Der Manager des Oasis, ein Mann in mittleren Jahren mit fahler Gesichtsfarbe, der Parker hie?, begru?te Toby und geleitete ihn unter schmeichelhaften Reden personlich in seine Suite. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie wir uns freuen, Sie bei uns zu haben, Mr. Temple. Wenn Sie irgend etwas brauchen – irgend etwas -, rufen Sie mich nur an.«
Die freundliche Aufnahme galt Clifton Lawrence, daruber war sich Toby klar. Es war das erstemal, dass der legendare Agent sich herabgelassen hatte, einen seiner Klienten in dieses Hotel zu vermitteln. Der Manager des Oasis-Hotels hoffte, dass er in der Folgezeit einige von Lawrences wirklich gro?en Stars bekommen wurde.
Die Suite war riesig. Sie bestand aus drei Schlafzimmern, einem gro?en Salon, einer Kuche, einer Bar und einer Terrasse. Auf einem Tisch im Salon stand ein ganzes Sortiment von Flaschen, Blumen und eine gro?e Schale mit frischem Obst und Kase mit einer Empfehlung der Direktion.
»Ich hoffe, Sie werden zufrieden sein, Mr. Temple«, sagte Parker.
Toby blickte sich um und dachte an all die kleinen, von Kuchenschaben heimgesuchten Absteigen, in denen er gewohnt hatte. »Ja, ist schon recht.«
»Mr. Landry ist vor einer Stunde angekommen. Ich habe veranlasst, dass das Mirage-Zimmer fur Ihre Probe um drei Uhr geraumt wird.«
»Danke.«
»Vergessen Sie nicht, wenn Sie etwas brauchen -« Und der Manager ging unter Verbeugungen hinaus.
Toby stand da und genoss seine Umgebung. Er wurde in Hotels wie diesem hier den Rest seines Lebens verbringen. Er wurde alles haben – die Weiber, das Geld, den Beifall. Vor allen Dingen den Beifall. Die Leute wurden vor ihm sitzen und lachen, jauchzen und ihn gern haben. Das war sein Lebenselixier. Er brauchte nichts anderes.
Dick Landry war Ende Zwanzig, ein zierlicher, schlanker Mann mit einer Glatze und langen, graziosen Beinen. Er hatte als Zigeuner am Broadway angefangen und war uber den Revuetanz zum Solo-Tanzer, Choreographen und Regisseur aufgeruckt. Landry hatte Geschmack und ein Gespur dafur, was das Publikum wollte. Er konnte zwar aus einer schlechten Nummer keine gute machen, aber er konnte sie gut aussehen lassen, und wenn man ihm eine gute Nummer gab, konnte er sie zu einer Sensation machen. Bis vor zehn Tagen hatte Landry noch nie von Toby Temple gehort, und der einzige Grund, warum Landry seinen hoffnungslos uberfullten Stundenplan uber den Haufen geworfen hatte, um nach Las Vegas zu kommen und bei Temples Nummer Regie zu fuhren, war, dass Clifton Lawrence ihn darum gebeten hatte. Denn Clifton war es gewesen, der Landrys Karriere aufgebaut hatte.
Funfzehn Minuten, nachdem Dick Landry Toby Temple kennengelernt hatte, wusste er, dass er es mit einem Talent zu tun hatte. Als er Tobys Monolog horte, musste Landry laut lachen – was selten genug geschah. Es waren nicht sosehr die Witze als die treuherzige Art, wie er sie vortrug. Er war so ruhrend ehrlich, dass es einem das Herz brach. Er war ein liebenswertes Kuken, voller Angst, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen konnte. Landry verspurte den Wunsch, auf die Buhne zu laufen, ihn zu umarmen und ihm zu versichern, dass alles gutgehen wurde.
Als Toby geendet hatte, musste Landry an sich halten, um nicht Beifall zu klatschen. Er ging zu Toby auf die Buhne. »Sie sind gut«, sagte er begeistert. »Wirklich gut.«
Toby war erfreut. »Danke. Cliff sagt, Sie konnten mir zeigen, wie man ganz gro? rauskommt.«
Landry entgegnete: »Ich will es versuchen. Als erstes mussen Sie lernen, Abwechslung in Ihren Auftritt zu bringen. Solange Sie nur da oben stehen und Witze erzahlen konnen, werden Sie nie mehr als ein gewohnlicher Komiker sein. Singen Sie mir mal etwas vor.«
Toby grinste. »Da mussen Sie schon einen Kanarienvogel engagieren. Ich kann nicht singen.«
»Versuchen Sie's.«
Toby versuchte es. Landry war zufrieden. »Ihre Stimme ist zwar nicht kraftig«, sagte er zu Toby, »aber Sie haben Gehor. Mit den richtigen Liedern konnen Sie das Publikum glauben machen, Sie seien Frank Sinatra. Wir werden ein paar Komponisten beauftragen, etwas fur Sie zu arrangieren. Ich mochte nicht, dass Sie dieselben Lieder singen, die jedermann bringt. Zeigen Sie mal, wie Sie sich bewegen.«
Landry beobachtete ihn genau. »Gut, gut. Sie werden zwar nie ein Tanzer sein, aber ich werde dafur sorgen, dass Sie wie einer aussehen.«
»Warum?« fragte Toby. »Singende Tanzer kriegt man fur zehn Cents das Dutzend.«
»Genau wie Komiker«, gab Landry zuruck. »Ich werde aus Ihnen einen Entertainer machen.«
Toby sagte grinsend: »Krempeln wir die Armel hoch und gehen wir an die Arbeit.«
Sie gingen an die Arbeit. O'Hanlon und Rainger waren bei jeder Probe dabei, fugten Zeilen hinzu, schufen neue Szenen und beobachteten Landry, wie er Toby antrieb. Es war ein morderischer Stundenplan. Toby probte, bis jeder Muskel in seinem Korper schmerzte; er verlor funf Pfund und wurde schlank und kraftig. Er nahm taglich Gesangstunden und sprach Konsonanten stimmhaft aus, bis er im Schlaf sang. Er arbeitete mit den Jungs an neuen Komodienszenen, brach das dann ab, um neue Lieder zu lernen, die fur ihn geschrieben worden waren, und dann war es Zeit, wieder zu proben.
