vollig neu bauen. Sechzehn lasst sich reparieren, aber es wird drei Monate dauern.«
»Die Zeit haben wir nicht!« fuhr Sam ihn an. »Gehen Sie ans Telefon und mieten Sie was bei Goldwyn. Nutzen Sie dieses Wochenende, um mit dem Bau von Kulissen zu beginnen. Los, los, Bewegung!«
Er wandte sich an den Brandmeister, einen Mann namens Reilly, der Sam an den Schauspieler George Bancroft erinnerte.
»Irgendjemand scheint was gegen Sie zu haben, Mr. Winters«, sagte Reilly. »Es handelt sich in allen Fallen eindeutig um Brandstiftung. Haben Sie die >Norgler< uberpruft?«
Die >Norgler< waren verargerte Angestellte, die kurzlich gefeuert worden waren oder einen anderen Grund zu haben glaubten, uber ihre Arbeitgeber verargert zu sein.
»Wir haben zweimal alle Personalakten gepruft«, erwiderte Sam, »und nicht das geringste gefunden.«
»Wer immer diese Brande legt, wei? genau, was er tut. Er benutzt einen Zeitzunder, der an eine selbstgebastelte Brandbombe angeschlossen ist. Es konnte sich um einen Elektriker oder einen Mechaniker handeln.«
»Danke fur den Hinweis«, sagte Sam. »Ich werde ihn weitergeben.«
»Roger Tapp aus Tahiti.«
»Stellen Sie durch«, sagte Sam. Tapp war der Produzent von My Man Friday, dessen Au?enaufnahmen auf Tahiti gedreht wurden. Tony Flet-cher spielte die Hauptrolle.
»Was gibt's?« fragte Sam.
»Sie werden's nicht glauben, Sam. Philipp Heller, der Aufsichtsratsvorsitzende der Gesellschaft, die die Serie finanziert, hat uns hier mit seiner Familie besucht. Gestern nachmittag warfen sie einen Blick hinter die Kulissen, wahrend Tony Fletcher mitten in einer Szene war. Er schrie sie an und beleidigte sie.«
»Was hat er gesagt?«
»Er sagte, sie sollten gefalligst von seiner Insel verschwinden.«
»Ach du lieber Gott!«
»Fur den halt er sich. Heller ist so au?er sich, dass er die Gelder streichen will.«
»Gehen Sie zu Heller und entschuldigen Sie sich. Sofort. Sagen Sie ihm, Tony Fletcher hatte einen Nervenzusammenbruch. Schicken Sie Mrs. Heller Blumen, laden Sie sie zum Dinner ein. Mit Tony werde ich selbst ein Wortchen reden.«
Die Unterhaltung dauerte drei?ig Minuten. Sie begann damit, dass Sam sagte: »Hor zu, du damlicher Schwanzlutscher…«, und endete mit: »Ich liebe dich auch, Baby. Ich fliege 'ruber, sobald ich mich hier freimachen kann. Und um Himmels willen, Tony, leg Mrs. Heller nicht aufs Kreuz!«
Das nachste Problem war Bert Firestone, der junge Nachwuchs-Regisseur, der die Pan-Pacific-Studios lahmlegte. Die Aufnahmen zu Fire-stones Film There's Always Tomorrow dauerten schon hundert-zehn Tage, und er kostete bereits eine Million Dollar mehr als veranschlagt. Jetzt hatte Bert Firestone die Produktion gestoppt, was bedeutete, dass au?er den Stars hundertfunfzig Statisten herumsa?en und nichts taten. Bert Firestone. Ein drei?igjahriger Springinsfeld, der uber die Leitung von Fernseh-Lotterien eines Chicagoer Senders zur Filmregie in Hollywood gekommen war. Firestones erste drei Filme waren ziemlich durchschnittlich gewesen, aber sein vierter war ein toller Erfolg geworden. Aufgrund dieses Kassenschlagers war er zum Favoriten aufgestiegen. Sam erinnerte sich an seine erste Begegnung mit ihm. Firestone sah wie ein funfzehnjahriger Milchbart aus. Er war ein blasser, schuchterner Mann mit winzigen, kurzsichtigen Augen hinter einer dunklen Hornbrille. Sam hatte der Junge leid getan. Firestone kannte niemanden in Hollywood, und Sam hatte sich verpflichtet gefuhlt, mit ihm essen zu gehen und dafur zu sorgen, dass er zu Parties eingeladen wurde. Als sie zum erstenmal uber There's Always To-morrow gesprochen hatten, war Firestone sehr hoflich und zuruckhaltend gewesen. Er habe noch viel zu lernen, erklarte er und hing an jedem Wort, das Sam sagte. Sollte er bei diesem Film Regie fuhren durfen, sagte er, wurde er sich in jeder Hinsicht auf Mr. Winters Sachkenntnis stutzen.
