Parker.«

Der Warter warf einen Blick darauf. »Wir haben Sie erwartet, Mi? Parker. Untersuchungszelle drei ist fur Sie reserviert.«

»Ich habe das Recht auf einen Anruf.« Der Warter nickte zu dem Telefon auf dem Schreibtisch. »Klar.« Jennifer hob den Horer ab und betete innerlich, da? Michael Moretti zu Hause sein moge. Sie begann zu wahlen.

Michael Moretti hatte auf Jennifers Anruf gewartet. Wahrend der letzten vierundzwanzig Stunden hatte er an nichts anderes denken konnen. Er hatte in jedem Augenblick gewu?t, wo sie war - wann sie in London gelandet war, wann ihr Flugzeug Heathrow verlassen und in New York aufgesetzt hatte. Er hatte an seinem Schreibtisch gesessen und Jennifer im Geist auf ihrem Weg nach Riker's Island verfolgt. Er hatte sich ausgemalt, wie sie das Gefangnis betreten hatte. Er wu?te, da? sie verlangen wurde, ein Gesprach zu fuhren, ehe sie in die Zelle gesperrt wurde. Sie wurde ihn anrufen. Mehr verlangte er nicht. Binnen einer Stunde wurde er sie freihaben, und sie wurde sich auf dem Weg zu ihm befinden. Michael Moretti lebte nur noch fur den Augenblick, in dem sie durch die Tur trat.

Sie hatte das Unverzeihliche getan. Sie hatte sich dem Mann hingegeben, der ihn zu vernichten suchte. Und was hatte sie ihm noch gegeben? Welche Geheimnisse hatte sie ihm erzahlt?

Adam Warner war der Vater von Jennifers Sohn, dessen war Michael sich jetzt sicher. Von Anfang an hatte Jennifer ihn belogen, hatte ihm weisgemacht, da? Joshuas Vater tot war. Nun, diese Prophezeiung wird bald erfullt sein, dachte Michael. Er steckte in einer Klemme, die nicht ohne Ironie war. Auf der einen Seite hatte er eine machtige Waffe, um Adam Warner zu diskreditieren und zu zerstoren. Er konnte Warner mit der Drohung erpressen, seine Affare mit Jennifer an die gro?e Glocke zu hangen, aber wenn er das tat, stellte er sich selber blo?. Wenn die anderen Familien erfuhren - und sie wurden es erfahren -, da? Michaels Geliebte auch die des Vorsitzenden des Senatsausschusses war, wurde er die Zielscheibe ihres Spotts werden. Er wurde seine Manner nicht mehr bei der Stange halten konnen. Ein Hahnrei hatte kaum die Qualifikation zu einem Don. Also war eine solche Erpressung ein zweis chneidiges Schwert, und so verlockend es auch war, Michael wu?te, da? er es nicht benutzen durfte. Er mu?te seine Feinde auf andere Weise vernichten.

Er warf einen Blick auf die kleine, schlecht gezeichnete Skizze vor sich auf dem Tisch. Es war die Route, auf der Adam Warner heute abend zu einem Wahlessen fahren wurde. Die Karte hatte Michael Moretti funftausend Dollar gekostet. Adam Warner aber wurde sie das Leben kosten. Das Telefon klingelte, und unwillkurlich zuckte Michael zusammen. Er hob ab und horte Jennifer Parkers Stimme in der Leitung. Diese Stimme, die Zartlichkeiten in sein Ohr geflustert, die ihn angefleht hatte, mit ihr zu schlafen, die... »Michael - bist du's?«

»Ja. Wo bist du?«

»Sie halten mich in Riker's Island fest. Sie beschuldigen mich des Mordes. Bis jetzt ist noch keine Kaution festgesetzt worden. Wann kannst du...«

»Ich hole dich sofort heraus. Du kannst schon auf dem Sprung sitzen. Okay?«

»Ja, Michael.« Er horte die Erleichterung in ihrer Stimme. »Ich sorge dafur, da? Gino dich abholt.« Wenige Sekunden spater wahlte er eine Nummer und sprach einige Minuten in den Horer.

»Es ist mir egal, wie hoch die Kaution ist. Ich will sie sofort drau?en haben.«

Er legte den Horer wieder auf und druckte einen Knopf an seinem Schreibtisch. Gino Gallo betrat den Raum. »Jennifer Parker sitzt auf Riker's Island. Sie mu?te in ein oder zwei Stunden entlassen werden. Hol sie ab und bring sie her.«

»Wird gemacht, Bo?.«

Michael lehnte sich in seinem Stuhl zuruck. »Sag ihr, da? wir uns ab heute wegen Adam Warner keine Sorgen mehr zu machen brauchen.«

Gino Gallos Gesicht leuchtete auf. »Nein?«

»Nein. Er ist auf dem Weg zu einem Vortrag, aber er wird nie ankommen. Er wird auf der Brucke bei New Canaan einen Unfall haben.«

Gino Gallo lachelte. »Gro?artig, Bo?.« Michael deutete auf die Tur. »Ab mit dir.«

Staatsanwalt Di Silva widersetzte sich dem Antrag, Jennifer auf Kaution freizulassen, mit jedem ihm zur Verfugung stehenden Mittel. Die Verhandlung fand vor Richter William Bennett, einem Mitglied des Obersten Gerichtshofs von New York, statt.

