Derart war der Gedankengang der kleinen, mit ihrem Urtheil schnell fertigen Person, und sie meinte, da? die jetzige Sachlage sich nicht uber Gebuhr hinziehen durfe. Deshalb brachte sie auch die Frage wegen der Abreise wieder zur Sprache.

Naturlich bat Max Real, der Aufenthalt in Saint-Louis moge nicht allzu hastig beendigt werden. Die beiden Freundinnen hatten ja, nach Richmond zu kommen, noch Zeit bis zum 26., und heute sei erst der 13…. Vielleicht meinte auch Lissy Wag, gar so vorzeitig sollten sie nicht abreisen. Sie scheute sich aber. das auszusprechen, und fugte sich dem Wunsche Jovita Foley’s.

Max Real suchte den Kummer, den ihm die Trennung bereitete, gar nicht zu verhehlen. Er fuhlte es aber heraus, da? er dieser nicht zu sehr entgegentreten durfe, und noch an diesem Abend begleitete er die beiden Frauen nach dem Bahnhofe.

»Meine besten Wunsche sind mit Ihnen, Mi? Wag, wiederholte er noch einmal.

– Ich danke… ich danke Ihnen herzlich, antwortete das junge Madchen, ihm freimuthig die Hand entgegenstreckend.

– Und ich? fragte Jovita Foley. Fur mich fallt wohl kein einziges gutes Wort ab?

– Doch, doch, erwiderte Max Real, denn Sie haben ein vortreffliches Herz!… Behuten Sie Ihre Gefahrtin auch weiter und bis zur Heimkehr nach Chicago…«

Der Zug setzte sich in Bewegung und der junge Mann blieb auf dem Bahnsteige stehen, bis die Lichter des letzten Wagens in der Finsterni? verschwunden waren.

Es war kein Zweifel mehr… er liebte, liebte die sanfte, reizende Lissy Wag, der auch das Herz seiner Mutter sich zuwenden wurde, wenn er sie dieser nach der Heimkehr vorgestellt hatte. Da? seine Stellung in der Partie sehr gefahrdet und er hier eingesperrt war und kaum auf eine baldige Befreiung hoffen konnte, das bekummerte ihn fast gar nicht.

Sehr traurig nach seinem Hotel zuruckgekehrt, fuhlte er nun erst recht, wie vereinsamt er war. Infolge seiner beklagenswerthen Lage als Gefangener zogen sich auch die fruheren Parteiganger von ihm zuruck und sein Curs in den Agenturen sank wie die Quecksilbersaule des Barometers bei Sudwestwind, obgleich er seiner Verpflichtung, hier den dreifachen Einsatz zu entrichten, nachgekommen war.

Tommy war der Verzweiflung nahe… sein Herr sollte ja die Millionen des Matches nicht einheimsen. Dieser konnte ihn dann auch nicht kaufen, um ihn der schlimmsten. in seinem Falle aber erwunschten Knechtschaft zuzufuhren.

Man thut jedoch immer unrecht, nicht auf den Zufall zu rechnen. Wenn dieser, wie alle Beobachtungen lehren, keine Regeln kennt, so hat er doch Launen, und das sollte sich am Vormittag des 14. von neuem bewahrheiten.

Von neun Uhr an belagerten die Wettenden schon das Telegraphenamt von Saint-Louis, um so schnell wie moglich die heute fur den zweiten Partner gefallene Augenzahl zu erfahren. Die von den Zeitungen sofort weiter verbreitete Mittheilung lautete: funf durch drei und zwei, Tom Crabbe.

Da sich Tom Crabbe zur Zeit in Pennsylvanien auf dem siebenundvierzigsten Felde befand, verwies ihn dieser Wurf nach dem zweiundfunfzigsten, Missouri, und nach Saint-Louis ins Gefangni?…

Nun stelle man sich die Wirkung dieses unerwarteten Wurfelfalles vor! Max Real, der den Platz Lissy Wag’s eingenommen hatte, war sofort wieder von Tom Crabbe erlost worden, dessen Platz er nun wieder in Pennsylvanien besetzen sollte. Das verursachte augenblicklich eine Umwalzung in den Wettbureaus, auf welche hin Makler und Reporter nach dem Cleveland Hotel eilten, die den Curs des jungen Malers sofort in die Hohe schnellte und seine Parteiganger angesichts dieses kaum glaublichen Glucksfalles veranla?te, ihn aufs neue zum gro?en Favoriten des Matches zu erklaren.

