wahrend wir nur eine passive Rolle spielen.'

Er hielt inne und fragte: 'Kennen Sie uberhaupt das Prinzip der Inter-Universum-Elektronenpumpe?'

'In den Grundzugen', sagte Bronowski. 'Jedenfalls soweit, da? ich Ihnen folgen kann, wenn Sie nicht zu sehr in die technischen Einzelheiten gehen.'

Lamont fuhr hastig fort: 'Zweitens: Sie haben uns Instruktionen geschickt, unseren Teil der Pumpe zu bauen. Wir begriffen das alles nicht, doch wir fanden uns wenigstens in den Diagrammen soweit zurecht, da? wir die notigen Hinweise entnehmen konnten. Drittens: Sie konnen uns irgendwie spuren. Zumindest erspuren sie es zum Beispiel, wenn wir irgendwo Wolfram fur sie auslegen. Sie wissen, wo es ist, und konnen darauf einwirken. Etwas Vergleichbares ist uns unmoglich. Da waren noch andere Punkte, doch das Gesagte reicht schon aus, um die Paramenschen eindeutig als intelligenter zu charakterisieren.'

'Ich kann mir aber vorstellen, da? Sie mit dieser Ansicht hier in der Minderheit sind', entgegnete Bronowski. 'Ihre Kollegen werden das kaum akzeptieren.'

'Tun sie auch nicht. Aber wie kommen Sie darauf?'

'Weil Sie sich, wie mir scheint, eindeutig irren.'

'Meine Tatsachen stimmen. Wie kann ich da falsch liegen?'

'Sie beweisen doch nur, da? die Technologie der Paramenschen fortgeschrittener ist als die unsere. Was hat das mit Intelligenz zu tun? Horen Sie mal ' Bronowski stand auf, zog sein Jackett aus und setzte sich wieder - breit zuruckgelehnt, so da? sich die Fulle seines Korpers entspannte und zurechtlegte, als ob ihm die bequeme Stellung das Denken erleichterte , 'vor etwa zweieinhalb Jahrhunderten steuerte ein amerikanischer Kapitan eine Flotte in den Hafen von Tokio. Die Japaner, damals noch isoliert, fanden sich mit einer Technologie konfrontiert, die die ihre um ein Vielfaches uberstieg, und sie kamen zu dem Schlu?, da? Widerstand zu gefahrlich ware. Eine gesamte krieggewohnte Nation war hilflos angesichts einer Handvoll Schiffe aus Ubersee. War das nun ein Beweis dafur, da? die Amerikaner intelligenter waren als die Japaner, oder nur dafur, da? die westliche Kultur eine andere Entwicklung genommen hatte? Offensichtlich doch letzteres, denn funfzig Jahre spater hatten die Japaner die westliche Technologie erfolgreich kopiert und waren wiederum funfzig Jahre spater eine ausschlaggebende Industriemacht - ungeachtet der Tatsache, da? sie in einem der damaligen Kriege eine katastrophale Niederlage hinnehmen mu?ten.'

Lamont horte mit ernstem Gesicht zu und sagte: 'Ich gebe Ihnen recht, Dr. Bronowski, auch wenn ich das mit den Japanern nicht gewu?t habe - ich wunschte, ich hatte die Zeit, mich mehr mit Geschichte zu befassen. Doch Ihr Vergleich stimmt nicht. Es geht um mehr als nur eine technische Uberlegenheit; es geht um einen Unterschied im Intelligenzgrad.'

'Wie wollen Sie das bestimmen, wenn Sie es nicht erraten?'

'Auf Basis der schlichten Tatsache, da? sie uns Anweisungen geschickt haben. Sie wollten, da? wir unseren Teil der Pumpe moglichst schnell bauten, irgendwie mu?ten sie uns dazu bringen. Sie konnten nicht selbst, in persona, heruberkommen; sogar die dunnen Eisenfolien, in die ihre Botschaften graviert waren (die Substanz, die in beiden Welten am stabilsten ist), wurden langsam so radioaktiv, da? man sie pulverisieren mu?te, obwohl uns naturlich Zeit blieb, auf unseren Materialien dauerhafte Kopien zu machen.' Er schopfte Atem. Es wollte ihm scheinen, er war zu aufgeregt, zu eifrig. Er durfte es nicht ubertreiben.

Bronowski musterte ihn neugierig. 'Gut - sie haben uns also Nachrichten geschickt. Was versuchen Sie daraus abzuleiten?'

'Da? sie damit rechneten, wir wurden die Botschaften verstehen. Sie waren doch wohl kaum so dumm, uns ziemlich komplizierte Mitteilungen zu machen, die manchmal auch noch recht lang ausfielen, wenn sie wu?ten, da? wir das alles nicht verstehen wurden!... Wenn die Paramenschen also damit gerechnet hatten, da? wir einen Teil davon verstehen wurden, dann doch nur deswegen, weil sie das Gefuhl hatten, eine Rasse mit einer Technologie, die etwa den gleichen Entwicklungsstand aufwies wie die ihre (und sie mu?ten irgendwie in der Lage gewesen sein, das abzuschatzen - wieder ein Punkt zu meinen Gunsten), mu?te auch annahernd so intelligent sein wie sie und durfte daher kaum Schwierigkeiten haben, etwas aus den Symbolen herauszulesen.'

'Das mag aber auch an ihrer Naivitat liegen', sagte Bro-nowski gleichmutig.

