ober hier 'n kleines Geschaft aufziehen kann. Du wei?t naturlich, da? aus dem kleinen Geschaftbald 'n gro?es Geschaft wird, das dir die Einnahmen versaut. Also sagst du, ja, er kann hier 'n Geschaft aufmachen, und wenn er in New Orleans ist, schmilzt du den Drecksack. Kein Schneeball mehr. Verstehst du, was ich meine?«

Joe Romano verstand, was er meinte.

Anthony Orsatti liebte Romano wie einen Sohn. Er hatte ihn als verwahrlosten Knaben aufgelesen, der in dunklen GassenBetrunkene ausraubte. Er hatte ihn in die Lehre genommen, und nun konnte der Junge seinen Weg machen. Romano war flink, er war schlau, und er war ehrlich. Im Laufe von zehn

Jahren hatte er einen steilen Aufstieg erlebt. Und nun war er Orsattis rechte Hand. Er uberwachte samtliche Operationen der Familie und hatte niemanden uber sich au?er Orsatti.

Lucy, Orsattis Privatsekretarin, klopfte an und trat ein. Sie war vierundzwanzig Jahre alt, hatte das Collegebesucht undbesa? ein Gesicht und eine Figur, diebei Mi?wahlen fur preiswurdigbefunden worden waren. Orsatti umgabsich gern mit schonen jungen Frauen.

Erblickte auf die Uhr, die auf seinem Schreibtisch stand. Es war 10 Uhr 45. Er hatte Lucy gesagt, da? er vor Mittag nicht gestort zu werden wunschte. Stirnrunzelndblickte er sie an.»Was ist denn?«

«Tut mir leid, da? ich Sie store, Mr. Orsatti. Eine Mi? Gigi Dupres ist am Apparat. Sie klingt total hysterisch. Und sie sagt mir einfach nicht, was sie will. Siebesteht darauf, mit Ihnen personlich zu sprechen. Ich habe mir gedacht, da? es vielleicht wichtig sein konnte.«

Orsatti sa? reglos da und lie? den Namen durch den Computer in seinem Hirn laufen. Gigi Dupres! Eine von den Schnallen, die er letztes Mal in Las Vegas in seine Suite abgeschleppt hatte? Gigi Dupres! Nein, er konnte sich nicht erinnern. Und dabei ruhmte er sich, ein Gedachtnis zu haben, bei dem nichts durch die Maschen fiel. Aus reiner Neugier griff er zum Telefon und schickte Lucy mit einer lassigen Handbewegung aus demBuro.

«Hallo?«

«Mr. Anthony Orsatti?«Sie sprach mit franzosischem Akzent.

«Ja. Was gibt's?«

«Oh, Gott sei Dank, da? ich Sie erwischt habe, Mr. Orsatti!«

Lucy hatte recht. Die Dame klang total hysterisch. Anthony Orsatti war nicht interessiert. Er wollte schon einhangen, aber sie sprach weiter.

«Sie mussen ihn aufhalten! Bitte!«

«Lady, ich wei? nicht, von was Sie reden, und ichbin ein vielbeschaftigter…«

«Ich rede von Joe, meinem Joe. Joe Romano. Er hat versprochen, mich mitzunehmen, er hat es fest versprochen!«

«Also, wenn Sie Probleme mit Joe haben, dann wenden Sie sich an ihn. Ichbin namlich nicht sein Kindermadchen.«

«Er hat mich angelogen! Ich habe eben rausgekriegt, da? er ohne mich nachBrasilien fliegen will. Und die Halfte von den dreihunderttausend Dollar gehort mir!«

Anthony Orsatti entdeckte mit einem Mal, da? er doch interessiert war.»Was fur dreihunderttausend Dollar?«

«Das Geld, das er auf seinem Scheckkonto versteckt hat. Das Geld, das erbeiseite geschafft hat.«

Anthony Orsatti war jetzt sehr interessiert.

«Bitte sagen Sie Joe, er mu? mich mit nachBrasilien nehmen. Bitte! Tun Sie das fur mich?«

«Ja«, versprach Anthony Orsatti.»Ich kummere mich um die Sache.«

Joe RomanosBuro war modern eingerichtet — alles in Wei? und Chrom. Gestaltet hatte es einer der gefragtesten Innenarchitekten von New Orleans. Joe Romanobrustete sich mit seinem guten Geschmack. Er hatte sich aus den Slums von New Orleans nach oben gekampft, und auf dieser Ochsentour hatte er sich autodidaktisch gebildet. Er verstand etwas von Malerei, und er liebte die Musik. Joe Romano hatte allen Grund, stolz zu sein, o ja. Es traf zu, da? New Orleans die Pfrunde von Anthony Orsatti war, aber es traf auch zu, da? Joe Romano sie fur ihn verwaltete und in dieser seiner Eigenschaft unentbehrlich war.

