gro?e Chance, und sie durfte sie sich nicht verderben. Sie sah zu ihm auf, und ihre Augen waren so freundlich und einladend wie die Carole Lombards in Nothing Sacred.
»Ich hatte keine besonderen Plane«, sagte sie lockend.
Ron blickte sie prufend und unsicher an, war aus einem Urinstinkt heraus vorsichtig. »Wurdest du gern etwas Besonderes unternehmen?« fragte er.
Das war's. Der Antrag. Der Punkt, von dem es keinen Ruckzug gab. »Schlag was vor«, sagte sie, »ich mach' mit.« Und krummte sich innerlich. Es klang unmoglich. Niemand sagte: »Schlag was vor, ich mach' mit.« Wahrscheinlich wurde er sich
jetzt umdrehen und angewidert davongehen.
Aber nein. Es war unglaublich, doch er lachelte, nahm ihren Arm und sagte: »Gehen wir.«
Catherine ging wie betaubt mit ihm mit. So einfach war es gewesen. Sie war auf dem Weg, aufs Kreuz gelegt zu werden. Sie zitterte innerlich. Wenn er merkte, dass sie noch Jungfrau war, war es aus. Und was sollte sie reden, wenn sie mit ihm im Bett war? Redete man uberhaupt wahrend des Aktes, oder wartete man bis danach? Sie wollte nicht unhoflich sein, aber sie hatte keine Ahnung von den Regeln.
»Hast du schon Abendbrot gegessen?« fragte Ron.
»Abendbrot?« Sie blickte zu ihm auf, uberlegte. Sollte sie Abendbrot gegessen haben? Wenn sie ja sagte, konnte er sie gleich ins Bett nehmen, und sie konnte es hinter sich bringen. »Nein«, sagte sie schnell. »Noch nicht.« Zum Donnerwetter, warum habe ich das gesagt? Jetzt habe ich alles verdorben. Aber Ron schien nicht aus der Fassung gebracht.
»Gut. Isst du gerne chinesisch?«
»Es ist meine Lieblingskuche.« Sie mochte es gar nicht, aber die Gotter wurden ihr bestimmt eine kleine Notluge in der wichtigsten Nacht ihres Lebens durchgehen lassen.
»Druben in Estes gibt es ein gutes chinesisches Lokal. Lum Fong hei?t es. Kennst du es?«
Nein, aber sie wurde es, solange sie lebte, nicht vergessen.
Was tatest du in der Nacht, in der du dein Jungfernhautchen verlorst?
Oh, ich ging zuerst ins Lum Fang und habe mit Ron Peterson chinesisch gegessen.
War's gut?
Klar. Aber du kennst ja chinesisches Essen. Eine Stunde spater war ich wieder sexy.
Sie waren an seinem Wagen angelangt, einem kastanienbraunen Reo-Kabriolett. Ron hielt Catherine die Tur auf, und sie setzte sich auf den Platz, auf dem all die anderen Madchen, die sie beneidete, einmal gesessen hatten. Ron war bezaubernd, sah gut aus, ein Spitzenathlet. Und ein Sex-Verruckter. Das gabe einen guten Filmtitel ab. Der Sex-Verruckte und die Jungfrau. Vielleicht hatte sie nicht gleich zustimmen und ein netteres Restaurant wie Henrici vorschlagen sollen, dann hatte Ron sich gedacht: Das ist die Art Madchen, das ich nach Hause zu Mutter bringen mochte.
»Ich gab' was fur deine Gedanken«, sagte er,
Du meine Gute! Na schon, er war also nicht gerade ein glanzender Unterhalter. Aber deswegen war sie auch nicht hier, nicht wahr? Sie blickte schmachtend zu ihm auf. »Ich dachte gerade an dich.« Sie kuschelte sich an ihn.
