bleiben, wenn er daran dachte, welche Schwierigkeiten der Verlust der Herde mit sich bringen konnte. Deshalb war er angenehm uberrascht, als sich herausstellte, da? wenigstens der Karren mit den beweglichen Besitztumern der Gruppe noch an seinem Platz stand. Die Herde war nirgendwo zu sehen.

„Ich glaube, wir konnen etwas Zeit sparen“, sagte er schlie?lich, als feststand, welche Gegenstande noch zu gebrauchen waren. „Wir machen uns auf den Weg zur Kuste und tragen das Flo? mit. Der Karren bleibt hier, und wir hinterlassen eine Nachricht fur die anderen, die uns entweder folgen oder ein neues Lager einrichten. Wir unternehmen die ersten Versuche mit dem Flo? und suchen die Kuste ab, bis es dunkel wird.“

„Wie meinst du das?“ erkundigte sich Nick. „Sollen wir nur so lange suchen, da? wir vor Anbruch der Dunkelheit dieses Lager erreichen, oder wollen wir die Suche erst bei Anbruch der Dunkelheit abbrechen?“

„Wir suchen so lange wie moglich und bewegen uns erst in der Dammerung landeinwarts“, entschied Raeker.

„Dann mussen die anderen sofort nach ihrer Ankunft das Lager verlegen und zu uns nach Suden kommen. Ohne die Herde sind wir auf das angewiesen, was wir tagsuber erlegen.“

„Ohne die Herde? Ich dachte, Jim und Jane hatten einige Stuck Vieh gefunden?“

„Richtig, aber langst nicht alle. Wir durfen keine mehr schlachten, bevor nicht wieder Junge ausgeschlupft sind. Diesmal waren nicht einmal Schuppen zu finden.“

„Vielleicht haben die Tiere sich nur verlaufen.“

„Moglich, aber das macht keinen Unterschied fur uns. Wenn wir jetzt alle aufbrechen, konnen wir nicht nach ihnen suchen.“

Raeker uberlegte angestrengt. Der Verlust der Herde bedeutete einen schweren Schlag fur die Eingeborenen; die Ausbildung und Erziehung, die ihnen bisher vermittelt worden waren, genugten allein nicht, um aus Nomaden ein Kulturvolk mit geistigen Interessen zu machen. Ohne die Herde wurden Raekers Schuler ihre Zeit damit verbringen mussen, sich nach Essen umzusehen und auf die Jagd zu gehen. Trotzdem wurden sie uberleben; Easy und ihr Begleiter mu?ten jedoch vermutlich sterben, wenn sie nicht bald gerettet wurden. Deshalb bestand das Problem eigentlich nicht darin, ob und wie viele Eingeborene nach der Herde suchen sollten, sondern wer von ihnen mit dem Flo? an die Kuste marschieren sollte.

Selbstverstandlich war anzunehmen, da? zwei Eingeborene das Flo? weniger als vier belasten und unter Umstanden zum Kentern bringen wurden. Andererseits konnten vier es rascher fortbewegen — Raeker fiel plotzlich ein, da? er vergessen hatte, mit Nick daruber zu sprechen, wie das Flo? uberhaupt fortbewegt werden sollte. Vermutlich wurden die Eingeborenen Paddel herstellen mussen, denn auf einem praktisch windstillen Planeten war von Segeln nicht viel zu erwarten. Wenn das Flo? aber mit Muskelkraft fortbewegt wurde, war es bestimmt besser, so viele Muskeln wie moglich zur Verfugung zu haben.

„Ihr macht euch jetzt alle auf den Marsch zum Meer. Das Problem mit der Herde konnen wir spater losen. Wenn das Flo? euch nicht alle tragt, gehen die Uberzahligen zuruck und suchen nach dem Vieh.

Zunachst haben die Rettungsma?nahmen den Vorrang.“

„Wird gemacht.“ Nick gab die zustimmende Antwort nicht so bereitwillig, wie Raeker annahm, denn schlie?lich hatte er sein ganzes Leben lang gehort, da? die Herde der wichtigste Besitz der Gruppe sei.

Wenn die Suche nach dem Bathyskaphen plotzlich noch wichtiger war, mu?te der Lehrer gro?en Wert darauf legen; Nick war keineswegs dieser Meinung und machte sich deswegen Sorgen.

Die vier Eingeborenen konnten das Flo? ohne Muhe transportieren, obwohl heftige Windsto?e sie am Vorankommen hinderten — heute blies der Sturm noch heftiger als am Abend zuvor, uberlegte Nick. In gewisser Beziehung war das sogar ein Vorteil; ein letzter Blick auf die wenigen Tiere, die jetzt die ganze Herde darstellten, zeigte ein riesiges Schwebetier, das von dem Wind weitergetrieben wurde und trotz aller Anstrengungen nicht wieder zu der fast hilflosen Herde zuruck konnte. Nick wies seine Begleiter auf diese Tatsache hin, um zu verhindern, da? sie sich Sorgen machten, die nicht gerechtfertigt waren.

Als sie kurze Zeit spater die wenigen Kilometer bis zur Kuste zuruckgelegt hatten, verloren sie keine Zeit, bevor sie das Flo? ausprobierten. Sie trugen es in tieferes Wasser, setzten es ab und kletterten hinauf.

