Aussehen verandern. Und was sonst an ihr sehenswert war, schien ihm ebenfalls echt, soweit er das feststellen konnte, solange ihre Kleider die Sicht behinderten.

Ihr Anblick reichte fast aus, um ihn von dem Spiel abzulenken, obwohl Zurich gerade dabei war, Montreal eine echte Abreibung zu verpassen. Als Toronto-Fan gab es kaum etwas, was ihm mehr Spa? machte als dabei zuzusehen, wie Montreal die Hucke voll bekam.

Sie hatte die zu ihrer Haarfarbe passende sahnig helle Haut, und ihre Augen waren von warmem Braun — genau genommen eine seltsame Kombination. Entweder trug sie uberhaupt kein Make-up, oder sie beherrschte die Kunst des Make-ups besser, als er das jemals an einer Frau gesehen hatte. Sie bemerkte, dass er sie beobachtete, und lachelte, wobei ihre Lippen sich ein wenig offneten.

Die Lady hatte ausgezeichneten Geschmack. Die Bluse war aus echter Seide und makellos geschneidert; die obersten beiden Knopfe standen offen, sodass man die Andeutung ihres Dekolletees sehen konnte. Sattes Dunkelgrun kleidete sie perfekt. Er spurte, wie ihm warm wurde, als sie ihr Glas nahm, um die Bar herumkam, sich neben ihn setzte und dabei, wahrend sie sich auf den Barhocker schob, in den Tank blickte »Sie haben sich einen guten Platz ausgesucht. Von hier aus sieht man die Bank von Zurich besser. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«

»Mit dem gro?ten Vergnugen.« Er deutete auf ihr beinahe leeres Glas. »Guinness?« Eindeutig Natur, ihre Haut. Und der Duft ihres Parfums tat beinahe weh.

Sie lachelte und nickte abwesend, ohne dabei den Blick vom Tank zu wenden.

Er winkte einem Kellner und wies auf ihr Glas. Gleich darauf kam ein frisches Guinness. Er druckte dem Kellner sofort das Geld fur den Drink und ein reichliches Trinkgeld in die Hand und lie? dem Jungen damit keine Gelegenheit, sich naher mit der Frau zu befassen, von der Worth hoffte, dass sie ihn nach Hause begleiten wurde.

»Danke.« Sie trank einen Schluck aus dem frischen Glas und leckte sich den Schaum von der Oberlippe.

»Dann sind Sie also ein gro?er Fan von Zurich?«, fragte er.

»Nee. Toronto.« Sie grinste. »Na ja, und wer auch immer eben gegen Montreal spielt.«

Wieder dieses Gefuhl in der Magengrube. Dasselbe Team wie das meine. Zu bequem? Oder macht mich blo? die Warnung aus dem Buro des Tir so paranoid?

Die Sendung wurde fur ein Commercial unterbrochen. Es gab Dinge, an denen auch die modernste Technik nichts andern konnte. Zwei kleine Schwarzwei?-Holos in einer Ecke des Tanks zeigten einen Mann um die sechzig mit einem Stock und eine ein wenig altere Frau im Rollstuhl. Im Hauptteil des Tanks sah man dasselbe Paar voll in Farbe und in Bewegung, gesund und fit und aussehend wie zwanzig in gut geschnittenem Battle Dress, jeder mit einem nagelneuen Gravkarabiner in der Hand wie sie Hand in Hand durch ein wogendes Weizenfeld gingen.

»Sind Sie’s leid, alt zu sein?«, fragte eine kuhle, aber doch irgendwie freundlich wirkende Frauenstimme. »Langweiliger Job und keine Romantik mehr in der Beziehung? Die Epetar-Gruppe sucht menschliche Kolonisten mit Schwung fur eine multirassische Weltenruckgewinnungsexpedition. Alter und Gesundheitszustand sind kein Problem, Standardvertrag …«

»Die mit ihrer verdammten Verjungung.« Einer der Gaste warf eine Salzbrezel durch die Holoprojektion.

»Hi, ich bin Sarah Johnson.« Die Blondine hatte sich Worth zugewandt und streckte ihm die Hand hin. Ihr Handedruck war warm und fest.

»Jude Harris. Freut mich, einen Fan von Toronto kennen zu lernen.« Er lachelte und lie? ihre Hand los, obwohl er sie gern langer gehalten hatte.

»Oh? Also, dann muss ich sagen, haben Sie einen ausgezeichneten Geschmack fur Teams. Was machen Sie beruflich?«, fragte sie.

»Ich bin das, was man einen Troubleshooter nennt. Im Grunde genommen bin ich viel auf Reisen und kummere mich um alle moglichen Probleme fur gro?e Firmen, die gut bezahlen«, sagte er.

»Klingt nach einem interessanten Job. Troubleshooter, wie? Schie?t der Trouble manchmal auch zuruck?« Sie grinste.

»Nicht, wenn ich meinen Job richtig erledige.« Er grinste ebenfalls. »Und was machen Sie, Sarah?«

»Ich bin Anwaltssekretarin.« Sie verzog das Gesicht. »Nicht gerade aufregend, aber man kann mit dem Geld seine Rechnungen bezahlen. Sie reisen viel, sagen Sie? Muss ’ne feine Sache sein, wenn man so rumkommt.« Sie blickte zu ihm auf und nahm einen weiteren Schluck von ihrem Stout.