'Sie konnen doch nicht im Ernst die Ansicht vertreten, die Paramenschen glaubten, da? es nur eine gesprochene und geschriebene Sprache gebe und da? jede Intelligenz in einem anderen Universum ebenfalls diese Sprache sprechen und schreiben musse? Ich bitte Sie!'

'Selbst wenn ich Ihnen recht gabe - was erwarten Sie von mir?' fragte Bronowski. 'Ich habe mir die Parasymbole angesehen, wie vermutlich jeder Archaologe und Philologe auf der Erde. Ich wu?te nicht, was ich da tun konnte, und den anderen geht es sicher ebenso. Seit uber zwanzig Jahren sind keine Fortschritte mehr erzielt worden.'

Lamont sagte eindringlich: 'Die Wahrheit ist, da? zwanzig Jahre lang uberhaupt kein Wunsch nach Fortschritten bestand. Die Pumpenbehorde mochte die Symbole nicht entratseln.'

'Warum sollte sie das nicht?'

'Wegen der argerlichen Moglichkeit, da? sich bei einem Kontakt mit den Paramenschen die andere Seite klar als intelligenter erweisen konnte. Und weil das die Menschen als Marionettenpartner der Wesen am anderen Ende der Pumpe entlarven wurde, was naturlich dem Ego nicht wohltut. Und, vor allen Dingen ' Lamont versuchte die Verachtung aus seiner Stimme herauszuhalten , 'weil Hallam dann seinen Ruhm als Vater der Elektronenpumpe verlieren wurde.'

'Nehmen wir einmal an, man wollte doch Fortschritte machen. Was konnte man dann tun? Der Wille ist noch lange nicht die Tat.'

'Man konnte die Paramenschen dazu bringen, mit uns zusammenzuarbeiten. Man konnte Nachrichten in das Parauniversum schicken. Bisher ist so etwas noch nicht geschehen, aber es ware moglich. Eine Nachricht auf Metallfolie lie?e sich unter ein Wolframkornchen legen.'

'Oh? Obwohl die Pumpen in Betrieb sind, halten die Paramenschen noch nach neuem Wolfram Ausschau?'

'Nein, aber sie werden das Wolfram bemerken und vermuten, da? wir damit ihre Aufmerksamkeit erregen wollen. Wir konnten die Nachricht sogar direkt auf eine Wolframfolie gravieren. Wenn sie die dann ubernehmen und uberhaupt etwas davon verstehen, vielleicht nur ein kleines bi?chen, schicken sie uns bestimmt eine Antwort, in der ihre Feststellungen enthalten sind. Vielleicht schicken sie uns eine vergleichende Tabelle ihrer und unserer Vokabeln, oder sie gebrauchen eine Mischung aus ihren und unseren Worten. Es ware ein abwechselnder Informationssto? - zuerst von ihrer Seite, dann von unserer, dann wieder von druben, und so weiter.'

'Wobei die andere Seite', sagte Bronowski, 'die meiste Arbeit macht.'

'Ja.'

Bronowski schuttelte den Kopf. 'Wo liegt da der Spa?? Die Sache reizt mich nicht.'

'Warum nicht?' entgegnete Lamont auffahrend. 'Meinen Sie, es bringt Ihnen nicht genugend Anerkennung? Nicht genug Ruhm? Was sind Sie denn schon - ein Kenner des Ruhms? Was fur eine Art Ruhm hat Ihnen die Sache mit den etruskischen Inschriften uberhaupt gebracht, verdammt! Sie sind funf Konkurrenten zuvorgekommen. Vielleicht sechs. Denen sind Sie bekannt wie ein buntes Huhn und verha?t fur Ihren Erfolg. Was sonst? Sie reisen herum und reden uber das Thema vor einem Publikum, das allenfalls ein paar Dutzend Kopfe ausmacht und das Ihren Namen am nachsten Tag schon vergessen hat. Steht Ihnen der Sinn wirklich danach?'

'Werden Sie nicht dramatisch.'

'Schon gut. Ich besorge mir jemand anders. Dann dauert's eben langer - aber wie Sie selbst sagen, die Paramenschen werden ohnehin die meiste Arbeit tun. Schlimmstenfalls mache ich alles allein.'

'Sind Sie mit diesem Projekt beauftragt?'

'Nein. Und wenn schon! Oder ist das auch ein Grund, warum Sie nichts damit zu tun haben wollen? Disziplinarproble-me? Es gibt kein Gesetz dagegen, eine Ubersetzung zu versuchen, und ich kann Wolfram auf meinen Tisch stellen, soviel ich will. Ich werde davon absehen, die Nachrichten zu melden, die ich im Austausch fur das Wolfram erhalte, und werde insofern den Kodex brechen. Aber wenn die Ubersetzung erst steht, wer fragt dann noch danach? Wurden Sie mitmachen, wenn ich Ihnen absolute Verschwiegenheit garantiere? Da ginge Ihnen der Ruhm naturlich durch die Lappen, aber Ihre Sicherheit ist Ihnen vielleicht noch lieber. Na ja.' Lamont zuckte die Achseln. 'Wenn ich's selbst tue, brauche ich mir wenigstens uber die Sicherheitsprobleme anderer Leute nicht den Kopf zu zerbrechen.'

Er stand auf. Beide Manner waren wutend und begegneten sich mit der umstandlichen Hoflichkeit zweier verfeindeter, aber noch immer auf Manieren bedachter Parteien. 'Ich darf zumindest annehmen', sagte Lamont,

Вы читаете Lunatico oder Die nachste Welt
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату