wollte nicht glauben, dass etwas Derartiges passieren konnte. Er sah, wie Carusos Fu? sich wieder auf seinen Arm zubewegte.
»B-bestimmt«, stohnte Toby. »Ich werde bereit sein…«
Und er verlor das Bewusstsein.
11.
Die Hochzeit fand im Ballsaal des Morocco Hotels statt. Halb Las Vegas schien sich ein Stelldichein zu geben. Man sah Entertainer, die Besitzer all der anderen Hotels und Showgirls und im Mittelpunkt von allem Al Caruso und zwei Dutzend seiner Freunde, ruhige, konservativ angezogene Manner, von denen die meisten nicht tranken. Uberall standen
verschwenderische Blumenarrangements, Musiker liefen herum, und ein riesiges Buffet und zwei Brunnen, aus denen Champagner flo?, waren aufgestellt. Al Caruso hatte an alles gedacht.
Jeder hatte Mitgefuhl mit dem Brautigam, der den Arm in einer Schlinge trug, weil er ihn sich bei einem Sturz auf der Treppe gebrochen hatte. Und alle waren der Meinung, nie zuvor ein so schones Paar gesehen zu haben. Es war eine wundervolle Hochzeit.
Toby war von den Beruhigungsmitteln, die der Arzt ihm gegeben hatte, so betaubt, dass er die Zeremonie nahezu blind uber sich ergehen lie?. Als aber die Wirkung der Drogen nachlie? und die Schmerzen ihn wieder packten, kehrten Hass und Zorn zuruck. Am liebsten hatte er die unglaubliche Demutigung, die er erleiden musste, jedem der Anwesenden ins Gesicht geschrieen.
Toby blickte zu seiner jungen Frau auf der anderen Seite des Raumes hinuber. Jetzt erinnerte er sich an Millie. Sie war ein hubsches Madchen Anfang der Zwanzig, hatte honigblondes Haar und eine gute Figur. Toby erinnerte sich, dass sie lauter als die anderen uber seine Witze gelacht hatte und ihm uberallhin gefolgt war. An etwas anderes erinnerte er sich ebenfalls. Sie war eine der wenigen, die sich geweigert hatten, mit ihm ins Bett zu gehen, und das hatte sie fur ihn nur noch begehrenswerter gemacht. Jetzt erinnerte er sich an alles.
»Ich bin verruckt nach dir«, hatte er gesagt. »Magst du mich nicht?« »Naturlich mag ich dich«, hatte sie erwidert. »Aber ich habe einen Freund.« Warum hatte er nicht auf sie gehort! Stattdessen hatte er sie beschwatzt, auf einen Drink zu ihm heraufzukommen, und hatte dann angefangen, ihr komische Geschichten zu erzahlen. Millie lachte derart, dass sie kaum merkte, was Toby tat, bis er sie ausgezogen und im Bett hatte.
»Bitte, Toby«, hatte sie ihn angefleht. »Bitte nicht. Mein Freund wird wutend sein.«
»Vergiss ihn. Ich werde mich spater um den Burschen kummern«, hatte Toby gesagt. »Jetzt werde ich mich um dich kummern.«
Als Toby am nachsten Morgen aufwachte, lag Millie weinend neben ihm. Toby hatte sie in die Arme genommen und gefragt: »He, Baby, was ist los? Hat es dir nicht gefallen?«
»Naturlich. Aber -«
»Komm schon, lass das«, hatte Toby gesagt. »Ich liebe dich.«
Sie hatte sich auf die Ellbogen gestutzt, ihm in die Augen geblickt und gesagt: »Wirklich, Toby? Ich meine, wirklich?«
»Verdammt noch mal, ja.« Er wusste, was sie brauchte, und es erwies sich als eine wahre Ermunterung.
Sie hatte ihn beobachtet, wie er vom Duschen zuruckkehrte, sein noch nasses Haar mit dem Handtuch abtrocknete und einen seiner Schlager summte. Sie hatte glucklich gelachelt und gesagt: »Ich glaube, ich habe dich vom ersten Augenblick an geliebt, Toby.«
»Das ist ja wunderbar. Wollen wir uns das Fruhstuck bestellen?«
Und das war alles gewesen… Bis jetzt. Weil er mit einem dummen Weibsstuck eine einzige Nacht verbracht hatte, war sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt.
Jetzt stand Toby da und sah Millie in ihrem langen, wei?en Hochzeitskleid auf sich zukommen und ihn anlacheln, und er verfluchte sich, und er verfluchte seinen Schwanz, und er verfluchte den Tag, an dem er geboren war.