»Na ja, ein Hotel nach dem anderen eben. Hey, das Spiel geht weiter.« Sein Blick fiel auf die gepflegte Hand, die ihr Glas hielt. »Hubsche Nagel fur eine Sekretarin.«

»Was?« Sie blickte auf ihre makellos manikurte Hand, als musse sie uberlegen, was er meinte. »Oh, Sie meinen von wegen tippen. Heutzutage tippt man kaum mehr. Die meisten wollen blo?, dass man eine klare Aussprache hat. Und dann muss man alles Mogliche organisieren und dabei die Einzelheiten nicht aus dem Auge lassen. Solches Zeug.«

»Trotzdem, ein wenig tippen ist doch sicher noch?« Er griff nach ihrer Hand, sah ihr in die Augen, hielt die Hand fest und kusste ihre Finger.

»Na ja, ein wenig schon.« Sie lachelte. »Man muss den Trick raushaben, die Tasten so zu treffen, dass die Nagel in den Zwischenraumen sind.« Sie zog ihm die Hand weg und deutete in den Tank. »Haben Sie das gesehen? Shinsecki hat gerade Schmidt den Ellbogen ins Gesicht gesetzt! Herrgott, sehen Sie sich seine Nase an, du liebe Gute, das gibt Zoff.« Sie hielt sich beide Hande vor den Mund, und ihre Augen weiteten sich, als sie das Blut auf dem Eis sah.

»Yeah, sieht so aus, als ob er ihm die Nase gebrochen hatte. Das wird wehtun«, sagte er. Sie sahen beide dem Handgemenge zu, wahrend die anderen Spieler wie Haie um die beiden Kampfhahne kreisten und die Schiedsrichter versuchten, die beiden zu trennen, wobei einer, vermutlich unabsichtlich, ebenfalls einen Ellbogen ins Gesicht bekam.

»Mein Gott, was man nicht alles fur ein bisschen Aufregung tut, wie?« Sie schauderte und nahm einen Schluck.

»Keine Ahnung«, meinte Worth mit einem Achselzucken und wandte sich ihr zu. »Mir macht das Spiel Spa?, aber eigentlich sehe ich mehr wegen der Strategie und der taktischen Finessen zu. Die Prugeleien, na ja, das ist wohl ein Teil der dunkleren Seite des menschlichen Wesens, die in uns allen steckt.«

»Glauben Sie?« Sie blickte zu ihm auf und nahm einen weiteren Schluck. »Ich denke, das ist eben Mannersache, diese Aggressivitat, meine ich …« Ihr Gesicht rotete sich ein wenig und sie nahm schnell einen weiteren Schluck. »Ich denke, jede Frau hat ein bisschen etwas Unterwurfiges in sich. Ich meine, ich mochte keineswegs, dass mich so ein Kerl an den Haaren herumzerrt oder dass ich den Rest meines Lebens damit verbringe, ihm die Socken und die Unterhosen zu waschen, aber ich denke, die meisten Frauen ziehen doch Typen vor, die, na ja, Sie wissen schon, die Dinge irgendwie in die Hand nehmen. Und ich denke, dass Manner eben so sind.« Sie zuckte die Achseln. »Wie gesagt, Mannersache eben.«

»Das ist sehr … sehr gut beobachtet.« Er musterte sie eindringlich, sah ihr in die Augen. »Ich wette, Sie konnen gut mit Menschen umgehen.« Es war nicht zu ubersehen, wie ihr Puls am Hals schneller ging. Sie leckte sich uber die Lippen und war seltsam reglos, als hatte sie die Spannung, die sich zwischen ihnen aufbaute, zum Erstarren gebracht. Er beugte sich uber sie, kusste sie lange und hingebungsvoll und lie? sie erst los, als ihm bewusst wurde, dass seine Hand sich in ihrem Nackenhaar festgekrallt hatte, seine Jeans plotzlich spannten und sie sich immer noch an einem sehr offentlichen Ort befanden. Fur die Spiele, die er vorzog, war die Offentlichkeit ganz und gar nicht der richtige Ort. Au?erdem ging jetzt eine Warnlampe an. Sie konnte ein sehr hubscher Koder sein. Wie auch immer, falls er etwas dazu zu sagen hatte, wurde er gro?en Spa? daran haben, sich da Klarheit zu verschaffen.

Im Tank hatte das Spiel wieder begonnen, nachdem die Schiedsrichter schlie?lich Schmidt und Shinsecki getrennt und Shinsecki auf die Strafbank geschickt hatten. Zurich hatte sich offensichtlich vorgenommen, auf dem Eis Rache zu nehmen. Montreal war jetzt mit sechs Toren im Ruckstand, und es sah so aus, als wurden sie sich nicht mehr fangen.

Er bemerkte, dass ihr Glas fast leer war, und bestellte ihr nach. Den Rest des Spiels verbrachte er damit, unter der Bar ihren Oberschenkel zu streicheln. Als Montreal mit neun im Ruckstand war, begann das Spiel ihn zu langweilen, doch dafur kam in ihm Interesse an etwas personlicheren Freuden auf.

»Eine Frage.« Er beugte sich zu ihr hinuber und atmete ihr ins Ohr. »Sie haben gesagt, Sie mogen es, wenn ein Mann die Dinge in die Hand nimmt? Ich werde jetzt vorne hinausgehen. Folgen Sie mir nicht. Zwischen den

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