Seine Sekretarin trat insBuro.»Mr. Romano, hier ist einBote mit einem Ticket nach Rio de Janeiro. Zahlungbei Ablieferung. Soll ich einen Scheck ausstellen?«

«Rio de Janeiro?«Romano schuttelte den Kopf.»Das mu?

ein Irrtum sein.«

DerBote stand in der Tur.»Mir ist gesagt worden, ich soll das unter dieser Adressebei Mr. Joseph Romano abliefern.«

«Tja, da hat man Ihnen eben was Falsches gesagt. Soll das ein neuer Sales?Promotion?Trick sein oder wie?«

«Nein, Sir. Ich…«

«Lassen Sie mal sehen. «Romano nahm demBoten das Ticket aus der Hand und warf einenBlick darauf.»Freitag. Was will ich denn am Freitag in Rio?«

«Das ist eine gute Frage«, kommentierte Anthony Orsatti, der hinter demBoten aufgetaucht war.»Was willst du am Freitag in Rio, Joe?«

«Das ist ein dummes Versehen, Tony. «Romano gabdemBoten das Ticket zuruck.»Nehmen Sie's wieder mit und…«

«Nur nicht so eilig. «Anthony Orsatti griff sich das Ticket undbetrachtete es grundlich.»Erster Klasse, Gangplatz, Raucher. Nach Rio de Janeiro. Am Freitag. Einfacher Flug.«

Joe Romano lachte.»Da hat irgend jemand Quatsch gemacht. «Er wandte sich seiner Sekretarin zu.»Madge, rufen Sie das Reiseburo an und sagen Sie den Leuten, da? sie Mist gebaut haben.«

Joleen trat ein, dieBuroassistentin.»Entschuldigung, Mr. Romano. Die Koffer sind da. Soll ich den Lieferschein unterschreiben?«

Joe Romano starrte sie an.»Was fur Koffer? Ich habe keine Kofferbestellt.«

«Lassen Sie sie reinbringen«, befahl Anthony Orsatti.

«Gro?er Gott!«sagte Joe Romano.»Sind denn hier alle ubergeschnappt?«

EinBote mit drei Vuitton?Koffern kam insBuro.

«Was soll das? Ich habe die Dinger nichtbestellt.«

DerBote warf einen prufendenBlick auf seinen Lieferschein.»Hier steht: Mr. Joseph Romano, Poydras Street 217, Zimmer 408.«

Joe Romano ri? allmahlich die Geduld.»Es ist mir schei?egal, was da steht. Ich habdie Dinger nichtbestellt. Und jetzt schaffen Sie die mal raus hier.«

Orsattibetrachtete auch die Koffer grundlich.»Da sind deine Initialen drauf, Joe.«

«Was? Oh, Moment! Das ist wahrscheinlich ein Geschenk.«

«Hast du Geburtstag?«

«Nein. Aber du wei?t doch, wie die Weiber sind, Tony. Die machen einem immer Geschenke.«

«Hast du irgendwas inBrasilien laufen?«erkundigte sich Anthony Orsatti.

«InBrasilien?«Joe Romano lachte.»Soll das ein Witz sein, Tony?«

Orsatti lachelte honigsu?. Dann wandte er sich der Sekretarin, derBuroassistentin und denbeidenBoten zu.»Raus.«

Als sich die Tur geschlossen hatte, fragte Anthony Orsatti:»Wieviel Geld hast du auf deinem Scheckkonto, Joe?«

Joe Romanoblickte ihn verwirrt an.»Wei? ich nicht genau. Funfzehnhundert, nehme ich an… vielleicht auch zwei Riesen. Warum?«

«Ruf doch spa?eshalber malbei deinerBank an und frag nach, ja?«

«Warum? Ich…«

«Frag nach, Joe.«

«Bitte. Wenn's dich glucklich macht…«Er druckte die Sprechtaste fur seine Sekretarin.»Verbinden Sie mich mit der Oberbuchhalterin von der First Merchants.«

Eine Minute spater war sie in der Leitung.

«Hallo, Schatzchen. Geben Sie mir mal meinen Kontostand durch? Mein Geburtsdatum ist der 14. Oktober.«

Anthony Orsatti horte uber den Nebenanschlu? mit. Eine halbe Minute spater meldete sich die Oberbuchhalterin wieder.

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