Es zeigte sich trotz der Belastung durch die vier Eingeborenen schwimmfahig — gerade noch. Die Luftkissen sanken so tief ein, da? die vier mit den Fu?en im Meer standen. Trotzdem bestand die gro?te Schwierigkeit nicht darin, an der Oberflache zu bleiben, sondern in dem labilen Gleichgewichtszustand der ganzen Konstruktion. Nicks Freunde waren zwar alle gleich alt, aber ihr Korpergewicht unterschied sich teilweise betrachtlich voneinander. Das Flo? sank standig an einer Seite tiefer ein, worauf die Eingeborenen sich hastig an die gegenuberliegende Seite zuruckzogen, die nun ihrerseits zu sinken begann. Sie brauchten einige Minuten, bis sie gelernt hatten, wie sie ihr unterschiedliches Gewicht verteilen mu?ten, um allzu heftige Schwankungen zu vermeiden.

Etwas langer dauerte es allerdings, bis sie gelernt hatten, wie man mit den Paddeln umging, die sie unter Fagins Anleitung hergestellt hatten. Der Roboter selbst konnte hier nicht mehr viel ausrichten; wenn er an der Kuste blieb, war auf den Bildschirmen nicht mehr deutlich genug zu erkennen, was sich auf dem Meer abspielte. Folgte er jedoch dem Flo?, dann ri? die Verbindung mit Nick ab, denn die Grenzschicht zwischen Schwefelsaure und Luft verschluckte Schallwellen fast vollig.

„Warum lassen Sie Ihre Leute uberhaupt suchen?“ erkundigte sich Aminadabarlee bei Raeker. „Der Roboter kann schneller an der Kuste entlangrollen, als sie das lacherliche Flo? paddeln, und der gestrandete Bathyskaph schwimmt ohnehin nicht im Meer. Warum lassen Sie Ihre Schuler die Maschine nicht zu Fu? begleiten, wenn Sie meinen, da? sie etwas ausrichten konnen?“

„Sie haben durchaus recht, Councillor“, antwortete Raeker ungeruhrt, „aber leider sind die beiden Kinder eben nur per Flo? erreichbar. Wir wurden Zeit verlieren, wenn Nick und seine Freunde zuruckkommen mu?ten, um das Flo? zu holen nachdem sie festgestellt haben, wo der Bathyskaph liegt.“

„Richtig“, antwortete der Drommianer. Raeker warf ihm einen erstaunten Blick zu, denn dieses Zugestandnis hatte er keineswegs erwartet; aber er hatte nicht genugend Zeit, sich mit den Grunden dafur zu befassen, denn Nick mu?te weiterhin beobachtet werden. Dann erinnerte er sich jedoch an Richs Ermahnungen und wandte sich nochmals an den Diplomaten. „Mir ist eben eingefallen, wie Sie uns helfen konnten, Sir. Sie haben doch mit Ihrem Sohn gesprochen — glauben Sie, da? er sich besser fuhlen wurde, wenn er eine nutzliche Beschaftigung hatte?“

„Zum Beispiel?“

„Nun, wenn er Sprachen so rasch lernt, wie Easy Rich es angeblich kann, ware er vielleicht eher in der Lage, etwas von den Hohlenbewohnern zu erfahren.

Swift wei? ganz offensichtlich, wo Nicks Lager und der Bathyskaph sich befinden; uns ware schon viel damit geholfen, wenn jemand aus ihm herausbekommen konnte, wie man von einem zum anderen kommt.“

Raeker konnte den Gesichtsausdruck des Drommianers nicht deuten, aber in der Stimme des anderen schwang eine gewisse Hochachtung mit.

„Das ist der erste vernunftige Vorschlag, den ich seit funf Wochen von einem Menschen gehort habe“, sagte er. „Ich werde Aminadorneldo erklaren, was er zu tun hat.“

Aminadabarlee machte sich sofort auf den Weg in die Nachrichtenzentrale der Vindemiatrix, denn der Bildschirm in Raekers Kontrollraum war in einer entfernten Ecke angebracht, in der sein massiger Korper kaum genugend Platz fand. In der Nachrichtenzentrale herrschte reger Betrieb, und der Drommianer erkannte das Gesicht des Madchens auf dem Bildschirm, um den sich die Manner scharten. Sein Sohn war ebenfalls zu sehen, stand allerdings im Hintergrund — wie immer, uberlegte Aminadabarlee — und horte schweigend zu. Die Manner lauschten aufmerksam, und der Drommianer tat unbewu?t das gleiche, ohne sich sofort in den Vordergrund zu drangen.

„Wir bekommen immer wieder dieselbe Antwort“, berichtete Easy eben. „Zuerst schien er uberrascht zu sein, da? wir uberhaupt danach fragten; jetzt ist er daruber hinweg, behauptet aber nach wie vor, da? Nick und Fagin ihm gesagt haben, wo wir sind.“

„Das klingt reichlich merkwurdig“, meinte einer der Wissenschaftler. „Sind Sie wirklich davon uberzeugt, da? Sie ihn richtig verstanden haben?“

„Vollig“, antwortete Easy, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. „Swift behauptet, da? alle seine Informationen von Nick stammen, der sie wiederum von dem Roboter haben soll. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, was Nick dem Spaher erzahlt hat, aber vielleicht ergibt sich aus den Tonbandaufzeichnungen ein Hinweis. Entweder ist der Spaher selbst auf die richtige Idee gekommen, oder Swift hat seinen Bericht entsprechend ausgewertet. Ich halte allerdings die erste Losung fur wahrscheinlicher.“

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