Das war, bevor Firestone den Vertrag unterschrieb. Nachdem er ihn unterschrieben hatte, musste man Adolf Hitler fur Albert Schweitzer halten. Der kleine pausbackige Bursche verwandelte sich uber Nacht in ein Ungeheuer. Er brach jeden Kontakt ab und ignorierte Sams Besetzungsvorschlage vollig. Er bestand darauf, ein gro?artiges Drehbuch, dem Sam zugestimmt hatte, vollig umzuschreiben, und er anderte die meisten bereits vereinbarten Aufnahmeorte. Sam hatte ihn rausschmei?en wollen, aber das New Yorker Buro hatte ihm geraten abzuwarten. Rudolph Hergershorn, der Prasident der Gesellschaft, war von dem riesigen Reingewinn aus Firestones letztem Film geradezu hypnotisiert. So war Sam gezwungen, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Firestone schien von Tag zu Tag anma?ender zu werden. Er nahm schweigend an einer Produktionssitzung teil, und wenn alle erfahrenen Abteilungsleiter gesprochen hatten, legte er los und stauchte sie zusammen. Sam knirschte mit den Zahnen, aber er konnte nichts tun. In Null Komma nichts erwarb Firestone sich den Spitznamen »Kaiser«, aber seine Mitarbeiter nannten ihn auch den »Kinderschwanz« aus Chicago. Jemand hatte von ihm gesagt: »Er ist ein Zwitter. Wahrscheinlich konnte er sich selbst ficken und ein zweikopfiges Monstrum gebaren.«
Jetzt, mitten in den Aufnahmen, hatte Firestone den Betrieb der Gesellschaft lahmgelegt.
Sam ging zu Devlin Kelly, dem Leiter der kunstlerischen Abteilung, hinuber. »Erklaren Sie es mir schnell«, sagte Sam.
»Klar, >Kinderschwanz< hat angeordnet -«
»Lassen Sie das. Er hei?t Firestone.«
»Verzeihung. Mr. Firestone bat mich, eine Schloss-Kulisse fur ihn zu bauen. Er hat die Skizze selbst entworfen. Sie haben sie genehmigt.«
»Sie war gut. Was ist passiert?«
»Nun, wir haben genau das gebaut, was der kleine Schei?kerl wollte, doch als er es sich gestern ansah, gefiel es ihm plotzlich nicht mehr. Eine halbe Million Piepen im Eimer.«
»Ich werde mit ihm reden«, sagte Sam.
Bert Firestone spielte hinter dem Atelier dreiundzwanzig mit dem Filmteam Basketball. Sie hatten ein Spielfeld hergerichtet, hatten Begrenzungslinien gezogen und zwei Korbe aufgestellt.
Sam stand da und schaute einen Augenblick zu. Das Spiel kostete das Studio zweitausend Dollar die Stunde. »Bert!«
Firestone drehte sich um, sah Sam, lachelte und winkte. Der Ball wurde ihm zugespielt, Bert dribbelte, tauschte und verfehlte den Korb. Dann schlenderte er zu Sam hinuber. »Wie steht's?« Als ob nichts geschehen ware.
Als Sam das jungenhafte, lachelnde Gesicht betrachtete, kam ihm der Gedanke, dass Bert Firestone ein Psychopath war. Talentiert, vielleicht sogar genial, aber ein Geisteskranker. Und funf Millionen Dollar der Gesellschaft waren in seinen Handen.
»Wie ich hore, gibt es Schwierigkeiten wegen der neuen Kulisse«, sagte Sam. »Regeln wir die Sache.«
Bert Firestone lachelte lassig und erwiderte: »Da gibt's nichts zu regeln, Sam. Die Kulisse passt nicht.«
Sam ging in die Luft. »Was zum Donnerwetter reden Sie da? Wir haben Ihnen genau das hingestellt, was Sie verlangt haben. Sie haben es selbst entworfen. Was also stimmt daran nicht?«
Firestone sah ihn an und blinzelte. »Wieso denn, alles ist in schonster Ordnung. Ich habe nur meine Meinung geandert. Ich mochte kein Schloss mehr. Es ist nicht der richtige Schauplatz. Verstehen Sie, was ich meine? Es ist Ellens und Mikes Abschiedsszene. Ellen soll Mike an Deck seines Schiffes besuchen, kurz bevor es auslauft.«
Sam starrte ihn an. »Wir haben keine Schiffskulisse, Bert.«
Bert Firestone reckte die Arme, lachelte lassig und sagte: »Bauen Sie mir eine, Sam.«
»Klar, ich bin auch wutend«, sagte Rudolph Hergershorn am Telefon, »aber Sie konnen ihn nicht ersetzen, Sam. Wir stecken schon zu tief in der Sache drin. Wir haben keine Stars in diesem Film. Unser Star hei?t Bert Firestone.«
»Wissen Sie, wie weit er das Budget uberzogen hat?«
»Sicher. Und wie Goldwyn sagte: >Ich werde diesen Schweinehund nie wieder engagieren, au?er ich brauche ihn.< Wir brauchen ihn, um diesen Film zu beenden.«
»Es ist ein Fehler«, wandte Sam ein. »Man sollte ihm derartige Schweinereien nicht durchgehen lassen.«
»Sam – gefallt Ihnen das, was Firestone bis jetzt abgedreht hat?«