irischen Missionare und alle die Angelsachsen, die der gleichen Meinung waren, auf die Insel der Wei?en Kuh - Inis Bo Fin - vor der Kuste von Connacht. Manche von ihnen - hauptsachlich die Angeln und Sachsen - grundeten ein anderes Zentrum auf dem Festland, das >Maigh Eo der Angelsachsen« hei?t. Doch wir weigerten uns, Colman zu folgen, uns aus diesem Land zuruckzuziehen und die Niederlage unserer Sache einzugestehen. Also sind wir hiergeblieben als Missionare aus den funf Konigreichen und bemuhen uns, die gro?e Wahrheit zu verbreiten.«

Er wandte sich um und betrachtete Bruder Eadulfs Tonsur, die Tonsur des heiligen Petrus, die erkennen lie?, da? er die Regeln Roms befolgte.

»Ich sehe, da? du, Bruder, nicht unseren Weg gehst?«

Eadulf zuckte die Achseln. »Nicht in allen Einzelheiten. Aber es gibt mehr, was uns verbindet, als das wenige, was uns trennt. Wie Schwester Fidelma besuchte auch ich die Synode von Whitby. Wenn wir an den einen Gott glauben, dann ist Raum fur uns alle, ihn auf unsere Weise zu verehren.«

Bruder Laisre runzelte kurz die Stirn. »Der Meinung bin ich nicht. Hatte ich die Veranderungen des Glaubens, die die Bischofe von Rom vorgenommen haben, fur richtig gehalten, dann wurde ich nicht mehr in diesem ungastlichen Land leben, sondern ware zu meinen grunen Talern am gro?en Flu? An tSiona zuruckgekehrt.«

Fidelma rausperte sich. Sie wollte sich nicht durch theologische und liturgische Dispute ablenken lassen.

»Ich nehme an, dies ist der Ort, an dem Gadra, der Furst von Maigh Eo, das troscud ausfuhren will?«

Garb fuhr auf. »Woher ...?« Sein Blick fiel auf Eadulf, und er beruhigte sich. »Ich verstehe. Du bist schlau, Fidelma.«

Fidelma schuttelte den Kopf.

»Es war Bruder Eadulf, der zu dieser Folgerung kam. Doch die Frage ist, ob dein Vater Gadra einsieht, da? Cild, der nicht einmal die Gesetze seines eigenen Volkes respektiert, sich noch viel weniger an die Gesetze unseres Volkes halten wird? Er wurde sein Leben nutzlos wegwerfen.«

Garb schob die Unterlippe vor und nickte halb.

»Mein Vater ist ein starrsinniger Mensch, der sich so etwas gar nicht vorstellen kann.«

»Ich mochte mit ihm sprechen.«

»Das kannst du, aber im Augenblick ruht er. Vorher mochte ich noch wissen, was dich in diese Angelegenheit hineingezogen hat. Du sagtest, es hatte etwas mit Bruder Botulf zu tun?«

»Das stimmt«, erklarte Fidelma. »Aber das ist Bruder Eadulfs Geschichte, und ich bin sicher, er hat nichts dagegen, sie zu erzahlen.«

Eadulf nickte. »Naturlich nicht, vorausgesetzt, wir tauschen unser Wissen aus. Sind wir uns einig, da? es in Aldreds Abtei ein ubles Geheimnis gibt?«

»Es gibt dort ein Ubel«, sagte Garb schroff. »Das ist Abt Cild.«

»Der Abt ist anscheinend ein Mann von ausgefallenen Meinungen und Handlungen«, schaltete sich Fidelma ein, »doch ob er damit ein Ubel darstellt, das ist eine Frage, die wir spater erortern konnen.«

Bruder Laisre schnaubte. »Ich meine, es ist keine Frage, da? er ein Ubel ist. Cild hat zwei meiner Bruder hangen lassen, die er gefangengenommen hatte. Er lie? sie als Ketzer gegen den Glauben hinrichten -oder vielmehr gegen seine besondere Auslegung des Glaubens.«

Fidelmas Augen weiteten sich leicht.

»Wir sind uns einig«, warf Eadulf ein, »da? Cild ein harter Mensch ist. Man braucht nur seinen leiblichen Bruder danach zu fragen, was der von ihm halt. Aber wir benotigen mehr Erkenntnisse, wie ich schon sagte. Ich kam zu dem Kloster, weil ich eine Nachricht von meinem Jugendfreund Bruder Botulf erhalten hatte, doch als ich eintraf, stellte ich fest, da? er ermordet worden war. Neulich nacht in der Kapelle schienst du anzudeuten, da? Abt Cild Botulf ermordet hatte. Warum?«

Garb blickte Bruder Laisre an und seufzte.

»Du sagst, du seist Bruder Botulfs Freund? Ich wurde gern horen, was du uns mitteilen kannst, und dann sage ich dir, was wir wissen.«

Eadulf wechselte einen Blick mit Fidelma, die ihr Einverstandnis zu erkennen gab.

»Irgendwo mussen wir anfangen«, meinte sie. »Wissen im Tausch gegen Wissen.«

Kurz, aber mit allen wichtigen Einzelheiten berichtete Eadulf, warum sie die Reise zu Aldreds Abtei unternommen hatten und was ihnen dort widerfahren war, einschlie?lich seines Gesprachs mit dem geachteten Bruder des Abts.

