit ein paar Worten erklaren. Sie wissen, der Grund, warum wir nicht nach Wunsch an

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