»Euer Ehren«, sagte Di Silva, »die Angeklagte wird eines Dutzends schwerer Verbrechen beschuldigt. Wir mu?ten sie von Singapur ausliefern lassen. Wenn sie gegen Kaution freigelassen wird, kann sie sich in ein Land absetzen, mit dem wir keinen Auslieferungsvertrag unterhalten.«

John Lester, ein ehemaliger Richter, der Jennifer vertrat, antwortete: »Der Staatsanwalt macht sich der boswilligen Verdrehung von Tatsachen schuldig, Euer Ehren. Meine Mandantin ist nirgendwohin geflohen. Sie war geschaftlich in Singapur. Wenn die Regierung sie aufgefordert hatte, zuruckzukommen, hatte sie der Aufforderung freiwillig Folge geleistet. Sie ist eine angesehene Anwaltin mit einer gro?en Kanzlei in dieser Stadt. Es ware undenkbar, da? sie weglaufen wurde.«

Der Streit ging noch langer als drei?ig Minuten weiter. Schlie?lich sagte Richter William Bennett: »Das Gericht setzt eine Kaution in Hohe von funfhunderttausend Dollar fest.«

»Danke, Euer Ehren«, sagte Jennifers Anwalt. »Wir hinterlegen die Kaution.«

Eine Viertelstunde spater half Gino Gallo Jennifer auf den Rucksitz einer Mercedes-Limousine. »Das ging schnell«, sagte er.

Jennifer antwortete nicht. Sie hatte gar nicht zugehort. Sie uberlegte, was passiert sein konnte. Sie war in Singapur vollkommen isoliert gewesen. Sie hatte keine Ahnung, was in den Vereinigten Staaten vorgefallen war, aber zweifellos war ihre Verhaftung kein Zufall. Sie waren nicht allein hinter ihr her. Sie mu?te unbedingt mit Michael sprechen und herausfinden, worum es ging. Di Silva mu?te seiner verdammt sicher gewesen sein, wenn er ihre Auslieferung unter einer Mordanklage beantragt hatte. Er...

Gino Gallo sagte zwei Worte, die Jennifer aus ihren Gedanken rissen.

»... Adam Warner...«

»Was haben Sie gesagt?«

»Ich sagte, um Adam Warner brauchen wir uns nicht mehr zu kummern. Mike hat sich seiner angenommen.« Jennifer spurte ihr Herz schlagen. »Hat er das? Wann?« Gino Gallo nahm die Hand vom Lenkrad, um einen Blick auf seine Armbanduhr zu werfen. »In etwa funfzehn Minuten. Es wird wie ein Unfall aussehen.«

Jennifers Mund war plotzlich wie ausgetrocknet. »Wo...« Sie brachte die Worte kaum heraus. »Wo - wo wird es passieren.«

»New Canaan. An der Brucke.« Sie fuhren durch Queens. Vor ihnen lag ein Einkaufszentrum mit einer Apotheke.

»Gino, konntest du vor dem Drugstore halten? Ich mu? noch etwas besorgen.«

»Klar.«

Geschickt schwenkte er das Lenkrad herum und steuerte in die Einfahrt des Einkaufszentrums. »Kann ich Ihnen helfen?«

»Nein, nein. Ich - ich bleibe nur eine Minute weg.« Jennifer sprang aus dem Wagen und eilte mit vibrierenden Nerven in den Laden. Im hinteren Teil des Geschafts befand sich eine Telefonzelle. Jennifer griff in ihre Geldborse. Sie hatte kein Kleingeld, abgesehen von einigen Munzen aus Singapur. Sie lief zur Kasse und holte einen Dollar heraus. »Konnten Sie mir den bitte wechseln?« Die gelangweilte Kassiererin nahm Jennifers Dollar und gab ihr eine Handvoll Kleingeld. Jennifer eilte zuruck zum Telefon. Eine stammige Frau hatte den Horer ergriffen und wahlte.

Jennifer sagte: »Es handelt sich um einen Notfall. Konnte ich vielleicht...«

Die Frau starrte sie an und wahlte weiter. »Hallo, Hazel«, keuchte sie dann. »Mein Horoskop stimmte genau! Ich hatte einen grauenhaften Tag. Erinnerst du dich noch an die Schuhe, die ich mir bei Delmans holen wollte? Kannst du dir vorstellen, da? sie das einzige Paar, das sie in meiner Gro?e hatten, schon verkauft haben?«

Jennifer beruhrte den Arm der Frau und sagte: »Bitte!«

»Besorgen Sie sich ein eigenes Telefon«, zischte die Frau. Sie wandte sich wieder dem Horer zu. »Und erinnerst du dich noch an das Paar aus Wildleder, das wir gesehen haben? Weg! Willst du wissen, was ich getan habe? Ich habe zu der Bedienung gesagt...«

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