Als Eadulf seine Erzahlung beendet hatte, schlug Bruder Laisre vor, das Gesprach bei hei?er Suppe fortzusetzen. Sobald sie um den Tisch versammelt waren, nahm nun Garb das Wort.

»Drei Sommer sind vergangen, seit meine Familie Cild kennenlernte. Er gehorte zu den angelsachsischen Brudern, die zum Studium an das religiose Haus von Maigh Eo kamen, in der Ebene der Eiben, wo mein Vater Gadra als Furst herrscht. Er war anders als die Monche, die ich kannte. Er ahnelte mehr einem Krieger, war zornig, aggressiv und anspruchsvoll.«

Garb hielt inne, als ordne er seine Gedanken.

»Wir waren nicht sonderlich an ihm interessiert, bis er anfing, Eindruck auf meine jungere Schwester Gelgeis zu machen. Sie vernarrte sich vollig in ihn.«

Fidelma beugte sich vor. »Du sagst nicht, da? sie sich in ihn verliebte. Wie alt war Gelgeis?«

Garb schaute sie an. »Ach, sie war uber das Alter der Wahl hinaus, wenn du das meinst. Sie war auch zu allem entschlossen. Sie war ebenso starrkopfig wie mein Vater. Er und ich bemuhten uns, ihr eine Heirat mit Cild auszureden. Sogar meine Schwester Mella riet ihr davon ab. Aber Gelgeis war ganz berauscht von Cild. Nein, ich sage nicht, da? sie den Mann liebte. Ich glaube, sie war von ihm hypnotisiert. Bevor wir Weiteres unternehmen konnten, hatten sie und Cild unser Land verlassen und waren hierher gekommen.«

»Kann ich daraus folgern, da? du glaubst, da? Cild deine Schwester nicht liebte?«

»Cild ist zu vielen Gefuhlen fahig«, erwiderte Garb, »doch ich meine nicht, da? die Liebe dazu zahlt. Er begehrte meine Schwester wegen der materiellen Vorteile, die er, wie er annahm, durch sie gewinnen wurde. Er verstand unsere Gesetze nicht so richtig. Er dachte, wenn er erst einmal verheiratet ware, wurde mein Vater ihn mit Reichtum und einer hohen Stellung ausstatten.«

»Aber Cild kam doch hierher und erlangte die Stellung als Abt.«

»Allerdings als ein armer Abt. Doch mein Vater sah ein, da? die Situation meiner Schwester nicht mehr zu andern war, und lie? sie wissen, er habe ihr vergeben, da? sie ihm das Herz gebrochen hatte, indem sie mit dem Angelsachsen durchbrannte. Aber eine Mitgift werde sie nicht erhalten, und Cild ware in Maigh Eo nicht willkommen. Danach erreichten uns im folgenden Jahr nur zwei Botschaften von Gelgeis.«

Eadulf horchte auf. »Botschaften? Wer hat sie uberbracht?«

»Ein Monch namens Bruder Pol. Wie Bruder Laisre schon erwahnt hat, hei?t die Gemeinschaft von Maigh Eo das >Maigh Eo der Angelsachsen<. Es bestehen haufige Verbindungen zwischen Maigh Eo und einigen angelsachsischen Monchen. Gelgeis verstand es, die Og-ham-Schrift einzuritzen, und schickte ihre Botschaften auf Haselnu?staben, so da? nur wenige au?erhalb unseres Kreises den Inhalt entziffern konnten.«

»Und was schrieb sie?« fragte Fidelma.

»In der ersten Botschaft hie? es, Cild sei zum Abt von Aldreds Abtei erhoben worden und sie und er wohnten dort. Sie erklarte, sie sei glucklich, habe aber gro?es Heimweh.«

Er hielt einen Moment inne.

»Es war die Wahl ihrer Worte, die uns vermuten lie?, sie sei nicht ganz ehrlich und mit ihrem Leben unzufrieden. Die zweite Botschaft bestatigte unsere Befurchtungen. Sie war unglucklich, aber sie erklarte uns nicht, warum. Bruder Pol erzahlte uns, er nehme an, da? Cild sie mi?handle, denn er habe eine Wunde wie von einem Peitschenhieb an ihrem Arm gesehen. Wir baten Bruder Pol, Verbindung zu Gelgeis zu halten und uns auf seiner nachsten Reise neue Botschaften mitzubringen.«

Fidelmas Augen weiteten sich leicht. »Die Nachricht von ihrer unglucklichen Lage hat nicht einen aus eurer Familie veranla?t, Gelgeis nach Hause zu holen?«

Garb sah verlegen aus. »Mein Vater meinte, Bruder Pols Vermittlung sei genug. Aber wir horten nichts mehr von ihm, und viele Monate spater baten wir Bruder Laisre hier, Kontakt mit ihr aufzunehmen ...«

»Einen Moment«, unterbrach ihn Fidelma. »Woher kanntet ihr Bruder Laisre?«

Der irische Monch gab selbst die Antwort.

»Bruder Pol, der Verbindungsmann, der Gelgeis’ Botschaften nach Maigh Eo brachte, hatte Gadra von

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