Mehr als zwanzig Priesterinnen waren notig, um den Schmuck der Gottin zu tragen. Es waren goldene Armreife und Diademe, Perlenketten, Ohrgehange aus hauchdunnen Goldplattchen und mit bunten Edelsteinen verzierte Gurtel. Philippos gingen schier die Augen uber. Mit dem, was dieser Schmuck wert sein mu?te, konnte man eine ganze romische Legion ausrusten und auf ein Jahr lang besolden. Was
Was hatten die Epheser nur aus der stolzen Jagerin in ihrem kurzen
Unwillig blickte Philippos zu jener Priesterin hinab, die das seltsamste Kleidungsstuck der Gottin trug. Es war ein breiter, bis unter die Bruste reichender Gurtel, auf den die gegerbten und mit Krautern und Sagespanen aufgepolsterten Hodensacke jener Stiere aufgenaht waren, die man der
Trotz seines Argers stimmte auch Philippos in das Jubelgeschrei zu Ehren der Gottin ein. Es war seine
Ihr und nicht jenem Zerrbild, das die Epheser aus der jungfraulichen Gottin gemacht hatten, galt seine Verehrung.
Im Grunde genommen hatten die Ionier Artemis gestohlen.
Jeder Gelehrte wu?te, da? die Gottin auf Delos geboren worden war, doch die Epheser behaupteten frech, dies sei nicht wahr, und zeigten Besuchern einen Hain, in dem angeblich unter einem uralten Olbaum
Achtzig Schritt breit und mehr als hundertdrei?ig Schritt lang war der gewaltige Bau. Ein wahrer Wald von Saulen trug das Gebaude. Am Eingang des Tempels waren die Saulen mit mannshohen Reliefs geschmuckt, die der beruhmte Bildhauer Skopas geschaffen hatte. Noch prachtiger aber waren die vier riesigen Amazonen, die das
Genausowenig wie bei ihrem monumentalen Bau kannten die Ionier auch nur die geringste Bescheidenheit, wenn es darum ging, den Machtbereich der Gottin zu erweitern. So war sie langst nicht nur Geburtshelferin und Jagerin, sondern auch eine Fruchtbarkeitsgottin, die uber das Gedeihen von Viehherden gebot. Ja, die Epheser sagten ihr sogar nach, da? sie den Seefahrern Schutz gewahrte. Deshalb war die holzerne Statue wahrend der Prozession auch zum Hafen getragen worden, und die
Das Gotterbild war langst auf der Prozessionsstra?e vorbeigetragen worden, und nach einer weiteren Gruppe von Flotenspielerinnen und Tanzerinnen folgten die mit Girlanden und bunten Bandern geschmuckten Stiere, die der Artemis geopfert werden sollten. Man hatte die zwanzig schonsten Bullen von den Weiden des Tempels ausgewahlt und dazu noch fast hundert Ziegen. Sie alle wurden auf dem von Mauern umgebenen Altar vor dem Tempelportal der Gottin dargebracht werden.
Philippos lief das Wasser im Munde zusammen, wenn er an all das Fleisch dachte, das bis zum Ende des Tages noch aufgetischt werden wurde. Fur den Tempel, also fur die Priesterinnen und ihre Gaste, wurden die besten Stucke zuruckbehalten werden, wahrend das ubrige Fleisch vom Kollegium der
Philippos dachte an seine Kindheit in Athen. Sein Vater war ein armer Topfer gewesen, und es hatte nur sehr selten Fleisch in ihrem Haus gegeben. Doch jedes Jahr, wenn das Fest zu Ehren der Athene, der Schutzpatronin der Stadt, gefeiert wurde, hatten die Topfer und Schmiede, so wie es von alters her ihr Recht war, das Hirn der Opferstiere erhalten. Als sei es erst gestern gewesen, konnte er sich daran erinnern, wie er und seine beiden Bruder vor der Tur ihres Hauses darauf gewartet hatten, da? der Vater mit einem blutigen Leinenbeutel die enge Gasse herunterkam, die zur
Anschlie?end hatten sie nicht von der Seite ihrer Mutter weichen wollen, wahrend sie an der Herdstelle das Mahl bereitete. Obwohl er heute manchmal die Ehre hatte, zu Gast an der Tafel des Ptolemaios zu sein, so hatte Philippos nur selten etwas zu essen bekommen, das ihm so kostlich mundete wie das gekochte Hirn und die frischen Brotfladen, die es an den Festtagen seiner Kindheit gegeben hatte.
Gedankenverloren blickte der Arzt dem holzernen Gotterbild nach. Fur ein Jahr lang wurde
Er konnte es durchaus verstehen, dachte Philippos, wenn man einen Monatssold beim Wurfeln verspielte oder in Wetten bei einem Wagenrennen steckte. Auch eine schone
Es war etwas anderes, wenn man ein schones Weihgeschenk kaufte und es der Gottin stiftete. Er selbst hatte dies vor einigen Wochen erst getan, und Philippos war sicher, da? die Gottin schon wu?te, da? er nicht dem seltsamen Irrglauben der Epheser anhing. Einen halben Monatslohn hatte er fur eine silberne Fibel ausgegeben, die als Gewandschmuck der Gottin dienen mochte. So, wie man einen Herrscher beschenkte, um sich seiner Gunst zu vergewissern, so war es auch bei den Gottern kluger, nie geizig und selbstherrlich zu erscheinen. Sie waren launisch und vermochten einem das Leben durch allerlei Schicksalsschlage zu erschweren. Schlie?lich konnte allein
Philippos betrachtete die kleine Schar Ergebener, die Ptolemaios in den zwei Jahren, die er nun schon fern von Agypten war, die Treue gehalten hatte. Es waren erschrek-kend wenige! Doch zum Gluck gab es auch noch andere, die offenbar fest mit der Ruckkehr des Herrschers rechneten. Vor ein paar Wochen erst war eine Gesandtschaft von Priestern aus einem Tempel tief im Suden des Landes nach Ephesos gekommen, um sich mit Ptolemaios zu beraten, und vor drei Tagen hatte eine Galeere kostbare Geschenke aus der Hafenstadt Tyros gebracht, mit der sich die dortigen Handelsherren der Neigung des Herrschers versichern wollten. Es lag allein bei Aulus Gabinius, dem romischen