Matte landete, ehe sie wieder in die Hohe schoss und ihre linke Fu?spitze den Folterer schrag unter dem Kinn traf. Der Mann brach zusammen wie eine Marionette, deren Faden man plotzlich durchgeschnitten hat, und das rote Schemen zuckte von seinem Freund zuruck und landete ihm gegenuber. Sie hielt gerade lange genug inne, um sich um die eigene Achse zu drehen und einen Sidekick in seinem Solarplexus zu landen. Der Tritt hatte genugend Schwung, um ihn gegen die Tur des Kleiderschranks zu schleudern, und sein Kopf krachte massiv dagegen, ehe er zu Boden sackte, wo er keuchte: »Wer … wer sind Sie?«

Das Letzte, was Charles Worth sah, war der Mundungsblitz aus der Waffe seines verblichenen Kollegen, die sein Opfer in beiden Handen hielt.

»Jemand, der beim Toten von Leuten kein Plauderstundchen halt.« Sie ging zu der Leiche hinuber, legte den Kopf etwas zur Seite und spuckte dann bedachtig darauf. »Ich hei?e Cally O’Neal, und das ist dafur, dass du versucht hast, mich umzubringen, als ich acht war.«

Die Tur flog auf, und drei schwer bewaffnete Manner in schwarzen Korperpanzern sturmten herein.

»Du bist spat dran, Grandpa«, erklarte sie kuhl.

»Der Verkehr war schrecklich.« Der Teamfuhrer zog die Maske herunter, fuhr sich mit der Hand durch das flammend rote Haar und schob sich dann ein Stuck Red Man in den Mund. Er war mittelgro?, mit einem breiten, wuchtig gebauten Korper und langen Armen, die ihn wie einen Gorilla aussehen lie?en. Er sah aus wie zwanzig, aber etwas an seinen Bewegungen und seinem Blick vermittelten den Eindruck von Alter und Erfahrung.

»Drei Stunden?«, fragte Cally unglaubig und wand sich, immer noch nackt, als musse sie einen uberdehnten Muskel in die richtige Lage bringen. Dann betrachtete sie das, was von ihren Fingernageln ubrig geblieben war. »Ich kann nur hoffen, dass es eine Massenkarambolage war. Schlie?lich sollte ich der Koder sein, nicht diejenige, die den Abzug druckt, verdammt!«

»Hi, Cally«, sagte Tommy Sunday, zog seine Skimaske herunter und verzog dabei das Gesicht. »Ein anstrengender Tag im Buro, was?« Die Nummer zwei war ein hunenhafter Mann mit breiten Schultern und machtigen Muskelpaketen, und mit leuchtend grunen Augen in einem Gesicht, das ebenso gut einem Filmstar hatte gehoren konnen.

»Yeah, eklige Akten«, erwiderte sie. »Also, was ist?«

»Storsender«, sagte Tommy und zuckte die Achseln. »Irgend so ein Ding. Die haben uns ziemlich rumgejagt; wir sind durch halb Chicago gezogen und haben dich gesucht. Vermutlich ein Filter. Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat. Schon, dass du allein klargekommen bist.«

»Wie geht’s Wendy?« Sie ging auf die andere Seite der Bar und hob ihre Jeans auf.

»Sie ist wieder schwanger.«

»Tut ihr beiden eigentlich gar nichts anderes?« Sie schlupfte mit mechanisch wirkenden Bewegungen in ihre Jeans und schuttelte den Kopf.

»Ich sehe sie blo? alle paar Monate, die Antwort lautet also ›Nein‹.«

Das vierte Mitglied des Teams uberprufte den Raum nach irgendwelchen Bedrohungen und machte das wie im Lehrbuch, ehe er neben die ihm am nachsten liegende Leiche trat und sie mit dem Fu? anstupste.

»Ist er das wirklich?«, fragte er.

»Keine Ahnung«, meinte Cally mit einem Achselzucken. »Wirf mir ’ne Sonde ruber.« Sie fing das Gerat geschickt auf, kniete neben der Leiche nieder und druckte die Nadel an der mehr oder weniger intakten Seite in die Schlafe des Toten. Sie blickte auf das Display und nickte dann. »Gehirn-DNA ist immer verlasslich. Er ist es.«

»Sauberungsteam in Gang eins«, grinste Tommy und trat zur Seite, als sich mehrere lautlose Gestalten in Wei? an ihm vorbeischoben und sofort damit anfingen, alles makellos zu saubern. Er zog seine schwarze Jacke und das wei?e Unterhemd, das er darunter trug, aus und hielt sie ihr hin. Sein Blick erfasste sie und blieb an dem Blut hangen, das immer noch auf den wei?en Teppich tropfte. »Alles in Ordnung bei dir?«

»Schmerz ist Schwache, die den Korper verlasst.« Sie nahm das Hemd und zog es sich uber den Kopf. »Nichts, was man mit einem kurzen Besuch auf der Platte nicht kurieren konnte.«

»Konntest du den Piepser aus seinem Wagen holen? Beifahrersitz, an der Tur«, bat sie Tommy und wartete, wahrend die Reinigungscrew die erste Leiche zur Tur hinaustrug, und folgte ihnen dann nach drau?en. »Danke. Wir sehen uns dann im Van.«

»Die Abschlussbesprechung uber den hier wird … interessant sein.« Er zog seine Jacke wieder an und folgte ihr nach drau?en.