Der Mann auf dem Vordersitz der Limousine kicherte und sagte bewundernd: »Das muss ich Ihnen lassen, Boss. Der arme Kerl hat uberhaupt nicht kapiert, was wirklich los ist.«
Caruso lachelte nachsichtig. Es hatte gut geklappt. Seit seine Frau, die der reinste Drachen war, von seinem Verhaltnis mit Millie Wind bekommen hatte, war es Caruso klar, dass er Mittel und Wege finden musste, um das blonde Showgirl loszuwerden.
»Erinnere mich daran, dass ich dafur sorge, dass er Millie gut behandelt«, sagte Caruso leise.
Toby und Millie zogen in ein kleines Haus in Benedict Canyon. Anfangs grubelte Toby stundenlang daruber nach, wie er aus dieser Ehe wieder herauskommen konnte: Er wuhle Millie so schlecht behandeln, dass sie die Scheidung einreichte. Oder er wurde sie mit einem anderen »erwischen« und dann auf einer Scheidung bestehen. Oder er wurde sie verlassen und so Caruso herausfordern, irgendetwas zu tun. Aber er anderte seine Ansicht nach einem Gesprach mit Dick Landry.
Einige Wochen nach der Hochzeit a?en sie zusammen im Bei Air, und Landry fragte: »Wie gut kennen Sie AI Caruso eigentlich?«
Toby blickte auf. »Wieso?«
»Lassen Sie sich mit ihm auf nichts ein, Toby. Er ist ein Killer. Ich werde Ihnen etwas erzahlen, und die Geschichte ist wahr. Carusos jungerer Bruder heiratete ein neunzehnjahriges Madchen, das gerade aus dem Kloster gekommen war. Ein Jahr spater erwischte der Junge seine Frau im Bett mit einem anderen. Er erzahlte es AI.«
Toby horte gespannt zu. »Und was geschah dann?«
»Carusos Schlager schnitten dem Burschen den Schwanz ab. Sie tauchten ihn in Benzin und zundeten ihn vor seinen Augen an. Dann verschwanden sie und lie?en ihn verbluten.«
Toby erinnerte sich, wie Caruso gesagt hatte: Mach seine Hose auf, erinnerte sich an die harten Hande, die sich an seinem Rei?verschluss zu schaffen machten, und kalter Schwei? brach ihm aus. Ihm wurde ubel. Er wusste nun, dass es keinen Ausweg fur ihn gab.
Josephine fand einen Ausweg, als sie zehn war. Es gab eine Tur in eine andere Welt, wohin sie sich vor den Bestrafungen ihrer Mutter und den standigen Drohungen vor Hollenqualen und Verdammung retten konnte, eine Welt voll Zauber und Schonheit. Sie sa? stundenlang im Kino und sah sich die bezaubernden Menschen auf der Leinwand an. Sie alle wohnten in schonen Hausern und trugen entzuckende Kleider, und alle waren so glucklich. Und Josephine dachte: Eines Tages werde ich nach Hollywood fahren und so leben wie sie. Sie hoffte, dass ihre Mutter sie verstehen wurde.
Ihre Mutter war der Meinung, dass Filme Machwerke des Teufels seien, deshalb musste Josephine ihre Kinobesuche verheimlichen. Sie bezahlte mit dem Geld, das sie sich als Babysitter verdiente. Heute wurde eine Liebesgeschichte gezeigt, und Josephine beugte sich in freudiger Erwartung vor. Im Vorspann erschien als Produzent: »Sam Winters«.
12.
Es gab Tage, an denen Sam Winters das Gefuhl hatte, eine Irrenanstalt statt eines Filmstudios zu leiten und dass alle Insassen nur ein Ziel hatten: ihn kleinzukriegen. Heute war wieder so ein Tag. Es hatte in der Nacht zuvor erneut im Atelier gebrannt, zum viertenmal; der Geldgeber von My Man Friday war vom Star der Serie beleidigt worden und wollte die Show nicht weiterfinanzieren; Bert Firestone, der hochbegabte Nach wuchs- Regisseur des Studios, hatte plotzlich die Produktion eines FunfMillionen-Dollar-Films gestoppt, und Tessie Brand wollte aus einem Film aussteigen, dessen Dreharbeiten in wenigen Tagen beginnen sollten.
Der Brandmeister und der Studio-Aufseher waren in Sams Buro. »Welchen Schaden hat das Feuer gestern abend angerichtet?« fragte Sam.
Der Aufseher sagte: »Die Kulissen sind restlos vernichtet, Mr. Winters. Dekoration funfzehn mussen wir