Rumata ging weg. Sie zogen den Henker hinter dem Bottich hervor, legten ihn fachgerecht auf den Boden und machten sich wieder ohne besondere Grausamkeit an ihre Arbeit mit den Stocken. Nach funf Minuten erschien in einer Krummung des Ganges der Monch, den sie vorher weggeschickt hatten, und an einem Strick hinter sich nach zog er einen abgemagerten, vollig ergrauten alten Mann in dunkler Kleidung.
»Na, da habt Ihr ihn, Euren Budach!« schrie der Monch schon von weitem freudig. »Und nicht einmal im Verlies war er; er lebt und ist gesund! Ein bi?chen schwach ist er halt geworden, hat wahrscheinlich schon langere Zeit nichts gegessen …« Rumata ging ihm entgegen, ri? dem Monch den Strick aus der Hand und loste die Schlinge vom Hals des alten Mannes. »Sind Sie Budach von Irukan?« fragte Rumata. »Ja«, sagte der Alte.
»Ich bin Rumata, gehen Sie mir nach und versuchen Sie, Schritt zu halten!« Rumata wandte sich zu den Monchen. »Im Namen des Herrn«, sagte er.
Der Aufseher richtete sich auf, lie? seinen Schlagstock sinken und antwortete schweratmend: »In seinem Namen!« Rumata betrachtete sich nun Doktor Budach und sah, da? der alte Mann an der Wand lehnte und sich kaum auf den Beinen halten konnte.
»Mir ist ubel«, sagte er, und ein krankes Lacheln uberzog sein Gesicht. »Verzeiht mir, edler Don!«
Rumata fa?te ihn unter dem Arm und fuhrte ihn. Als die Monche au?er Sichtweite waren, blieb er stehen, entnahm einem Rohrchen eine Tablette Sporamin und reichte sie Budach. Budach blickte ihn fragend an.
»Schlucken Sie es«, sagte Rumata, »es wird Ihnen gleich besser werden.«
Budach stutzte sich noch immer gegen die Wand. Er nahm die Tablette, betrachtete sie aufmerksam, roch daran, zog seine zottigen Brauen hoch, legte sie dann vorsichtig auf die Zunge und kostete sie.
»Schlucken Sie es nur, schlucken Sie es«, sagte Rumata mit einem freundlichen Lacheln. Budach schluckte die Pille hinunter.
»M-m-m«, sagte er. »Und ich dachte, ich wu?te schon alles uber Arzneien.« Er verstummte und verfolgte, was in seinem Korper vor sich ging. »M-m-m!« sagte er wieder. »Interessant! Getrocknete Milz der Wildsau Y? Das hei?t nein, man schmeckt ja keine Faulnis.«
»Gehen wir«, sagte Rumata.
Sie gingen die Gange entlang, dann ein paar Stufen hinauf, kamen durch einen weiteren Gang und stiegen noch eine Treppe hinauf. Da plotzlich blieb Rumata wie vom Blitz geruhrt stehen. Ein bekanntes wildes Brullen erfullte die Gefangsnisgewolbe. Irgendwo im Innern in einem der Verliese brullte aus Leibeskraften der Herzensfreund Baron Pampa, Don Bau de Suruga de Gatta de Arkanar, Fluche auf Gott und die Welt. Mit seiner ungeheuerlichen Donnerstimme verfluchte er Gott und alle Heiligen, die ihm gerade einfielen, Don Reba, den Heiligen Orden und noch vieles andere. Also ist ihnen der Baron doch in die Hande gefallen, dachte Rumata zerknirscht. Ich habe ihn ganz vergessen.
Baron Pampa brullte und heulte wie ein Atom-Eisbrecher im Polarnebel. Ein donnerndes Echo drohnte im Gewolbe. Die Leute in den Gangen erstarrten und horchten andachtig mit weit aufgerissenen Maulern. Viele fuhren sich mit dem Daumen ubers Gesicht, um den unreinen Geist zu verjagen. Rumata sprang zwei Treppen hinunter und schleuderte die entgegenkommenden Monche zur Seite. Mit seinen Schwertscheiden bahnte er sich einen Weg durch die Menge der Absolventen der Patriotischen Schule und offnete die Zellentur mit einem kraftigen Fu?tritt. Der ganze Raum zitterte von dem Gebrull. Im unruhig flackernden Licht der Fackeln sah er seinen Freund Pampa: Der machtige Baron war nackt an die Wand geheftet, mit dem Kopf nach unten. Sein Gesicht war schwarz von dem aufgestauten Blut. An einem krummbeinigen, kleinen Tisch sa? ein buckliger Beamter und hielt sich die Ohren zu, und der schwei?uberstromte Folterknecht, der irgendwie einem Zahnarzt ahnelte, hantierte in einer eisernen Wanne mit seinen klirrenden Instrumenten.
Rumata schlo? die Tur, trat von hinten an den Folterknecht heran und versetzte ihm mit dem Schwertgriff einen Schlag ins Genick. Der Folterknecht drehte sich um, fa?te sich an den Kopf und sa? auch schon in der Wanne. Rumata zog ein Schwert aus einer Scheide und schlug den Tisch mit den Papieren entzwei, an dem der Beamte sa?. Alles war so, wie es sich gehorte. Der Folterknecht kauerte in der Wanne und hatte leichten Schluckauf, und der Beamte hatte sich gleich sehr flink auf allen vieren in eine Ecke verkrochen. Rumata ging zum Baron, betrachtete ihn mit freudigem Interesse, machte sich an die Ketten heran, die die Fu?e des Barons gegen die Wand gepre?t hielten und ri? sie beim zweiten Versuch aus der Wand. Dann stellte er den Baron vorsichtig auf die Beine. Der Baron verstummte, erstarrte in einer merkwurdigen Pose, dann zerrte er plotzlich an seinen Fesseln und befreite seine Hande. »Kann ich meinen Augen trauen«, donnerte er wieder los und rollte seine blutunterlaufenen Augen hin und her, »da? das Sie sind, mein edler Freund?! Endlich habe ich Sie gefunden!«
»Ja, ich bin es«, sagte Rumata. »Gehen wir weg von hier, mein Freund, das ist kein Ort fur Sie!«
»Bier!« sagte der Baron. »Irgendwo habe ich doch hier Bier gesehen.« Er ging kreuz und quer durch die Zelle, wobei er