Er grinste. »Du hast mich tatsachlich getauscht, Cathy.«
»Ja?«
»Ich hielt dich immer fur ziemlich unnahbar – ich meine, nicht an Mannern interessiert.«
Was du meinst, ist lesbisch, dachte Catherine, laut jedoch sagte sie: »Ich suche mir gerne Zeit und Ort selber aus.«
»Ich bin froh, dass du mich ausgesucht hast.«
»Ich auch.« Und sie war's auch. Sie konnte sicher sein, dass Ron ein guter Liebhaber war. Er war von jeder scharfen Studentin innerhalb eines Radius' von 150 Meilen getestet und fur o. k. befunden worden. Es ware demutigend gewesen, wenn sie ihr erstes sexuelles Erlebnis mit einem gleich ihr Unerfahrenen gehabt hatte. In Ron bekam sie einen Meister. Nach heute Nacht wurde sie sich nicht mehr die Heilige Katharina nennen. Statt dessen wurde sie wahrscheinlich als »Katharina die Gro?e« bekannt. Und diesmal wusste sie, was dieses »Gro?e« bedeutete. Sie wurde phantastisch im Bett sein. Es kam nur darauf an, nicht in Angstpsychose zu verfallen. Alle die wunderbaren Dinge, von denen sie in den kleinen grunen Buchern gelesen hatte, die sie vor ihren Eltern versteckt hatte, wurden ihr passieren. Ihr Korper wurde wie eine herrlich klingende Orgel sein. Oh, naturlich wusste sie, dass es zum ersten Mal weh tat; es war immer so. Aber sie wurde sich nichts anmerken lassen. Sie wurde fest mit dem Gesa? wackeln, weil die Manner es hassten, wenn eine Frau blo? bewegungslos dalag. Und wenn Ron in sie eindrang, wurde sie sich auf die Lippe bei?en, den Schmerz verbergen und ihn mit einem erotischen Schrei uberdecken. »Was?«
Entsetzt drehte sie sich zu Ron um, merkte erst jetzt, dass sie laut aufgeschrieen hatte. »Ich – ich sagte nichts.«
»Du hast einen komischen Schrei ausgesto?en.«
»Wirklich?« Sie lachte gequalt.
»Du bist eine Million Meilen weit weg.«
Sie uberlegte sich, was er da gesagt hatte, und war alarmiert. Sie musste sich mehr wie Jean-Anne benehmen. Catherine legte ihm die Hand auf den Arm und ruckte naher an ihn heran. »Ich bin ganz da«, sagte sie.
Sie versuchte, ihre Stimme kehlig klingen zu lassen, wie Jean Arthur in Calamity Jane.
Ron sah verwirrt auf sie hinunter, aber das einzige, was er in ihrem Gesicht lesen konnte, waren Erregung und Hingabe.
Lum Fong war ein trostloses, durchschnittliches chinesisches Lokal, unter der Hochbahn gelegen. Wahrend des Essens konnten sie die uber ihren Kopfen dahinratternden Zuge horen, die das Geschirr auf dem Tisch zum Klappern brachten. Das Restaurant sah wie tausend andere chinesische Lokale in ganz Amerika aus, aber Catherine nahm die Einzelheiten der Nische, in der sie sa?en, sorgfaltig in sich auf, pragte sich die billige, fleckige Tapete, die angeschlagene chinesische Teekanne, die Soya-Saucen-Flecke auf der Tischdecke ein.
Ein kleiner chinesischer Ober trat an den Tisch und fragte, ob sie etwas zu trinken haben wollten. Catherine hatte einige wenige Male in ihrem Leben Whisky getrunken und verabscheute ihn, aber heute war Silvester, der 4. Juli, das Ende ihrer Jungfernschaft. Das musste gefeiert werden.
»Ich nehme einen Old-fashioned.«
»Scotch und Soda«, sagte Ron.
Der Ober entfernte sich unter Verbeugungen. Catherine fragte sich, ob es wahr sei, dass orientalische Frauen schrag gebaut waren.
»Ich wei? nicht, weshalb wir uns nicht schon langst angefreundet haben«, sagte Ron. »Alle sagen, du seiest das gescheiteste Madchen auf der ganzen gottverdammten Universitat.«
»Du wei?t doch, wie die Leute ubertreiben.«
»Und au?erdem bist du verflucht hubsch.«
»Danke.« Sie versuchte, ihrer Stimme den Klang von Kathe-rine Hepburn in Alice Adams zu geben, und sah ihm bedeutungsvoll in die Augen. Sie war nicht mehr Catherine Alexander. Sie war eine Sex-Maschine. Sie war im Begriff, sich Mae West, Marlene Dietrich, Cleopatra zuzugesellen. Sie wurden alle Bettschwestern sein.
Der Ober brachte den Cocktail, und sie schuttete ihn mit einem einzigen nervosen Schluck hinunter. Ron sah sie erstaunt an.
»Langsam, langsam«, sagte er warnend. »Das Zeug ist ziemlich stark.«
»Ich vertrag's«, meinte Catherine keck.
»Noch einmal dasselbe«, sagte er zum Ober. Ron langte uber den Tisch und streichelte ihr die Hand. »Komisch, alle in der Schule haben dich falsch beurteilt.«
»Irrtum. Keiner konnte das.«
Er starrte sie an. Vorsicht, nicht geistreich sein. Die Manner zogen es vor, mit Madchen ins Bett zu gehen, die au?ergewohnlich gro?e Bruste, kraftige Muskeln und ein Nichts an Hirn hatten.
»Ich habe – schon lange etwas fur dich ubrig gehabt«, sagte sie hastig.
»Das hast du aber streng geheim gehalten.« Ron zog den von ihr geschriebenen Zettel heraus und glattete ihn. »Versuchen
Sie unsere Kassiererin«, las er laut vor und lachte. »Das gefallt mir entschieden besser als Banana Split.«