O’Neal bemerkte, wie das Mitglied seines Teams wie erstarrt dastand und die Uberreste von Gehirnmasse und Blut betrachtete, wo gerade noch Worth’ Leiche gelegen hatte.

»Hast du ein Problem, Jay?« Er spuckte bewusst auf die zweite Leiche und nicht auf den Boden, um dem Sauberungstrupp nicht noch mehr Arbeit zu machen.

»Sie hat ihm buchstablich das Gehirn rausgeblasen.« Er schuttelte den Kopf. »Ich wei? nicht, wie sie den zweiten Typen erledigt hat, nachdem die Gott wei? was mit ihr angestellt haben. Und dabei zeigt sie weniger Reaktion als andere Leute uber einen eingewachsenen Nagel.«

Der Altere hob die Hand, um das Reinigungsteam davon abzuhalten, die zweite Leiche aufzuheben. Er untersuchte sie kurz, registrierte die Verfarbung im Kinnbereich und verwahrte eine Gehirnprobe in einem Lagerwurfel.

»Sieht wie ein ziemlich sauberer Treffer aus. Ob es ein Fu?tritt oder ein Schlag war, ist nicht zu erkennen.« Mike O’Neal senior lie? den Reinigungstrupp weitermachen und ging quer durchs Zimmer zu der Stelle, wo die zuruckgelassenen hochhackigen Schuhe und die Handtasche lagen. »Cally ist kreativ«, sagte er. »Auf kreative Art gewalttatig.«

»Schade, dass wir nicht vorher hier sein konnten.« Der jungere Agent schuttelte den Kopf und blickte wieder auf die Reste am Boden, »aber bei einem Typen, der uns schon dreimal durch die Lappen gegangen ist, indem er einfach seine Bewacher niedergebrannt hat … da war das nicht zu vermeiden.«

»Okay, mal sehen, was wir haben«, meinte O’Neal mit finsterer Miene, suchte den Raum schnell nach Wanzen ab und reichte dem Cyberpunk dann ein Lesegerat sowie ein paar Wurfel. »Deine Spezialitat, Jay Wahrscheinlich nichts, was wir brauchen konnen, aber man kann ja nie wissen.« Er ging in den Flur hinaus und auf die Treppe zu, sodass der andere ihm wohl oder ubel folgen musste. Ganz gleich, wie lang das jetzt zuruckliegt, aber Treppen steigen, ohne dabei au?er Puste zu kommen, macht immer wieder Spa?, »Sie wird ganz schon sauer sein«, meinte Tommy und folgte ihm die Treppe hinunter.

»Ist schon gut«, erwiderte Papa O’Neal. »Ich kenne ihre Schwachen.«

Cally betrat ihr wohltuend kuhles Apartment und blieb stehen, schuttelte den Kopf; buchstablich jeder Zentimeter der Wohnung war mit Blumen oder Pralinenschachteln bedeckt. Da waren Irisse und Rosen und Chrysanthemen und Ganseblumchen … und alle moglichen anderen Blumen, deren Namen sie nicht einmal kannte. Sie stieg aus ihren Schuhen, hob eine der Pralinenschachteln auf und gab einen uberraschten Laut von sich, als sie das Etikett sah. Schokolade — »sehr teure« Schokolade, konnte man sagen.

»Mich kann man weder bestechen noch fertig machen«, murmelte sie, holte eine der Pralinen heraus und steckte sie sich in den Mund. »Normalerweise.« Ihre Augen wurden schmal, und sie schob die Praline im Mund herum, musterte die Blumen mit gerunzelter Stirn. Dann nahm sie die nachste Praline und runzelte erneut die Stirn. »Meistens.«

Sie ging Pralinen mampfend durchs Zimmer, lie? ihre Fu?e von dem weichen Teppich liebkosen und genoss das Gefuhl ungebrochener Zehen, stapfte dann in die Kuche und holte sich aus dem Krug im Kuhlschrank eine Margarita. Als sie ins Schlafzimmer zuruckging, stopfte sie sich die nachste Praline in den Mund, verdrehte die Augen, als sie nach Erdbeeren schmeckte, blieb am Bildschirm stehen, wahlte einen Wurfel aus und schaltete ihn auf Tori Arnos.

»Musik zum Einschlafen«, murmelte sie halblaut.

In ihrem Zimmer wanderte die frisch gereinigte Abendtasche in die oberste Schublade einer Kommode, wo etwa ein Dutzend weiterer lagen. Die Geldborse ohne Geld kam in die mit Daumenabdruck zu schlie?ende und mit einer Falle versehene Schublade ganz unten, ebenfalls zu einem Dutzend weiterer. Sarah Johnson aus Chicago war nicht verbrannt worden — also, die Identitat jedenfalls nicht — und konnte noch einmal nutzlich sein.

Das neue T-Shirt und die sehr grundlich gereinigten Jeans wanderten auf Bugel im Kleiderschrank. Die Unterwasche, ebenfalls neu, kam in den Waschekorb. Sie trat vor den bis zum Boden reichenden Dreifachspiegel

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