Beinahe jeden Tag fand Toby eine Mitteilung in seinem Fach, dass Alice Tanner angerufen habe. Er erinnerte sich, wie sie versucht hatte, ihn zuruckzuhalten. Du bist noch nicht soweit. Nun, jetzt war er soweit, und er hatte es geschafft, trotzdem. Zum Teufel mit ihr! Er warf die Mitteilungen weg. Schlie?lich kamen keine mehr. Aber die Proben gingen weiter.
Plotzlich war der Abend der Premiere da.
Es ist etwas Geheimnisvolles um die Geburt eines neuen Stars. Es ist, als wurde eine telepathische Botschaft umgehend an die vier Eckpfeiler des Show-Business weitergeleitet. Auf magische Weise gelangt die Nachricht nach London und Paris, nach New York und Sydney; wo immer es ein Theater gibt, wird die Botschaft bekannt.
Funf Minuten, nachdem Toby Temple die Buhne des Oasis-Hotels betreten hatte, hatte es sich herumgesprochen, dass ein neuer Stern am Horizont erschienen war.
Clifton Lawrence flog zu Tobys Premiere und blieb auch zur Spatvorstellung. Toby war geschmeichelt. Clifton vernachlassigte seinetwegen seine anderen Klienten. Als Toby seine Show beendet hatte, gingen beide in das Hotel-Cafe, das die ganze Nacht geoffnet hatte.
»Haben Sie all die Stars gesehen?« fragte Toby. »Als sie zu mir in die Garderobe kamen, bin ich verdammt fast gestorben.«
Clifton lachelte uber Tobys Begeisterung. Er war ein so angenehmer Kontrast zu all seinen anderen, blasierten Klienten. Toby war ein Miezekatzchen. Ein su?es, blauaugiges Miezekatzchen.
»Sie erkennen ein Talent auf den ersten Blick«, sagte Clifton. »Auch das Oasis hat es erkannt. Sie wollen einen neuen Vertrag mit Ihnen machen. Sie wollen Sie von funfundsechzig auf tausend pro Woche heraufsetzen.«
Toby lie? seinen Loffel fallen. »Tausend die Woche? Aber das ist ja phantastisch, Cliff!«
»Und auch das Thunderbird und das El Rancho haben bereits die Fuhler ausgestreckt.«
»Schon?« fragte Toby freudig erregt.
»Machen Sie sich nicht gleich in die Hosen. Es handelt sich nur darum, in der Hotelhalle zu spielen.« Er lachelte. »Es ist die alte Geschichte, Toby. Fur mich sind Sie der Gro?te, und Sie selbst halten sich ebenfalls fur den Gro?ten – aber sind Sie auch fur den Gro?ten der Gro?te?« Er stand auf. »Ich muss meine Maschine nach New York kriegen. Ich fliege morgen nach London weiter.«
»London? Wann kommen Sie zuruck?«
»In ein paar Wochen.« Clifton beugte sich vor und sagte: »Horen Sie, mein Junge. Sie bleiben noch zwei Wochen hier. Nutzen Sie sie gut. Ich mochte, dass Sie an jedem Abend, den Sie auf der Buhne da oben stehen, uberlegen, wie Sie noch besser sein konnten. Ich habe O'Hanlon und Rainger uberredet zu bleiben. Sie sind bereit, Tag und Nacht mit Ihnen zu arbeiten. Nutzen Sie das aus. Landry wird an den Wochenenden herkommen, um zu sehen, wie alles lauft.«
»Gro?artig«, sagte Toby. »Danke, Cliff.«
»Oh, beinahe hatte ich's vergessen«, sagte Clifton Lawrence beilaufig. Er zog ein kleines Packchen aus der Tasche und reichte es Toby.
Es enthielt ein Paar Brillant-Manschettenknopfe. Sie hatten die Form eines Sterns.
Wann immer Toby etwas Freizeit hatte, entspannte er sich an dem gro?en Swimming-pool hinter dem