schien nicht allzu groß zu sein, und wenn keine lebenswichtigen Organe getroffen waren, konnte Erste Hilfe einiges bringen und Carl konnte in ein Krankenhaus geschafft werden. Ein Schauder durchzuckte Dave, als er sich vorstellte, was passieren würde, wenn er sich nicht befreien könnte, Carl sterben und als einer der hungrigen Leichenfresser wieder aufwachen würde. Dave wußte auch nicht von der Gefahr, die in Bert Millers Schlafzimmer lauerte. Er ahnte, daß Angel etwas zugestoßen war, aber er hatte keine Ahnung, was.

Er konnte in dem Zimmer nichts entdecken, das scharf genug gewesen wäre, die Fesseln durchzuschneiden. Über dem Kamin hing ein Spiegel und Dave überlegte, wie er ihn zerbrechen könnte. Vielleicht konnte er auf die Füße kommen und den Spiegel mit irgendeinem schweren Gegenstand treffen. Nein, das schien nicht machbar. Der Spiegel hing zu hoch und Daves Bewegungsfreiheit war zu eingeschränkt. Er dachte, er könnte vielleicht bis in die Küche robben und versuchen, ein Küchenmesser aus einer Schublade zu holen. In diesem Moment stöhnte Carl Martinelli und hob den Kopf. Dave starrte zu seinem Kollegen und wünschte, er könnte etwas zu ihm sagen.

Carl stöhnte noch einmal und faßte nach seiner Wunde, dann ließ er den Kopf wieder auf den Boden sinken. Dave war sehr erleichtert, daß sein Partner noch lebte und das Bewußtsein wiedererlangt hatte. Carl hatte die Augen geöffnet und atmete schwer, offenbar unter Schmerzen. Dave konnte nichts anderes tun als schauen. Er konnte nicht sprechen, der Knebel in seinem Mund saß zu fest. Aber er wußte, daß, wenn Carl noch nicht gestorben war und er seine Sinne noch beisammen hatte, Hoffnung bestand.

Carl blieb ein paar Sekunden lang still liegen, dann nahm er die blutverschmierte Hand von seiner Wunde und starrte sie an, als könne er daran ablesen, wie schlimm die Verletzung war. Dave wand sich auf dem Boden und gab Geräusche aus der Kehle von sich, um Carls Aufmerksamkeit zu wecken und ihm zu helfen, sich zu orientieren. Carl stützte sich auf einen Ellenbogen und richtete sich unter Qualen auf. Er starrte Dave, der sich am Boden wälzte, mit glasigem Blick an.

Dave riß seinen Kopf mehrfach in Richtung der unverrie-gelten Tür und gab kehlige Laute von sich. Carl schaute zwischen ihm und der Tür hin und her und begriff. Er rappelte sich auf und machte ein paar unsichere Schritte. Als er merkte, daß er nicht wieder umfiel, ging er langsam zur Tür und es gelang ihm, wie es Dave erschien, nach einer Ewigkeit, sie zu verrammeln. Dave sah zu und fühlte unendliche Erleichterung. Carl wandte sich von der Tür ab und tastete nach seiner Wunde. Dann knöpfte er sein Hemd auf, um sie anzuschauen. Dave gab wieder seine tiefen, kehligen Laute von sich und Carl begriff, daß er seinen Kollegen von den Fesseln befreien sollte. Der verwundete Mann hatte das Gefühl, er bewege sich im Zeitlupentempo.

»Das Miststück rappelt noch immer hier drin rum«, klagte Carl. »Tut höllisch weh. Ich vermute, es hat eine Rippe angeknackst.« Seine Stimme klang zunächst schwach und unsicher, wurde jedoch fester, als er sich hinkniete und anfing, Daves Fesseln zu lösen. »Mein Kopf schmerzt entsetzlich. Bin wahrscheinlich ziemlich heftig aufgeschlagen. Ich glaube, ich komme wieder auf die Beine.« Das Sprechen schien ihm gutzutun und ihm zu beweisen, daß er noch am Leben war. Carl entfernte die Fesseln an Daves Händen und wartete, daß Dave sich selbst den Knebel aus dem Mund nahm und seine Füße befreite. Dave stand auf und rieb sich seine schmerzenden Handgelenke.

»Setz dich hin«, forderte Dave ihn auf. »Leg dich da auf das Sofa. Wir müssen irgendwas finden, womit wir einen Verband machen können. Junge, bin ich froh, daß du da bist!« Carl tat, wie ihm geheißen. Dave half ihm, sich auf das Sofa zu legen. Carl stöhnte. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. »Diese verfluchten Schweinehunde!« schimpfte er. »Ein schwereres Geschoß hätte mich mit Sicherheit erledigt. Ich werde diese Hurensöhne erwischen, und wenn's das letzte ist, was ich noch tun kann.«

»Ich glaube, er hat mit dem Zweiunddreißiger auf dich geschossen«, vermutete Dave und seine Stimme verklang, als er um die Ecke ging und in der Küche verschwand. Er fühlte sich unbehaglich wegen des oberen Stockwerks und hatte vor, sich zu bewaffnen, ehe er nach oben ging. Er durchwühlte eine Schublade im Küchenschrank und fand ein schweres Metzgerbeil und zwei lange Messer. Er nahm sie heraus und legte sie auf den Küchentisch. Dann entdeckte er unter dem Schrank eine Werkzeugkiste und einen Jutesack. Der Sack war mit schweren Eisenbolzen gefüllt. Dave öffnete die Werkzeugkiste und wählte einen schweren Hammer aus, der eine handliche Waffe abgeben würde.