Welche Wuth mochte aber in John Milner aufkochen, dem entschieden gar nichts mehr gelingen wollte! Tom Crabbe im Gefangni? von Saint-Louis und obendrein der dreifache Einsatz zu bezahlen! Ja, sie fullte sich gehorig, die Sammelbuchse Hypperbone’s, und die Dollars hauften sich darin zum Vortheil des zweiten Ankommenden ganz erklecklich an.

Max Real hatte, sich nach Richmond zu begeben, noch vom 14. bis zum 22. Juni mehr als genug Zeit. Er beeilte sich auch gar nicht mit der Abreise. Und warum? Weil er erst das nachste Auswurfeln fur Lissy Wag, am 20. Juni, abwarten wollte. Vielleicht wies dieses Lissy Wag in einen der Nachbarstaaten, wo er sich dann so gern ein paar Tage aufgehalten hatte.

Zwolftes Capitel.

Sensationelle Mittheilungen fur die »Tribune«.

Harris T. Kymbale hatte sich, wie wir wissen, in Person im Telegraphenamte von Olympia eingefunden, ehe noch die Mittagsstunde des 18. Juni ins Meer der Vergessenheit gesunken war. Er befand sich also, wenn auch von Ermudung gelahmt und moralisch und physisch erschopft, auf seinem Posten. Sein Zustand konnte wohl niemand, im Hinblick auf die unvergleichliche Leistung der Berufsradfahrer Will Stanton und Robert Flock, wundernehmen. Fast bewu?tlos auf eine Bank im Schalterraume zusammengebrochen, hatte er gerade noch »Hier!« antworten konnen, als der Beamte die Worte: »Ein Telegramm fur Harris T. Kymbale« ausgesprochen hatte.

Nach wenigen Minuten, wo er, dank eines kraftigen Getrankes aus Whisky und Gin, wieder etwas zu sich gekommen war, ri? er die Depesche auf und las:

»Chicago, 8 Uhr 13.

Kymbale, Olympia, Washington.

Neun, durch funf und vier, Suddakota, Yankton.

Tornbrock.«

Er sah einen prachtigen Baren sich bekreuzend. (S. 430.)

Die Auswurfelung hatte also am 18. stattgefunden, obgleich sie, da eigentlich Hermann Titbury an der Reihe gewesen ware, jetzt hatte achtundvierzig Stunden fruher vorgenommen werden konnen, weil ja Titbury in New Orleans sozusagen angenagelt war und dort die vorgeschriebene Zeit uber ausharren mu?te, und wo sich das wurdige Paar zum Tagespreise von zweihundert Dollars im Excelsior Hotel uber seine Lage hinwegzutauschen suchte. Meister Tornbrock und mit ihm die Mitglieder des Excentric Club hatten es aber fur richtiger gefunden, die Stichtage nicht zu verandern, um den jedem Partner zugestandenen Zeitraum, in dem er von dem einen im anderen Felde angekommen sein sollte, nicht zu verkurzen, und das entsprach sicherlich auch der Absicht William I. Hypperbone’s.

Der Hauptberichterstatter der »Tribune« hatte wahrlich keine Ursache, sich uber den letzten Wurfelfall zu beklagen. Er brauchte daraufhin nicht erst nach dem ihm allzubekannten Theile des Bundesgebietes zuruckzukehren, sondern hatte auf dem Wege nach Suddakota, mindestens dreizehnhundert Meilen von Washington, eine ihm neue Gegend zu durchfahren.

Au?erdem ist zu beachten, da? Harris T. Kymbale, indem er das neununddrei?igste Feld in Besitz nahm, nur noch hinter X. K. Z. in Minnesota als dem ersten, hinter Max Real in Pennsylvanien als dem zweiten, und hinter Lissy Wag in Virginien als der dritten, zuruckstand. Er behauptete damit also den vierten Platz vor dem Commodore Urrican, der in Wisconsin auf seine Abreise wartete. Hermann Titbury war noch fur achtundzwanzig Tage in Louisiana festgehalten und Tom Crabbe gar verurtheilt, sich im Gefangni? von Saint-Louis die Zeit zu vertreiben, und vielleicht bis zur Austragung des Matches, wenn kein anderer Partner ihn dort abloste.

Harris T. Kymbale gewann also, man kann zwar nicht sagen, seine ganze Zuversicht auf den schlie?lichen Erfolg wieder, denn diese hatte er niemals verloren, er erwies sich aber weit lebhafter, und seine Parteiganger nicht weniger. Freilich lagen noch drei Steine des Ansto?es auf seinem Wege: das Labyrinth von Nebraska, durch welchen Staat er schon einmal gekommen war, das Gefangni? von St. Louis und das Thal des Todes. Von diesen drei Fahrlichkeiten waren X. K. Z. nur durch eine, Lissy Wag und Max Real noch durch zwei bedroht. Im Match

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