Carl richtete sich auf einen Ellenbogen gestützt auf, als Dave ins Wohnzimmer zurückkam. Dave gab ihm eines der Messer, damit er nicht ohne jeglichen Schutz wäre. Dann stieg Dave, in einer Hand das Metzgerbeil, in der anderen den Hammer, langsam und leise die Treppe hinauf, nicht wissend, was ihn da oben erwartete.

Oben angekommen stand er im grellen Schein der Glühbirne und hielt inne. Die Tür zu einem dunklen Schlafzimmer stand einen Spalt breit offen. Mit dem Fuß stieß Dave sie weiter auf, die Waffen bereit. Das Licht der Flurbeleuchtung fiel in das Zimmer und Dave klopfte das Herz im Hals. Er entdeckte die Überreste von Angel, als sich das tote Ding, das sich an ihr gelabt hatte, mit blutverschmiertem Gesicht umwandte und auf ihn zukam. Dave rannte nicht davon, sondern schwang den Hammer mit all seiner Kraft. Er traf den Leichenfresser an der Stirn und schleuderte ihn zurück. Den Hammer schwingend warf sich Dave auf ihn und schlug gleichzeitig mit dem Beil auf ihn ein. Dessen scharfe Schneide riß einen Schlitz in seine Kehle, der Hammer traf ihn an der Brust, dann wieder auf dem Kopf, und die Kreatur ging zu Boden. Sie rührte sich nicht mehr, doch Dave beugte sich über sie und schmetterte den Hammer wieder und wie der auf ihren Schädel, bis er nur noch ein blutiger Klumpen war.

Dave schaltete das Licht ein und lief in die Küche, um die Eisenbolzen zu holen.

Dann rannte er ins Schlafzimmer zurück und rammte dem Leichenfresser einen der Bolzen in den Schädel. Er warf einen Blick auf Angel und fragte sich, ob genug von ihr übrig war, daß sie wieder aufleben würde. Um kein Risiko einzugehen, verfuhr er mit ihr in der gleichen Weise. Dann zog er sich aus dem Zimmer zurück, knipste das Licht aus und schloß die Tür hinter sich. Im Flur lehnte er sich schaudernd gegen die Wand. Aus dem Erdgeschoß war Carl Martinellis Stimme gequält, aber erstaunlich kräftig zu vernehmen: »Dave!
Dave!
Was ist da oben los?«

Angeschlagen und keuchend ging Dave bis zur Treppe, um zu antworten. »Alles in Ordnung!« rief er. »Eins von den Dingern war hier oben! Ich hab's erledigt!« Etwas leiser fügte er hinzu: »Das, welches Angel erwischt hat.«

Carl hörte ihn. Wortlos richtete er sich auf und starrte zur Treppe. Das Entsetzen über das, was ihnen hätte widerfahren können, schüttelte ihn. Er packte sein Messer und stellte fest, daß seine Hand kräftig genug war, es zu halten und zu seiner Verteidigung zu nutzen. Er hatte nicht so viel Blut verloren, daß er hilflos wäre. Er konnte sich verteidigen und würde überleben.

Im Obergeschoß vernahm Dave das Stöhnen des Mädchens Karen. Er ging bis zum Ende des Flurs zu ihrem Schlafzimmer. Sie lag schweißgebadet flach auf dem Rücken auf ihren durchgeschwitzten Laken. Sie schien der Verzweiflung nahe, aber sie schaute Dave an. Tränen rannen ihr über die Wangen. »Die Wehen kommen jetzt alle paar Minuten«, sagte sie. »Mein Baby kommt zur Welt. Helfen Sie mir bitte, wer immer Sie sind. Bitte!« Ihre Stimme klang schwach und erschöpft. Dave atmete langsam aus. Er hatte Mitleid mit ihr, doch traute er sich nicht zu, der Situation gewachsen zu sein. Alles, was er über Geburtshilfe wußte, hatte er in ein paar kurzen Geburtshilfekursen gelernt, die er mit seiner Frau besucht hatte, um sich auf die Geburt seines Sohnes vorzubereiten. Sein Sohn war jetzt zwei Jahre alt, und in der Zeit hatte Dave das Wenige, das er gewußt hatte, weitgehend vergessen. »Ich bin Polizist. Ein echter - keine Angst. Ich werde Ihnen helfen«, versprach er und bemühte sich, beruhigend und vertrauenerweckend zu klingen. »Können Sie mithelfen? « Karen nickte und sah Dave hoffnungsvoll an, ehe er die Treppe hinunterrannte.

In der Küche durchwühlte er einen Schrank und fand saubere, weiße Handtücher und Waschlappen und einen Stapel sauberer Laken. Er fand auch eine Flasche mit

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